Benutzer:NeXXor/Linie XX (MfS)

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Wappen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR
MfS-Zentrale in Berlin: Sitz der HA XX

Die Linie XX war ein Arbeitsbereich des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR. Sie umfasste die Abteilungen XX der 15 Bezirksverwaltungen (BV), die entsprechenden Referate bzw. Arbeitsbereiche in den Kreisdienststellen (KD) sowie die zugehörige Hauptabteilung XX (HA XX) mit Sitz in der MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Die von 1953 (damals noch als HA V) bis zur Auflösung des MfS bestehende Linie XX war zuständig für die Überwachung des Staatsapparates (u. a. Justiz, Bildungs- und Gesundheitswesen), der Massenorganisationen und Blockparteien, des Sports, des Kultur- und Medienbereiches sowie der Kirchen und bildete somit den Kernbereich der Repression gegenüber politischen Gegnern der SED-Diktatur.

Aufgaben

Die Linie XX war ein wesentliches Element im System der politischen Repression und Überwachung von tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern des SED-Regimes. Sie war federführend bei der Bekämpfung der „politischen Untergrundtätigkeit“ sowie der „politisch-ideologischen Diversion“. Im Laufe ihrer Existenz passte sich die Linie XX mehrfach den wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an und spiegelt in ihrem Aufgabenprofil auch die Geschichte von Opposition und Widerstand in der DDR wider.[1]

Kernaufgabe der Linie XX war die „Aufsplitterung, Begrenzung und Einschränkung des Potenzials innerer feindlicher Kräfte der politischen Untergrundtätigkeit, reaktionärer kirchlicher Amtsträger sowie von Antragstellern auf ständige Ausreise[2]. Zu diesem Zweck überwachte die Linie unter dem großflächigen Einsatz von Inoffiziellen Mitarbeitern wichtige Bereiche des Staatsapparates (etwa die Justiz sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, Sportvereine, Religionsgemeinschaften, die Medien und den Kulturbetrieb und deckte somit praktisch das gesamte öffentliche Leben in der DDR ab.[3] Diese flächendeckende Überwachung war elementare Voraussetzung für die ab den 1970er Jahren verstärkt angewendeten Zersetzungsmaßnahmen.

Im Auftrag der SED sicherte die Linie XX regelmäßig Großveranstaltungen wie Parteitage, Jugendfestivals und Sportveranstaltungen ab. Zudem nahm die Linie XX in Kooperation mit der Hauptabteilung II auch Aufgaben der Spionageabwehr (zum Beispiel bezüglich der Reisekader) wahr.[4]

Geschichte

Vorläufer, Gründung und Aufbau

Die Aufgabenbereiche der späteren Linie XX wurden mit Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit 1950 zunächst von den Abteilungen V und VI der jeweiligen Ländesverwaltungen der Staatssicherheit wahrgenommen.

Die Abteilung V war zuständig für die Bekämpfung des „politischen Untergrundes“ und die Überwachung der Kirchen und Blockparteien. Konkret umfasste dies die Ostbüros der SPD und des DGB, die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit, den Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen, ehemalige NSDAP-Mitglieder und marxistisch-leninistische Abweichler („Trotzkisten“, „Titoisten“). Ab September 1952 kamen noch Kirchen und Religionsgemeinschaften, die CDU (Ost) einschließlich Ostbüro der CDU (West), sowie die LDP/LDPD einschließlich FDP-Ostbüro hinzu. Sie wurde von 1950 bis 1953 von Bruno Beater geleitet.

Die Abteilung VI war mit der Überwachung und Sicherung zentraler staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen, des Regierungs- und SED-Parteiapparates, sowie der Justiz und der Massenorganisationen beauftragt. Besonders hervorzuheben ist ihre Rolle bei der Gleichschaltung der Justiz. Bis zur Ausgliederung in die Abteilung V 1952 oblag ihr zusätzlich die Überwachung von Kirchen sowie CDU und LDP. Im ersten Halbjahr 1951 wurde aus der Abteilung VI ein Sonderbereich mit der Bezeichnung VI a – die spätere Abteilung M – ausgegliedert, der mit der konspirativen Überwachung des Postverkehrs befasst war. Leiter der Abteilung VI von 1950 bis 1953 war Richard Reuscher.

Mit der Umstrukturierung des MfS in Folge des 17. Juni 1953 wurden beide Abteilungen im November 1953 zur neuen Hauptabteilung V (HA V) zusammengefasst. Diese umfasste zunächst fünf Abteilungen. Im Zuge einer Umstrukturierung Anfang 1955 kamen im Bereich der Hauptabteilung zwei Abteilungen (Post- und Fernmeldewesen, Sicherung der SED und ihrer Objekte) hinzu; auf Bezirksebene wurden diese Aufgaben von den Referaten 1 und 2 übernommen.

Linie V

Ab 1953 beteiligte sich die Hauptabteilung V intensiv an den MfS-intern als „konzentrierte Schläge“ bezeichneten Massenverhaftungen von Oppositionellen.[5] So oblag ihr beispielsweise die Durchführung der gegen die KgU, den UfJ und die Ostbüros westdeutscher Parteien gerichteten Großaktion „Blitz“, bei der zwischen November 1954 und April 1955 insgesamt mindestens 521 Menschen verhaftet wurden.[6]

Im Herbst 1955 übernahm Fritz Schröder die Leitung der Hauptabteilung V. Der bisherige Leiter, Bruno Beater stieg zum stellvertretenden Minister für Staatssicherheit auf.

Ab 1956 zeichnete sich in Folge des niedergeschlagenen Volksaufstandes in Ungarn eine Verschärfung der politischen Repression an. So forderte die Dienstanweisung 16/57 des Ministers unter anderem eine stärkere Präsenz in Betrieben, Ministerien, Verwaltungen, wissenschaftlichen Instituten, Hochschulen und Universitäten sowie der Landwirtschaft und betraf somit den Kernbereich der Linie V.[7]

Im November 1956 wurde der Bereich Hochschulen/Universitäten aus dem Aufgabenbereich der Abteilung 1 in eine eigenständige Abteilung 8 ausgegliedert. Die Zuständigkeit für den DGB wechselte nach diversen Verschiebungen innerhalb der HA V über die HA III im Januar 1957 zur Hauptverwaltung Aufklärung im Oktober 1958. Ebenso verlagerten sich die Kompetenzen für die Justiz und das Post- und Fernmeldewesen von den Abteilungen 5 und 7 zur Abteilung 1. Stattdessen übernahm die Abteilung V ab 1961 die Bearbeitung der in Folge des Mauerbaus entstandenen Fluchthilfeorganisationen.

Von entscheidender Bedeutung für die Arbeit der Linie V wurde ab den späten 1950er Jahren der Begriff der „politisch-ideologischen Diversion“ (PID). Diese bezeichnete im MfS-Jargon das Eindringen westlicher Einflüsse in Staat und Gesellschaft der DDR durch die Einwirkung westlicher Medien und Geheimdienste. Aus Sicht des MfS waren Sozialdemokratismus, Opportunismus und Revisionismus, aber auch geringfügiges Abweichen von der Parteilinie mögliche Erscheinungsformen ideologischer Diversion. Hauptorgan zu deren Bekämpfung bildete die Linie V. So erließ der stellvertretende Minister Bruno Beater im Februar 1960 eine „Direktive zur Verbesserung der Abwehrarbeit gegen die politisch-ideologische Diversion und Untergrundtätigkeit“ und veranlasste die Einführung eines entsprechenden Meldungs- und Auswertungssystems.[8] Für die Linie V bedeutete dies einen weiteren Kompetenzzuwachs. Eine 1963 geplante Fusion der Linie V mit den Linien III (Wirtschaft) und XIII (Verkehrswesen) wurde jedoch nicht umgesetzt. Stattdessen bildeten die Abteilungen nur gemeinsame Arbeitsgruppen.

Linie XX

Die Linie V wurde am 31. Januar 1964 im Zuge MfS-interner Reorganisationen in Linie XX umbenannt. Bereits zum 1. Januar 1964 wurde der Leiter der Hauptabteilung V, Fritz Schröder, zum stellvertretenden Minister für Staatssicherheit ernannt. Die Stelle des Leiters der Hauptabteilung XX blieb zunächst unbesetzt, kommissarisch übernahm jedoch der bisherige Stellvertreter Schröders, Paul Kienberg die Leitung der Abteilung. Am 1. Juli 1965 wurde Kienberg endgültig zum Hauptabteilungsleiter ernannt, seine Stellvertreter wurden Heinz Volpert und Rudolf Stange.

Die veränderte Situation nach dem Mauerbau wirkte sich auch auf die Anforderungen an die Linie XX aus. Während zuvor eine Flucht in die Bundesrepublik über West-Berlin vergleichsweise einfach möglich war, verlagerte sich diese sich ab 196 vollends in den Untergrund. Oppositionelle Kräfte konnten nicht mehr gefahrlos Richtung Bundesrepublik abwandern, sondern versuchten stattdessen, sich im DDR-Alltag einzurichten. Neben den Aktivitäten von Fluchthilfeorganisationen befürchtete das MfS auch das Wirksamwerden des angestauten oppositionellen Potenzials. Erschwerend hinzu kam der ungebrochene Einfluss westlicher Medien. Dies alles begünstigte den Ausbau des MfS im Allgemeinen und den des IM-Netzes im Speziellen.

Ab Mitte der 1960er Jahre wurde die für die Bekämpfung von Fluchthilfe (im MfS-Jargon „staatsfeindlicher Menschenhandel“) zuständige Abteilung 5 (HA XX/5) auch vermehrt im sozialistischen Ausland aktiv. Zur Überwachung von DDR-Bürgern setzte sie sogenannte Operativgruppen ein. Grund hierfür war die gestiegene Anzahl an Fluchtversuchen über die Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien. Zudem nutzten viele DDR-Bürger die beliebten Urlaubsorte für Treffen mit Verwandten oder Freunden aus dem westlichen Ausland.

Ab 1963 hatte die SED zuächst versucht, dem schwindenen Rückhalt unter Jugendlichen entgegen zu wirken. Ausdruck fand dies in der Gründung einer SED-Jugendkommission im März 1963, dem im September 1963 vom Politbüro veröffentlichten Kommuniqué „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“[9], sowie in der Gründung des Jugendradios DT64. Dieser Kurs wurde jedoch bereits mit dem Politbüro-Beschluss „Zu einigen Fragen der Jugendarbeit und dem Auftreten der Rowdygruppen“ vom 11. Oktober 1965 korrigiert. So forderte dieser, „daß solchen ‚Laienmusikergruppen’, deren Darbietungen aus dekadenter westlicher Musik bestehen, die Lizenz entzogen wird“[10]. Die entgültige Abkehr von der kurzen jugend- und kulturpolitischen Liberalisierung bedeutete jedoch das auch als „Kahlschlagplenum“ bezeichnete 11. Plenum des ZK der SED vom Dezember 1965. In dessen Folge wurden zahlreiche Filme, Theaterstücke, Bücher und Musikgruppen verboten. Die Staatssicherheit reagierte auf diesen Kurswechsel mit dem Befehl 11/66 zur „Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen“. Im Kern umfasste dies eine umfangreiche Überwachung jugendlicher Subkulturen, bei der die Linie XX federführend war.

Von erhöhtem Interesse für das MfS war auch die Überwachung des Post-, Fernmelde- und Funkwesens. Per Befehl vom 7. Dezember 1967 wurde dieser Bereich aus der Abteilung 1 ausgegliedert und zur eigenen Abteilung 6 aufgewertet. Diese sollte auch auf Ebene der Bezirksverwaltungen drei bis acht Mitarbeiter umfassen. Hingegen verlor mit dem Bedeutungsverlust der Blockparteien in Folge ihrer Gleichschaltung auch die mit ihrer Überwachung beauftragte Abteilung 3 an Stellenwert.

Eine weitere Verschärfung der Überwachung setzte mit dem „Prager Frühling“ 1968 ein. Der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts am 21. August 1968 stieß auch in der DDR auf erhebliche Kritik. Die Linie XX führte dies auf eine mangelhafte Überwachung des Medien- und Kulturbereiches zurück und zog hieraus mit der Gründung der eigenständigen Abteilung 7 am 18. Juni 1969 die organisatorische Konsequenz. Diese in der Hauptabteilung und auf Bezirksebene ansässige Abteilung war fortan für den Bereich Kultur und Massenkommunikationsmittel zuständig und sollte helfen, die Kulturpolitik der SED durchzusetzen.[11]

Ab Juni 1971 besaß die Hauptabteilung XX per Dienstanweisung 2/71 die alleinige Federführung bei der „politisch-operativen Bekämpfung der staatsfeindlichen Hetze“[12]. Hierfür wurde in der Abteilung 2 ein eigener Stab gebildet.

Auch die Bekämpfung der Fluchtbewegung blieb eine wichtige Aufgabe der Hauptabteilung XX. Besonders das Transitabkommen vom Dezember 1971 stellte für das MfS eine besondere Bewährungsprobe dar. So verdoppelte sich zwischen 1971 und 1975 der Personentransitverkehr zwischen dem Bundesgebiet und West-Berlin.[13] Durch weitere Reiseerleichertungen verfünffachte sich zudem im gleichen Zeitraum die Zahl an Besuchern aus der Bundesrepublik und West-Berlin in der DDR.[14] Auch die Reisetätigkeit von DDR-Bürgern nahm zu. Zwischen 1972 und 1974 nahm das MfS insgesamt rund 140 Personen wegen der Vorbereitung oder Durchführung von Ausschleusungen fest.[15] Mit der Gründung der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) 1976 verlor die HA XX die Federführung bei der Bekämpfung der „Republikflucht“.

Stattdessen rückte ab Ende 1975 ideologische Überwachung der DDR wieder verstärkt in den Vordergrund. So hatte sich die DDR mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte zur Wahrung der Menschenrechte sowie zur Umsetzung von Reiseerleichterungen verpflichtet. Das MfS befürchtete daher eine verstärkte „politisch-ideologische Diversion“ und intensivierte seine Bemühungen, die DDR-Bevölkerung von westlichen Einflüssen abzuschirmen. Als besonders gefährdet sah man Mediziner, Wissenschaftler, Lehrer, Künstler, Schriftsteller, Jugendliche und Studenten an. So wurden von der Hauptabteilung XX/4 allein 1975 rund 2000 Personen aus diesem Personenkreis, die sich zugleich in der Kirche engagierten, zur vorbeugenden Bekämpfung namentlich erfasst. Zudem wurde am 15. Januar 1976 eine Operativgruppe zur Bekämpfung des oppositionellen Kreises um Wolf Biermann, Robert Havemann, Stefan Heym und Rudolf Bahro gegründet.

Auflösung

Struktur

Der Organisationsbefehl 371/53 vom 25. November 1953 legte fest, dass die Hauptabteilung V zum Verantwortungsbereich des – damals noch stellvertretenden Staatssekretärs – Erich Mielke gehörte.

Die Abteilungen XX der 15 Bezirksverwaltungen verfügten zumeist nur über sieben Referate, die aber (bis auf den Bereich HA XX/10) alle Aufgabenbereiche der Zentrale abdeckten. Die Hauptabteilung in der MfS-Zentrale in Berlin bearbeitete lediglich 10 Prozent der Operativen Vorgänge (OV) bzw. 8,7 Prozent der Operativen Personenkontrollen (OPK); den Hauptteil der Vorgangsarbeit übernahmen Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen.[16]

  • Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG): Erarbeitung von Analysen und Informationen; Führung von Speichern; Planung der operativen Arbeit; Öffentlichkeitsarbeit sowie Anleitung und Kontrolle der operativen Arbeit auf der Linie XX, Leiter: Oberstleutnant Wolfgang Schmidt
  • Sekretariat/Rückwärtige Dienste: Materiell-technische, Kfz-technische sowie organisatorische und finanzielle Sicherstellung der Lösung operativer Aufgaben der Hauptabteilung, Leiter: Oberstleutnant Günter Lange
  • Koordinierungsgruppe des Leiters (KdL): Vorbereitung, Durchführung und Koordinierung operativer Sicherungsmaßnahmen zu zentralen Aktionen und Einsätzen entsprechend Dienstanweisung 1/85, Leiter: Oberstleutnant Jochen Held
  • Arbeitsgruppe des Leiters (AGL): Planung operativer Maßnahmen, personelle und materielle Planung sowie Sicherstellung der Einsatzbereitschaft und des „Diensthabenden-Systems“ der Hauptabteilung, Leiter: Oberst Rudolf Stiel
  • Abteilung 1: Staatsapparat, Justiz, Gesundheitswesen, Blockparteien (HA XX/1): Operative Sicherung von Objekten und Einrichtungen des Ministerrates, zentraler Einrichtungen der Justiz und des Gesundheitswesens sowie der Führungsgremien der Blockparteien und Massenorganisationen, Leiter: Oberst Eberhard Jaekel
  • Abteilung 2: Sozialdemokratie, „staatsfeindliche Hetze“, Jugend, Nazi- und Kriegsverbrechen (HA XX/2): Sicherung zentraler Objekte der FDJ und Durchsetzung der Jugendpolitik; Aufklärung und Bearbeitung „staatsfeindlicher Hetze“ und Aufklärung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Zeit des Nationalsozialismus, Leiter: Oberst Horst Kuschel
  • Abteilung 3: Massenorganisationen, bürgerliche Parteien, Hochschulen, Sport (HA XX/3): Sicherung zentraler Sporteinrichtungen und Sportverbände; SV Dynamo; Gesellschaft für Sport und Technik (GST), Leiter Oberstleutnant: Jürgen Notroff
  • Abteilung 4: Kirchen und Religionsgemeinschaften (HA XX/4): Unterbindung des „feindlichen Missbrauchs der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der DDR“; Erscheinungen der „politischen Untergrundtätigkeit“, Leiter: Oberst Joachim Wiegand
  • Abteilung 5: Gegner in der Bundesrepublik (HA XX/5): Vorgangs- und personenbezogene Arbeit nach dem „Operationsgebiet“ (BRD); Bearbeitung von Inspiratoren und Organisatoren der „politischen Untergrundtätigkeit“ unter ehemaligen DDR-Bürgern in der Bundesrepublik und West-Berlin sowie unter Anhängern alternativer Gruppierungen und Organisationen, Leiter: Oberst Hans Buhl
  • Abteilung 6: Post- und Fernmeldewesen (HA XX/6): 1986 als Abteilung 4 in die HA XIX eingegliedert.
  • Abteilung 7: Kultur und Massenkommunikationsmittel (HA XX/7): Sicherung des Ministeriums für Kultur, der Staatlichen Komitees für Rundfunk und Fernsehen sowie operative Bearbeitung von zentralen Einrichtungen, Institutionen und Organisationen der Kultur, Kunst und Literatur, Leiter: Oberstleutnant Joachim Tischendorf
  • Abteilung 8: Volksbildung, Hoch- und Fachschulwesen (HA XX/8): Sicherung des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen (MHF), des Ministeriums für Volksbildung (MfV) sowie ausgewählter nachgeordneter Einrichtungen beider Ministerien; Sicherung und Überwachung ausländischer Studenten in der DDR, Leiter: Oberstleutnant Werner Fleischhauer
  • Abteilung 9: „Politische Untergrundtätigkeit“ (HA XX/9): Aufklärung und Bekämpfung „politischer Untergrundtätigkeit“ entsprechend Dienstanweisung 2/85, Leiter: Oberst Wolfgang Reuter
  • Abteilung 10: Sicherung von SED-Einrichtungen (HA XX/10): Sicherung von SED-Sonderobjekten und Parteibetrieben sowie nachgeordneter Einrichtungen; Kaderüberprüfungen zentraler Partei- und Staatsorgane, Leiter: Oberstleutnant Fritz Busch

Mitarbeiter

Leiter der Hauptabteilung XX

Personalentwicklung

Gemessen am Gesamtapparat war der Personalbestand der Linie XX sowie deren Zuwachsraten vergleichsweise gering. Obwohl die Personalentwicklung des MfS insgesamt von einem stetigen Anstieg gekennzeichnet war, blieb der Personalbestand der Hauptabteilung XX lange Zeit konstant und war vereinzelt sogar rückläufig. Waren 1955 noch 207 Mitarbeiter in der Zentrale beschäftigt, sank diese Zahl vor allem in Folge der Entstalinisierung bis Ende der 1950er Jahre auf 142 und konsolidierte sich in den Folgejahren bei rund 170 Mitarbeitern.[17] Ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre erhöhte sich der Personalbestand langsam, aber stetig auf zuletzt 461 hauptamtliche Mitarbeiter in 1989.[17] Unter ihnen befanden sich 35 Offiziere im besonderen Einsatz sowie 13 hauptamtliche inoffizielle Mitarbeiter (HIM).[18] Auffällig ist die besonders hohe Zahl von 202 IM-führenden Mitarbeitern.[18] Diese leiteten rund 1.500 der insgesamt mindestens 2.192 IM der HA XX.[18]

Die Bezirksverwaltungen der Linie XX beschäftigten zum 31. Oktober 1989 weitere 934 hauptamtliche Mitarbeiter, davon allein 128 in Ost-Berlin.[19] Hinzu kommen weitere Mitarbeiter auf Ebene der Kreisdienststellen, die jedoch schwer zu quantifizieren sind und auf eine mittlere, dreistellige Zahl geschätzt werden.[20] Insgesamt war die Linie XX eher basisorientiert, die Mehrzahl der Mitarbeiter war auf den Ebenen der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen beschäftigt.

Gleichzeitig wurden mit der Gründung der Abteilung XXII („Terrorabwehr“) 1975, der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) zur Bekämpfung von Flucht und Fluchthilfe 1976, sowie der Abteilung 6 („Sicherungsbereich Post-, Funk- und Fernmeldewesen“) 1985 klassische Tätigkeitsfelder der Linie XX ausgegliedert.

Literatur

  • Thomas Auerbach/Matthias Braun/Bernd Eisenfeld/Gesine von Prittwitz/Clemens Vollnhals: Hauptabteilung XX: Staatsapparat, Blockparteien, Kirchen, Kultur, „politischer Untergrund“. In: BStU: Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch III/12, Berlin 2008. (PDF, 2,2 MB)
  • Hubertus Knabe: West-Arbeit des MfS – Das Zusammenspiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“. Ch. Links, Berlin 1999, ISBN 3-86153-182-8.
  • Helmut Müller-Enbergs: Die inoffiziellen Mitarbeiter. In: BStU: Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch IV/2, Berlin 2008. (PDF, 444 KB)
  • Walter Süß: Staatssicherheit am Ende: Warum es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhindern. Ch. Links, Berlin 1999, ISBN 3-86153-181-X.
  • Clemens Vollnhals (Hg.): Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit: Eine Zwischenbilanz. Ch. Links, Berlin 1997, ISBN 3-86153-122-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Braun: Hauptabteilung XX, S. 3f.
  2. MfS-Hauptabteilung XX: Arbeitsplan für das Jahr 1989 vom 23. Januar 1989, S. 2; BStU, MfS, HA XX Bündel 12, zit. n. Braun, Hauptabteilung XX, S. 4.
  3. Jens Gieseke: Das Ministerium für Staatssicherheit 1950–1989/90 – Ein kurzer historischer Abriss. In: BF informiert, Nr. 21, Berlin 1998, S. 35.
  4. Hanna Labrenz-Weiß: Die Hauptabteilung II: Spionageabwehr. In: BStU: Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch III/7, Berlin 2001. (PDF, 303 KB), S. 8.
  5. Karl Wilhelm Fricke/Roger Engelmann: „Konzentrierte Schläge“ – Staatssicherheitsaktionen und politische Prozesse in der DDR 1953–1956, Berlin 1998, S. 37.
  6. Fricke/Engelmann: Konzentrierte Schläge, S. 52–60.
  7. Dienstanweisung 16/57 des Ministers vom 30. Mai 1957 über Maßnahmen zur Verbesserung der operativen Arbeit in den Betrieben, Ministerien und Hauptverwaltungen, Universitäten, Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten sowie in den Objekten der Landwirtschaft, BStU, MfS, BdL, Dokument 2152.
  8. Direktive zur Verbesserung der Abwehrarbeit gegen die politisch-ideologische Diversion und Untergrundtätigkeit vom 3. Februar 1960. Dokumentiert in: Roger Engelmann/Frank Joestel: Grundsatzdokumente des MfS. BStU, Berlin 2004, S. 126–128.
  9. Neues Deutschland vom 21. September 1963, S. 3. Dok. in: Michael Rauhut: Rock in der DDR. Bonn 2002, S. 25.
  10. „Zu einigen Fragen der Jugendarbeit und dem Auftreten der Rowdygruppen“. Beschluss des Politbüros vom 11. Oktober 1965. Zit. n. Michael Rauhut: Beat in der Grauzone – DDR-Rock 1964 bis 1972, Politik und Alltag. Berlin 1993, S. 128.
  11. Joachim Walther: Sicherungsbereich Literatur – Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin 1996, S. 157–159.
  12. Dienstanweisung 2/71 des Ministers zur Leitung und Organisierung der politisch-operativen Bekämpfung der staatsfeindlichen Hetze vom 26. Juni 1971. Dok. in: Engelmann/Joestel: Grundsatzdokumente, S. 218–237.
  13. Peter Bender: Neue Ostpolitik: Vom Mauerbau bis zum Moskauer Vertrag. München 1986, S. 281.
  14. Bender: Ostpolitik, S. 279.
  15. Bernd Eisenfeld: Die Zentrale Koordinierungsgruppe. Bekämpfung von Flucht und Übersiedlung. In: BStU: Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch III/17, Berlin 1996, S. 49. (PDF, 182 KB)
  16. Braun: Hauptabteilung XX, S. 9f.
  17. a b Vgl. Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, Statistischer Anhang, in: BStU: Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch IV/1, Berlin 1995.
  18. a b c Vgl. Braun: Hauptabteilung XX, S. 10f.
  19. Vgl. Braun: Hauptabteilung XX, S. 37.
  20. Vgl. Braun: Hauptabteilung XX, S. 38.