Benutzer:Nicolai P./SPD in Ostberlin

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Die SPD in Ost-Berlin war derjenige Teil der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Berlin, in Ost-Berlin zwischen der Teilung Berlins 1948 und dem Bau der Mauer 1961 fortbestand.

Teilung Berlins

Mit der Beendigung der gemeinsamen Arbeit der Alliierten Kommandantur am 16. Juni 1948 durch die sowjetische Delegation, die Berlin-Blockade, die Einführung der Währungsreformin der DDR und die Abriegelung des Ostsektors wurde auch der Arbeit der Berliner Stadtverordnetenversammlung die Basis entzogen. Am 30. November 1948 erklärten die 23 Stadtverordneten der SED (gemeinsam mit etwa 1.600 Delegierten kommunistisch beherrschter Organisationen (Demokratischer Block) den Magistrat für abgesetzt. Ein „provisorischer demokratischer Magistrat“ unter Kontrolle der SED wurde für Ost-Berlin gebildet und damit die einheitliche Kommunalverwaltung in Ost und West beendet. Damit teilten sich auch die Wege der SPD Berlin in West und Ost, auch wenn der gemeinsame Landesverband noch bis 1961 bestand.

Die SPD in Ost-Berlin

Seit 1947 hatte die Verfolgung der demokratischen Parteien und Politiker an Intensität zugenommen. Im Oktober 1947 wurde Wilhelm Mardus, der Bürgermeister Friedrichshains, von der SMAD wegen „Sabotage von Holzlieferung“ abberufen. Ella Kay, die Leiterin des Bezirksamtes Prenzlauer Berg, wurde nach Krawallen von SED-Sympathisanten in der Bezirksversammlung Anfang Dezember am 8. Dezember 1947 aus dem Amt entfernt. Am 23. November 1948 erfolgte die Entfernung der letzten demokratischen Politiker in Ost-Berlin aus ihren Wahlämtern. Alle freiheitlichen Bezirksräte sowie rund 2000 Angestellte der Stadt wurden entlassen, darüber hinaus kam es zu Ausweisungen. So wurde im März 1949 Kurt Exner, der vorherige Bezirksbürgermeister, aus seiner Wohnung in Prenzlauer Berg verwiesen.

Der Landesausschuss der SPD Groß-Berlin stellte am 18. Dezember 1948 fest, dass kein Sozialdemokrat den „Stadtsowjet im Ostsektor“ anerkennen könne. Er bestätigte dies am 26. Februar 1949: „Der Landesausschuss vertritt die Auffassung, daß der anhaltende Abbau der Selbstverwaltung durch den Stadtsowjet eine weitere Mitarbeit von Sozialdemokraten in öffentlichen Funktionen des Ostsektors unmöglich macht.“

Organisatorisch blieb die SPD in Ost und West ein gemeinsamer Landesverband mit zwölf Kreisverbänden im Westen und acht im Osten. Die Kreisverbände im Osten mussten jedoch massive Einschränkungen ihrer Arbeit hinnehmen. So war eine Teilnahme an Wahlen im sowjetischen Machtbereich nicht möglich. Diese wurden als Scheinwahlen mit einer Einheitsliste der „Nationalen Front“ durchgeführt. Öffentlichkeitsarbeit der Partei war genauso unmöglich wie öffentliche Kundgebungen.

Die SPD Berlin bemühte sich demonstrativ, ihren Vertretungsanspruch für ganz Berlin deutlich zu machen. So erhielt jeder der acht Kreisverbände im Osten einen oder zwei Patenverbände im Westteil der Stadt. Diese Kreisverbände stellten bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung bzw. zum Abgeordnetenhaus auch Kandidaten aller acht Ost-Berliner Kreise auf sicheren Listenplätzen auf. So wurde der Friedrichshainer Kreisvorsitzende Kurt Neubauer 1952 zum Mitglied des Deutschen Bundestages gewählt, dem einzigen mit Wohnsitz im sowjetischen Machtbereich. Margarete Berger-Heise, die Kreisvorsitzende von Weißensee, wurde Mitglied im Abgeordnetenhaus, ebenso wie Rudi Müller, der Kreisvorsitzende der SPD Lichtenberg, der sein Mandat als in Neukölln gewählter Abgeordneter erhielt.

In den 1950er-Jahren nahm der Druck auf die SPD in Ost-Berlin weiter zu. Anfang 1952 schloss die SED-Führung die Kreisbüros der SPD in Ost-Berlin. Diese Maßnahme führte zu einem massiven Presseecho im Westen. Um die negative Öffentlichkeitswirkung zu begrenzen, wurden die Kreisgeschäftsstellen wieder freigegeben und die Maßnahme in der DDR-Propaganda als westliche Lüge dargestellt. 1953 wurden die Sozialdemokraten mit einer Verhaftungswelle eingeschüchtert. Verhaftet und in Haft misshandelt wurden z. B. der Kreissekretär Herbert Mießner aus Weißensee und Otto Hildebrandt aus Prenzlauer Berg, der in der Haft starb.

Neben den Verhaftungen blutete die Partei durch eine Vielzahl von Mitgliedern aus, die zur Flucht in den Westen gezwungen wurden. Den Höhepunkt hatte die Fluchtwelle nach dem gescheiterten Aufstand des 17. Juni 1953. Aber auch in den Folgejahren ebbte die Fluchtbewegung nicht ab. So wurden im Jahr 1958 140 Mitglieder aus Ost-Berlin gezählt, die in den Westen flüchteten.

Die SPD stand im Fokus der Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit. 1957 waren elf hauptamtliche Mitarbeiter in der Abteilung V, Referat SPD der Stasi mit der Beobachtung beschäftigt.

Um eine Unterwanderung der Partei zu verhindern, verlangte die Ost-Berliner SPD bei Neueintritten einen, später zwei und sogar drei Bürgen. Bedingt durch die massive Verfolgung, die Flucht und die geringen Möglichkeiten der Neueintritte sank die Zahl der Partei kontinuierlich. Stiegen die Mitgliederzahlen von 9641 im Juni 1946 bis zum März 1947 noch auf 15 019, sanken sie zum 30. Juni 1948 auf 14 928, zum 31. Dezember 1952 auf 7621 und zum 30. Juni 1961 auf 5237.

Mit dem Mauerbau am 13. August 1961 endete die Möglichkeit einer offiziellen Arbeit der SPD in Ost-Berlin. Die Kreisbüros der SPD wurden von den Machthabern geschlossen, die Partei verboten. Am 29. Mai 1961 fand die letzte Sitzung des gemeinsamen Landesvorstandes in Berlin-Lichtenberg statt.

Am 23. August beschloss der Landesvorstand der SPD:

„Die Maßnahmen seit dem 13. August haben es den Funktionären und Mitgliedern der SPD im Ostsektor unmöglich gemacht, mit der Gesamtorganisation … die Verbindung aufrechtzuerhalten.“

Die Schließung der Kreisbüros und die Repressalien und Erpressung führen dazu, dass die Mitglieder der SPD im Ostsektor in eine „für sie unhaltbare Lage“ gekommen sind. Die acht Kreisverbände wurden für aufgelöst erklärt und die Mitglieder aus ihren Pflichten gegenüber der Partei entlassen. Die SPD behielt sich das gemäß Viermächtestatus bestehende Recht auf Neugründung vor. Der Beschluss endete mit den Worten „Wir danken allen. Wir vergessen keinen. Wir vergessen nichts.“

Um den Kontakt zu den Sozialdemokraten jenseits der Mauer aufrecht zu erhalten und humanitäre Hilfe bei Verfolgung zu leisten, bestand von 1961 bis 1989 ein Ostbüro der SPD in West-Berlin. 600 Sozialdemokraten bezogen sich bei ihrem Eintritt in die SDP 1989/90 noch auf ihre damalige SPD-Mitgliedschaft in der SPD Ost-Berlin.

Literatur

  • Siegrfried Heimann: Die SPD in Ostberlin 1945-1961, in: Die Parteien und Organisationen in der DDR, herausgegeben von Gerd-Rüdiger Stephan u. a., Dietz Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-320-01988-0, S. 402-425.