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ARTIKEL-VERSION vom 11.11.2008

Die Religionsfreiheit in Österreich hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten entwickelt. Der Ausgangspunkt war das Toleranzpatent aus dem Jahre 1781 unter Joseph II.

Die Toleranzgesetzgebung

Dieses Gesetz, ganz im Geist des "aufgeklärten Absolutismus", gewährt die persönliche Glaubens und Gewissensfreiheit für die Angehörigen der "augsburgischen und helvetischen Religionsverwandten": "Überzeugt von der Schädlichkeit jeglichen Gewissenzwangs ...", aber nicht die Freiheit für die Religionsgemeinschaft selbst. Zwar wurde den "evangelischen Religionsverwandten" das Recht auf Gründung von Pfarrgemeinden zugestanden, gleichzeitig wurde die "Evangelische Kirche" eine Verwaltungsangelegenheit des Staates (kaiserliches Konsistorium zunächst in Teschen, später Wien).

Öffentliches und privates Exerzitium

In der Tradition des Toleranzpatents unterscheidet die österreichische Gesetzgebung und Rechtsprechung zwischen dem "öffentlichen" und "privaten Exercitium" (Ausübung einer Religion oder Konfession). Im privaten, also hinter verschlossenen Türen in privaten Räumlichkeiten war seit Josef II. de facto alles erlaubt, solange es nicht gegen andere Gesetzesbestimmungen verstieß. Das öffentliche Auftreten einer Religionsgemeinschaft, dagegen wird durch Einzelgesetze geregelt und kann für verschiedene Religionsgemeinschaften durchaus unterschiedlich geregelt sein.[1]

Erst ab 1961 (Erlassung des "Protestantengesetz", und aufgrund dessen Vorbildwirkung) wurde die völlige Gleichstellung der kleineren Religionsgemeinschaften und Kirchen an die Regelungen für die röm.-kath Kirche durch Reform aller betreffenden Gesetze durchgeführt.)[2]

Die Bedeutung des Staatsgrundgesetzes

Wichtig für die Freiheit sich in einer Religionsgemeinschaft zu organisieren sind die Formulierungen der Glaubens- und Gewissensfreiheit, welche zum ersten Mal auch die Organisationsform im Staatsgrundgesetz 1867 erwähnt (Artikel 14). Vor allem wurde damit allen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften der Status einer "Körperschaft öffentlichen Rechts" zugestanden. Damit wurde der Anfang des Rechtes zur freien inneren Organisation gelegt, da nun nicht mehr jede Einzelregelung durch den Staat erlassen werden musste. In der Praxis wurden alle Kirchen und Religionsgemeinschaften bis zum Ende der k.u.k. Monarchie sehr restriktiv durch das Kultusministerium geleitet, den gesetzlich anerkannten Minderheiten aber die Organisation auf mittlerer Ebene, und ein Stück finanzielle Eigenverwaltung zugestanden[3]

Weiterführung der Ansätze des Staatsgrundgesetzes

Nach diesem Gesetz steht jedem Bürger die Zugehörigkeit und Ausübung in einer Kirche oder Religionsgemeinschaft frei. Das heißt, sowohl Eintritt als auch Austritt sind frei von staatlichem Zwang. Es ist auch jedem unbenommen, keiner Religion anzugehören. Diese Religionsfreiheit wurde sowohl im Vertrag von Saint-Germain im Jahr 1919, der gültigen Bundesverfassung der Republik Österreich, als auch im Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention 1950 weiter präzisiert, und durch gesetzliche Bestimmungen ausformuliert.

In Österreich kann jeder Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr seine Religion selbst bestimmen, ist also voll religionsmündig. Während bis zum 10. Lebensjahr ausschließlich die Eltern über eine Religionszugehörigkeit entscheiden können, hat das Kind bis zum 12. Lebensjahr angehört zu werden. Zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr kann ein Religionswechsel durch die Eltern ohne Zustimmung des Jugendlichen nicht mehr erfolgen.

Wortlaut des Staatsgrundgesetzes

Die Religionsfreiheit ist in den Art. 14 - 16 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geregelt:

  • Artikel 14
Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist Jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern er nicht der nach dem Gesetze hierzu berechtigten Gewalt eines Anderen untersteht.
  • Artikel 15
Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.
  • Artikel 16
Den Anhängern eines gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses ist die häusliche Religionsübung gestattet, in soferne dieselbe weder rechtswidrig, noch sittenverletzend ist.

Das Gesetz über die religiösen Bekenntnisgemeinschaften

Im Gesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften aus dem Jahr 1998 wurde zum ersten Mal vom Rechtsprinzip der strikten Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Exerzitium abgegangen, und eine neue Klasse von religiösen Gruppierungen geschaffen, die zwischen dem privaten und der staatlich anerkannten Kirche bzw. Religionsgemeinschaft steht. Dies war vor allem nötig, da sich eine große Gruppe von völlig unterschiedlichen religiösen Kleingruppen gebildet hatte, die ohne diese Gesetzesnovelle kein Recht auf öffentliches in Erscheinung treten (z.B. von außen erkennbarer Versammlungsort, den jeweiligen Überzeugungen entsprechende Rituale bei Beerdigungen, etc.) gehabt hätte.

Liste der 2007 anerkannten Religionsgemeinschaften und Konfessionen

Die Römisch-Katholische Kirche, die Evangelische Kirche (Augsburger und Helvetisches Bekenntnis), die Islamische Glaubensgemeinschaft, die Altkatholische Kirche, die Jüdische Glaubensgemeinschaft, die östlichen Orthodoxen Kirchen (Russisch, Griechisch, Serbisch, Rumänisch, Bulgarisch), die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), die Neuapostolische Kirche, die Syrisch-Orthodoxe Kirche, die Armenisch-Apostolische Kirche, die Methodistische Kirche in Österreich, die Buddhistische Gemeinschaft, und die Koptisch-Orthodoxe Kirche.

Liste der 2007 anerkannten Bekenntnisgemeinschaften

Jehovas Zeugen, die Ba’hai-Gemeinde, die Baptisten, die Evangelische Allianz, die Bewegung für Religiöse Erneuerung, die Freie Christengemeinde (Pfingstgemeinde), die Pfingstkirche Gemeinde Gottes, die ELAIA Christengemeinde, die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die Hinduistische Religionsgesellschaft, und die Mennonitische Freikirche.

Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften sowie gesetzlich anerkannten Bekenntnisgemeinschaften

anerkannte Religionen anerkannte Bekenntnis- gemeinschaften nicht anerkannte Religionen
Recht auf öffentliche Religionsausübung Ja Ja Nein, aber meist geduldet[4]
Existenz als Körperschaft öffentlichen Rechts Ja Nein Nein
staatlicher Rechtsstatus Nein Ja Nein
Möglichkeit sich als Verein zu organisieren Ja Ja Ja
Schulwesen
Beratende Stimme im Kollegium des Bezirksschulrats Ja Nein Nein
Religionsunterricht in öffentlichen Schulen[5] Ja Nein Nein
Subventionierung konfessioneller Privatschulen[6] Nein Nein Nein
Medien
Sitz im Stiftungsrat des ORF Ja Nein Nein
vom ORF bei Programmplanung zu berücksichtigen[7] Ja Nein Nein
Seelsorger
befreit von Stellungspflicht und Wehrpflicht Ja Nein Nein
befreit von der Leistungspflicht nach Militärbefugnisgesetz Ja Nein Nein
zum Geschworenen- und Schöffenamt zugelassen[8] Nein Ja Ja
befreit von Leistungspflicht in Pflichtfeuerwehren[9] (Land Tirol) Ja Nein Nein
befreit von Leistungspflicht im Katastrophenfall (Land Niederösterreich) Ja Nein Nein
ausgenommen vom Erfordernis einer Bewilligung laut Aufenthaltsgesetz[10] Nein Nein Nein
ausgenommen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes[11] Nein Nein Nein
Seelsorger ausgenommen von Arbeitnehmerschutzgesetz und Arbeitsinspektionsgesetz Ja Nein Nein
Schutz religiöser Riten
Häftlinge haben Möglichkeit zur Trauung vor Seelsorger Ja Nein Nein
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Aufbahrungsbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften[12] Ja Möglich Möglich
Möglichkeit zur Bestattung außerhalb eines Friedhofs aufgrund religiöser Vorschriften[13] Ja Möglich Möglich
Seelsorger darf Bestattung auf Friedhofsgelände leiten Ja Ja Nein[14]
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Tierschutzbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften[15] Ja Nein Nein
Unpfändbarkeit von für den Gottesdienst verwendeten Gegenständen Ja Nein Nein
Veranstaltungen der Religionsgemeinschaften
ausgenommen vom Veranstaltungsgesetz (Land NÖ: religiöse Veranstaltungen; Land Tirol: alle Veranstaltungen) Ja Nein Nein
Befreiung von Gewerbeordnung für Speisen bzw. Getränkeausschank bei Veranstaltungen, deren Ertrag religiösen Zwecken zugute kommt Ja Nein Nein
ausgenommen vom Campinggesetz (Land Tirol) Ja Nein Nein
Teilnehmer an religiösen Veranstaltungen von Aufenthaltsabgabe befreit (Land Tirol) Ja Nein Nein
religiöse Veranstaltungen von Vergnügungssteuer befreit Ja Nein Nein
sonstige soziale Aktivitäten
Gleichstellung mit Volksgruppenorganisationen bezüglich Förderung von Volksgruppeninteressen Ja Nein Nein
Möglichkeit der Mitgliedschaft in einem vom Innenministerium gegründeten Verein zur Förderung des Auslandsdienstes Ja Nein Nein
Mitgliedschaft der größten Jugendorganisationen im Präsidium der Bundes-Jugendvertretung Ja Nein Nein
Vermerk des Religionsbekenntnisses auf Urkunden
Religionszugehörigkeit auf Schulzeugnis vermerkt Ja Ja Nein
Religionszugehörigkeit auf Personenstandsurkunden vermerkt Ja Nein Nein
Steuern
Beiträge an Religionsgemeinschaft bis 70 € absetzbar Ja Nein Nein
Begünstigung bei Schenkungs- und Erbschaftssteuer Ja Nein Nein
Grundsteuerbefreiung für gottesdienstlich genutzte Gebäude Ja Nein Nein
Befreiung von Kapitalverkehrssteuern Ja Nein Nein
Befreiung von Überwachungsgebühren für Dienste öffentlicher Sicherheitsorgane Ja Nein Nein
Befreiung von Landes- und Gemeinde-Verwaltungsabgaben (Land Vorarlberg) Ja Nein Nein
Befreiung von Fremdenverkehrsabgabe (Land Kärnten) Ja Nein Nein
Finanzierung
ausgenommen vom Sammlungsgesetz (meisten Bundesländer) Ja Nein Nein
ausgenommen vom Stiftungs- und Fondsgesetz[16] Ja Nein Nein
Datenschutz
Religionsgemeinschaften können um die Meldedaten der sich zur jeweiligen Gemeinschaft bekennenden Personen ansuchen. Ja Nein Nein
staatliche Anti-Sekten-Aktivitäten
Dokumentation von Gefährdungen, die von der betreffenden Religion ausgehen können, durch die Bundesstelle für Sektenfragen Nein Nein Möglich

Anmerkungen

  1. So durften evangelische, jüdische und islamische Geistliche in der Öffentlichkeit keine Amtstracht tragen. Weiters war lange Zeit ungeklärt ob nicht-röm.-kath. Personen auf einem röm.-kath. Friedhof beerdigt werden dürfen, auch wenn es keinen Friedhof der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft in zumutbarer Nähe gab. Und bis 1871 (Protestantenpatent) waren evangelische Kinder in der öffentlichen Schule gezwungen am röm.-kath. Religionsunterricht teil zu nehmen, gleiches galt für die Angehörigen der jüdischen und moslemischen Religionsgemeinschaft sowie für orthodoxe Christen
  2. Unter dem Aspekt der Religionsfreiheit war beispielsweise das Kopftuchverbot nie ein offizielles Thema in Österreich, da es als religiöses Zeichen zum gesetzlich geschützten Bereich des öffentlichen Exerzitium einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft gehört.
  3. So wurde bis 1918 jeder Bischof der röm.-kath. Kirche von Kaiser Franz-Josef I. persönlich ernannt. Den Evangelischen, Orthodoxen und Juden jede Form einer das ganze Reichsgebiet umfassenden Organisation (Bischofsamt, Kirchenleitung, etc.) untersagt.
  4. Es herrscht in Österreich insofern totale Religionsfreiheit, da die Staatsanwaltschaft niemals Anzeige erstattet, und von Privatpersonen erstattete Anzeigen prinzipiell nicht verfolgt werden. Auch Anhänger von staatlich nicht anerkannten Religionen und Konfessionen haben keine staatliche Verfolgung zu befürchten, und werden sich in der Realität auch in Vereinen organisieren dürfen. Aus der Rechtstradition der Republik Österreich heraus, sowie der hohen Wertschätzung der Bevölkerung gegenüber religiösen Organisationen wird aber das Prinzip des Schutzes der Bevölkerung gegen Missbrauch eben dieses Vertrauens verfolgt. Als Beispiel sei hier die "Geldsammlung auf der Strasse" genannt. Gesetzlich anerkannte Konfessionen und Religionen dürfen diese durchführen ohne um eine staatliche Genehmigung anzusuchen, für nicht anerkannte Religionen und Konfessionen ist dies verboten, da diese nicht die Einhaltung aller staatlichen Gesetze und anderen Regelungen zugesagt haben. Weiters ist die Verwendung z. B. des „Priesterkragens“ oder des Kreuzes am Sakko nicht gesetzlich geschützt, wird aber von von der Bevölkerung als Erkennungszeichen eines Vertreter der römisch katholischen Kirche gleichgesetzt. Dazu ist zu beachten, dass religiöse Gemeinschaften in Österreich im Unterschied z. B. zu USA prinzipiell keine Ausnahmen vom staatlichen Gesetz zugestanden werden (einzige Ausnahme: rituelle Schlachtungen sind auf Antrag vom Tierschutzgesetz ausgenommen), und sich der reale Unterschied zwischen staatlich anerkannten Konfessionen und Religionen und Bekenntnisgemeinschaften einerseits und nicht anerkannten Religionen auf den schulischen Religionsunterricht, sowie die Freistellung der Seelsorger vom Militär beschränkt.
  5. Da der Religionsunterricht unter den gleichen Regelungen steht, wie auch der säkulare Unterricht (die Lehrperson muss für Pflichtschulen eine pädagogische Hochschule, für den Unterricht an höheren Schulen ein Universitätsstudium abgeschlossen haben) ist der Religionsunterricht für anerkannte Bekenntnisgemeinschaften und nicht anerkannte Religionen unmöglich, da keine entsprechenden Ausbildungsstätten existieren.
  6. Bei Schulen mit Öffentlichkeitsrecht (egal welcher Träger) werden die Gehälter der Lehrer so sie sich im Dienstverhältnis zum Bundesland, resp. zur Republik befinden vom Staat bezahlt, die konfessionellen Schulen haben hier keine Sonderrechte
  7. Die Religionsabteilung des ORF berichtet auch über bekenntnisgemeinschaften und nicht anerkannte Religionen, ist dazu aber nicht verpflichtet.
  8. Geistliche aller staatlich anerkannten Konfessionen und Religionen sind nicht zum Laienrichteramt zugelassen, da der Staat davon ausgeht, dass diese eher den jeweiligen religiösen Vorschriften folgen werden als den Strafrechtsbestimmungen.
  9. Totes Recht, da keine Pflichtfeuerwehren mehr existieren.
  10. Staatlich anerkannte Religionen und Konfessionen können einen Antrag auf Ausnahme von den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes für ihre Seelsorger (und nur diese) stellen. Da die Überprüfung der Behörde dem Aufenthaltsgesetzes entsprechen gibt es hier kein Vorrecht.
  11. Seelsorger staatlich anerkannter Konfessionen und Religionen, werden nicht in die sogenannte „Kontingentzahl“ eingerchnet, d.h. eine Ablehnung der Beschäftigung erfolgt nicht aufgrund eines ausgeschöpften Kontingents (Gesamtzahl der in Österreich beschäftigten Ausländer aus NichtEU-Staaten). Aber Seelsorger müssen ein Universitätsstudium nach österreichischem Standard vorweisen.
  12. In den letzten Jahren, wurden die ehemals sehr strengen staatlichen Bestimmungen was Aufbahrung und Beisetzung angeht weitgehend gelockert. Obwohl noch wenige Erfahrungen existieren, da die veränderten Regelungen noch kaum ausgenutzt werden, kann de facto eine Beisetzung unabhängig von der Religion des Verstorbenen sehr frei gestaltet werden.
  13. Siehe obige Anmerkung.
  14. Österreichweit wird 2008 ca. ein Drittel der Bestattungen durch einen „Grabredner“ gestaltet, daher existieren hier de facto keine Einschränkungen mehr, es ist dem Grabredner nur untersagt Amtskleidung von staatlich anerkannten Konfessionen oder Religionen zu tragen (dieses Verbot gilt aber nicht nur auf dem Friedhof)
  15. Diese Bestimmung gilt für die rituelle Schlachtung nach jüdischen Ritus. In Österreich sind im Moment (2008) nur drei Schlachtereien von den üblichen Bestimmungen ausgenommen. Private Schlachtungen aus religiösen Gründen sind gernerell verboten.
  16. Nur theoretisch, da die Prüfung durch das zuständige Finanzamt nach den gleichen Regelungen erfolgt, wie bei säkularen Stiftungen und Fonds, für Bilanzierung, etc. gelten die gleichen Regelungen wie bei säkularen Stiftungen und Fonds.

Literatur

  • Religionen in Österreich, Broschüre des Bundespressedienstes 2004
  • Barton, Peter F., Evangelisch in Österreich, Wien-Graz-Köln 1987, in der Reihe "Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte", zweite Reihe, Band XI
  • Heussi, Karl, Kompendium der Kirchengeschichte, 15. Auflage, Tübingen 1979
  • Mecenseffy, Grete, Geschichte des Protestantismus in Österreich, Graz-Köln 1956
  • Reingrabner, Gustav, Protestanten in Österreich Wien-Köln-Graz 1981
  • Weinzierl, Erika, Die österreichischen Konkordate von 1855 und 1933, Wien 1960

Weblinks


VERSION VON ENDE JULI 2008

Die Toleranzgesetzgebung

Die Religionsfreiheit in Österreich hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten entwickelt. Der Ausgangspunkt war das Toleranzpatent aus dem Jahre 1781 unter Joseph II.

Dieses Gesetz, ganz im Geist des "aufgeklärten Absolutismus", gewährt die persönliche Glaubens und Gewissensfreiheit für die Angehörigen der "augsburgischen und helvetischen Religionsverwandten": "Überzeugt von der Schädlichkeit jeglichen Gewissenzwangs ...", aber nicht die Freiheit für die Religionsgemeinschaft selbst. Zwar wurde den "evangelischen Religionsverwandten" das Recht auf Gründung von Pfarrgemeinden zugestanden, gleichzeitig wurde die "Evangelische Kirche" eine Verwaltungsangelegenheit des Staates (kaiserliches Konsistorium zunächst in Teschen, später Wien).

Öffentliches und privates Exerzitium

In der Tradition des Toleranzpatents unterscheidet die österreichische Gesetzgebung und Rechtsprechung zwischen dem "öffentlichen" und "privaten Exercitium" (Ausübung einer Religion oder Konfession). Im privaten, also hinter verschlossenen Türen in privaten Räumlichkeiten war seit Josef II de facto alles erlaubt, solange es nicht gegen andere Gesetzesbestimmungen verstieß. Das öffentliche Auftreten einer Religionsgemeinschaft, dagegen wird durch Einzelgesetze geregelt und kann für verschiedene Religionsgemeinschaften durchaus unterschiedlich geregelt sein.[Anmerkung 1]

Erst ab 1961 (Erlassung des "Protestantengesetz", und aufgrund dessen Vorbildwirkung) wurde die völlige Gleichstellung der kleineren Religionsgemeinschaften und Kirchen an die Regelungen für die röm.-kath Kirche durch Reform aller betreffenden Gesetze durchgeführt.)[Anmerkung 2]

Die Bedeutung des Staatsgrundgesetzes

Wichtig für die Freiheit sich in einer Religionsgemeinschaft zu organisieren sind die Formulierungen der Glaubens- und Gewissensfreiheit, welche zum ersten Mal auch die Organisationsform im Staatsgrundgesetz 1867 erwähnt (Artikel 14). Vor allem wurde damit allen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften der Status einer "Körperschaft öffentlichen Rechts" zugestanden. Damit wurde der Anfang des Rechtes zur freien inneren Organisation gelegt, da nun nicht mehr jede Einzelregelung durch den Staat erlassen werden musste. In der Praxis wurden alle Kirchen und Religionsgemeinschaften bis zum Ende der k.u.k. Monarchie sehr restriktiv durch das Kultusministerium geleitet, den gesetzlich anerkannten Minderheiten aber die Organisation auf mittlerer Ebene, und ein Stück finanzielle Eigenverwaltung zugestanden[Anmerkung 3]

Weiterführung der Ansätze des Staatsgrundgesetzes

Nach diesem Gesetz steht jedem Bürger die Zugehörigkeit und Ausübung in einer Kirche oder Religionsgemeinschaft frei. Das heißt, sowohl Eintritt und Austritt ist frei von staatlichem Zwang. Es ist auch jedem unbenommen, keiner Religion anzugehören. Diese Religionsfreiheit wurde sowohl im Vertrag von Saint-Germain im Jahr 1919, der gültigen Bundesverfassung der Republik Österreich, als auch im Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention 1950 weiter präzisiert, und durch gesetzliche Bestimmungen ausformuliert.

In Österreich kann jeder Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr seine Religion selbst bestimmen, ist also voll religionsmündig. Während bis zum 10. Lebensjahr ausschließlich die Eltern über eine Religionszugehörigkeit entscheiden können, hat das Kind bis zum 12. Lebensjahr angehört zu werden. Zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr kann ein Religionswechsel durch die Eltern ohne Zustimmung des Jugendlichen nicht mehr erfolgen.

Wortlaut des Staatsgrundgesetzes

Die Religionsfreiheit ist in den Art. 14 - 16 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geregelt:

  • Artikel 14
Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist Jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern er nicht der nach dem Gesetze hierzu berechtigten Gewalt eines Anderen untersteht.
  • Artikel 15
Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.
  • Artikel 16
Den Anhängern eines gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses ist die häusliche Religionsübung gestattet, in soferne dieselbe weder rechtswidrig, noch sittenverletzend ist.

Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionen

anerkannte Religionen nicht anerkannte Religionen
Recht auf öffentliche Religionsausübung Ja (durch Staatsgrundgesetz) Ja (durch Vertrag von St.Germain)
Existenz als Rechtsperson Ja Ja (seit 1998)
ausgenommen vom Verbandsverantwortlichkeitengesetz Ja Ja für eingetragene Bekenntnisgemeinschaften; sonst Nein
Schutz vor Herabsetzung des Ansehens bei Veranstaltungen (Land NÖ) Ja Nein
Verfassung anerkennt Bedeutung der Religionen für religiöse und sittliche Grundlage des menschlichen Lebens (Land Vorarlberg) Ja Nein
Schulwesen
Beratende Stimme im Kollegium des Landesschulrats Ja Nein
Mitgliedschaft im Schulausschuss für die Religionsgemeinschaft, der die Mehrheit der Schüler angehört Ja Nein
staatlich finanzierter Religionsunterricht Ja Nein
automatische Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für konfessionelle Privatschulen Ja Nein
Subventionierung konfessioneller Privatschulen Ja Nein
Medien
gesetzlich vorgesehene Begünstigung im Postzeitschriftenversand Ja Nein
Sitz im Stiftungsrat des ORF Ja Nein
vom ORF bei Programmplanung zu berücksichtigen Ja Nein
Seelsorger
befreit von Stellungspflicht und Wehrpflicht Ja Nein
befreit von der Leistungspflicht nach Militärbefugnisgesetz Ja Nein
befreit vom Geschworenen- und Schöffenamt Ja Nein
befreit von Leistungspflicht in Pflichtfeuerwehren (Land Tirol) Ja Nein
befreit von Leistungspflicht im Katastrophenfall (Land Niederösterreich) Ja Nein
Anrechnung von Seelsorgetätigkeit als Ruhegenussvordienstzeit (z.B. für Beamtenpension, ÖBB-Pension) Ja Nein
ausgenommen vom Erfordernis einer Bewilligung laut Aufenthaltsgesetz Ja Nein
ausgenommen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Ja Nein
ausgenommen von Arbeitnehmerschutzgesetz und Arbeitsinspektionsgesetz Ja Nein
Schutz religiöser Riten
Häftlinge haben Möglichkeit zur Trauung vor Seelsorger Ja Nein
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Aufbahrungsbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften (z. B. Wien) Ja Nein
Möglichkeit zur Bestattung außerhalb eines Friedhofs aufgrund religiöser Vorschriften (Land Vorarlberg) Ja Nein
Seelsorger darf Bestattung auf Friedhofsgelände leiten Ja In einzelnen Gemeinden Nein (z.B. Telfs, Zams, Bischofshofen)
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Tierschutzbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften Ja Nein
Unpfändbarkeit von für den Gottesdienst verwendeten Gegenständen Ja Nein
Veranstaltungen der Religionsgemeinschaften
ausgenommen vom Veranstaltungsgesetz (Land NÖ: religiöse Veranstaltungen; Land Tirol: alle Veranstaltungen) Ja Nein
Befreiung von Gewerbeordnung für Speisen/Getränkeausschank bei Veranstaltungen, deren Ertrag religiösen Zwecken zugute kommt Ja Nein
ausgenommen vom Campinggesetz (Land Tirol) Ja Nein
Teilnehmer an religiösen Veranstaltungen von Aufenthaltsabgabe befreit (Land Tirol) Ja Nein
religiöse Veranstaltungen von Vergnügungssteuer befreit Ja Nein
Befreiung vom Erfordernis einer Gebrauchserlaubnis für Benutzung öffentlichen Grunds für religiöse Zwecke (Land Niederösterreich) Ja Nein
sonstige soziale Aktivitäten
Möglichkeit zur Zertifizierung als Kursträger für Deutsch-Integrationskurse Ja Nein
Gleichstellung mit Volksgruppenorganisationen bezüglich Förderung von Volksgruppeninteressen Ja Nein
Möglichkeit der Mitgliedschaft in einem vom Innenministerium gegründeten Verein zur Förderung des Auslandsdienstes Ja Nein
Mitgliedschaft der größten Jugendorganisationen im Präsidium der Bundes-Jugendvertretung Ja Nein
Seniorenveranstaltungen subventioniert (vom Land Niederösterreich) Ja Nein
Möglichkeit zum Abschluss von befristeten Hauptmietverträgen zur gemeinnützigen Wohnraumbeschaffung als Zwischennutzung bis zu einer geförderten Sanierung Ja Nein
Vermerk des Religionsbekenntnisses auf Urkunden
Religionszugehörigkeit auf Schulzeugnis vermerkt Ja Ja für eingetragene Bekenntnisgemeinschaften; sonst Nein
Religionszugehörigkeit auf Personenstandsurkunden vermerkt Ja Nein
Steuern
Beiträge an Religionsgemeinschaft steuerlich absetzbar Ja Nein
Begünstigung bei Schenkungs- und Erbschaftssteuer Ja Nein
Grundsteuerbefreiung für gottesdienstlich genutzte Gebäude Ja Nein
Befreiung von Kapitalverkehrssteuern Ja Nein
Befreiung von Überwachungsgebühren für Dienste öffentlicher Sicherheitsorgane Ja Nein
Befreiung von Landes- und Gemeinde-Verwaltungsabgaben (Land Vorarlberg) Ja Nein
Befreiung von Fremdenverkehrsabgabe (Land Kärnten) Ja Nein
Finanzierung
Möglichkeit zur Durchführung von Tombolaspielen u.ä. Ja Nein
ausgenommen vom Sammlungsgesetz (meisten Bundesländer) Ja Nein
ausgenommen vom Stiftungs- und Fondsgesetz Ja Nein
Datenschutz
Religionsgemeinschaften erhalten Meldedaten der sich zur jeweiligen Gemeinschaft bekennenden Personen Ja Nein
staatliche Anti-Sekten-Aktivitäten
Dokumentation von Gefährdungen, die von der betreffenden Religion ausgehen können, durch die Bundesstelle für Sektenfragen Nein Ja

Anmerkungen

  1. So durften evangelische, jüdische und islamische Geistliche in der Öffentlichkeit keine Amtstracht tragen. Weiters war lange Zeit ungeklärt ob nicht-röm.-kath. Personen auf einem röm.-kath. Friedhof beerdigt werden dürfen, auch wenn es keinen Friedhof der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft in zumutbarer Nähe gab. Und bis 1871 (Protestantenpatent) waren evangelische Kinder in der öffentlichen Schule gezwungen am röm.-kath. Religionsunterricht teil zu nehmen, gleiches galt für die Angehörigen der jüdischen und moslemischen Religionsgemeinschaft sowie für orthodoxe Christen
  2. Unter dem Aspekt der Religionsfreiheit war beispielsweise das Kopftuchverbot nie ein offizielles Thema in Österreich, da es als religiöses Zeichen zum gesetzlich geschützten Bereich des öffentlichen Exerzitium einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft gehört.
  3. So wurde bis 1918 jeder Bischof der röm.-kath. Kirche von Kaiser Franz-Josef I. persönlich ernannt. Den Evangelischen, Orthodoxen und Juden jede Form einer das ganze Reichsgebiet umfassenden Organisation (Bischofsamt, Kirchenleitung, etc) untersagt.

Literatur

  • Religionen in Österreich, Broschüre des Bundespressedienstes 2004
  • Barton, Peter F., Evangelisch in Österreich, Wien-Graz-Köln 1987, in der Reihe "Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte", zweite Reihe, Band XI
  • Heussi, Karl, Kompendium der Kirchengeschichte, 15. Auflage, Tübingen 1979
  • Mecenseffy, Grete, Geschichte des Protestantismus in Österreich, Graz-Köln 1956
  • Reingrabner, Gustav, Protestanten in Österreich Wien-Köln-Graz 1981
  • Weinzierl, Erika, Die österreichischen Konkordate von 1855 und 1933, Wien 1960

Weblinks

BAUSTELLE

Die Religionsfreiheit in Österreich hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten entwickelt. Der Ausgangspunkt war das Toleranzpatent aus dem Jahre 1781 unter Joseph II.

Die Toleranzgesetzgebung

Dieses Gesetz, ganz im Geist des "aufgeklärten Absolutismus", gewährte "Überzeugt von der Schädlichkeit jeglichen Gewissenzwangs" die persönliche Glaubens- und Gewissensfreiheit für die Angehörigen der "augsburgischen und helvetischen Religionsverwandten", aber nicht die Freiheit für die Religionsgemeinschaft selbst. Zwar wurde den "evangelischen Religionsverwandten" das Recht auf Gründung von Pfarrgemeinden zugestanden, gleichzeitig wurde die "Evangelische Kirche" aber eine Verwaltungsangelegenheit des Staates (kaiserliches Konsistorium zunächst in Teschen, später Wien).

Öffentliches und privates Exerzitium

In der Tradition des Toleranzpatents wurde zwischen der "öffentlichen" und der "häuslichen Religionsübung" (dem öffentlichen und dem privaten Exerzitium) unterschieden. Im Privaten, also hinter verschlossenen Türen in privaten Räumlichkeiten, war seit Josef II. de facto alles erlaubt, solange es nicht gegen andere Gesetzesbestimmungen verstieß. Das öffentliche Auftreten einer Religionsgemeinschaft dagegen wurde durch Einzelgesetze geregelt und konnte für verschiedene Religionsgemeinschaften durchaus unterschiedlich geregelt sein. So hatten evangelische, jüdische und islamische Geistliche in der Öffentlichkeit keine Amtstracht tragen dürfen. Und bis 1871 (Protestantenpatent) waren evangelische Kinder in der öffentlichen Schule gezwungen, am römisch-katholischen Religionsunterricht teil zu nehmen, gleiches galt für die Angehörigen der jüdischen und moslemischen Religionsgemeinschaft sowie für orthodoxe Christen.

Die Bedeutung des Staatsgrundgesetzes

Wichtig für die Freiheit, sich in einer Religionsgemeinschaft zu organisieren, sind die Formulierungen der Glaubens- und Gewissensfreiheit, welche zum ersten Mal auch die Organisationsform im Staatsgrundgesetz 1867 erwähnt (Artikel 14). Vor allem wurde damit allen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften der Status einer "Körperschaft öffentlichen Rechts" zugestanden. Damit wurde der Anfang des Rechtes zur freien inneren Organisation gelegt, da nun nicht mehr jede Einzelregelung durch den Staat erlassen werden musste. In der Praxis wurden alle Kirchen und Religionsgemeinschaften bis zum Ende der k.u.k. Monarchie sehr restriktiv durch das Kultusministerium geleitet (so wurde bis 1918 jeder Bischof der römisch-katholischen Kirche von Kaiser Franz-Josef I. persönlich ernannt und den Evangelischen, Orthodoxen und Juden jede Form einer das ganze Reichsgebiet umfassenden Organisation untersagt), den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften wurde aber die Organisation auf mittlerer Ebene und ein Stück finanzielle Eigenverwaltung zugestanden.

Wortlaut des Staatsgrundgesetzes

Die Religionsfreiheit ist in den Art. 14 - 16 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geregelt:

  • Artikel 14
Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist Jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern er nicht der nach dem Gesetze hierzu berechtigten Gewalt eines Anderen untersteht.
  • Artikel 15
Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.
  • Artikel 16
Den Anhängern eines gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses ist die häusliche Religionsübung gestattet, in soferne dieselbe weder rechtswidrig, noch sittenverletzend ist.[1]

Nach diesem Gesetz steht jedem Bürger die Zugehörigkeit und Ausübung in einer Kirche oder Religionsgemeinschaft frei. Das heißt, sowohl Eintritt als auch Austritt sind frei von staatlichem Zwang. Es ist auch jedem unbenommen, keiner Religion anzugehören.

Das Staatsgrundgesetz räumte den anerkannten Religionsgemeinschaften ausdrücklich das Recht auf öffentliche Religionsausübung ein, gewährte den anderen Religionsgemeinschaften jedoch nur die private Religionsausübung.

Der Vertrag von Saint-Germain

Durch den im Verfassungsrang stehenden Vertrag von Saint-Germain wird seit dem Jahr 1919 das Recht auf öffentliche Religionsausübung auch den Anhängern nichtanerkannter Religionen eingeräumt:

  • Artikel 63
... Alle Einwohner Österreichs haben das Recht, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist.[2]

Die Europäische Menschenrechtskonvention

Durch die im Verfassungsrang stehende Europäische Menschenrechtskonvention von 1950 wird die Religionsfreiheit wie folgt präzisiert:

  • Artikel 9. Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
(1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfaßt die Freiheit des Einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, durch Ausübung und Betrachtung religiöser Gebräuche auszuüben.
(2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.[3]

Religionsmündigkeit

In Österreich kann jeder Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr seine Religion selbst bestimmen, ist also voll religionsmündig. Während bis zum 10. Lebensjahr ausschließlich die Eltern über eine Religionszugehörigkeit entscheiden können, hat das Kind bis zum 12. Lebensjahr angehört zu werden. Zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr kann ein Religionswechsel durch die Eltern ohne Zustimmung des Jugendlichen nicht mehr erfolgen.


Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionen

anerkannte Religionen nicht anerkannte Religionen
Recht auf öffentliche Religionsausübung Ja (durch Art. 15 Staatsgrundgesetz)[4] Ja (durch Art. 63 Vertrag von St.Germain)[5]
Existenz als Rechtsperson möglich Ja Ja (seit 1998)
in seelsorgerischer Tätigkeit ausgenommen vom Verbandsverantwortlichkeitengesetz[6] Ja Ja für eingetragene Bekenntnisgemeinschaften; sonst Nein
Schutz vor Herabsetzung des Ansehens bei Veranstaltungen (Niederösterreich)[7] Ja Nein
Verfassung anerkennt Bedeutung der Religionen für religiöse und sittliche Grundlage des menschlichen Lebens (Vorarlberg)[8] Ja Nein
Schulwesen
Beratende Stimme im Kollegium des Landesschulrats[9] Ja Nein
Mitgliedschaft im Schulausschuss für die Religionsgemeinschaft, der die Mehrheit der Schüler angehört [10] Ja Nein
staatlich finanzierter Religionsunterricht [11] Ja Nein
automatische Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für konfessionelle Privatschulen [12] Ja Nein
Subventionierung konfessioneller Privatschulen [13] Ja Nein
Medien
gesetzlich vorgesehene Begünstigung im Postzeitschriftenversand [14] Nein (bis 1996: Ja; derzeit nur mehr Begünstigung im Rahmen der "sponsoring.post"[15]) Nein
Sitz im Beirat der KommAustria [16] Ja Nein
Sitz im Stiftungsrat des ORF [17] Ja Nein
Bedeutung der Religionsgemeinschaft vom ORF bei Programmplanung zu berücksichtigen [18] Ja Nein
Seelsorger
befreit von Stellungspflicht und Wehrpflicht [19] Ja Nein
befreit von der Leistungspflicht nach Militärbefugnisgesetz[20] Ja Nein
befreit von der Bürgerpflicht zum Geschworenen- und Schöffenamt [21] Ja Nein
befreit von Leistungspflicht in Pflichtfeuerwehren (Tirol) [22] Ja Nein
Anrechnung von Seelsorgetätigkeit als Ruhegenussvordienstzeit (z.B. für Beamtenpension[23], ÖBB-Pension[24]) Ja Nein
ausgenommen vom Erfordernis einer Bewilligung laut Aufenthaltsgesetz[25] Ja Nein
ausgenommen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes[26] Ja Nein
ausgenommen von Arbeitnehmerschutzgesetz und Arbeitsinspektionsgesetz[27] Ja Nein
Schutz religiöser Riten
Strafgefangene haben Möglichkeit zur Trauung vor Seelsorger [28] Ja Nein
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Aufbahrungsbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften (z. B. Oberösterreich [29], Wien[30]) Ja Nein
Möglichkeit, einen Friedhof zu errichten und zu betreiben (z. B. Oberösterreich [31], Steiermark[32]) Ja Nein
Möglichkeit zur Bestattung außerhalb eines Friedhofs aufgrund religiöser Vorschriften (Vorarlberg[33]) Ja Nein
Seelsorger darf Bestattung auf Friedhofsgelände leiten / Kulthandlungen anlässlich Bestattung auf Friedhöfen erlaubt Ja In einzelnen Ländern und Gemeinden Nein (z.B. Vorarlberg [34]; Telfs[35], Zams[36], Bischofshofen[37])
Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Tierschutzbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften (z. B. Steiermark [38]) Ja Nein
Unpfändbarkeit von für den Gottesdienst verwendeten Gegenständen [39] Ja Nein
Veranstaltungen der Religionsgemeinschaften
ausgenommen vom Veranstaltungsgesetz (Niederösterreich: religiöse Veranstaltungen [40]; Tirol: alle Veranstaltungen[41]) Ja Nein
Befreiung von Gewerbeordnung für Speisen- bzw. Getränkeausschank bei Veranstaltungen, deren Ertrag religiösen Zwecken zugute kommt[42] Ja Nein
ausgenommen vom Campinggesetz (Tirol[43]) Ja Nein
Teilnehmer an religiösen Veranstaltungen von Aufenthaltsabgabe befreit (Tirol[44]) Ja Nein
religiöse Veranstaltungen von Vergnügungssteuer befreit (z. B. Wien [45]) Ja Nein
Befreiung vom Erfordernis einer Gebrauchserlaubnis für Benutzung öffentlichen Grunds für religiöse Zwecke (Niederösterreich[46]) Ja Nein
sonstige soziale Aktivitäten
Möglichkeit zur Zertifizierung als Kursträger für Alphabetisierungs- und Deutsch-Integrationskurse[47] Ja Nein
Möglichkeit der Mitgliedschaft in einem vom Innenministerium gegründeten Verein zur Förderung des Auslandsdienstes[48] Ja Nein
Mitgliedschaft der größten Jugendorganisationen im Präsidium der Bundes-Jugendvertretung[49] Ja Nein
Seniorenveranstaltungen subventioniert (Niederösterreich[50]) Ja Nein
Möglichkeit zum Abschluss von befristeten Hauptmietverträgen zur gemeinnützigen Wohnraumbeschaffung als Zwischennutzung bis zu einer geförderten Sanierung [51] Ja Nein
Vermerk des Religionsbekenntnisses auf Urkunden
Religionszugehörigkeit auf Schulzeugnissen vermerkt[52] Ja Ja für eingetragene Bekenntnisgemeinschaften; sonst Nein
Religionszugehörigkeit auf Personenstandsurkunden vermerkt[53] Ja Nein
Steuern
Beiträge an Religionsgemeinschaften im Ausmaß von bis zu 100 Euro jährlich steuerlich absetzbar [54] Ja Nein
Begünstigung bei Schenkungs- und Erbschaftssteuer [55] Ja Nein
Grundsteuerbefreiung für Gebäude, die für Gottesdienste, Verwaltungsaufgaben oder als Altenheim genutzt werden[56] Ja Nein
Befreiung von der Gesellschaftsteuer[57] Ja Nein
Befreiung von Überwachungsgebühren für Dienste öffentlicher Sicherheitsorgane bei Veranstaltungen[58] Ja Nein
Befreiung von (Vorarlberg[59]) bzw. Begünstigung bei Landes- und Gemeinde-Verwaltungsabgaben (z. B. Wien[60], Oberösterreich[61]) Ja Nein
Befreiung von Fremdenverkehrsabgabe (Kärnten[62]) Ja Nein
Finanzierung
Möglichkeit zur Durchführung von Nummernlotterien, Tombolaspielen u.ä.[63] Ja Nein
ausgenommen von den Bestimmungen der Sammlungsgesetze (z. B. Oberösterreich[64] Ja Nein
ausgenommen vom Stiftungs- und Fondsgesetz[65] Ja Nein
Datenschutz
Religionsgemeinschaften erhalten auf Verlangen die Meldedaten der sich zur jeweiligen Gemeinschaft bekennenden Personen[66] Ja Nein
staatliche Anti-Sekten-Aktivitäten
Dokumentation von Gefährdungen, die von der betreffenden Religion ausgehen können, durch die Bundesstelle für Sektenfragen[67] Nein Ja

Einzelnachweise

  1. [1] RGBl. Nr. 142/1867
  2. [2] StGBl. Nr. 303/1920
  3. [3] BGBl. Nr. 210/1958
  4. [4] RGBl. Nr. 142/1867
  5. [5] StGBl. Nr. 303/192
  6. [6] VbVG Art 1 § 1
  7. [7] § 2 NÖ Veranstaltungsgesetz
  8. [8] Art 1 Verfassung des Landes Vorarlberg
  9. [9] § 8 Bundesschulaufsichtsgesetz
  10. [10] § 42 NÖ Pflichtschulgesetz
  11. [11] Religionsunterrichtsgesetz
  12. [12] § 14 Privatschulgesetz
  13. [13] § 17 Privatschulgesetz
  14. [14] § 20 Anlage 1 Postgesetz
  15. [15] AGB Sponsoring.Post 1.4
  16. [16] § 9 PublizistikförderungsG 1984
  17. [17] § 30 ORF-Gesetz
  18. [18] § 4 ORF-Gesetz
  19. [19] § 18 Wehrgesetz
  20. [20] Art 1 § 30 MilitärbefugnisGesetz
  21. [21] § 3 Geschworenen- und Schöffengesetz
  22. [22] § 5 Tiroler Landes-Feuerwehrgesetz
  23. [23] § 53 Pensionsgesetz
  24. [24] § 46 Bundesbahn-Pensionsgesetz
  25. [25] § 1 Verordnung über Ausnahmen vom Aufenthaltsgesetz
  26. [26] § 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz
  27. [27] § 1 Arbeitsinspektionsgesetz
  28. [28] § 100 Strafvollzugsgesetz
  29. [29] § 16 Oberösterreichisches Leichenbestattungsgesetz
  30. [30] § 10 Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz
  31. [31] § 30 Oberösterreichisches Leichenbestattungsgesetz
  32. [32] § 33 Steiermärkisches Leichenbestattungsgesetz
  33. [33] § 24 Vorarlberger Leichen- und Bestattungswesengesetz
  34. [34] § 32 Vorarlberger Leichen- und Bestattungswesengesetz
  35. [35] § 3 Friedhofsordnung der Marktgemeinde Telfs
  36. [36] § 18 Friedhofsordnung der Gemeinde Zams
  37. [37] § 6 Verordnung zur Benutzung von Friedhöfen, Stadtgemeinde Bischofshofen
  38. [38] § 5 Verordnung der Steiermärkischen LR über den Schutz von Tieren
  39. [39] § 251 Exekutionsordnung
  40. [40] § 1 NÖ Veranstaltungsgesetz
  41. [41] § 1 Tiroler Veranstaltungsgesetz
  42. [42] § 2 Gewerbeordnung
  43. [43] § 2 Tiroler Campinggesetz]
  44. [44] § 4 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz
  45. [45] § 2 Wiener Vergnügungssteuergesetz
  46. [46] § 1 NÖ Gebrauchsabgabegesetz
  47. [47] § 1 Integrationsvereinbarungs-Verordnung
  48. [48] § 12b Zivildienstgesetz
  49. [49] § 5 Bundes-Jugendvertretungsgesetz
  50. [50] § 4 NÖ Seniorengesetz
  51. [51] § 2 Wohnrechtsänderungsgesetz
  52. [52] § 3 Zeugnisformularverordnung
  53. [53] §§ 15,19,22,24,25,28,29,32,34 Personenstandsgesetz
  54. [54] § 18 Einkommenssteuergesetz
  55. [55] §§ 8, 14, 14a Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz
  56. [56] § 2 Grundsteuergesetz
  57. [57] § 6 Kapitalverkehrsteuergesetz
  58. [58] § 5a Sicherheitspolizeigesetz
  59. [59] § 3 Vorarlberger Verwaltungsabgabengesetz
  60. [60] § 36 Wiener Abgabenordnung
  61. [61] Pkt. 54 Anlage zur OÖ Gemeindeverwaltungsabgabenverordnung
  62. [62] § 7 Fremdenverkehrsabgabegesetz
  63. [63] § 36 Glücksspielgesetz
  64. [64] § 1 OÖ Sammlungsgesetz
  65. [65] § 1 Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz
  66. [66] § 20 Meldegesetz
  67. [67] § 1 Gesetz über die Einrichtung einer Bundesstelle für Sektenfragen

Literatur

  • Religionen in Österreich, Broschüre des Bundespressedienstes 2004
  • Barton, Peter F., Evangelisch in Österreich, Wien-Graz-Köln 1987, in der Reihe "Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte", zweite Reihe, Band XI
  • Heussi, Karl, Kompendium der Kirchengeschichte, 15. Auflage, Tübingen 1979
  • Mecenseffy, Grete, Geschichte des Protestantismus in Österreich, Graz-Köln 1956
  • Reingrabner, Gustav, Protestanten in Österreich Wien-Köln-Graz 1981
  • Weinzierl, Erika, Die österreichischen Konkordate von 1855 und 1933, Wien 1960

Weblinks