Benutzer:Olofsson/Kejne-Affäre

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Die Kejne-Affäre war der größte einer Reihe politischer Skandale in Schweden der 1950er Jahren, die als Zeichen einer Fäulnis des Rechtssystems gesehen wurden. Unter anderen der Pastor Karl-Erik Kejne (geb. Johansson, *1913, †1960), seit 1939 ordiniert, tätig im Stockholmer Zweig der Evangelische Allianz (Stadsmissionen), verlangte Eingreifen gegen geheime „homosexuelle Ligen“ die in die oberste Kreise der Gesellschaft reichten und das Rechtssystem korrumpierten. Die Affäre kam die öffentliche Debatte Jahrlang zu dominieren, schwächte ab als die Beschuldigungen für sehr übertrieben gefunden wurden, und ging dann in die Haijby-Affäre über. Die Anführern der Kritik waren alle Gegner der sozialdemokratischen Regierung, „freisinnige“[1] Liberalen und Syndikalisten. Der Staatsminister Tage Erlander betont jedoch in seine politische Memoiren dass die Opposition des Reichstags die Affäre nicht ausgenützt habe.

Laienprediger Malmberg

Pastor Gösta Malmberg hatte seine Theologiestudien abgebrochen, war aber genehmigt in der Stockholmer Diözese der Staatskirche zu predigen, und war im Jugendwerk der Staatskirche ein beliebter Mitarbeiter. In fünf von den sechs Zimmern seiner Wohnung wurden Untermietern untergebracht. Malmberg hat gern gesoffen, abonnierte immer noch einen nationalsozialistischen Blatt, war in Geschlechtsverkehr mit Frauen interessiert, und hat zweimal einen der Untermietern erschrocken als dem jungen Untermieter Beischlaf vorgezeigt wurde. Nach zwei Monate, im März 1948, hat der besoffene Malmberg eine Nacht mit dem Untermieter gezankt und ihm bedroht Malmberg könne ihn an seinen „Knastjungen“ überlassen. Der Untermieter hat dies als eine Bedrohung der Gruppenvergewaltigung gedeutet und ist sofort davon gelaufen. Er bat Kejne um Hilfe seine Dinge zu holen und davon umzuziehen, und mit Hilfe eines Kejne bekannten Polizisten Resar wurde dies zwei Stunden später erledigt. Dabei ist Malmberg sehr empört geworden.

Kejne hat bei der Vollzugsbehörde bewirkt dass Malmberg zukünftig Sträflinge unter Bewährung nicht mehr überlassen wurde.

Kejne fälschlich angezeigt

Anfang Juni 1949, früh am Morgen vor Pfingsten, kam Kejnes Chef um das Bett des Kejnes zu inspizieren. Der Chef war nämlich bei einem erschütterten Vater angerufen, der ihm benachrichtigt habe, sein 16-jähriger Sohn sei gerade mit einem blutende Gesäß heulend von Kejne zurückgekommen. Kejne sah sich skandaliziert und wurde empört. Für diese Anzeige beschuldigte er eine „homosexuelle Liga“ die ihm Ziel einer nächtlichen Telefonverfolgung gemacht habe. In die Telefonate sei er als „Heuchler“ und „Schwule“ beschimpft. Kejne überlegte mit seinem Freund dem Stockholmer Kriminalpolizeichef Alvar Zetterquist, der ihm abzuwarten beriet. Im August machte Kejne jedoch eine polizeiliche Anzeige. Zetterquist genehmigte dass der mit Kejne befreundete Polizist Resar außer seinen Dienststunden Kejne beitreten wurde.

Kejne, der einige Stunde wöchentlich Lateinunterricht in einer Abendschule gab, wurde von eine seiner Schülerinnen gefragt ob er homosexuell sei. Er fand auch handgeschriebene Anzeigen in Telefonhäuschen, die sein Telefonnummer mit (homo-)sexuelle Fertigkeit verbanden. Ein Versuch Malmberg per Telefon zu verstricken schlug falsch, Malmberg versuchte das Telefonat zu spüren, Reisar und Zetterquist bewirkten dass das Telefonamt dem Malmberg antwortete die Spürung sei missgelungen. Malmberg hat jedoch hören können das Kejnes Telefon dabei benutzt war.

Kejne empfand sich verfolgt. Um ihn zu beruhigen und zu schützen übernachteten seine Freunde abwechselnd in seiner Wohnung. Kejne machte während des Herbstes mehrere polizeiliche Anzeigen. Ende Oktober und Anfang November wurden die Beschuldigungen gegen Malmberg deutlicher: Kejne druckte sein Verdacht des Beleidigungs und Hausfriedensbruches in die Anzeigen aus.

Das Ermittlungsverfahren wird verzögert

Zetterquist beauftragte den zuständige Abteilungschef die Ermittlung als prioritär durchzuführen. Kejne war aber seit einem Jahrzehnt dem Polizisten bekannt. Sein Name war oft von jüngeren asozialen Verdächtigten genannt. Die hatten in seinem Interesse für ihr ein sexuelles Interesse gesehen. Gerüchte wurden auch wiedergegeben. Kejnes vielzahlige polizeiliche Anzeigen waren dazu sehr vage und er fügte mündlich nichts substantielles zu. Kejne, seinerseits, war enttäuscht als Resar die Vermittlung nicht zugetraut wurde. Der Abteilungschef hatte dann das Pech von Hexenschuss betroffen zu werden.

Viele verschiedene Zeichen führten Kejne zur Überzeugung es gebe eine Verschwörung die die Ermittlung paralysiert habe. Er hat beispielsweise eine Aussage über Malmberg bei einem Beamter der nationalen Gefängnisbehörde als eine Lebensbedrohung gegen ihn selbst verstanden, und hat durch verschiedene Freunde und bekannte Journalisten über die noch sehr verschwiegene Haijby-Affäre erfahren. Besonders die Affäre einer kirchlichen Hilfsorganisation, die unter Veruntreuungsverdacht geriet, hat Kejne berührt. Er war persönlich bekannt mit einem Priester[2] der mit einer Anleihe von der gesammelten, für Finnland geeigneten, Spenden ein Haus kaufen konnte. Beiden waren auch bekannten des Chefs der nationalen Gefängnisbehörde, der liberale Reichstagsmann Göransson, der in 1946 die Quelle eines Artikels in Svenska Dagbladet über Haijbys Strafgeschichte gewesen war.

Kejnes Folgerung wurde, dass Malmberg ein Jungenbordell vorgestehen habe, und dass Malmberg höhere Staatsbeamte, die Kunde dieses Bordell gewesen seien, erpresst habe, und dadurch Einfluss über die Polizei ausgeübt habe. Kejne kam zu glauben, dass die Polizei überhaupt alle Kriminalität die mit Homosexualität zu tun hatte vermieden habe.

Minister Quensel

Kejne hat Göransson gebeten ihn beizustehen und beim Kriminalpolizeichef Zetterquist nachfragen ob die Ermittlung auf Eis gelegt sei. So war es gar nicht, versicherte Zetterquist. Es wurde dabei angedeutet, dass der Richter und Minister Quensel, bei welchem Göransson Zetterquist zum Diner begegnete, ein ähnliches Problem hatte. Kejne wurde durch sorgfältige und nicht ganz gesetzliche Untersuchungen ausfinden, dass Quensel viele bedürftigte geholfen hatte. Einige von denen hat sein Interesse für ihr als ein homosexuelles Interesse gedeutet. Der Bruder des Ministers Quensel war auch in der Haijby-Affäre beteiligt, als Vermittler der sehr großen Summen an dem homosexuellen Direktor Haijby. Kejne kam nach und nach zur Folgerung, dass der Minister Quensel ein führender dieser „homosexuellen Liga“ gewesen sei, und Kejne kam sich auf die Enthüllung Quensels einzurichten.

„Vertuschter Mordbrand“

Nach Weinachten 1936 brannte eine Schildwerkstatt, deren Startkapital von Quensel kam. Es hatte sich nach einige Tage gezeigt, das unter den Trümmer die Leiche eines jungen Flugplatzangestellten gefunden wurde, der auch zu den langwierigen Hilfempfängern Quensels hörte. Quensel hat der Überstatthalter[3] gebeten das Ermittlungsverfahren möglichst sorgfältig durchzuführen, und Unterstützung für die Kinder und die Lebensgefährtin des Toten lange ausbezahlt. Die Bekannten des Toten haben auch ein Verbrechen verdächtigt. Es gab Verbindungen mit der homosexuellen Szene Stockholms, aber aus der polizeiliche Ermittlungen kam nichts.

Nach Kejne habe die „homosexuelle Liga“ den Mord und den Mordbrand vertuscht, und dieses hat er auch seinen Bekannten benachrichtigt. In der Kreise Kejne herum wurde das Gerücht verbreitet, dass Quensel hinter dem (behaupteten) Mord steckte, und dass er gegen das Ermittlungsverfahren eingegriffen sei. Der Schriftsteller Vilhelm Moberg wurde viel Zeit im Fall investieren, und schrieb ein Reportagebuch zur Thema.

Debatte in der Presse

Mit zwei befreundete, der Kulturredakteur der Zeitung Dagens Nyheter und ein Chef eines „Schutzheims“ (Lövsta) der Jugendvorsorge, wurde die Frage beraten wie man diese Liga Enthüllen könne. Man hat im März 1950 eine Pressekampagne eingeleitet, die anfangs um Knabenprostitution handelte, aber in wenige Monate sich auf die (behaupteten) homosexuelle Ligen konzentrierte. Die Affäre erweckte im ganzen Lande eine grosse Interesse. Die Zeitung der Pfingstbewegung, die Stockholmer Zeitungen des Torsten Krueger (der Bruder Ivar Kreugers), und die Zeitung der Syndikalisten waren zwar die am eifrigsten.

Das Thema, dass Schweden bei einer pervertierten Obrigkeit, besonders depravierten adeligen Beamten, geleitet sei, gab es in der anti-Schwedische Propaganda in Finnland schon in den 20- und 30-Jahren, und wurde auch in der Kriegspropaganda Deutschlands und Englands aufgenommen. In den frühen 50-Jahren wurde das Thema von einheimischen „Antifaschisten“ und linken Meinungsführern übertragen. Meinungsführern aus anderen Herkünften sahen eher mit Kummer an der Urbanisierung und deren Folgen für die sittliche Verderbnis.

Das Ergebnis wurde eine Debatte in welche alle Teilnehmern auf der selbe Seite standen, und in welche von Regierung und Behörden verlangt wurde, dass homosexuelle Beamte und Ministern nicht mehr hinter persönliche Integrität geschützt würden, sondern enthüllt würden.

Anklage gegen Malmberg

Der zuständige Anklagebehörde hatte ursprünglich zum Schluss gekommen, die Beweise gegen Malmberg seien unzureichend. Nach Vorschrift würde das Bedeuten, dass keine Anklage erheben werden soll. Anfang Mai wurde das Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung fortgesetzt. Neue Beweisen seien nicht bekannt. Man muß also annehmen, dass die Anklagebehörde von der Pressedebatte oder auf andere Wege beeinflusst wurde. Fünf Mann wurden danach für zwei Monate Vollzeit mit den Ermittlungen arbeiten. Ungefähr 80 Personen wurden verhört und ein, nicht sehr glaubwürdiges, Zeuge wurde gefunden, der bejahte dass er ein Paar Mal homosexuelle „Aktivitäten“ mit Malmberg begehen habe. Er sei derzeit 20, aber noch nicht 21, Jahre alt geworden, und dem Malmberg unter Bewährung überlassen worden.

Kurz vor der Hauptverhandlung heiratete Oterdahl, einer der Stockholmer Polizeiärzten. Zur Polterabend war Malmberg, wahrscheinlich als ein Scherz, eingeladen. Seine Rolle war dass er um ein Zeugnis bat. Der Polizeiarzt sollte bescheinigen, dass Malmberg kein Homosexueller war. Die Details der Prüfung sind etwa ungewiss. Malmberg hat an diesem Polterabend einen bildschönen 19-jährigen Seemann namens Hellstadius begegnet, der behauptete, er habe einige Monate früher mit Kejne Unzucht geübt, und dabei sein Taschenmesser vergessen. Der schöner hatte eine bewegliche Fantasie, aber bevor Malmberg das verstand war schon die Polizei informiert worden, und der 19-jähriger war gebitten Kejne aufzusuchen, und unter polizeilicher Überwachung nach seinem Messer zu fragen. Kejne ist dabei noch empörter geworden. Die Sache wurde als Rechtsbeugung beschrieben, und eine so genannte Staatsbürgerkommission, die Kejne-Kommission, unter Leitung vom Reichsankläger Maths Heuman[4] wurde bei der Regierung ernannt um diese Verdachte zu untersuchen. Sieben Kommissionsmitglieder, neben Heuman, wurden ernannt. Am Tag zuvor war den Name Quensels auch durch anonyme Flugblätter öffentlichgemacht.

Die Kejne-Kommission

Die Gruppe rund Kejne hatte gehofft eine Säuberung zu erlangen, ungefähr wie McCarthy in den Vereinigten Staaten, und wurde also entäucht wenn keiner aus derer Kreis zur Staatsbürgerkommission genannt wurde. Die Kommission wurde für Ablehnung beschuldigt. Mindestens vier von den acht seien Homosexuellen gewesen. Eine extra Untersuchung beim Justizkanzler hat diese Beschuldigungen zurückgewiesen.

Die Kommission Tagte cirka 80 Mal für längere Sitzungen. Ungefähr 100 Personen wurden in diese befragt. Die Kommission fand dass das Ermittlungsverfahren zwar verzögert geworden war, aber dass keine Verschwörung dies beursacht haben konnte. Die Ursache war, neben den Hexenschuss, dass Kejnes Anzeigen vage gewesen waren. Dazu hatte eine Umorganisation 1. Januar 1950 beigetragen.

Die Kommission äußerte sich auch eingehend über die private Verhältnisse Quensels und über seine Kontakten mit verschiedene Behörde in Sachen über seine private Hilfsempfängern. Die Kommission sei überzeugt geworden, dass Quensel homosexuelle Vorzüge besaß, obwohl diese Vorzüge bei Quensel nie in Handlung geprüft seien. Um zu zeigen wie man zu dieser Schluss gekommen war, wurde viel von den Besprechungen mit Hilfsempfängern im Kommissionsbericht zitiert.

Die Regierung machte den Bericht öffentlich. Quensel und viele andere haben diese Öffentlichmachung kritisiert. Quensel wurde durch diese eine politische Belastung für die Regierung, und mußte bald abtreten. Dazu hatte besonders das Ausschließen, wegen Sittlichkeitsgründen, einige kürzere Abschnitte aus der gedruckten Auflage des Kommissionsberichts beigetragen. Zwar waren die ausgeschloßene Abschnitte empfindlich für Quensel, aber wenn die nicht vorhanden waren wurde es einfach zu glauben dass das was da stand noch viel belastender sei.

Urteile

Der 19-jährige Hellstadius wurde in den Schutzheim Lövsta unter fragliche Formen, und auf fraglichem Grund, eingewiesen vor er zu 3 Monate Gefängnis für „falsche Beschuldigung eines Beamten“ verurteilt wurde. Der Grund des Gerichts Kejne als ein Beamter zu bezeichnen mag fragwürdig sein. Hellstadius hat die Beschuldigung nicht zugestanden. Die Kejne-Kommission wurde später zum Schluss kommen, dass Hellstadius glaubwürdig war, aber dass er etwa einen Doppelgänger getroffen haben müsse.

Malmberg wurde zu 4 Monate Gefängnis für ein Fall von orale sexuelle Ausbeutung verurteilt. Malmberg hat die Beschuldigung nicht zugestanden.

Malmberg, die Schülerin und ein Buchhändler wurden für Beleidigung des Kejne verurteilt. Sie waren beschuldigt worden, in privaten Besprechungen Kejne als ein Homosexueller behauptet zu haben. Der Buchhändler hat die Beschuldigung nicht zugestanden.

Kejne wurde für Beamtenbeleidigung verurteilt. Er hatte in öffentlichen Vorträge Zetterquist und dem Justizminister Zetterberg für u.A. ungesetzliche Telefonüberwachung beschuldigt.

Literatur

  • DIE ZEIT, 26. Juli 1951 Nr. 30, Skandal in Stockholm
  • DER SPIEGEL 14. Mai 1952 Nr 20, Einsamer Bruder
  • Maths Heuman:[4] Rättsaffärerna Kejne och Haijby. Norstedts Verlag, Stockholm 1978, ISBN 91-1-787202-2
  • Göran Söderström (Hrsg.): Sympatiens hemlighetsfulla makt. Stockholmia Verlag, Stockholm 1999, ISBN 91-7031-065-3

Anmerkungen

  1. Die Freisinnige waren in Schweden eine liberale politische Strömung, die vor allem im Nordschweden und auf ländliche Gebiete vertreten war. Sie standen die Freikirchliche und die Guttempler nah.
  2. Der Sozialsekretär Svantesson der staatskirchlichen so genannten Diakoniedirektion (Svenska kyrkans diakonistyrelse)
  3. Die Funktionen des Überstatthalteramts (1634-1967) der Hauptstadt ähnelten denjenigen eines Landeshauptmannes (Landshövding) im übrigen Lande. Dazu waren dem Amt einige Aufgaben übertragen worden, die anderswo zur kommunalen Selbstverwaltung gehörten. Das Amt wurde 1933-1949 von dem sozialdemokratischen früheren Justizminister Torsten Nothin (*1884, †1972) geleitet.
  4. a b Maths Heuman (*1899, †1993) war 1948-1960 Chef des nationalen Anklageamtes (schwedisch: Riksåklagare) [1]

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