Benutzer:Otfried Lieberknecht/16

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Jutta Rüdiger (* 14. Juni 1910 in Berlin; † 13. März 2001 in Bad Reichenhall) war eine deutsche Psychologin, die von 1937 bis 1945 Reichsreferentin für den Bund Deutscher Mädel (BDM) beim Reichsjugendführer war. Ihr unterstanden sowohl die "Jungmädel" als auch die 17- bis 21-jährigen "Mädel", die in dem von ihr 1938 gemeinsam mit dem Reichsjugendführer gegründeten BDM-Werk "Glaube und Schönheit" organisiert waren, und denen sie zunächst als Vorgesetzte der für das BDM-Werk Beauftragten im Stab der Reichsjugendführung und dann seit 1942 selbst als Beauftragte in Personalunion vorgesetzt war.

Leben

Ausbildung und Studium

Jutta Rüdiger wuchs ab 1911 in Düsseldorf auf, nachdem ihr Vater als Ingenieur bei der AEG von Berlin dorthin versetzt worden war. Zu den für sie politisch prägenden Jugenderelebnissen zählte sie später Eindrücke aus dem Ruhrkampf und die Hinrichtung Schlageters.[1] Sie besuchte das Lyzeum und Oberlyzeum in Düsseldorf, erwarb 1929 das Abitur und studierte anschließend in Würzburg Psychologie mit den Nebenfächern Philosophie und Volkswirtschaft.

1931 trat sie in Würzburg dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) bei und trug von da an, wie sie später erzählte, das Parteiabzeichen der NSDAP, weil sie irrtümlich geglaubt habe, das mit der Mitgliedschaft im NSDtB automatisch auch die Parteimitgliedschaft verbunden sei.[2] Für das Wintersemester 1931/32 wechselte sie vorübergehend an die Kölner Universität, während dieser Zeit erlebte sie zum ersten mal eine Kundgebung Adolf Hitlers in Düsseldorf.[3] Zum Sommersemester 1932 kehrte sie nach Würzburg zurück und übernahm dort die Aufgabe, die während ihrer Abwesenheit inaktiv gewordene Ortsgruppe der 1930 durch den Führer des NSDtB, Reichsstudentenbundführer Baldur von Schirach, gegründeten und dem NSDtB angegliederten Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen (ANSt) wiederaufzubauen.[4]

1933 wurde sie in Würzburg promoviert[5] mit einer Dissertation über den "Wiederholungssatz bei der Entwicklung vom Säugling zum fünfjährigen Kinde", die auf einer Untersuchung von 20 Würzburger Kindern im Vorschulalter beruhte und die Konstanz des Charakters in der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung nachweisen sollte. Nach Abschluß der Promotion und einem Erholungsurlaub in Bad Tölz kehrte sie 1933 zurück nach Düsseldorf. Da sie dort keine Anstellung finden konnte, arbeitete sie zunächst unentgeltlich und dann ab Herbst 1933 für 120 Mark monatlich als Assistentin am Institut fur Arbeits- und Berufsforschung der Rheinprovinz in Düsseldorf, wo sie zuvor schon ein Praktikum absolviert hatte und bis 1935 tätig blieb.[6]

Laufbahn im BDM

Da sie sich engagieren wollte, ihr die NS-Frauenschaft aber zu "verkalkt" erschien, trat sie im Oktober 1933 in den "Bund Deutscher Mädel" ein,[6] in dem die Altersgrenze zwar bei 21 Jahren lag, das Führungspersonal aber zum Teil auch älter war.[7]. Ein Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP wurde dagegen abgelehnt, da wegen der massenhaften Parteieintritte in der Zeit nach der "Machtergreifung" zunächst keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen wurden. Rüdiger begann ihre verspätete BDM-Laufbahn[8] als Scharführerin einer Mädelschar, der sie nach dem Haus Hitlers auf dem Obersalzberg den Namen "Schar Wachenfeld" gab.[9] Im Januar 1934 übernahm sie die Führung des Mädelringes von Düsseldorf Stadt-Mitte.[10] Ebenfalls noch im Januar 1934 erhielt sie die Leitung der Abteilung für weltanschauliche Schulung und Kultur des BDM-Gaues Düsseldorf, im April 1934 die der entsprechenden Abteilung des Obergaues Ruhr-Niederrhein. Im Juni 1935 wurde sie Untergauführerin und Stabsleiterin im Obergau Ruhr-Niederrhein, im Oktober 1935 Obergauführerin und ab Oktober 1936 Inspektionsbeauftragte in der Reichsjugendführung (Rjf). Am 1. April 1937 wurde sie Sonderbeauftragte der Reichsreferentin für den BDM in der Rjf, Trude Bürkner-Mohr und holte dann auch den Eintritt in die NSDAP nach.

Reichsreferentin für den BDM

Nachdem Trude Bürkner, die seit April 1936 verheiratet und seit März 1937 Mutter eines Sohnes war, im September 1937 aus dem BDM ausgeschieden und im November verabschiedet worden war, wurde Rüdiger ebenfalls noch im November zu deren Nachfolgerin als Reichsreferentin berufen. Zu ihren ersten Amtshandlungen gehörte die gemeinsam mit Reichsjugendführer Schirach am 19. Januar 1938 vollzogene Gründung des BDM-Werkes "Glaube und Schönheit", mit der die zwischen NS-Frauenschaft und BDM strittig gewesene Zuständigkeit für die Altersgruppe der unverheirateten Frauen bis 21 Jahre zugunsten des BDM entschieden wurde. Zur Führung des BDM-Werkes wurde der Reichsreferentin eine Beauftragte in der Reichsjugendführung unterstellt. Dieses Amt hatten Clementine zu Castell-Rüdenhausen (Februar 1938 bis September 1939), Annemarie Kaspar (September 1939 bis Mai 1941) und Martha Middendorf (Juni 1941 bis Februar 1942) inne, die jeweils wegen Verheiratung ausschieden.

Veröffentlichungen

  • Jutta Rüdiger: Die Hitler-Jugend und ihr Selbstverständnis im Spiegel ihrer Aufgabengebiete. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 1998, ISBN 3-926584-38-6
  • Jutta Rüdiger: Ein Leben für die Jugend: Mädelführerin im Dritten Reich, Deutsche Verlagsgesellschaft, Preußisch Oldendorf 1999, ISBN 3-920722-58-2

Literatur

  • Andrea Böltken: Führerinnen im "Führerstaat": Gertrud Scholtz-Klink, Trude Mohr, Jutta Rüdiger und Inge Viermetz. Centaurus, Pfaffenweiler 1995 (= Forum Frauengeschichte, 18), ISBN 3-89085-926-7
  • Sabine Hering / Kurt Schilde: Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit": die Organisation junger Frauen im Nationalsozialismus, Leske und Budrich, 2. überarb. Aufl. Opladen 2004, ISBN 3-8100-3559-9
  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5
  • Gisela Miller-Kipp (Hrsg.): "Auch Du gehörst dem Führer": die Geschichte des Bundes Deutscher Mädel (BDM) in Quellen und Dokumenten, Juventa, Weinheim u.a. 2001, ISBN 3-7799-1131-0

Einzelnachweise

  1. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999) S. 12ff.; vgl. Interview, in: Hering/Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit" (2004), S. 128
  2. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 20; vgl. Interview, in: Hering/Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit" (2004), S. 131
  3. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 21
  4. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 22; vgl. Interview, in: Hering/Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit" (2004), S. 130f.
  5. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1933), nennt sich nach Abschluß der Promotion "gerade 23 Jahre alt" (S. 24), und auch in der übrigen Literatur wird üblicherweise das Jahr 1933 angegeben. Die Dissertation im Katalog der Berliner Staatsbibliothek ist auf den 19. Februar 1934 datiert und erschien in der Zeitschrift für Psychologie 131 (1934), S. 145-174.
  6. a b Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 25; vgl. Interview, in: Hering/Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit" (2004), S. 131
  7. Gisela Miller-Kipp: Auch Du gehörst dem Führer (2001), S. 56f.
  8. Abriß der Karriere, wo nicht anders ausgewiesen, nach der Kurzbiographie von Gisela Miller-Kipp: Auch Du gehörst dem Führer (2001), S. 372f., und nach Hering/Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schönheit" (2004), S. 44
  9. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 25
  10. Jutta Rüdiger, Ein Leben für die Jugend (1999), S. 26