Benutzer:Otfried Lieberknecht/17

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Aus dem Effeff (auch ff oder FF geschrieben) ist eine umgangssprachliche Redewendung der deutschen Sprache, die heute vornehmlich in Verbindung mit Verben wie kennen, verstehen, beherrschen auftritt[1] und dann so viel wie "sehr gut, ausgezeichnet, in- und auswendig" bedeutet. Beispiel: Sie kennt ihr Fach aus dem EffEff.

Älterer Wortgebrauch

Die Redewendung ist seit den 1780er-Jahren im Druck belegt[2] und tritt dabei in der Anfangszeit zunächst noch nicht in den heute üblichen Wortverbindungen und Bedeutungen auf, sondern zunächst vornehmlich in Verbindung mit Verben wie aufzählen, geben, bekommen, mit Nomina wie Hiebe, Stockschläge, Ohrfeigen oder mit Zahlwörtern (eins aus dem ff, zehn aus dem ff), und zwar jeweils als scherzhaft-ironische Umschreibung von besonders kräftiger Prügel,[3] ferner auch als superlativisches Attribut von Personen (eine Frau, ein Freund, ein Schütze aus dem ff),[4] von künstlerisch-handwerklichen Erzeugnissen oder Tätigkeiten (Musik recht aus dem ff, musizieren aus dem ff, eine Rede die aus dem ff ist, ein Häuschen aus dem ff)[5] und von Lebensmitteln (Fisch aus dem ff, ein Fläschchen Wein aus dem ff)[6] Seit der zweiten Hälfte der 1820er-Jahre erscheint dann auch die Verbindung mit den Verben tun, verstehen, können in den heute geläufigen Bedeutungen.[7] Die Redewendung bewahrt jedoch auch im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts ein breites Bedeutungsspekturum, das Bedeutungen wie "kraftvoll, derb", "von höchster Qualität, sehr teuer" und "nach Herzenslust" einschließt und sich dann im Lauf des 20. Jahrhunderts auf die heute vorherrschenden Bedeutungen verengt.

Herkunftserklärungen

Die Herkunft der Redewendung ist seit Beginn des 19. Jahrhunderts Gegenstand von Erklärungsversuche in Wörterbüchern, Feuilletons und populärwissenschaftlichen Publikationen, eine wissenschaftlich akzeptierte Erklärung der Herkunft liegt jedoch bis heute nicht vor.[8]

Merkantiles FF: "fein-fein, extrafein"

Die älteste Erklärung dieser Art erschien 1801 in einer anonymen Besprechung des ersten Bandes von Johann Friedrich Schützes Holsteinischem Idiotikon. Für die von Schütze verzeichnete Redensart en Jung/en Musik recht utn Ff, die dem Rezensenten auch aus dem süddeutschen Raum bekannt war, vermutete dieser, daß sie "wohl aus der Sprache der Waarenfacturen" stamme, "wo fein-feine Ware mit ff bezeichnet wird.[9]

Die Abkürzung FF als Steigerung von fein ist für Deutschland im 18. Jahrhundert unter anderem für Kobalt,[10] Blaufarbensortimente[11] und Zucker[12] nachweisbar, von der Chronologie her besteht insofern kein Hindernis für die Herleitung der Redensart, wie zuweilen in Verkennung des Alters der Warenbezeichnung oder desjenigen der Redewendung angenommen wurde.[13] Inhaltlich würde kaufmännisches ff in der Bedeutung "fein-fein, feiner als fein, extrafein" besonders zu den redensartlichen Belegen für Personen, Lebensmittel und menschliche Erzeugnissen aus dem ff passen, während für die in der Frühzeit besonders häufigen Belege für Schläge aus dem ff stattdessen eine Bedeutungsübertragung per antiphrasim angenommen werden müßte (Schläge "extrafeiner Qualität"). Ein sicherer Nachweis für diese Herleitung, nämlich in Form von Belegen für die noch nicht übertragene Bezeichung von Waren als aus dem ff, aus dem Fein-Feinen o.ä. im Sprachgebrauch der Warenwirtschaft selbst, ist jedoch nicht gegeben.

In der Lexikographie wurde diese Herkunftserklärung unter anderem von Alfred Schirmer übernommen[14] und ansonsten zuweilen sekundärer Einfluß angenommen, wie er im Einzelfall auch konkret zu belegen ist, wenn Johann Georg Daniel Arnold im Glossar zu seinem Lustspiel in Straßburger Mundart die Qualifizierung von Fisch, Wildbret, Würsten und Pasteten als us em Effeff mit dem kaufmannssprachlichen Wort "extragut" erklärt.


Einzelstellennachweise

  1. Christiane Hümmer, Synonymie bei phraseologischen Einheiten: eine korpusbasierte Untersuchung, S. 159f., S. 190
  2. Christian Wilhelm Kindleben, Studenten-Lexicon. Wortgetreuer Abdruck der Originalausgabe. Halle 1781, Leipzig 1899, S. 165: "Aus dem Salz, oder aus dem ff, ist eine Redensart gemeiner Leute, wenn sie sagen wollen, das etwas recht derb, recht eindrücklich sei"
  3. Friedrich Schulz, Almanach der Belletristen und Belletristinnen für's Jahr 1782, Berlin 1782, S. 96: "Verdiente das drollichte Kerlchen dafür nicht dreihundert Kantschuhhiebe aus dem ff?"; Heinrich Zschokke, Molieres Lustspiele und Possen, Bd. I, Zürich 1805, S. 207: "Lassen Sie mir zwanzig [Stockschläge] aus dem ff aufzählen, ich will sie geduldig aushalten"; Joachim Heinrich Campe, Wörterbuch der Deutschen Sprache, Band 3, Braunschweig 1809, S. 616: "[ein Schlag] aus dem ff, eins aus dem ff geben"; Anonym, Sammlung von Anekdoten und Charakterzügen auch Relationen von Schlachten und Gefechten aus den merkwürdigen Kriegen in Süd und Nord-Deutschland in den Jahren 1805-1809, Bd. 33 [9], Heft 1, Leipzig 1811, S. 29: "wie dem Jäger die achtzig Hiebe durch 2. Unteroffiziere auf gut Oesterreichisch aus dem ff mitgetheilt wurden"; Hartwig von Hundt-Radowsky, Truthähnchen. Ein satyrisch-komischer Roman, Merseburg 1820, S. 77: "der Herr Präsident ließ mir statt fünfhundert jetzt funfzehnhundert aus dem FF aufzählen"; Carl Franz van der Velde, Das Liebhaber-Theater. Humoreske aus dem ersten Zehntel des neunzehnten Jahrhunderts, in: Der Sammler, Jahrg. 15, Wien 1823, S. 247: "so bekommst du von meinen Händen fünf und zwanzig aus dem ff"; Heinrich Zschokke, Der Feldwebel, in: ders., Ausgewählte Schriften, Bd. 20, Aarau 1825, S. 234: "Halt's Maul, oder ich lasse dir, statt des Handgeldes, zwanzig aus dem ff aufzählen"; Anonym, Heutige Kriegslust in der Schweiz, in: Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote, Nr. 40, 1. Oktober 1829, S. 314: "unter Buße von fünf bis zehn aus dem ff" (Strafandrohung einer angeblichen badener Verordnung); Wolfgang Menzel (Redakteur), Literatur-Blatt, Nr. 4, 9. Januar 1833, S. 13 über Ludwig Börne: "Er beschäftigt sich (...) fast ausschließlich mit seinen deutschen Gegnern, (...) die er denn aus dem ff. fühlen läßt, wie unedel es sey, sich mit Polizei- und Censurbehörden gegen einen Dichter zu verbinden"; Anonymer Witz in: Augsburger Postzeitung, "Beylage vermischten Inhaltes zu Nr. 47 vom 16. Februar 1836: "das war 'ne Watschen aus' n ff!"
  4. Carl Ludwig Giesecke, Agnes Bernauerin. Eine Burleske mit Gesang (Erstdruck 1797), Wien 1798, S. 29: "Dort hab ich ein Madl aus dem FF gesehen"; Johann Friedrich Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Bd. I, Hamburg 1800, S. 313: "Ef (Effeff), dat is en Jung (...) recht utn Ff: recht was besonderes von einem Jungen"; Joachim Perinet, Antiope und Telemach. Als Telemachs zweyter Theil, Wien 1805, S. 18: "So lang ich also keinen Mann krieg aus dem F.F. / So lang bleib ich bey Carreaux, Pique, Coeur und Treff"; Joseph Richter, Der Gevatter Matthes. Ein Lustspiel, in: Neueste deutsche Schaubühne, Jahrg. 1807, Band 6, Augsburg 1807, S. 104: "Ich hab schon einen Freund, und das einen aus dem FF"; Anonyme Lustspielrezension, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jahrg. 1813, Band 4: Ergänzungsblätter, Sp. 912: "wo sich es denn trifft, dass alle drey Werber aus dem FF. sind, nämlich Fabian Flachs, Felix Fuchs und Ferdinand Frank heissen"; Heinrich Clauren, Munter ist die Hauptsache, Wien 1825, S. 37: "Ich weiß, du bist ein Schütze aus dem F.F."
  5. Karl Friedrich Hensler, Der Feldtrompeter, oder Wurst wieder Wurst! Eine Posse, 2. Aufl. Wien 1798, S. 36: "wenn mir mein Evchen solche Spitzbübereyen anfienge, der wollt' ich den Trompetermarsch aus dem FF. vorblasen" (d.h. Schläge oder Schelte aus dem FF verabreichen); Johann Friedrich Schütze, Holsteinisches Idiotikon, Bd. I, Hamburg 1800, S. 313: "en Musik recht utn Ff: recht was besonderes von (...) einer Musik"; Heinrich Beyer, Die beiden Tanten. Posse (Erstdruck 1813), 2. Ausg. o. J. (um 1816), S. 264: "Auf dem [Posthorn] konnte ich sonst den lieben Augustin, den ledernen Schwager Postillon und dergleichen schöne Arien mehr, hol mich, straf mich, aus dem ff blasen"; Johann Andreas Karl Hildebrandt, Daniel Fuchs der große Staatsmann. Ein satyrisch-komischer Roman, Cölln [Berlin] 1815, S. 32: "Eine Rede [halten], die aus dem ff ist" (die besonderen Eindruck macht), vgl. auch S. 203: "ich ließe die Kirche aufmachen und musicirte nach Herzenslust und aus dem ff" (ohne meine Könnerschaft vor dem neidischen Prediger zu verbergen); Ahasverus, der ewige Jude, Jg. 1832, Nr. 85, 24. Oktober 1832, S. 342: "so wollte ich [der Maurer] dem Hrn. Nachbar da, ein Häuschen hinstellen, aus dem ff"
  6. Johann Georg Daniel Arnold, Der Pfingstmontag. Lustspiel in Straßburger Mundart, Straßburg 1816, S. 177: "Us em Effeff sinn hie d'Fisch, / 'S Wilbert, d'Würst, d'Basteede", mit der Erklärung im Glossar S. 191: "Ef, Effeff (us em), extragut"; Karl Meisl, Das Gespenst im Keller, in: Franz von Riesch, Bühnen-Spiele, Bd. III, Wien 1820, S. 170: "Geh' und sag' der Tante, daß sie uns Licht und noch ein Fläschgen aus dem FF schickt"
  7. Anonym, Aus dem FF, in: Lesefrüchte belehrenden und unterhaltenden Inhalts, Band 1, München 1827, S. 143, in Verbindung mit der Herkunftserklärung aus dem juristischen Sprachgebrauch: "Etwas aus dem FF thun, heißt also ursprünglich: Etwas gründlich und mit Geschicklichkeit thun, (...) tüchtig; Karl Gottlieb Prätzel, Ausgewählte Unterhaltungen, Band 1: Die Getäuschten, Teil 1, Wien 1827, S. 120: "Unsereiner [ein Chirurg] versteht sein Fach aus dem ff"; Karl von Holtei, Leonore. Vaterländisches Schauspiel mit Gesang, Berlin 1829, S. 22f.: "Was er [der Herzog] aber bei mir [dem ehemaligen Reiterunteroffizier] gelernt hat: reiten, jagen, die Schwadronhiebe, das kann er aus dem FF"
  8. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. erw. Aufl., bearbeitet von Elmar Seebold, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 1995, S. 204: "Die Herkunft ist nicht sicher geklärt"
  9. Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 83, 16. März 1801, Sp. 662-664, hier Sp. 664
  10. Johann Heinrich Linck, Brevis commentatio de Cobalto, in: Philosophical Transactions 34 (1726-1727), S. 192-203, S. 202
  11. Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon, Band 4, Halle/Leipzig 1733, S. 112; Johann Heinrich Gottlob von Justi, Vollständige Abhandlung von den Manufacturen und Fabriken, Band 2, Kopenhagen 1761, S. 493f.; Johann Georg Krünitz, Oeconomishe Encyclopädie, Band 42, Berlin 1788, S. 131, vgl. Band 12, Berlin 1777, S. 2 ("Ferner bedeutet f. fein, hingegen ff, superfein")
  12. Carl Günther Ludovici, Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon, Band 5, Leipzig 1768, Sp. 1213f.
  13. Constantin von Wurzbach, Historische Wörter, Sprichwörter und Redensarten in Erläuterungen, Prag 1863, S. 99-101 (Nr. 70: Aus dem FF), S. 100: "Diese Deutung hätte jedenfalls vieles für sich und wäre sogleich anzunehmen, wenn man nachweisen könnte, wie alt die Redensart "aus dem FF" ist, die für den ersten Anblick jedenfalls älter erscheint, als die sehr moderne merkantile Bezeichnung des F, FF und FFF für feine, feinere und feinste Ware"; Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Band 2, Tübingen 1908, Sp. 906f., berücksichtigt die Warenbezeichnung nur als "neuerdings" mögliche sekundäre Motivierung der Redewendung ("neuerdings mag auch mitunter an eine Warenbezeichnung ff = sehr fein gedacht worden sein"). Vgl. auch Christoph Gutknecht, Lauter blühender Unsinn, 2. Aufl., Beck, München 2002, S. 25f., der zustimmend Wurzbach zitiert, Einfluß der Warenbezeichnung speziell bei Jeremias Gotthelf immerhin für möglich hält und im übrigen deren Gebrauch sogar schon ins 17. Jahrhundert datiert, so daß er die Entstehung der Redewendung offenbar für noch älter hält.
  14. Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache, Straßburg: Trüber, 1911, S. 61