Benutzer:Otfried Lieberknecht/34

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Entwurf für Neufassung von Pyrene (Stadt)

Pyrene ist der Name einer von Herodot und anderen antiken Autoren erwähnten Stadt oder Lokalität, deren Lage nicht sicher geklärt ist und von der auch strittig ist, ob es sich überhaupt, wie bei Herodot angegeben, um eine Stadt handelte oder diese Vorstellung lediglich durch eine Fehlinterpretation des Namens der Pyrenäen entstand.

Herodot († 425 v. Chr.)

Herodot erwähnt eine Stadt Pyrene im zweiten Buch der Historien in Zusammenhang mit dem Ursprungsgebiet der Donau, Istros genannt, der „von den Kelten und der Stadt Pyrene“ seinen Anfang nehme (ἀρξάμενος ἐκ Κελτῶν καὶ Πυρήνης πόλιος) und von dort aus mit seinem Lauf „ganz Europa“ (διὰ πάσης Εὐρώπης) in der Mitte durchteile (ῥέει μέσην σχίζων τὴν Εὐρώπην), ehe er bei der milesischen Gründung Istria ins Schwarze Meer münde.[1] Das Gebiet dieser Kelten lokalisiert Herodot hierbei jedoch nicht gemäß der tatsächlichen Lage der Donauquellen in einer aus griechischer Sicht nordwestlichen Lage Mitteleuropas, sondern „jenseits der Säulen des Herakles“ (ἔξω Ἡρακλέων στηλέων), gemäß seiner sonstigen Verwendung dieses Ausdrucks also jenseits der Straße von Gibraltar, und dort genauer noch in der Nachbarschaft der „Kynesier“ als dem, wie er sagt, am weitesten westlich siedelnden Volk Europas (ὁμουρέουσι δὲ Κυνησίοισι, οἳ ἔσχατοι πρὸς δυσμέων οἰκέουσι τῶν ἐν τῇ Εὐρώπῃ κατοικημένων). Ähnlich erklärt er auch im vierten Buch der Historien, im Rahmen seiner Anleitungen zum Zeichnen einer Weltkarte, daß der Istros „ganz Europa“ durchströme (ῥέει γὰρ δὴ διὰ πάσης τῆς Εὐρώπης), da er bei den Kelten, dem „nächst den Kyneten“ am weitesten im Westen wohnenden Volk Europas, seinen Anfang nehme (ἀρξάμενος ἐκ Κελτῶν, οἳ ἔσχατοι πρὸς ἡλίου δυσμέων μετὰ Κύνητας οἰκέουσι τῶν ἐν τῇ Εὐρώπη), und dann durch ganz Europa fließe, um neben dem Land der Skythen ins Schwarze Meer einzumünden (ῥέων δὲ διὰ πάσης τῆς Εὐρώπης ἐς τὰ πλάγια τῆς Σκυθίης ἐσβάλλει).[2]

Daß die Kelten als zweitwestlichstes Volk Europas ihre Wohnsitze „jenseits der Säulen des Herakles“ haben sollen, beschreibt sie unter dem Gesichtspunkt ihrer Erreichbarkeit auf dem Seeweg über Mittelmeer und Atlantik, nicht auf dem Landweg über das Flußgebiet der Donau, und ist geographisch zunächst auf jedes beliebige Gebiet beziehbar, das außerhalb des Mittelmeeres über eine atlantische Küste des europäischen Kontinents zu erreichen war, und zwar über eine atlantische Süd- oder Westküste Europas, da Herodot an anderer Stelle angibt, daß noch unerforscht sei, ob Europa auch im Osten und im Norden von Meer umgeben sei,[3] und er die zu seiner Zeit gängige Vorstellung von einem die drei Kontinente kreisrund umfließenden Okeanos als unbewiesen und lächerlich kritisiert hat. [4] Durch den Hinweis auf die westliche Nachbarschaft desjenigen Volkes, das im zweiten Buch gräzisierend als Kynesier und im vierten Buch als Kyneten bezeichnet wird, hat sich das von Herodot gemeinte Wohngebiet der Kelten auch noch näher bestimmen lassen. Nach dem Zeugnis des römischen Dichters Avienus, dessen Ora maritima im 4. Jahrhundert n. Chr. entstanden, aber wesentlich ältere griechische Überlieferung ausschöpfen, als deren älteste Schicht nach Adolf Schulten ein griechischer Periplus aus der Zeit um 530 v. Chr. anzusetzen ist, siedelten die von Avienus als populus Cynetum (201) und gens Cynetum (223) bezeichneten Kyneten in der heutigen portugiesischen Algarve. Hervorgehoben werden von ihm als kynetisches Siedlungsgebiet besonders der mit dem dem römischen Namen Ana (205) bezeichneten Rio Guadiana und ein Cyneticum iugum (201) als Wendepunkt des Okeanos (202-204), demnach Cabo de São Vicente in seiner Lage als Scheitelpunkt der Süd- und Westküste Europas, während er als Nachbarn der Kyneten die Cempsi und die S(a)efes nennt (195). Da es sich bei diesem südwestiberischen (lusitanischen) Siedlungsgebiet der Kyneten tatsächlich um die südwestlichste Küstenregion Europas handelt, auf den Karten von Herodots Zeit mit einer nach Norden abgekrümmten Westküste Europas auch zugleich um die westlichste Region Europas, wird in der Forschung, sofern sie den Verweis auf die benachbarten Kyneten überhaupt berücksichtigt,[5] das von Herodot gemeinte Gebiet der Kelten als ein der Algarve östlich oder nordöstlich benachbartes Gebiet angesetzt, das jedoch in seiner Ausdehnung nach Norden und Osten, abgesehen von der Begrenzung seiner größtmöglichen östlichen Ausdehnung durch die Straße von Gibraltar, unklar bleibt und auch in der Abgrenzung gegenüber den Kyneten davon abhängig ist, welche Ausdehnung für deren Gebiet man bei Herodot unterstellt.

Diese Kelten am südwestlichen oder Westrand Europas dienen Herodot zusammen mit der Stadt Pyrene als geographische Bezugspunkte, um das Entstehungsgebiet des Istros zu bezeichnen. Er spricht hierbei nicht ausdrücklich von den Quellen des Istros und verwendet nicht das Verb für ‚entspringen‘ (πηγάζω), sondern ἄρχω ‚seinen Anfang nehmen, entstehen‘ in Verbindung mit ἐκ ‚von, aus (heraus)‘, so daß er keinen eng umgrenzten Quellort, sondern ein eher weiträumiges Entstehungsgebiet dieses Stromes zu bezeichnen scheint,[6] das im übrigen aber, unabhängig von der Frage der genauen Lage und möglichen Ausdehnung des Keltengebiets, auch seinerseits nicht in einer Mittellage tief im Innern des Kontinents, wo es moderne Zeichnungen von Herodots Weltkarte unter Angleichung an die tatsächliche Lage der Donauquellen anzusiedeln pflegen,[7] sondern in einer westlichen Randlage zu sehen ist, da Heorodt mehrfach betont, daß der Istros „ganz Europa“ von Westen nach Osten durchquere. Was das Verhältnis der „Kelten“ und der „Stadt Pyrene“ zueinander angeht, so werden sie von Herodot lediglich durch die Konjunktion „und“ (καὶ) miteinander verknüpft und insofern gleichrangig nebeneinander gestellt, ohne daß eine genaue räumliche Beziehung erkennbar wird: Pyrene kann gemeint sein als eine Stadt im Gebiet der Kelten, aber auch als eine lediglich benachbarte oder gegebenenfalls auch nur durch den Oberlauf des Istros damit verbundene Stadt außerhalb des keltischen Gebiets.[8]

Die Aussagen des zweiten Buches stehen im Zusammenhang mit Herodots Beschreibung des Nils und dienen ihm dazu, für den Nil die unbekannte Lage seiner Quellen und dessen west-östlichen, den afrikanischen Kontinent teilenden Verlauf unter der Annahme einer Symmetrie beider Flüsse aus den Gegebenheiten des Istros abzuleiten, der seinerseits, „weil er durch bewohntes Land fließt, von vielen Leuten gekannt“ werde.[9] Insofern gibt er seine Vorstellung vom Verlauf und Quellgebiet des Istros nicht als eigene Vermutung wieder, sondern er weist sie ausdrücklich als ein bekanntes, mit dem Erfahrungswissen von Einwohnern oder Reisenden der Donauregion vermeintlich übereinstimmendes Wissen aus.[10]

Vorläufer Herodots für eine Sicht der Donauquellen am Westrand Europas sind jedoch nicht bekannt, die zuvor vorherrschende griechische Auffassung soll es vielmehr gewesen sein, daß der Istros im Norden bei den Hyperboräern und den Riphäischen Bergen entspringe,[11] von denen Herodot die letzteren nicht erwähnt hat, während er die Existenz der Hyperboräer für eine Legende hielt.[12] Was seine Lokalisierung der Kelten angeht, so ist die Verwendung des Wortes 'keltisch' für die Zeit vor Herodot überhaupt nur für Hekataios von Milet (um 500 v. Chr.) belegt, der nach dem späten Zeugnis von Stephanos von Byzanz (6. Jahrhundert n. Chr.) Massalia (Marseille) als phönizische Kolonie und Stadt des ligurischen „unterhalb“ des keltischen Landes (πόλις τῆς Λιγυστικῆς κατὰ τὴν Κελτικήν, ἄποικος Φωκαέων),[13] möglicherweise auch Narbonne als keltische Stadt (πόλις Κελτική) und außerdem ein nicht mehr identifizierbares Nyrax als keltische Stadt (πόλις Κελτική) bezeichnet haben soll.[14] Herodot, der die heute nur in solchen Fragmenten noch erhaltene Weltbeschreibung des Hekataios kannte und des öfteren benutzt zu haben scheint,[15] sah die Keltike demgegenüber erst weiter westlich, jenseits und nicht schon diesseits der Straße von Gibraltar. Als vorherodotische Überlieferung mit einer Nachricht über „Kelten“ kommt ansonsten noch der von Avienus ausgeschöpfte griechische Periplus in Betracht, sofern er tatsächlich der vorherodotischen Zeit entstammte und Avienus ihm und nicht einer anderen seiner zahlreichen Quellen die in der antiken Überlieferung beispiellose Erzählung entnommen hat, daß nördlich der oestrymnischen (britischen) Inseln (die bei Herodot unbekannt sind) ein unbewohntes Land mit dem Schiff zu erreichen sei, aus dem in älterer Zeit Ligurer von Celtae (133) vertrieben worden seien.

Aristoteles († 322 v. Chr.)

Etwa ein Jahrhundert nach Herodot erklärt auch Aristoteles, daß der Istros bei einem Pyrene auf keltischem Gebiet Südwesteuropas entspringe (Meteor. I, 13, 350b). Bei ihm ist Pyrene jedoch keine Stadt, sondern ein Berg oder Gebirge (ὄρος), das gen Westen im Land der Kelten liegt (ἐκ δὲ τῆϛ Πυρήνης, τοῦτο δ' ἐστὶν ὄρος πρὸς δυσμὲν ἰσημερινὴν ἐν τῇ Κελτικῇ), und von dem aus einerseits der Istros durch Europa ins Schwarze Meer und andererseits der Tartessos (Guadalquivir) in das atlantische Meer jenseits der Säulen des Herakles fließen. Sein Gebirge Pyrene ist somit östlich statt westlich dieser Säulen gelegen und wird herkömmlich mit den Pyrenäen identifiziert, die er demnach zwar mit der Betischen Kordillere als dem tatsächlichen Quellgebiet des Tartessos verselbigt, aber als eine Wasserscheide erkennt. Bei Herodot ist diese Wasserscheide zwischen Iberien und dem übrigen Kontinent unberücksichtigt, wenn man nicht annimmt, daß das von ihm jenseits der Säulen des Herakles angesetzte Keltengebiet sich an der Atlantikküste von den Kyneten aus noch über die nordwestlichen Ausläufer der Pyrenäen hinaus bis nach Nordwestfrankreich erstreckt und erst dort dann der Istros entspringt oder seinen Lauf nach Osten nimmt.

Timagetos (vor 350 v. Chr.?)

Eine Verbindung zwischen dem Land der Kelten, den Istrosquellen und einem Ort namens Pyrene begegnet auch bei Timagetos, für den hierbei Abhängigkeit von Herodot angenommen wird. Das betreffende Fragment aus seinem nur in Bruchstücken erhaltenen Werk Über Häfen ist in zwei verschiedenen Textfassungen in zwei Handschriften der Scholien zu den Argonautica des Apollonios Rhodios († 215 v. Chr.) überliefert und wird von dem Scholiasten bei einer Diskussion mehrerer älterer Überlieferungen zur Route der Argonauten als eine von Apollonios benutzte Quelle angeführt und inhaltlich referiert.[16] Timagetos' Lebensdaten sind nicht bekannt, aber aufgrund seiner angenommenen Zwischenstellung zwischen Herodot und Apollonios wird er in der Zeit zwischen beiden, und dort aufgrund seiner vermuteten Stellung innerhalb weiterer Überlieferungen zum Verlauf der Donau noch vor der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. angesetzt.[17] Die Donau, mit dem aus der Argonautensage stammenden Namen des Flusses Phasis (heute Rioni) bezeichnet, stürzt nach Timagetos herab von den „keltischen Bergen, die sich im Keltenland befinden“, ergießt sich in „den keltischen See“ und gabelt sich in zwei Arme, von denen der eine (die Donau) ins Schwarze Meer, der andere hingegen in „das keltische Meer“ münde. Über die Route der Argonauten gibt die Textfassung der älteren Handschrift L (Laurentianus 32.9, 11. Jh.) lediglich an, daß sie vom Schwarzen Meer aus durch die Donaumündung flußaufwärts fuhren und dann (über den zweiten Arm und dessen Mündung ins Keltische Meer) das Tyrrhenische Meer erreichten. Nach der Textfassung der jüngeren Handschrift (P: Parisinus 2727, 15./16. Jh.) kamen sie dagegen zunächst von der Schwarzmeermündung „nach Pyrene, von da aber durch die zweite Mündung in das Keltische Meer“.

Das Keltenland mit den keltischen Bergen, denen die Donau entspringt, ist in diesem Fall in seiner Lage nicht zusätzlich durch eine Himmelsrichtung oder ein Nachbarvolk präzisiert, so daß offen ist, ob dieses Quellegebiet wie bei Herodot im äußersten Westen oder gemäß der tatsächlichen Lage der Donauquellen weiter nördlich oder auch gemäß der vorherodotischen Sicht hoch im Norden gesehen werden soll. Den Keltischen See und den Abfluß ins Keltische Meer hat man aufgrund der Adaption dieser Erzählung bei Apollonios mit dem Genfer See und der von dort in Golfe du Lion abfließenden Rhone assoziiert, so daß die Gabelung des Phasis in Donau und Rhone südöstlich des Genfer-Sees anzusezen setzen wäre. Pyrene, nur in der jüngeren Abschrift P erwähnt und dort nicht durch einen Zusatz als Berg oder Stadt vereindeutigt, ist als äußerster von den Argonauten flußaufwärts erreichter Ort genannt, ohne daß aber ganz deutlich wird, ob damit die Gabelung des Flusses bezeichnet ist oder die Fahrt der Argonauten auch noch weiter flußaufwärts geführt haben soll.

Apollonios hat im vierten Buch seiner Argonautica die Vorstellung des Timagetos mit anderem Vorstellungsgut und eigener Erfindung verbunden und sich ein eigenes Flußsystem für die Zwecke seiner Dichtung geschaffen. Bei ihm ist der Istros ein Abkömmling, „Horn“ genannt, des Okeanos (ὕπατον κέρας Ὠκεανοῖο 282) und entspringt mit seinen Quellen gemäß der vorherodotischen Vorstellung hoch im Norden in den Rhipäischen Berge, fließt dann weit herab in das Gebiet der Thraker und Skythen, wo er sich bei einem Kauliakischen Felsen in einiger Entfernung von einem Gebirge mit Namen Anguron teilt[18] und einerseits (mit der eigentlichen Donau) in das Schwarze Meer mündet, andererseits mit einem südlichen Arm in das Mittelmeer strömt.[19] Mit diesem südlichen Arm ist bei ihm geographisch nicht der Rhodanos, die Rhone, sondern der Po mit seiner Mündung in die Adria gemeint, der von griechischen Autoren seit Pseudo-Skylax, bedingt vermutlich durch den Namen der adriatischen Landschaft Istrien, des öfteren als südlicher Arm der Donau angesehen wurde,[20] und den Apollonios außerdem mit dem mythischen Fluß Eridanos gleichsetzt,[21] wobei bei dieser Gleichsetzung von Eridanos und Po ebenfalls eine ältere Tradition im Hintergrund steht.[22] Apollonios hat dieses Flußsystem von Istros und Eridanos-Po aber zusätzlich auch mit dem des Rhodanos verknüpft,[23] der nach seiner Darstellung am Ende der Welt „bei den Pforten und Wohnungen der Nacht“ entspringt, also ebenfalls im Norden, und sich einerseits durch einen Zufluß in den Eridanos-Po nach Osten in die Adria ergießt, andererseits nach Süden mit sieben Mündungen in das sardinische Meer und somit gemäß dem tatsächlichen Verlauf der Rhone in den Golfe du Lion strömt und außerdem einen dritten Abfluß in den nördlichen oder westlichen Okeanos besitzt. Die Argonauten fahren bei ihm zunächst vom Schwarzen Meer aus in den östlichen Arm des Istros ein und erreichen über die Istros-Gabelung am Kauliakischen Felsen und den dort abzweigenden Eridanos-Po die Adria, kehren dann später über die adriatische Mündung des Eridanos-PO flußaufwärts durch die Smpfgebiete der Poebene zurück, fahren diesmal aber nicht bis zur Istros-Gabelung hinauf, sondern nur bis zum Zufluß des Rhodanos, über den sie flußaufwärts ein Gebiet von sturmumtosten Seen in einem unsagbar weit ausgedehnten Land der Kelten erreichen (αἵ τ᾽ ἀνὰ Κελτῶν / ἤπειρον πέπτανται ἀθέσφατον 635f.). Als sie dort im Begriff sind, in den nördlichen oder westlichen Abfluß zum Okeanos zu einzufahren, werden sie von Hera zurückgerufen, die hierzu auf den „herkynischen Felsen“[24] herabeilt.

Im System des Rhodanos, das nur durch seinen östlichen Zufluß zum Eridanos-Po mit dem System des Istros verbunden ist und als von Apollonios erweiterte Übername aus Timagetos gilt, hat man die keltischen Seen mit dem Genfer See und Bodensee, den dortigen Abfluß zum Okeanos mit dem Rhein und den herkynischen Fels mit dem Schwarzwald assoziiert. Der äußerste erreichte Punkt bei der ersten Fahrt den Istros flußaufwärts ist der Kauliakische Fels, bei dem die Argonauten sich wieder flußabwärts in den Eridanos-Po wenden, während bei der zweiten Fahrt über Eridanos-Po und Rhodanos der äußerste erreichte Punkt der herkynische Fels am Abfluß zum Okeanos ist. Beide Punkte entsprechen insofern dem in der jüngeren Abschrift P des Timagetos-Fragment genannten Pyrene bei der Auffahrt in den Istros, bei Apollonios selbst wird ein Pyrene jedoch nicht erwähnt.

Anmerkungen

  1. Herodot, Historien II, 33 (griechischer Text in der Perseus Digital Library)
  2. Herodot, Historien, IV, 49, 3 (griechischer Text); zur sprachlichen Deutung von μετὰ Κύνητας Fischer 1972, S. 112 Anm. 5
  3. Herodot, Historien, IV, 45
  4. Herodot, Historien, IV, 8 und 36
  5. Nach Sangmeister 1960, S. 78f. hat Herodot mit dem „Raum um die Donauquellen“ eine „Zone am Nordwestrand der Alpen“ bezeichnet, ähnlich Spindler 1981, demzufolge der Hinweis auf die benachbarten Kyneten „nur (...) als ganz unverbindlich erachtet werden“ kann und „nicht mehr als eben »im Westen«“ bedeutet (S. 17)
  6. Fischer 1972, S. 116
  7. Vgl. die Kritik von Fischer 1972, S. 109f., an dem ebenda Abb. 1 nachgezeichneten „Versuch einer Herodoteischen Welttafel“, den Barthold Georg Niebuhr seinem zuerst 1812 gehaltenen und 1816 gedruckten Akademievortrag Ueber die Geographie Herodots beigefügt hatte, wieder abgedruckt in Niebuhr, Kleine historische und philologische Schriften, Band 1, Bonn: Eduard Weber, 1828, S. 132-158
  8. Dion 1968, S. 8f. entscheidet für einen dem Herkunftsgebiet geographisch nachgeordneten Ort ("le Danube d'Hérodote n'atteint la ville Pyréné qu'une fois sorti de son pays d'origine"); Fischer 1972 spricht minder festgelegt von einer "Unbestimmtheit der räumlichen Beziehung" (S. 116)
  9. Herodot, Historien, II, 33-34
  10. Dies betont Timpe 1986, S. 18, gegen die Ansicht von Fischer 1972, S. 120, daß Herodots Situierung der Donauquellen im Westen Europas nur „das Ergebnis einer theoretischen Spekulation“ sei; vgl. auch Dan 2011, die von einer „pure construction intellectuelle“ unter Verarbeitung empirischer Daten spricht und hierfür auch bereits Vorläufer Herodots annimmt (S. 27, S. 34)
  11. Fischer 1972, S. 118f., dazu einschränkend in der Beurteilung der Belege Reinhold Bichler, Herodots Welt. der Aufbau der Historie am Bild der fremden Länder und Völker, ihrer Zivilisation und ihrer Geschichte, Berlin: Akademie-Verlag, 2000, S. 73 Anm. 46
  12. Herodot, Historien, IV, 36
  13. Nach dem Befund der Untersuchung von Alexander V. Podossinov, Oben und unten. Begriffe der Raumorientierung in antiken Texten, in: Klaus Geus / Michael Rathmann (Hrsg.), Vermessung der Oikumene - Mapping the Oecumene, Berlin: de Gruyter, 2013, S. 5-, hier bers. § 2 Oben und unten bei Herodot und anderen griechischen Autoren, S. 8ff., ist das Gegensatzpaar ἄνω und κάτω in geographischen Angaben dieser Art am ehesten in der Bedeutung „vom Meer ab, landeinwärts“ vs. „zum Meer hin, landauswärts“ zu verstehen, so daß mit der Keltikē [sc. gē] oberhalb des ligurischen Gebiets von Marseille bei geographisch enger Auslegung das Hinterland von Marseille in der Provence zu verstehen wäre; geographisch weiter, aber ebenfalls nach Norden ausgreifend meint Spindler 1981 im Anschluß an Sangmeister 1960, S. 78f., daß Hekataios „die Kelten irgendwo nördlich der Provence angesiedelt wissen will“ (S. 16), und betrachtet die Aussage deshalb als Beleg für ein keltisches Siedlungsgebiet „nordwestlich des Alpenbogens - Ostfrankreich, Südwestdeutschland und nordalpine Schweiz“ (S. 17), auf das sich letztlich auch Herodot mit seinen lediglich geographisch unscharfen oder „Unsicherheit“ verratenden Aussagen über die keltische Besiedlung der Donauquellen bezogen habe (S. 17)
  14. Felix Jacoby, FGrHist 1 F55, F54, F56, Kommentar S. 332f.
  15. Zusammenstellung der als wahrscheinlich geltenden Abhängigkeiten bei Lloyd 1976, S. 127ff.
  16. Karl Wendel, Scholia in Apollonium Rhodium vetera, Berlin: Weidmann, 1935, Nachdruck Hildesheim: Olms, 1999, Fragment 257/62b, S. 273 Zeile 19ff. (Fassung L) und Apparat (Fassung P); für Fassung P siehe auch Gottfried Heinrich Schäfer, Apollonii Rhodii Argonautica, Band 2, Leipzig: Fleischer jun., 1813, S. 284; deutsche Übersetzung beider Fassungen nach Wedel bei Ernst Howald / Ernst Meyer, Die römische Schweiz. Texte und Inschriften mit Übersetzung, Zürich: Niehans, 1941, S. 9
  17. Hans Armin Gärtner, Art. Timagetos, in: DNP, Band XII/1, Stuttgart 2002, Sp. 573f.; Friedrich Gisinger, Art. Timagetos, in: RE, Band VI A, 1, Stuttgart 1936, Sp. 1071-1073, Sp.1071
  18. Vgl. Josef Partsch, Die Stromgabelungen der Argonautensage, in: Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-Historische Klasse, 71.2, S. 1-17, S. 3ff.
  19. Apollonios, Argonautica, IV, 282ff. (Online Version in der Perseus Digital Library)
  20. Dazu Francisco José González Ponce, Escílax § 20, la descripción del Danubio y el problema de las fuentes del ‚Periplo‘, in: Emerita 62 (1994), S. 153-165
  21. Apollonios, Argonautica, IV, 595ff. Einfahrt in die Mündung des Eridanos und Verknüpfung mit der Phaeton-Sage
  22. Günter Neumann, Art. Eridanos, in: RGA VII, Berlin [u.a.] 1989, S. 497-499
  23. Apollonios, Argonautica, IV, 627ff. (Online-Version)
  24. Apollonios, Argonatica, IV, 640 (Online-Version)


Literatur

  • Cira Crespo / Daniel Ramon, Sull'uso di Pyrene in Strabone. In: Mélanges de l'Ecole Française de Rome, Antiquité, 122.1 (2010), S. 175-180
  • Anca Dan, L'Istros chez Hérodote. In: Dacia 55 (2011), S. 25-56
  • Roger Dion, Le Danube d'Hérodote. In: Revue de philologie, de littérature et d'histoire anciennes 94 (1968), S. 7-41
  • Gerhard Dobesch, Die Kelten als Nachbarn der Etrusker in Norditalien. In: Luciana Aigner-Foresti (Hrsg.), Etrusker nördlich von Etrurien: etruskische Präsenz in Norditalien und nördlich der Alpen sowie ihre Einflüsse auf die einheimischen Kulturen. Akten des Symposiums von Wien - Schloss Neuwaldegg, 2. - 5. Oktober 1989, Wien 1992 (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, 589), S. 161-178
  • Gerhard Dobesch, Zur Einwanderung der Kelten in Oberitalien (1989/1999), in: ders., Ausgewählte Schriften, Band 1, Köln [u.a.]: Böhlau, 2001, S. 685-692
  • Franz Fischer, Die Kelten bei Herodot. In: Madrider Mitteilungen 13 (1972), S. 109-125
  • Franz Fischer, Die Kelten und ihre Geschichte. In: Kurt Bittel [u.a.] (Hrsg.), Die Kelten in Baden-Württemberg, Stuttgart: Theiss, 1981, S. 45-76
  • John Hind, Pyrene and the date of the «Massaliot Sailing Manual». In: Rivista storica dell'Antichità 2 (1972), S. 39-52
  • Allan B. Lloyd, Herodotus Book II. Commentary 1-98. Leiden: Brill, 1976 (= Études préliminaires aux religions orientales dans l'Empire romain, 43)
  • Juan Antonio López-Férez, Los celtas en la literatura griega de los siglos VI-I a. C. In: Martín Almagro-Gorbea, Torres Balbín [u.a.], Pasado y presente de los estudios Celtas, Ortigueira: Fundación Ortegalia / Instituto de Estudios Celtas, 2007, S. 787-839
  • Karl Peschel, Kelten und nordwestalpine Hallstattkultur. Ethnographische Bemerkungen zu einer archäologischen Karte. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 29 (1988), S. 279-300
  • Edward Sangmeister, Die Kelten in Spanien. In: Madrider Mitteilungen 1 (1960), S. 75-100
  • Dieter Timpe, Art. Donau, III.A, in: RGA VI, Berlin [u.a.] 1986, S. 17-26
  • Kurt Tomaschitz, Die Wanderungen der Kelten in der antiken literarischen Überlieferung. Wien 2002 (= Mitteilungen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, 47)
  • Hermann Wirth, Die Donauquelle bei Herodot im Lichte des oberrheinischen Humanischen. In: Philologische Wochenschrift 63 (1943), S. 311-312