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Die Toilette der Venus (Version Pommersfelden)

Die Toilette der Venus lautet der Titel zweier Gemälden von Johann Liss. Der deutsche Maler fertigte zwei Versionen dieses beliebten Themas an, die sich in der Komposition gleichen, allerdings auch einige Unterschiede aufweisen. Die frühere Version des Themas schafft Liss um 1625.[1] Sie ist in Öl auf Pappelholz gemalt und misst 80 auf 59 cm. Heute wird sie im Schloss Pommersfelden aufbewahrt. Vermutlich entstand das Gemälde während Liss' Aufenthalt in Rom zwischen 1622 und 1625.[2] Dargestellt ist Venus bei der Toilette, begleitet von einigen Nymphen und kleinen Putti vor einem Ausblick in eine Landschaft.

Toilette der Venus
Johann Liss, um 1625
80 x 59  cm
Öl auf Pappelholz
Schloss Weißenstein, Pommersfelden

Bildbeschreibung

Venus sitzt im Zentrum des Gemäldes und betrachtet sich in einem ovalen Spiegel, den sie mit der rechten Hand festhält. Um sie herum stehen drei nackte Nymphen, die der Göttin zur Hand gehen. Eine wendet den Betrachtenden den Rücken zu, einer andere ist gerade dabei, die Haare der Venus in einer Frisur festzustecken. Die Dritte hält das blaue Tuch, das hinter den Figuren die obere, rechte Bildecke beherrscht. Auf dem Boden vor der Göttin und am blauen Himmel sieht man kleine Putti. Zwei balgen sich fliegend in der Luft, einer spielt mit den am Boden liegenden Stoffen. Die Szenerie wird auf der rechten Seite von dem blauen großen Tuch beherrscht, links trennt eine steinerne Balustrade den Vordergrund von der dahinter liegenden Landschaft ab. Vor dieser Balustrade, sieht man, wie der Amorknabe der Venus den Spiegel hält. Diese rückt sich den Spiegel zurecht, das Spiegelbild ist allerdings nicht erkennbar. Vor den Füßen der Venus liegen auf dem Boden einige Gegenstände, die als Attribute der Göttin der Schönheit und der Liebe identifiziert werden können. Dort finden sich zwei turtelnde, weiße Tauben, sowie eine Fackel, die der Putto an rechten unteren Rand in der Hand hält. Auch der Bogen des Armors, mit dem er auf die Liebenden schießt, findet sich dort. Mit dem antiken Gefäß wird ein Bezug zum mythologischen Thema des Bildes hergestellt. Daran lehnt ein Teller, der als Spiegel für die beiden Tauben herhalten könnte.

Forschungsgeschichte

Die Toilette der Venus, um 1629/30, Öl auf Leinwand, 82 x 69 cm, Uffizien, Florenz
Der Sturz des Phaeton, um 1624, Öl auf Leinwand, 126,5 x 110,3 cm, National Gallery, London

Nicht nur wegen der zwei Fassungen des Gemäldes, sondern auch wegen der Ansichten der beiden Forscher zum Werk ergeben sich interessante Einblicke in das Studium der Kunstgeschichte. In einer 1940 erschienenen Monographie verglich Kurt Steinbart erstmals die beiden Fassungen. Darin beschreibt er, dass das Thema Venus-Toilette sehr venezianisch sei.[3] Er stellte in Frage, ob das Gemälde viele römische Einflüsse aufwies und wählte daher die Werke, mit denen er Vergleiche durchführt, aus einem nicht-römischen Umfeld.[4] Stattdessen stellte er Verbindungen zur Deutschen Malerschule in Venedig her, mit starken Bezügen zu Raffael und Rubens. Es gibt unbestreitbare Ähnlichkeiten mit einem Stichen nach Raffael, was Klessmann später auffallen wird. Dennoch kann Steinbarts ideologisch fehlerhafte Argumentation nicht ignoriert werden. Johann Liss' Bilder gingen für ihn über Raffael und Rubens hinaus, weil er als Deutscher qua Geburt das Thema besser behandeln könne. Er meint, Liss würde endlich alle Aspekte, die es zu beachten gilt, in hervorragender Weise zu einem perfekten Gemälde vereinen.[5] Im Ausstellungskatalog von 1975 analysierte Klessmann das Gemälde differenzierter. Er konnte sehen, dass die Toiletten der Venus nicht nur italienische, sondern auch niederländische Einflüsse zeigten. Er betonte auch die Popularität und Häufigkeit des Themas und betonte, wie Steinbart, venezianische Bilder als Inspirationsquelle.[6] Er nennt aber auch die klassischen antiken Vorbilder, die Liss in Rom gesehen hat, und welche Liss auch in seine Malerei übernimmt.[7] Er erwähnt auch Liss' eigenes Werk, insbesondere Der Sturz des Phaeton (um 1624). Trotz aller römischen Vorbilder sieht Klessmann das Gemälde als „venezianisch“ an, zumindest unter den Werken der Römerzeit, die er Liss zuordnet.[8] Klessmann hat das Gemälde in zwei Veröffentlichungen von 1999 noch einmal ausführlich beschrieben. Dabei betont er den „neuen“ Charakter des Gemäldes.[9][10] In der erneuten Analyse der Arbeit kann er sich mit zunehmender Differenzierung und Detaillierung und einem deutlichen Erkenntniszuwachs klar ausdrücken. Es lassen sich unterschiedliche Forschungsstrategien beobachten. Steinbart versuchte eine stilistische Einordnung anhand von Vergleichen mit anderen Künstlern und bewusst ausgewählten Bildern, die zu seinen ideologischen Vorstellungen von Liss passten, während Klessmann wiederholt auch Vergleiche in Liss' Werk anstellt und damit eine relative Chronologie der Bilder schaffen konnte, die er dann bestimmten Zeiträumen zuordnete.

Literatur

  • Rüdiger Klessmann: Johann Liss: Ausstellung unter dem Protektorat der Präsidentin des Deutschen Bundestages Frau Annemarie Renger und des International Council of Museums (ICOM); [Augsburg, im Rathaus vom 2. August – 2. November 1975; Johann Liss Exhibition in the Cleveland Museum of Art, 17. Dezember 1975 – 7. März 1976], Augsburg: Pr.-Dr.-und Verl.-GmbH, 1975, ISBN 0-910386-25-0
  • Rüdiger Klessmann: Johann Liss. Eine Monographie mit kritischem Œuvrekatalog, Doornspijk, 1999. ISBN 90-70288-07-9
  • Rüdiger Klessmann, Johann Liss in Rom. Neue Bildthemen in der Barockmalerei, in: Ars longa, 1999, S. 333-347.
  • Kurt Steinbart: Johann Liss. Der Maler aus Holstein, Berlin, 1940.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klessmann, Rüdiger: Johann Liss: Ausstellung unter dem Protektorat der Präsidentin des Deutschen Bundestages Frau Annemarie Renger und des International Council of Museums (ICOM); [Augsburg, im Rathaus vom 2. August – 2. November 1975; Johann Liss Exhibition in the Cleveland Museum of Art, 17. Dezember 1975 – 7. März 1976]. Pr.-Dr.-und Verl.-GmbH, Augsburg 1975, ISBN 0-910386-25-0, S. 102.
  2. Klessmann, Rüdiger: Johann Liss. Eine Monographie mit kritischem Œuvrekatalog. Doornspijk 1999, ISBN 90-70288-07-9, S. 10.
  3. Steinbart, Kurt: Johann Liss. Der Maler aus Holstein. Berlin 1940, S. 91.
  4. Steinbart: Liss. 1940, S. 93.
  5. Steinbart: Liss. 1940, S. 95.
  6. Klessmann: Liss. 1975, S. 101.
  7. Klessmann: Liss. 1975, S. 101.
  8. Klessmann: Liss. 1975, S. 102.
  9. Klessmann, Rüdiger: Johann Liss in Rom. Neue Bildthemen in der Barockmalerei. In: Ars longa. 1999, S. 341 (333-347 S.).
  10. Klessmann: Liss, Katalog. 1999, S. 60.