Benutzer:Philosophiestudenten/Das Recht der Freiheit

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Das Recht der Freiheit ist ein Buch des Frankfurter Sozialphilosophen Axel Honneth. Honneth unternimmt darin den Versuch einer Gerechtigkeitstheorie als soziologisch-historische Analyse moderner Gesellschaften. Dabei sieht er Gerechtigkeit und Freiheit (verstanden als individuelle Autonomie) als untrennbar miteinander verknüpft. Seiner Auffassung nach stellt es ein Charakteristikum der Moderne dar, dass "in der gesellschaftlichen Moderne die Forderung nach Gerechtigkeit öffentlich nur zu legitimieren [ist], wenn in der einen oder anderen Weise auf die Autonomie des einzelnen Bezug genommen wird."[1]

Überblick

Im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Gerechtigkeitstheorien legt Honneth seinen Schwerpunkt auf die immanente Gewinnung von Normen. Hierbei werden nur Normen einbezogen, die von gesellschaftlicher Relevanz" sind, d.h. für ihn, die die "Reproduktionsbedingungen" der modernen Gesellschaft bilden. Bereits zu Beginn seines Werks beschreibt Honneth, inwiefern die moderne westliche Gesellschaft auf individueller Freiheit beruht. In einem zweiten Schritt evaluiert er dann verschiedene Freiheitskonzepte und versucht zu zeigen, warum er – in Anlehnung an Hegel – Freiheit als wechselseitige Anerkennung verstanden wissen will, die er „soziale Freiheit“ nennt. Schließlich greift er ganz konkret die Bereiche der persönlichen Beziehungen, des marktwirtschaftlichen Handelns und die demokratische Willensbildung als "institutionelle Sphären" auf, in denen soziale Freiheit verwirklicht ist und untersucht anhand dieser, wie das Prinzip der sozialen Freiheit in der Gesellschaft umgesetzt wird und wo man an ihre Grenzen stößt.

In seiner Argumentation stützt sich Honneth auf Hegels Rechtsphilosophie und dessen Vorstellung, die institutionelle Realität schon insofern als "vernünftig"[2] zu begreifen, als in den modernen Kerninstitutionen die Möglichkeit sozialer Freiheit schon immer angelegt ist. Honneth knüpft an diesen Rechtsbegriff in dem Bewusstsein an, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse und die philosophischen Argumentationsvoraussetzungen seit Hegel erheblich verändert haben, Hegels Überlegungen jedoch den Ausgangspunkt dafür bilden können, um eine Theorie der Gerechtigkeit aus den Strukturvoraussetzungen der gegenwärtigen Gesellschaft entwerfen zu können.

Um diesen theoretischen Rahmen für eine Gerechtigkeitstheorie als Gesellschaftsanalyse aufmachen zu können, bedarf es nach Honneth vier entscheidender Prämissen:

  1. In seiner ersten Prämisse hebt er hervor, dass die gemeinsame Orientierung an Werten und Idealen unabdingbar für die Reproduktion von Gesellschaft ist und nimmt dabei Bezug auf das Handlungstheoretische Systemmodell von Talcott Parsons. Von ihm übernimmt er die Vorstellung, dass ethische Werte als die "letzte Realität"[3] jeder Gesellschaft verstanden werden müssen.
  2. In seiner zweiten Prämisse will Honneth für den moralischen Bezugspunkt einer Theorie der Gerechtigkeit nur die Werte und Ideale heranziehen, die mit ihren normativen Ansprüchen zugleich Reproduktionsbedingungen der jeweiligen Gesellschaft bilden. Hier spricht er von einer "Normativen Rekonstruktion", die das Ziel haben soll, die gesellschaftliche Reproduktion daraufhin zu untersuchen, welche Normen konstitutiv für sie sind.
  3. Honneths dritte Prämisse befasst sich mit dem methodischen Verfahren der Normativen Rekonstruktion. Hierbei werden die reproduktionskonstitutiven Normen innerhalb der relevanten Handlungssphären (persönliche Beziehungen, Markt, demokratische Willensbildung) durch eine historische Analyse dieser Sphären rekonstruiert. Diese Normen bilden dann das, was Honneth unter "demokratischer Sittlichkeit" versteht.
  4. Honneths vierte Prämisse fordert, dass das Verfahren der normativen Rekonstruktion eine Chance für eine kritische Anwendung bieten soll. Hierbei werden jedoch nur allgemeine und methodologische Voraussetzungen umrissen. Allerdings will er nicht nur bereits bestehende Instanzen der Sittlichkeit bekräftigen, sondern über diese Ebene hinausgehen. Dies kann ihm gelingen, weil er in den Kerninstitutionen noch normative Reserven oder Potenziale ausmacht, die noch nicht ausgereizt sind.

A Historische Vergegenwärtigung

Um seine These eines notwendigen Zusammenhangs zwischen Freiheit und Gerechtigkeit in der modernen Gesellschaft zu stützen, rekonstruiert Honneth in diesem ersten Teil verschiedene Freiheitsauffassungen der Moderne, angefangen bei Hobbes, über Rousseau, Kant und vor allem Hegel bis hin zu zeitgenössischen Denkern wie Christine Korsgaard und Harry Frankfurt. Seiner Auffassung nach lassen sich diese Freiheitsvorstellungen grob in drei Kategorien unterteilen: der negativen, reflexiven und der sozialen Freiheit, wobei die letzte die für ihn vollständigste und daher zu präferierende Beschreibung individueller Freiheit umfasst.

I. Die negative Freiheit

II. Die reflexive Freiheit

III. Die soziale Freiheit

B Die Möglichkeit der Freiheit

I. Rechtliche Freiheit

Axel Honneth unterscheidet in seiner Gesellschaftsanalyse die „Wirklichkeit der Freiheit“ – das heißt, die tatsächlichen sozialen Vollzüge von Freiheit im modernen demokratischen Gemeinwesen – von der „Möglichkeit der Freiheit“. Unter den Bereich der Möglichkeit der Freiheit fasst Honneth im Wesentlichen die rechtliche Freiheit und die moralische Freiheit. Diese Sphären der Freiheit seien dadurch gekennzeichnet, dass sie wichtige institutionelle Grundlagen der wirklichen sozialen Freiheit bilden. Die rechtliche Freiheit ist also für die tatsächliche Freiheit ein unbedingt notwendiger Bestandteil, als „negative Freiheit“ jedoch nicht hinreichend für die Konstituierung wahrhaft sittlicher Verhältnisse in einem Gemeinwesen.[4] Deren Charakter als bloße „Möglichkeiten“ der Freiheit macht Honneth daran fest, dass sich – so seine These – aus einer ausschließlichen und rücksichtslosen Inanspruchnahme dieser beiden Sphären der Freiheit unsoziale Verhaltensweisen, „Pathologien“ ergeben.[5]

Honneth thematisiert am Begriff der rechtlichen Freiheit im Wesentlichen folgende Aspekte:

  • Als staatlich garantierte Zusicherung subjektiver Rechte gewährt die rechtliche Freiheit dem Einzelnen einen Schutzraum, durch den sein Wille und seine Person gesellschaftliche Anerkennung erfährt[6]. Das einzelne Subjekt hat durch die ihm zugestandenen Rechte somit die Möglichkeit, sich aus der gesellschaftlichen Interaktion zurückzuziehen und sich als Privatsubjekt über seine eigenen Wünsche, Ziele, Hoffnungen usw. klar zu werden: „Die Summe der subjektiven Rechte […] lässt sich […] als Resultat einer Anstrengung begreifen, dem einzelnen Subjekt eine vor äußeren, staatlichen wie nichtstaatlichen Eingriffen geschützte Sphäre zu schaffen, innerhalb der es […] seine eigene Vorstellung des Guten erkunden und erproben kann.“[7]
  • Der Kernpunkt der rechtlichen Freiheit besteht also laut Honneth darin, den einzelnen Subjekten die „Ermöglichung einer ethischen Selbstbefragung“[8] zuzusichern. Anhand des Rechts auf Eigentum verdeutlicht er, was für eine Rolle die subjektiven Rechte für die Individualität der Gesellschaftsmitglieder seiner Auffassung nach haben: Das Recht auf Eigentum, so argumentiert Honneth unter Verweis auf Hegel, sei die Bedingung der Selbstversicherung der Individualität einer Person. Das Subjekt brauche ein Recht auf Eigentum, um sich anhand von „leblosen, äußeren Dingen“ der „Individualität seines Willens“[9] zu versichern. Die Person, so lautet das Argument, würde sich selbst als einzig „abstrakte Persönlichkeit“, als die es im formellen Recht anerkannt ist, von anderen Personen gar nicht mehr zu unterscheiden wissen, würde sie mit ihrem Eigentum nicht über eine „äußere Sphäre“ ihres Willens verfügen.[10]
  • Honneth differenziert zwischen 3 Formen von staatlichen Rechten: den subjektiven Rechten, die sich auf die Autonomie der Person beziehen, den sozialen Rechten (z.B. Sozialgesetzgebung), die dazu dienen sollen, „dem einzelnen die materiellen Voraussetzungen zu gewährleisten, unter denen er seine liberalen Freiheitsrechte effektiver wahrnehmen kann.“[11]; sowie schließlich den politischen Rechten, die sich auf eine Teilnahme der Gesellschaftsmitglieder an ihrem Gemeinwesen beziehen. Nach Honneth bilden die ersten beiden Typen von Rechten einen „unsichtbaren Schutzwall, hinter den sich die Person auf sich selbst zurückziehen kann“[12], wohingegen die politischen Rechte „auf die Überwindung der dadurch erzeugten Isolation gerichtet“[13] ist. Damit ist gemeint, dass die Individuen sehr unterschiedliche Rollen auszufüllen haben, je nachdem, was für eine Art von Rechten sie in Anspruch nehmen: Als Nutznießer subjektiver Rechte sind sie wesentlich in einer passiven Rolle, wohingegen sie in der Sphäre der politischen Rechte sich selbst als aktive Autoren solcher Rechte verstehen müssen.[14]

Die wesentliche Leistung der rechtlichen Freiheit ist es also, den Gesellschaftsmitgliedern „eine Sphäre individueller Privatheit“[15] zu garantieren. Darin erblickt Honneth auch die Grenzen der rechtlichen Freiheit: Gerade weil zur Inanspruchnahme von Rechten der Rückzug aus sonstigen lebenspraktischen Kommunikationszusammenhängen notwendig ist, kann die rechtliche Freiheit allein für ihn nicht freiheitsverbürgend sein. Sie bezieht sich auf die Konstituierung eines Praxiszusammenhangs, für den sie selbst nicht den Boden bereiten kann, sondern andere, bereits vorgängig eingegangene soziale Verpflichtungen, Normen und Interaktionsmuster verantwortlich sind.[16] Wer sich auf eine pathologische Art und Weise auf des Recht der Scheidung beruft, verunmöglicht damit gerade den kommunikativen Ratschlag mit dem Ehepartner, er beruft sich nur auf seine, ihm staatlich verbürgte privaten Rechte, zieht sich somit aus dem sozialen Zusammenhang zurück: „Das Recht […] lebt von dem bloß negativen, unterbrechenden Bezug auf einen sittlichen Praxiszusammenhang, der sich aus der sozialen Interaktion von nicht rechtlich kooperierenden Subjekten speist.“[17] Darin haben auch die von Honneth kritisieren Pathologien der rechtlichen Freiheit ihren Grund. Als soziale Pathologie bezeichnet Honneth das Phänomen, dass Individuen die Bedeutung eines sozialen Zusammenhangs nicht richtig begreifen und daraus folgend die Prinzipien dieser Sphäre der Gesellschaft fehlerhaft zur Anwendung bringen.[18] Als Beispiele führt er die verbreitete übertriebene Betonung der eigenen Rechte an, die immer dann in Anschlag gebracht werden, wenn sich aus einer Diskussion zur Klärung gemeinschaftlicher Fragen zurückgezogen wird; Ehepartner, die nur noch per Anwalt kommunizieren können; Nachbarn, die sich gegenseitig Gesetzeskataloge vorlesen statt auf kommunikative Art und Weise die vorhanden Probleme zu beheben. In diesen Fällen entdeckt Honneth einen fehlerhaften Gebrauch dessen, wozu die rechtliche Freiheit eigentlich da sei: Den sozialen Lebensvollzug bloß kurzfristig unterbrechen zu können, um sich mit sich selbst und seinen eigenen Vorstellungen des Guten zu befassen.[19]

II. Moralische Freiheit

C Die Wirklichkeit der Freiheit

III.1. Das "Wir" persönlicher Beziehungen

III.2. Das "Wir" des marktwirtschaftlichen Handelns

III.3. Das "Wir" der demokratischen Willensbildung

Kritik

Literatur

  • Honneth, Axel: Das Recht der Freiheit, Suhrkamp, Frankfurt 2011.
  • Honneth, Axel: Kampf um Anerkennung, Suhrkamp, Frankfurt 1992.
  • Petherbridge, Danielle: The Critical Theory of Axel Honneth, Lexington, Plymouth 2013.
  • Menke, Christoph/Rebentisch, Juliane: Axel Honneth. Gerechtigkeit und Gesellschaft, BWV, Berlin 2008.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Honneth, Axel: Das Recht der Freiheit, Frankfurt: Suhrkamp 2011, S. 38.
  2. Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Frankfurt am Main 1972, S. 11.
  3. Talcott Parsons, Gesellschaften, Frankfurt/M. 1975, S.22.
  4. Ebd., S. 221ff.
  5. Vgl. Ebd., S. 125.
  6. Vgl. ebd., S. 129f.
  7. Ebd., S. 131f.
  8. Ebd., S. 139.
  9. Ebd., S. 135.
  10. Vgl. Ebd., S. 135.
  11. Ebd., S. 142.
  12. Ebd., S. 143.
  13. Ebd., S. 144.
  14. Vgl. v.a. ebd., S. 143ff.
  15. Ebd., S. 147.
  16. Vgl. Ebd., S. 151ff.
  17. Ebd., S. 156.
  18. Vgl. Ebd., S. 157.
  19. Vgl. ebd., S. 163ff.