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Die Definition von Leben ist ein wissenschaftliches und philosophisches Problem, für das es bislang keine allgemein anerkannte Lösung gibt. Probleme ergeben sich dadurch, dass eine geeignete Definition einerseits alles bekannte Leben einschließen muss, gleichzeitig aber unbekanntes, außerirdisches Leben nicht ausschließen sollte. Manche Definitionen sind zur Bestimmung von „Leben“ anwendbar, versagen aber bei der Anwendung auf ein einziges Lebewesen.

Übersicht verschiedener Definitionen

Auflistung von Eigenschaften

Eine beliebter Definitionsansatz ist die Enumeration verschiedener Eigenschaften, die ein Lebewesen aufweisen muss.[1]

Alexander Oparin beschrieb sechs lebensnotwendige Eigenschaften: 1. Fähigkeit, mit dem umliegenden Medium Materie auszutauschen; 2. Wachstumsfähigkeit; 3. Fähigkeit zum Populationswachstum (Multiplikation); 4. Fähigkeit zur Selbstreplikation; 5. Bewegungsfähigkeit; 6. Fähigkeit zur Reaktion auf äußere Reize. Er erwähnte jedoch noch weitere Eigenschaften, wie das Vorhandensein einer Membran und die Abhängigkeit vom Medium.[2]

Für sich genommen können diese Eigenschaften jedoch leicht zu Gegenbeispielen führen, da sie bestimmte Lebewesen ausschließen oder unbelebte Systeme einschließen:[3]

Materialaustausch
Wachstum
Reproduktion
Bewegung
viele Pflanzen sind nicht in der Lage.
Reaktion auf Reize
Abgeschlossenheit

Definition basierend auf Selbsterhaltung

Selbsterhaltung: Autopoiesis

Friedrich Engels gab 1984 in seiner Schrift Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft folgende

„Leben ist die Daseinsweise der Eiweißkörper, und diese Daseinsweise besteht wesentlich in der beständigen Selbsterneuerung der chemischen Bestandteile dieser Körper.“ Engels (1984)

Luisi (2006) schlägt zunächst vor, ein System als lebend zu bezeichnen, wenn es „in der Lage ist, externe Materie/Energie in einen internen Prozess der Selbsterhaltung und Produktion seiner eigenen Komponenten umzuwandeln.“[4] Nicht alle autopoietischen Systeme können jedoch intuitiv als lebend bezeichnet werden[5]; tatsächlich wurden bereits selbstregulierende autopoietische chemische Systeme synthetisiert. Nach Luisi ist eine weitere Bedingung für ein lebendes System, dass es über minimale „kognitive“ Fähigkeiten verfügt, also notwendige externe Materie selektiv erkennt und akzeptiert oder abweist.[6]

Darwinistische Definitionen

Eine populäre Definition sieht Leben als „selbsterhaltendes chemisches System, das in der Lage ist, der darwinistischen Evolution zu folgen“[7] oder als „materielles System, das der darwinistischen Evolution folgt“[8]. Diese von der NASA im Rahmen eines Exobiologie-Programms vorgeschlagene Definition wurde schon früher von Biologen diskutiert, so etwa von Horowitz und Miller (1962).[9] Die Eingrenzung der Definition auf chemische oder materielle Systeme schließt Dinge wie Computerviren aus.

Eine Kritik an dieser Definition ist, dass der Begriff der Evolution nur auf eine Population angewandt werden kann, und nicht auf ein einziges Individuum. Eine Klassifikation einer einzigen potentiellen Lebensform wäre schwierig. Eine direkte Beobachtung der Evolution wäre möglicherweise nur über Tausende von Jahren möglich.[10] Die Formulierung „in der Lage“ liefe deshalb darauf hinaus, das Objekt daraufhin zu untersuchen, ob es bekanntes genetisches Material, also RNS oder DNS enthält, sodass man diese gleich in die Definition aufnehmen könnte. Tatsächlich hat die RNA-Welt-Hypothese zur Beliebtheit der darwinistischen Definition beigetragen.[11] Eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Definition ist, dass das zu untersuchende Objekt zur Replikation fähig ist, was zu den weiter oben genannten Problemen führt.[12] Die Definition ist daher nur für das Leben als System von Lebewesen, nicht aber für eine einzige lebende Entität geeignet.[13]

Literatur

  • Christopher F. Chyba, Gene D. McDonald: The origin of life in the solar system: current issues. Annual Review of Earth And Planetary Sciences 23 (1995): 215–250, ISSN 0084-6597 (Online)
  • Clair E. Folsome: The Origin of Life: A Warm Little Pond. Freeman, San Francisco 1979, ISBN 0-7167-0294-0
  • Pier Luigi Luisi: About various definitions of life. Origins of Life and Evolution of the Biosphere 28 (1998): 613–622, ISSN (?!?!) (PDF, 60 KB)
  • Pier Luigi Luisi: The Emergence of Life: From Chemical Origins to Synthetic Biology. Cambridge University Press, Cambridge 2006, ISBN 0-521-82117-7
  • Gyula Pályi (Hrsg.): Fundamentals of Life. Elsevier, Paris 2002, ISBN 2-84299-303-9
  • Radu Popa: Between Necessity and Probability: Searching for the Definition and Origin of Life. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-20490-3
  • Martino Rizzotti (Hrsg.): Defining Life: The Central Problem in Theoretical Biology. University of Padua, Padova 1996

Einzelnachweise

  1. Luisi 2006, S. 21
  2. Luisi 2006, S. 21
  3. Chyba/McDonald, S. 216
  4. Luisi 2006, S. 25
  5. Gail Raney Fleischaker: Autopoiesis: the status of its system logic. Biosystems 22 (1988): 37–49, ISSN 0303-2647
  6. Luisi 2006, S. 163–172
  7. G. F. Joyce, in D. W. Deamer, Gail Raney Fleischaker (Hrsg.): Origins of Life: The Central Concepts, S. xi f. Jones and Bartlett, Boston 1994, ISBN 0-86720-181-9
  8. C. P. McKay, zitiert in Chyba/McDonald, S. 217
  9. N. Horowitz, S. Miller, in L. Zechmeister (Hrsg.): Fortschritte der Chemie organischer Naturstoffe, S. 423–459. Springer, Wien 1962
  10. Gail Raney Fleischaker: Origins of life: an operational definition. Origins of Life and Evolution of Biospheres 20, 2 (März 1990): 127–137, ISSN 0169-6149
  11. Chyba/McDonald, S. 217; Luisi 2006, S. 22
  12. Luisi, S. 19 f.
  13. Chyba/McDonald, S. 219