Benutzer:PigeonIP/Einauge

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Einauge (wissenschaftlich FT3[1]) war eine 2000 oder 2001 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz geborene Wölfin, die am 19. März 2013 bei Mücka im Landkreis Görlitz tot aufgefunden wurde.[2][3] Sie gründete mit einem ihr nahe verwandten Rüden das „Nochtener Rudel“ und zog von 2005 bis 2011 mindestens 42 Welpen auf. Nachkommen des Paares etablierten weitere Rudel in Deutschland und Polen.[3] Einauge gilt neben ihrer Schwester Sunny (FT1) als „eine der Urmütter der deutschen Wölfe“.[4][5]

Leben

Einauge ist ein Welpe des 1998[6] aus Polen eingewanderten Wolfspaares, welches das erste deutsche Rudel, das „Muskauer Heide Rudel“, gründete. Genetische Untersuchungen zeigten, dass dieses Gründerpaar von Wölfen abstammte, die ursprünglich aus Nord-Ost-Polen (Baltische Population) abgewandert waren.[7] Es ist unklar, ob Einauge zu den ersten Wolfswelpen aus dem Jahr 2000 oder dem zweiten Wurf des Folgejahres gehört. Über ihre Jugend ist nichts bekannt. Vielleicht lebte sie zwei oder auch drei Jahre im Elternrudel und wanderte dann ab.[5]

Filmaufnahmen aus dem Jahr 2005 zeigen ein Wolfspaar in der Nähe des Braunkohletagebaues Nochten. Der Wölfin fehlt das rechte Auge, sie lahmt. Der Rüde ist nah mit ihr verwandt. Sie gründen das „Nochtener Rudel“, das von 2005 bis 2011 mindestens 42 Welpen aufzog. Ihre Nachkommen gründeten weitere Rudel in Deutschland.[3]

2006

2007

2008

2009

2010 wurde Einauge im Rahmen des BfN Projektes „Ausbreitungs- und Abwanderungsverhalten von Wölfen in Deutschland“ vom Wildbiologischen Büro LUPUS besendert.

2011 war ihr Humpeln stärker geworden. Ein Zeichen für Schmerzen. Es viel ihr schwer, genügend Fraß für ihre Jungen herbeizuschaffen.[6]

2012 übernahm ihre Tochter Lisa (FT2) mit einem neuen Rüden das Nochtener Territorium. Einauge und der alte Rüde das Nochtener Rudels wurden aus dem Kerngebiet an den Süd-Ostrand verdrängt.[7] Sie zogen keine Welpen mehr auf.[2] Mitte März 2013 starb Einauge vermutlich in Folge von Grenzstreitigkeiten benachbarter Wolfsfamilien. Mücka lag im Grenzgebiet verschiedener Wolfsterritorien.[8] Aufnahmen von Fotofallen belegen, das das Nieskyer Rudel in den Südbereich des Nochtener Territoriums vorgedrungen war. Der Verbleib des alten Nochtener Rüden ist unbekannt.[3] Viel länger als zehn oder elf Jahre leben Wölfe in freier Wildbahn nicht.[4] Einauge war mit ihren möglichen knapp 12 Jahren vermutlich „Deutschlands älteste, freilebende Wölfin“.[2][3]

Nachkommen

Genetische Untersuchungen am Krakauer Institut der Polnischen Akademie der Wissenschaften (2001 bis 2010) und am Senkenberg Labor für Wildtiergenetik in Gelnhausen (seit 2010) zeigen, dass in den sächsischen Wolfsrudeln viele Paare miteinander verwandt sind. Die meisten Rudel wurden von Nachkommen der beiden Schwestern „Sunny“ (FT1, Neustädter, später Seenland) und „Einauge“ (FT3, Nochten), den Fähen der zweiten und dritten deutschen Wolfsrudel, gegründet.[7]

Nachkommen von Einauge gründeten das Daubaner, das Milkeler, das Spremberger und das Kollmer Rudel in Sachsen. Eine Tochter gründete das Munster Rudel in Niedersachsen.[7]

  • Dauban
  • „Rolf“ (MT4) - Milkel. Rolf kam durch einen Verkehrsunfall ums Leben.[9]
  • „Karl“ (MT2) gründete 2010 mit einer Nichte, eine Fähe aus dem Milkeler Rudel seines Bruders Rolf, das sächsisch/brandenburgische Spremberger Rudel östlich der Stadt Spremberg. Das Paar zog 2011 ihre ersten Welpen auf.
  • „Lisa“ (FT2) übernahm 2012 mit einem neuen Rüden das Nochtener Territorium ihrer Eltern. Lisa wurde 2009 geboren und 2010 im Rahmen des BfN-Projektes besendert.
  • „Timo“ (MT5) stammt aus dem letzten Wurf der Wölfin Einauge. Er wurde als 7 Monate alter Welpe bei einem Verkehrsunfall verletzt. Nach der Behandlung eines Schienen- und Wadenbeinbruches kam er für 5 Wochen in die Quarantänestation des Naturschutzparkes Görlitz und wurde anschließend besendet im Territorium seiner Eltern wieder in die Freiheit entlassen. Mit 1,5 Jahren begann er im Herbst 2012, als letzter von vier Wurfgeschwistern, sich aus seinem Elternterritorium zu lösen. Das von ihm genutzte Gebiet ist mit 94 km² bzw. 149 km² das kleinste bisher untersuchte Wolfsterritorien in Deutschland. Fotofallenaufnahmen zeigten Ende Juli 2013, dass Timo eine eigene Wolfsfamilie, das „Kollmer Rudel“, gegründet hat. Nach zweijähriger Sendezeit verlor Timo Anfang Januar 2014 planmäßig sein Halsband.[10]

„Alan“ (MT3), ein 2009 im Rahmen des BfN-Projektes besendeter Sohn, verließ im Alter von 12 Monaten das Rudel.[11] Er wanderte in 47 Tagen 1.550 km weit bis Weißrussland. Seit dem Winter 2009/2010 konnten keine Funksignale mehr empfangen werden. Sein Verbleib ist ungeklärt.[9]

Ein 2009 im Milkeler Rudel geborener Enkel wurde im November 2012 tot im Nationalpark Thy (Nordjütland) aufgefunden. Er war der erste Wolf, der nach 150 Jahren in Dänemark nachgewiesen wurde.[7][2]

Weitere Enkel, zwei Söhne des Milkeler Rudels und ein männlicher Nachkomme des Daubaner Rudels, gründeten neue Wolfsrudel in Westpolen. Der Daubaner Enkel verpaarte sich in Polen mit einer Tochter „Einauges“ aus dem Nochtener Rudel.[7]

Literatur

  • Eckhard Fuhr: Rückkehr der Wölfe. Wie ein Heimkehrer unser Leben verändert. Riemann Verlag, München 2014, ISBN 978-3-570-50171-9, Mit Wölfen leben, S. 199 ff.
  • Illka Reinhardt, Gesa Kluth, Catriona Blum, Sebastian Koerner: Wölfe in der Lausitz. Statusbericht für das Monitoringjahr 2009/2010. In: Wölfe in der Lausitz. 2010 (Statusbericht 2009/2010, pdf [abgerufen am 26. August 2015]).
  • Illka Reinhardt, Gesa Kluth, Catriona Blum, Sebastian Koerner, Verena Harms: Wölfe in der Lausitz. Statusbericht für das Monitoringjahr 2010/2011. In: Wölfe in der Lausitz. 2011 (Statusbericht 2010/2011, pdf [abgerufen am 26. August 2015]).
  • Illka Reinhardt, Gesa Kluth, Catriona Blum, Verena Harms: Wölfe in der Lausitz. Statusbericht für das Monitoringjahr 2011/2012. In: Wölfe in der Lausitz. 2012 (Statusbericht 2011/2012, pdf [abgerufen am 26. August 2015]).
  • Illka Reinhardt, Gesa Kluth, Catriona Blum, Helene Möslinger, Verena Harms: Wölfe in der Lausitz. Statusbericht für das Monitoringjahr 2012/2013. In: Wölfe in der Lausitz. 2013 (Statusbericht 2010/2011, pdf [abgerufen am 26. August 2015]).
  • Illka Reinhardt, Gesa Kluth, Catriona Blum, Helene Möslinger, Verena Harms: Wölfe in der Lausitz. Statusbericht für das Monitoringjahr 2013/2014. In: Wölfe in der Lausitz. 2014 (Statusbericht 2013/2014, pdf [abgerufen am 26. August 2015]).

Weblinks

Fußnoten

  1. Wölfe, die mit einem Halsbandsender versehen wurden erhalten, bekommen eine fortlaufende Nummer. Sie beginnt bei den Weibchen mit FT, bei den Männchen mit MT. (f = female, m = male, t = telemetry)
  2. a b c d Kontaktbüro „Wolfsregion Lausitz“ (Hrsg.): Deutschlands älteste, freilebende Wölfin ist tot. Rietschen 27. März 2013 (Presseinformation).
  3. a b c d e Wölfe in der Lausitz (Stand Juli 2013). (pdf-Datei, ca. 700kB) In: Newsletter Wolf Juli 2013. Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz, 26. Juli 2013, S. 2, abgerufen am 14. August 2015.
  4. a b Rafaela von Bredow: Guter Räuber. böser Räuber. In: Der Spiegel. Nr. 38/2011, 19. September 2011, S. 112–117 (online [abgerufen am 14. August 2015]).
  5. a b Eckhard Fuhr: Rückkehr der Wölfe. Wie ein Heimkehrer unser Leben verändert. Riemann Verlag, München 2014, ISBN 978-3-570-50171-9, Mit Wölfen leben, S. 199 ff.
  6. a b Eckhard Fuhr: Der Wolf ist eine Art Absolution auf vier Pfoten. In: Die Welt. 12. Juli 2011 (online [abgerufen am 14. August 2015]).
  7. a b c d e f Verwandschaftsverhältnisse der Wölfe in Sachsen. (pdf-Datei, ca. 700kB) In: Newsletter Wolf 01/07. Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz, 26. Juli 2013, S. 5–8, abgerufen am 14. August 2015.
  8. tp: Mutter aller Rudel ist tot. In: Jäger – Zeitschrift für das Jagdrevier. JAHR TOP SPECIAL VERLAG, 29. März 2013, abgerufen am 14. August 2014.
  9. a b Pilotstudie zur Abwanderung und zur Ausbreitung von Wölfen in Deutschland. Bundesamt für Naturschutz, abgerufen am 14. August 2015.
  10. Wolf MT5 ("Timo"). In: wolfsregion-lausitz.de. Kontaktbüro "Wolfsregion Lausitz", S. 2014, abgerufen am 14. Mai 2015.
  11. Wanderwege der Wölfe. In: bfn.de. Bundesamt für Naturschutz, 27. Oktober 2011, abgerufen am 14. August 2015 (Pressemitteilung).