Benutzer:Pincerno/Die Paragraphenreiter
Die Paragraphenreiter – Haarsträubende Erlebnisse mit dem Amtsschimmel ist ein 1997 erschienenes Sachbuch des Autoren und Volkskundlers Edmund Ballhaus, in dem er in 31 Fällen Kollisionen zwischen Bürgern und einer „ausufernden und rigiden Bürokratie“ aufzeigt.[1]
Entstehung
Ballhaus, der promovierter Volkskundler ist, recherchierte im Rahmen des Forschungsprojektes „Bürokratie im Alltag“ der Universität Göttingen[2] über einhundert Beispiele für Kollisionen zwischen Beamten der öffentlichen Verwaltung und Bürgern, die er für ein „gesellschaftliches Problem ersten Ranges“ hielt. Das Projekt erlangte aufgrund von Presseartikeln und Rundfunkinterviews, die Ballhaus gab, eine gewisse Bekanntheit, so dass dem Projekt über hundert Beispiele aus dem Alltag zwischen Verwaltung und Bevölkerung zugetragen wurden. Aus den gesammelten Beispielen wählte Ballhaus letztlich 31 aus, die er als Autor in dem Buch veröffentlichte.[3]
Das Werk erschien 1997 im Beck-Verlag. Es hat 227 Seiten und erschien kartoniert und broschiert. Der Preis betrug seinerzeit 16,80 D-Mark.
Inhalt
Buch.de beschrieb das Werk so:[4]
„Während in Beamtenwitzen die Staatsdiener eine fast sympathische Schläfrigkeit und Untätigkeit an den Tag legen, geht es bei den Begebenheiten in diesem Buch um Beamte, die unverdrossen im Namen des Staates tätig werden, ohne einmal innezuhalten und nach dem Sinn und den Folgen ihres Tuns sowie nach der Verhältnismäßigkeit der angewandten Mittel zu fragen. Die Geschichten in diesem Buch mögen haarsträubend sein, aber sie sind wahr.“
Anhand dreier Fallbeispiele ...
Die verweigerte Fremdenverkehrsabgabe
Das Kämmereiamt im schleswig-holsteinischen Luftkurort Ratzeburg führte 1993 eine Fremdenverkehrsabgabe ein, um sich die Gelder, die die Stadt für die Tourismusförderung ausgab, von denen wiederzuholen, die vom Tourismus profitierten. Adressaten der Abgabe waren Einwohner und Firmen, denen laut Satzung der Stadt Ratzeburg „durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar Vorteile geboten werden“. Im Folgejahr war auch der Betreiber eines Dentallabors betroffen, er sollte 500 D-Mark entrichten. Das Amt begründete ihre Forderung damit, dass Zahnärzten durch die Touristen und Tagesgäste unmittelbar Vorteile entstünden und daher genösse auch das Dentallabor für den Zahnersatz mittelbar Vorteile.
Da die Behörde dem Widerspruch des Unternehmers nicht abhalf, klagte er vor dem zuständigen Verwaltungsgericht gegen den Bescheid der Behörde. Er führte dazu aus, dass Erholungssuchende an ihrem Urlaubsort allein schon wegen der Behandlungsdauer keine weitreichenden zahnärztlichen Leistungen in Anspruch nähmen. Die Behörde reagierte in der Klagerwiderung damit, dass zwar kein Urlauber an seinem Urlaubsort eine geplante Zahnbehandlung durchführen lasse wolle, aber aufgrund der Ansammlung vieler Menschen während der Ferienzeit stiegen die Chancen für eine Zufallsbehandlung. Das Kämmereiamt ergänzte dazu, dass Ratzeburg seinen Urlaubern Aktivitäten wie beispielsweise Surfen, Segeln und Fahrradtouren böte, die häufig Unfälle im Zahn- und Kieferbereich nach sich zögen. Außerdem seien die Menschen im Urlaub naturgemäß nachlässiger, so dass sie auch solche Speisen zu sich nähmen, die Zähne und Zahnprothesen leicht schädigten wie beispielsweise der Biss auf einen Kirschkern.
Der Unternehmer konterte auf diese „makabere Logik“ umgehend:[5] Ratzeburg sei demnach mit seinem risikoreichen Angebot an Verletzungsmöglichkeiten als Urlaubsort für Erholungssuchende ungeeignet, daher müsse die Fremdenverkehrsabgabe außer Kraft gesetzt werden. Außerdem bestritt er, dass es in Ratzeburg ein erhöhtes Kirschkernrisiko gäbe. Ein solches läge wohl eher in einem Kirschanbaugebiet vor. Das Verwaltungsgericht gab der Klage des Unternehmers statt.[6]
Kritiken
Über das Werk veröffentlichte Buchkritik.at folgende Kritik:[7]
„Es handelt sich bei dem Buch um eine Sammlung authentischer Fälle von Menschen die in die Mühlen der Bürokratie geraten sind. Vom Bauen im Außenbereich bis zum Namensrecht ist alles zu finden. Obwohl die einzelnen Fälle für die Betroffenen recht tragisch sind, sind sie für den Leser überaus erheiternd. Wenn jemand die Realsatire liebt, ist er bei diesem Buch gut bedient.“
Einzelnachweise
- ↑ Die Paragraphenreiter, Verlag H. C. Beck, München 1997, S. 2
- ↑ Buch.de
- ↑ Die Zeit, Artikel Das Kirschkernrisiko vom 18. Juli 1997
- ↑ Buch.de
- ↑ Die Zeit, Artikel Das Kirschkernrisiko vom 18. Juli 1997
- ↑ Die Paragraphenreiter, Verlag H. C. Beck, München 1997, S. 29 bis 34
- ↑ Buchkritik.at
http://www.buch.de/buch/00944/719_die_paragraphenreiter__becksche_reihe_bd_1214.html