Benutzer:Pischdi Hufnagel/AAÜG

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Die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR erfolgte gem. des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in die bestehende gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland.

Vorgeschichte

Die Organisation der allgemeinen Rentenversicherung in der DDR war derart geregelt, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung einer gesetzlichen Sozialversicherung angehörte, die als Pflichtversicherung angelegt war.

Aus dieser Pflichtversicherung wurden Rentenanwartschaften gebildet.

1971 wurden zusätzlich die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) eingeführt. Der Beitritt zu dieser ermöglichte eine Ergänzung der Sozialpflichtversicherung auf weitere Entgeltteile.

Außerdem wurden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme für bestimmte Berufsgruppen eingeführt, denen der Beitritt zur FZR damit nicht möglich war.

Die Leistungen aus den ca. 60 Zusatzversorgungssystemen ergänzten die aus der allgemeinen Sozialpflichtversicherung gewährten Renten. Somit ähnelte dieses System dem der bundesdeutschen betrieblichen Altersversotrgung bzw. der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes.

Die Leistungen der vier Sonderversorgungssysteme existierten als außerhalb der Sozialpflichtversicherung angelegte Versorgung. Damit ähnelte diese der Versorgung der Beamten in der Bundesrepublik.

Systementscheidung

Im Rahmen der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in der Form des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland wurde in Art. 20 Absatz 2 Satz 2 des Staatsvertrages zwischen der BRD und der DDR festgelegt, die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme zum 30. Juni 1990 zu schließen. Die Ansprüche und Anwartschaften aus den Systemen sollten in die gesetzliche allgemeine Rentenversicherung überführt werden. Dieser Systementscheidung hatte die Alternative einer Regelung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung in Form einer eigenständigen Versorgung (analog der Betriebsrenten, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bzw. Beamtenversorgung) gestanden.

Der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 bestätigte diese Systementscheidung. Zudem wurde festgelegt, "ungerechtfertigte" Leistungen abzuschaffen und "überhöhte" Leistungen abzubauen. Dies sollte über eine Zugrundelegung nur von begrenzten, nicht aber der tatsächlichen Entgelte erreicht werden. Diese Überlegungen resultierten nicht zuletzt aus dem noch frischen Eindruck einer "ungerechtfertigten" Versorgung von "staatlich privilegierten" Personen und führte in der Folge zu einer Reihe von höchstrichterlichen Entscheidungen und Gesetzesänderungen.

Die Systementscheidung selbst wurde mehrfach als verfassungskonform bestätigt, zuletzt durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98 u.a.).

Umsetzung

Das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG)

Mit dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Januar 1991 (BGBl. 1991, S. 1606 ff.), dessen Bestandteil als Art. 3 das AAÜG war, wurden die Regelungen des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf das Beitrittsgebiet übertragen. Die Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen wurden in die gesetzliche Rentenversicherung überführt. Die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem der Systeme werden wie Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 55 SGB VI angesehen. Die Rentenberechnung richtet sich somit nach dem erzielten Arbeiitsentgelt, das allerdings nicht in voller Höhe berücksichtigt wird.

Von einer Kürzung betroffen waren gem. § 7 AAÜG hauptamtliche Mitarbeiter des MfS (von der Köchin im MfS-Ferienheim bis hin zum General) sowie nach einer typisierenden Betrachtung gem. § 6 Abs. 2 AAÜG auch hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und gem. § 6 Abs. 3 AAÜG Personen in bestimmten Funktionen, wie z.B. Hochschulprofessoren. Der Gesetzgeber unterstellte hier, dass die überdurchschnittlichen Entgelte nicht auf der Basis der Tätigkeit an sich, sondern wegen einer gewissen "Systemnähe" gewährt wurden.

Die Begrenzung erfolgte derart, dass bei einem Arbeitsentgelt, das über dem 1,4fachen des Durchschnittsentgeltes lag, nur ein Entgelt in Höhe des Durchschnittsenbtgeltes berücksichtigt wurde.

Das Bundessozialgericht beurteilte diese Regelungen und beauftragte den Gesetzgeber, diese zu ändern (BSGE 72, S. 50ff.).

Das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (RÜ-ErgG)

Zum 1. August 1991 trat rückwirkend das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (RÜ-ErgG) vom 24. Juni 1993 in Kraft. Die pauschalen Begrenzungen für "systemnahe" Beschäftigte wurden revidiert und durch eine dreifach unterteilte Beurteilung ersetzt.

Bei einem Arbeitsentgelt zwischen dem 1,4fachen und dem 1,6fachen des Durchschnittsentgeltes wurde nunmehr der der Rentenberechnung zugrundeliegende Verdienst auf das 1,4fache begrenzt. Bei Arbeitsentgelten über dem 1,6fachen des Durchschnittsentgeltes wurde der das 1,6fache übersteigende Anteil verdoppelt und vom 1,4fachen Durchschnittsentgelt abgezogen. Mindestens das Durchschnittsentgelt jedoch war bei allen Begrenzungen anzurechnen.

Das Bundessozialgericht beurteilte auch diese Regelung wieder dahingehend, dass dem Gesetzgeber ein Vorlagenbeschluss zur Umsetzung von Änderungen an die Hand gegeben wurde.

Am 28. April 1999 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fest, dass § 6 Abs. 2 und 3 Nr. 7 des AAÜG i.d.F. des RÜ-ErgG seit dem 1. Juli 1993 gegen die Artikel 3 Abs. 1 und 14 des Grundgesetzes verstößt. Insbesondere sah das Gericht keine ausreichende Begründung für die Ungleichbehandlung von Personen, die unterschiedlichen Zusatzversorgungssystemen angehörten. Auch der Grenzwert in Höhe des 1,4fachen des Durchschnittsentgeltes wurde als willkürlicher, ohne Tatsachenunterlegung gewählter Wert abgelehnt. Das BVerfG mahnte damit weitgehend eine begründete Einzelfallentscheidung für Begrenzungen an. Bis zum 30. Juni 1993 sei das Gesetz verfassungskonform, da dem Gesetzgeber bis zu diesem Zeitpunkt ein größerer Ermessensspielraum bei der Einordnung von Personen in die Kategorien derjenigen, deren Entgelte aus politischen Gründen gezahlt und daher zu begrenzen seien, eingeräumt wird.

Gleichzeitig ist dem Urteil zu entnehmen, dass das BVerfG es durchaus für möglich hält, die Zugehörigkeit zu bestimmten Personen- bzw. Beschäftigtengruppen als Indiz für eine außergewöhnliche "Systemnähe" zugrunde zu legen. Auch dass der Gesetzgeber in so einem Fall über den Weg der Entgeltbegrenzung geht hält das BVerfG generell für verfassungskonform.

Das AAÜG-Änderungsgesetz (AAÜG-ÄndG)

Mit dem AAÜG-Änderungsgesetz (AAÜG-ÄndG), das am 1. Januar 1997 in Kraft trat (BGBl. I, S. 1647 ff.) wurde der Personenkreis, der von Begrenzungen betroffen war, stark eingeengt. Nunmehr galt die Regelung, dass nur noch Arbeitsentgelte, die weit übderdurchschnittlich waren, als Entgelt für einbe "Systemnähe" beurteilt und daher begrenzt werden sollte. Grenze war dier Gehaltsgruppe E3 bzw. G12. Lag der Arbeitsverdienst über dieser Grenze, wurde wieder wie schon beim RÜG das der Rentenberechnung zugrunde gelegte Entgelt mit dem Durchschnittsentgelkt festgesetzt.

Von Begrenzungen nach § 6 Abs. 2 AAÜG betroffen waren somit nur noch ca. 12.000 Personen.

Noch vor der Urteilsverkündung des BVerfG vom 28. April 1999 wurde dem BVerfG der § 6 Abs. 2 AAÜG i.d.F. des AAÜG-ÄndG zur Überprüfung der Verfassungskonformität vorgelegt.

Das 2. AAÜG-Änderungsgesetz (2. AAÜG-ÄndG)

Nach dem Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 zum AAÜG i.d.F. des RÜ-ErgG wurde am 27. Juli 2001 das 2. AAÜG-Änderungsgesetz (2. AAÜG-ÄndG) verabschiedet (BGBl. I S. 1939 ff.), das den Zeitraum des erst im AAÜG-ÄndG geänderten § 6 Abs. 2 auf den 1. Juli 1993 vorverlegte.

Am 23. Juni 2004 verkündete das BVerfG den § 6 Abs. 2 AAÜG sowohl in der Fassung des AAÜG-ÄndG als auch des 2. AAÜG-ÄndG für nicht verfassungskonform. Er verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Der Gesetzgeber wurde beauftragt, bis zum 30. Juni 2005 einen grundgesetzkonforme Regelung zu treffen. Wieder wurde bemängelt, dass der Gesetzgeber keine für eine Einzelfallentscheidung ausreichende Typisierung festgelegt hätte. Auch gebe es keine Erkenntnisse darüber, ob bestimmte Verdienste tatsächlich überhöht gewesen seien. Tatsächlich hatte die Bundesregierung in den Beratungen angegeben, dass ein auf politischer Begünstigung beruhender Einkommensbestandteil nicht quantifizierbar sei (BTDrucks. 13/4587 S. 8).

Das BVerfG erklärte § 6 Abs. 2 und 3 Nr. 8 AAÜG i.d.F. des AAÜG-ÄndG als unvereinbar mit dem Grundgesetz. Bis zu einer Neuregelung darf dieser nicht mehr angewendet werden.

Erstes Gesetz zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes

Am 21. Juni 2005 wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes verkündet (BGBl. I S. 1672).

Der von Kürzungen der der Rentenberechnung zugrundeliegenden Arbeitsentgelte betroffene Personen kreis wiurde in § 6 Abs. 2 AAÜG i.d.F. des Ersten Gesetztes zur Änderung des AAÜG wie folgt definiert:

  • Mitglied, Kandidat oder Staatssekretär im Politbüro der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands,
  • Generalsekretär, Sekretär oder Abteilungsleiter des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie als Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit bis zur Ebene der Sektorenleiter oder als die jeweiligen Stellvertreter,
  • Erster oder Zweiter Sekretär der SED-Bezirks- oder Kreisleitung sowie Abteilungs- oder Referatsleiter für Sicherheit oder Abteilungsleiter für Staat und Recht,
  • Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter,
  • Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates, Vorsitzender des Staatsrats oder Vorsitzender des Ministerrats sowie als in diesen Ämtern ernannter Stellvertreter,
  • Staatsanwalt in den für vom Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit durchzuführenden Ermittlungsverfahren zuständigen Abteilung I der Bezirksstaatsanwaltschaften,
  • Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der DDR,
  • Mitglied der Bezirks- oder Kreis-Einsatzleitung und
  • Staatsanwalt oder Richter der I-A-Senate.

Diesen Personen ist als Verdienst höchstens der jeweilige Betrag der Anlage 5 des AAÜG zugrunde zu legen.

Literatur

Gerichtsentscheidungen

  • BVerfG, 1 BvL 11/94 vom 28.4.1999
  • BVerfG, 1 BvL 22/95 vom 28.4.1999
  • BVerfG, 1 BvL 32/95 vom 28.4.1999