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Coburger Bratwurst

Die Coburger Bratwurst ist eine traditionelle Spezialität in Coburg und naher Umgebung. Das Wurstbrät besteht aus Rind-, Kalb- und Schweinefleisch sowie verschiedenen Gewürzen. Eine nur für das Coburger Land geltende Ausnahmegenehmigung[1] erlaubt, dem Wurstbrät als Bindemittel Frischei oder pasteurisiertes Vollei zuzufügen[2]. Als weitere Besonderheit wird die Coburger Bratwurst auf einem Bandrost mit offenem Feuer aus Kiefernzapfen gebraten[3].

Geschichte

1498 soll aus dem ältesten Speisezettel des damaligen Coburger Georgenspitals hervorgehen, dass jedem Spitalinsassen zwei Bratwürste gegeben worden sind. Auch soll 1530 eine spezielle Bratwurst für die Verpflegung Martin Luthers und seiner Begleiter während ihres Aufenthalts in Coburg entwickelt worden sein. 1623 erließ Herzog Casimir Johann eine Steuerverordnung, in der er nebenbei auch den Höchstpreis und das Mindestgewicht einer Bratwurst festlegte. [4]

Keine dieser Schriftstücke enthält jedoch eine Rezeptur der ursprünglichen Coburger Bratwurst und kann deshalb nicht als Ersterwähnung gelten. Anders ist dies mit einem Brief des Komponisten Karl Friedrich Zelter, der in einem Gasthof am Coburger Marktplatz Unterkunft genommen hatte und am 10. Oktober 1827 an seinen Freund Johann Wolfgang von Goethe berichtete: Seit heute früh sechs Uhr werden hier vor meinem Fenster, auf dem Platz, auf zehn verschiedenen Feuern, Würste gebraten; sollte dies Blatt danach duften, so weißt Du, woher es kommt.[5][6] Der einheitliche Duft von zehn Wurstbratständen auf dem Marktplatz lässt Historiker auf eine damals bereits gemeinsame Rezeptur der Würste und Zubereitungsart auf offenem Feuer mit Kiefernzapfen schließen. Tatsächlich standen auf dem Marktplatz bis in die 1950er–Jahre täglich bis zu zehn Bratwurststände.[7]

„Bratwurstmännle“ auf dem Rathausgiebel

Coburger Bürger, die laut Zelters Brief von 1827 an die 10.000 Würste pro Woche verzehrten[8], interessierte aber weniger die Rezeptur als eine festgelegte Mindestlänge der Bratwurst. Sie fanden diese an der Figur des Stadtpatrons St. Mauritius, der auf dem Giebel der Rathausfassade über der Uhr steht. Sein Marschallstab, in Wirklichkeit eine Schriftrolle, sollte fortan als Bratwurstmaß gelten. Sie wollten damit verhindern, dass die Coburger Metzger die Bratwürste zu klein zu machten. Die Bürger nannten den Mauritius "Bratwurstmännle". Erst 1982 wurde das Maß genau ermittelt: Eine echte Coburger Bratwurst soll im Rohzustand mindestens 31 cm lang sein[9]. Historiker bezeichnen die Verbindung des Bratwurstmaßes mit dem Heiligen Mauritius allerdings als reine Erfindung der Bratwurströster/innen, die damit die Touristen-Frage bezüglich der enormen Länge der Bratwurst glaubhaft und mit Fingerzeig auf das "Bratwurstmännle" erklären wollten.[10] Kurz vor dem Ersten Weltkrieg protestierten die Bürger gegen den neuen Bratwurstpreis. Dieser sollte sich um einen Pfennig auf 13 Pfennig für die Semmel mit Bratwurst erhöhen.[11]

1982 besuchten der Schwedische König Carl XVI. Gustaf und seine Gemahlin Silvia die Stadt Coburg. Nach dem Empfang im Rathaus wurden dem Königspaar auf ihrem Weg zum Schloss Ehrenburg auf dem Markplatz Coburger Bratwürste frisch vom Rost zur Verkostung gereicht. [12]

Herstellung

Als Füllung der Coburger Bratwurst werden mindestens 15 % (üblich 20–25 %) entsehntes Rind- und/oder Kalbfleisch sowie leicht entfettetes Schweinefleisch grob gewolft. Der Masse werden Salz, Pfeffer, Muskat, Zitronenzeste und je nach Hersteller auch weitere Gewürze, aber kein Majoran, beigefügt. Als Bindemittel darf, durch eine einzig für das Coburger Land geltende Ausnahmegenehmigung geregelt (Leitsatz-Kennziffer 2.221.11), rohes Frischei oder, seit 2014 aus mikrobiologischen Gründen üblich, pasteurisiertes Vollei verwendet werden. Das Wurstbrät wird im so genannten "Schleiß" oder "Bändel", dem nicht von seiner Fettschicht befreiten Dünndarm des Schweins, abgedreht. Ein Kilogramm Fleisch ergibt dabei etwa 10–11 Bratwürste von je 31–32 cm Länge, die nicht gebrüht werden.[13][14]

Die rohe Wurst unterliegt der Hackfleisch-Verordnung, wird bei höchstens 4°C gelagert und muss spätestens am Tag der Herstellung (innerhalb 24 Stunden) durchgebraten werden. Üblicherweise geschieht dies auf einem Grillrost mit etwa 2 cm breiten Stahlbändern über offenem Feuer aus Kiefernzapfen, wobei der aufsteigende Rauch und aufzüngelnde Flammen entscheidenden Einfluss auf das Aroma der Wurst nehmen.[15][16] Die fertig gebratene, daumendicke Wurst ist durch Fettverlust auf etwa 25 cm geschrumpft. Sie wird entweder zum sofortigen Verzehr in einer halben, senkrecht (!) aufgeschnittenen Doppelsemmel serviert oder zum späteren Verkauf oder Versand kalt in Folie luftdicht eingeschweißt.[17] Als Mindesthaltbarkeit ist auf den Folien in der Regel ein Zeitraum von zwei Monaten angegeben.

Bratwurstdiskussion 2014

Grill für Coburger Bratwurst

Anfang 2014 wurden bei drei von der Lebensmittelaufsicht als Probe untersuchten Coburger Bratwürsten weit über den Grenzwert der EU liegende Benzo[a]pyren-Werte festgestellt. Benzo[a]pyren entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von organischen Stoffen, also auch beim Grillen und beim Räuchern und gilt als krebserregend. Für Geräuchertes galt bis 2005 ein Grenzwert von 1 µg (Mikrogramm, ein Millionstel Gramm) Benzo[a]pyren pro Kilogramm Fleisch. Im Zuge der EU-Vereinheitlichung von 2012 wurde dieser Grenzwert auf 5 µg angehoben. Seit September 2013 gilt er EU-weit nicht nur für Geräuchertes, sondern auch für Gegrilltes. Alle drei Coburger Proben überschritten den Grenzwert deutlich: Zwei Proben lagen bei 23 µg, eine bei 77 µg. Es drohte nach Bekanntgabe der Werte ab Mai 2014 ein Verbot des gewerblichen Verkaufs der Coburger Bratwurst unter Strafandrohung[18].

Dies löste unter Politikern, Bürgern und Bratwurstherstellern heftige Proteste, aber auch Bemühungen, die geforderten Grenzwerte zukünftig einzuhalten, aus. Örtliche[19] und überregionale[20] Presse berichteten ausgiebig bis Dezember 2014 über den Stand der Diskussionen und Lösungsmöglichkeiten.

Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der Landtagsabgeordnete Jürgen Heike und die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier setzten sich für den Erhalt der Coburger Spezialität und deren Zubereitungsart, dem Braten auf Kiefernzapfen, ein. Hohlmeier stellte eine Ausnahmegenehmigung auf Antrag in Aussicht[21]. Nur wer jeden Tag elf Bratwürste isst, die völlig schwarz sind, schädigt seine Gesundheit, stellte Hohlmeier fest. Demnach seien die Grenzwerte bei der traditionell gebratenen Bratwurst so niedrig, dass man sie vernachlässigen könne[22].

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sagte zu, einen solchen Ausnahmeantrag zu stellen[23]. Eine Entscheidung darüber steht z.Zt. noch aus.

Bratwurststände auf dem Coburger Marktplatz

Die Coburger Fleischerinnung hat zwischenzeitlich mit einigen Änderungen reagiert, um die Benzo[a]pyren-Werte zu verringert: Der Bratrost wurde um drei Zentimeter erhöht und der Abstand der Rostbänder verringert, um das Hochschlagen der Flammen auf das Grillgut zu vermeiden. Außerdem werden die Bratwürste nur noch auf Kiefernzapfen angebraten, danach auf Buchenholz fertig gegart.[24] An den Bratwurstständen wird ausdrücklich auf die Zubereitung auf Kiefernzapfenfeuer hingewiesen.

Literatur

Boseckert, Christian: Die Coburger Bratwurst, in: COBURG, Edition Bayern; Hrsg. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Haus der Bayerischen Geschichte; Augsburg 2013; S. 72-73; ISBN 978-3-7917-2504-8

Cerpnjak, Dorothea: Kleine Kulturgeschichte der Bratwurst - eine Lieblingsspeise erobert die Welt Kapitel: Coburger Bratwurst; Buchverlag für die Frau; Leipzig 2005; S. 35-36; ISBN 3-89798-132-7

Widmann, Werner A.: Das ist Coburg; Seewald Verlag GmbH & Co; Stuttgart 1983; S. 221-222; ISBN 3-512-00663-9

Einzelnachweise

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