Benutzer:Pyrrhocorax/Grundlagen des Messens

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Grundlagen

In DIN 1319 ist die Messung wie folgt definiert:

„Eine Messung ist das Ausführen von geplanten Tätigkeiten zu einer quantitativen Aussage über eine Messgröße durch Vergleich mit einer Einheit.“

DIN 1319

Die Messgröße ist eine physikalische Größe, also ein Merkmal eines physikalischen Objekts, das quantifiziert werden kann. Sie besitzt somit ähnliche Eigenschaften wie die Zahlen in der Mathematik. Insbesondere kann man Größen gleicher Art addieren und miteinander vergleichen und man kann eine Größe durch die Multiplikation mit eine Faktor vervielfachen. Man beachte, dass dies nicht für alle Eigenschaften von Objekten gilt. Der Geruch eines Stoffes erfüllt diese Kriterien beispielsweise nicht. Daher ist er auch keine messbare Eigenschaft und kann nicht durch eine physikalische Größe beschrieben werden.

Wird nicht ein zahlenmäßiger Wert einer Größe bestimmt, sondern nur ermittelt, ob ein Objekt ein bestimmtes Kriterium erfüllt oder nicht, so spricht man nicht von Messen, sondern von Prüfen. Beispielsweise prüft ein Durchgangsprüfer, ob eine leitende Verbindung zwischen zwei Punkten besteht, während ein Widerstandsmessgerät misst, wie sehr der elektrische Strom durch den elektrischen Widerstand zwischen zwei Punkten behindert wird.

Um eine Messung durchführen zu können, müssen drei Aspekte der Messgröße klar definiert sein: Einheit, Gleichheit und Vielfachheit.[1]

  • Gleichheit: Woran erkennt man, dass zwei Größen gleicher Art einander gleich sind? Bei manchen Größen ist diese Frage trivial: Zwei Körper sind gleich lang, wenn man sie so aneinanderlegen kann, dass die Enden jeweils übereinstimmen. Zwei Massen sind gleich groß, wenn sich keine Schale der Balkenwaage senkt. Schwieriger ist es zu definieren, wann zwei Körper die gleiche Temperatur haben. Hier kann man sagen, dass sie die gleiche Temperatur haben, wenn sie sich im thermischen Gleichgewicht befinden. Meistens ist nach der Definition der Gleichheit auch klar, welche von zwei unterschiedlichen Größen „größer“ bzw. „kleiner“ ist.
  • Einheit: Um einer Größe einen Wert zuordnen zu können, muss man definieren, was eine ein-fache Menge dieser Größe ist. Im Prinzip kann man dies willkürlich festlegen. So war beispielsweise die Einheit der Masse (das Kilogramm) bis 2019 durch einen Metallzylinder in Paris, genannt „Urkilogramm“, definiert. Man war jedoch seit der Einführung des metrischen Systems bestrebt, von solcherlei Willkürlichkeiten wegzukommen. Heute sind alle Einheiten physikalischer Größen im internationalen Einheitensystem (SI) durch Naturkonstanten festgelegt. Das SI basiert auf sieben Basiseinheiten (Meter für Längen, Sekunde für Zeiten, Kilogramm für Massen, Ampere für Stromstärken, Kelvin für Temperaturen, Mol für Stoffmengen und Candela für Lichtstärken). Alle anderen Einheiten, die so genannten abgeleiteten Einheiten, lassen sich durch diese Basiseinheiten ausdrücken, und zwar als Produkt von Potenzen der Basiseinheiten. So kann die Einheit der Kraft (Newton) auch geschrieben werden als .
  • Vielfachheit: Schließlich muss festgelegt sein, wie man das Vielfache einer Größe realisiert. Beispielsweise erreicht man die doppelte, dreifache, ... Länge, indem man zwei, drei, ... gleich lange Maßstäbe aneinander reiht.

Sind diese drei Aspekte genau festgelegt, so ist die Größe messbar. Die Messgröße kann nun (zumindest prinzipiell) mit der Einheit verglichen und als Vielfaches von ihr dargestellt werden. Der Messwert ist also immer das Produkt aus einer rationalen Zahl (der Maßzahl) und einer Einheit. Die Maßzahl alleine (ohne Einheit) hat keinerlei Aussagekraft über den Wert der Größe und erhält erst durch die Angabe der Einheit ihre Bedeutung.

Nur in den aller wenigsten Fällen kann man aber die Messgröße direkt mit der Maßeinheit vergleichen. Dies gelingt vielleicht bei der Längenmessung durch das Anlegen eines Lineals an einen Gegenstand oder bei der Masse durch die Verwendung einer Balkenwaage. Meistens misst man jedoch eine oder mehrere andere, messtechnisch eher zugängliche Größen, die aufgrund eines bekannten physikalischen Effekts mit der Messgröße zusammenhängen, wenn sich jene einer direkten Messung entzieht. Ein bekanntes Beispiel ist das Flüssigkeitsthermometer zur Temperaturbestimmung. Es nutzt aus, dass sich Flüssigkeiten bei einer Zunahme der Temperatur meist ausdehnen. Wenn man also die Länge der Flüssigkeitssäule in einem Steigrohr mit konstantem Querschnitt misst, kann man daraus auf die Temperatur rückschließen. Ist der Zusammenhang linear (beim Flüssigkeitsthermometer ist das in guter Näherung der Fall), dann genügt es, wenn man zwei Fixpunkte kennt, um eine Skala anzubringen. In vielen Fällen ist der Zusammenhang jedoch nichtlinear. Dann muss vor der eigentlichen Messung eine große Zahl von Referenzmessungen durchgeführt werden, um jedem Anzeigewert einen Wert der Messgröße zuordnen zu können. Dieser Zusammenhang kann in Form einer Eichkurve dargestellt werden.

Weiterhin ist zu unterscheiden, ob das verwendete Messgerät analog oder digital arbeitet. Bei einer analogen Messung wird der Messwert durch eine stufenlose Verarbeitung des Messsignals ermittelt, bei einer digitalen Messung durch eine stufenweise Verarbeitung (DIN 1319-2).

  • Bei einer analogen Messung wird häufig eine Zwischengröße Strecke oder Winkel erzeugt, so dass der Messwert an einer Skale mit angepasster Skalenteilung abgelesen werden kann. Dabei folgt die Anzeige der Messgröße kontinuierlich. Auch Sensoren, die die Messgröße in einen Spannungspegel oder einen Widerstandswert umsetzen, zählen zu den analogen Messwerten.
  • Bei einer digitalen Messung wird häufig eine schrittweise einstellbare oder durch Zählung bestimmbare Zwischengröße erzeugt, so dass der Messwert aufgrund der Schrittposition oder des Zählerstandes an einer Ziffernanzeige abgelesen werden kann. Der Wertebereich einer digitalen Messung ist beschränkt, weil nur diskrete Werte möglich sind. Die Anzeige bzw. Übertragung des Messwerts erfolgt diskontinuierlich, das heißt zeitlich getaktet.

Durch die „Verwendung zählender Messgeräte wird in der Messtechnik zunehmend Zählen als besondere Art des Messens verwendet“ (DIN 1319-1).

Zu einer ausführlicheren Gegenüberstellung dieser beiden Messmethoden siehe Digitale Messtechnik.

Der erhaltene Messwert weicht mehr oder weniger stark vom wahren Wert der Größe ab. Den Unterschied zwischen diesen beiden Werten, nennt man Messabweichung. Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen. Generell unterscheidet man

  • Zufällige Abweichungen (auch: statistische Abweichungen). Die Messwerte streuen stets zufällig um einen gemeinsamen Mittelwert. Bei genügend vielen Messungen sollte dieser Mittelwert mit dem wahren Wert der Größe übereinstimmen. Durch zufällige Abweichungen wird die Messung zwar weniger „sicher“, bleibt aber dennoch „richtig“. Eine mögliche Ursache dafür ist das stets begrenzte Auflösungsvermögen des Messgeräts. Man kann zwar die statistischen Abweichungen durch präzises Arbeiten verringern. Ganz ausschließen kann man diesen Effekt jedoch nie. Deshalb ist es notwendig, Messungen unbekannter Größen vielfach zu wiederholen, um eine statistisch besser fundierte Aussage über den Mittelwert machen zu können.
  • Systematische Abweichungen. Diese führen dazu, dass der Messwert stets größer beziehungsweise kleiner als der wahre Wert der Messgröße ist. Irgendeine Ursache sorgt dafür, dass die Messung mehr oder weniger stark gestört wird. Dadurch wird dass Messergebnis auch bei ansonsten präziser Messung weniger „richtig“. Man ist daher bestrebt, systematische Abweichungen möglichst ausschließen zu können. Man erreicht dies durch besondere Sorgfalt bei der Durchführung der Messung (z. B. Messung von Lichtphänomenen in einem abgedunkelten Raum), durch Kalibrierung des Messgeräts vor der Messung und durch Berücksichtigung der Störeinflüsse bei der anschließenden Auswertung.

Da sich vor allem die zufällige Messabweichung nie vollkommen ausschließen lässt, werden Messungen in der Praxis oft vielfach wiederholt. Die Ursachen für die Schwankungen zwischen den einzelnen Messwerten sind in der Regel nicht bekannt. Man fasst die Gesamtheit der Einzelmessungen daher durch ihren Mittelwert zusammen und nimmt ihn als „Schätzwert“ für den wahren Wert der Messgröße. Je nach Präzision der Messung ist die Streuung der Einzelwerte unterschiedlich groß. Es ist also wichtig, am Ende nicht nur den erhaltenen Mittelwert anzugeben, sondern auch die Unsicherheit, die diesem Messergebnis anhaftet. (siehe Fehlerrechnung)

  1. „Begriffe und Größen in der Physik“, Arbeitsgruppe Fachdidaktik der Fakultät Physik, Uni Regensburg, pdf