Benutzer:Rainer Lewalter/Nationalchoral

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Melodie und Text der ersten Strophe

(Hier noch verschiedene Versionen der Melodie, melodische Varianten seit 18.Jh., rhythmische Glättung seit dem 19. Jh., im neuen EKG wieder zus. mit Crüger-Rhythmisierung [Halbe-Auftakt auf "Nun...], rhythm typo in Crüger b.5/bass system (semiquaver))

in der Praxis Pietatis Melica 1653

Nun danket alle Gott ist der Titel eines von dem protestantischen Eilenburger Geistlichen Martin Rinckart (1586–1649) verfassten Chorals. Es zählt zu den bekanntesten geistlichen Liedern in deutscher Sprache.

Geschichte und Rezeption

Der Text Nun danket alle Gott erschien erstmals 1636 in Rinckarts Jesu Hertz-Büchlein.[1] veröffentlicht, wo er unter der Rubrik „Tisch-Gebetlein“ aufgeführt ist.[2] Die Melodie, die gleichfalls von Rinckart stammt, wurde erst 1647 zusammen mit dem Text in Johann Crügers Gesangbuch Praxis pietatis melica[3] in gedruckter Form veröffentlicht. Die drei Strophen wurden zu dieser Zeit entweder selbständig als Tischgebet oder zusammen mit der Melodie als „Lied zu Tisch“ vorgetragen. Eine traditionell oft vermutete Verbindung zum hundertjährigen Jubiläum der Confessio Augustana (1630) erschließt sich dagegen aus dem Text selbst nicht und gilt als historisch fragwürdig.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gehörte das Lied bereits zum festen Bestand vieler bedeutender evangelischer Kirchengesangbücher in Deutschland. Berühmt wurde es im 18. Jahrhundert in Anlehnung an die Schlacht von Leuthen als „Choral von Leuthen“. In der Nähe des niederschlesischen Ortes Leuthen besiegte am 5. Dezember 1757 die preußische Armee unter Friedrich II. die Österreicher im Siebenjährigen Krieg. Am Abend nach der Schlacht sollen 25.000 Soldaten spontan das Lied angestimmt haben, das in der Folgezeit zunächst in Preußen, später in ganz Deutschland zu einer beliebten vaterländischen Hymne avancierte.

Eine ungewöhnliche und wesentlich ambivalentere Rolle spielt Nun danket alle Gott in Börries Freiherr von Münchhausens Ballade Der Todspieler von 1903, in der ein evangelischer Pastor auf tragische, unerklärliche Weise durch sein besonders inspiriertes Spiel des Chorals nach und nach den Tod seiner Frau und zweier seiner drei Söhne verschuldet.[4]

Der Choral wurde auch 1955 im Grenzdurchgangslager Friedland nach Ankunft der offiziell letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, deren Heimkehr Bundeskanzler Konrad Adenauer erwirkt hatte, angestimmt.

Das Lied erfuhr zahlreiche musikalische Bearbeitungen, unter anderem durch Johann Christoph Altnikol, Johann Pachelbel, Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach (BWV 79, 192, 252, 386, 657 sowie mehrere Fragmente), Felix Mendelssohn Bartholdy (2. Sinfonie), Franz Liszt und Max Reger. Es ist im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 321 verzeichnet (EG 321). Im katholischen Gesangbuch Gotteslob ist es unter Nummer 266 (GL 266), im Mennonitischen Gesangbuch unter Nummer 53 (MG 53) und im Neuapostolischen Gesangbuch unter Nummer 256 (NG 256) zu finden. Durch Übersetzungen in viele Sprachen, beispielsweise durch Catherine Winkworth ins Englische, ist es auch über Deutschland hinaus verbreitet.

Text

Der Text stellt die dichterische Umsetzung des apokryphen Textes Jesus Sirach, 50,22−24, dar. Dabei liegt in Text und Verszählung die Lutherübersetzung zugrunde:[5]

22Nun danket alle Gott, der große Dinge tut an allen Enden, der uns von Mutterleib an lebendig erhält und uns alles Gute tut. 23Er gebe uns ein fröhliches Herz und verleihe immerdar Frieden zu unsrer Zeit in Israel 24und dass seine Gnade stets bei uns bleibe und uns erlöse, solange wir leben.“

Das Lied besteht aus drei Strophen, der Text lautet:

Originaltext[6] Heutige Textfassung[7]

Nun dancket alle Gott
Mit Hertzen Mund vnd Händen
Der grosse Dinge thut
An vns vnd aller Enden
Der vns von Mutter Leib
Vnd Kindes Beinen an
Vnzehlig viel zu gut
Vnd noch j[e]tzund gethan.

Der ewig reiche Gott
Woll vns auff vnser Leben
Ein jmmer frölich Hertz
Vnd edlen Frieden geben:
Vnd vns in seiner Gnad
Erhalten fort vnd fort
Vnd uns aus aller Noth
Erlösen hier vnd dort.

Lob / Ehr v[n]d Preis sey Gott
Dem Vater vnd dem Sohne
Vnd dem der beyden gleich
Im höchsten Himmels Throne:
Dem dreymal einen Gott
Als Er vrsprünglich war
Vnd ist / vnd bleiben wird
Jetzund vnd jmmerdar.

Nun danket alle Gott
mit Herzen, Mund und Händen.
Der große Dinge tut
an uns und allen Enden,
Der uns von Mutterleib
und Kindesbeinen an
Unzählig viel zu gut
bis hierher hat getan.

Der ewig reiche Gott
woll uns in unserm Leben
Ein immer fröhlich Herz
und edlen Frieden geben
Und uns in seiner Gnad
erhalten fort und fort
Und uns aus aller Not
erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott,
dem Vater und dem Sohne
Und Gott, dem Heilgen Geist
im höchsten Himmelsthrone,
ihm, dem dreieinen Gott,
wie es im Anfang war
Und ist und bleiben wird
so jetzt und immerdar.

Die Originalfassung Rinckarts wurde mit geringeren Abweichungen bis ins 20. Jahrhundert hinein gesungen und fand sich im bis 1993/96 verwendeten Evangelischen Kirchengesangbuch. Die heute gebräuchliche Fassung ist eine textlich modernisierte und in der dritten Strophe zudem vereinfachte Variante.

Bibelstelle Ecclesiasticus

Ist der überhaupt in der Luther-Übersetzung dabei? Wenn nicht, wie kommt Rinckart an einen dt. Text der Stelle?

DVA Freiburg

Aufsatz M. Fischer: [[1]] 1. Str. mehr oder weniger original V.22, 2. Str. Paraphrase, 3. Kleine Doxologie

Text Rinckart: [[2]]

Praxis Pietatis Melica: [[3]]

Mail Fischer zwecks Ausschlachtung:

Sehr geehrter Herr Lewalter,

Sie stellen die richtigen Fragen, ohne Zweifel, ich kann diese allerdings auch nicht beantworten. Zu "Nun danket alle Gott" gibt es natürlich genug Literatur, etwa den Aufsatz von Bernhad R. Kroener im Sammelband "Gott mit uns" (Krumeich / Lehmann 2000) und diverse hymnologische Kommentare. Ich nehme an, das kennen Sie, sie ist ja auch in meinem Beitrag im Liederlexikon angegeben. Es gibt die Tendenz, die Verfasser / Herausgeber von herausragenden Bücher (wie Praxis Pietatis Melica) automatisch als Autoren der einzelnen Produkte auszugeben, das ist natürlich nicht immer zutreffend bzw. oft nicht nachzuweisen. Wie es sich im konkreten Fall verhält, müsste man anhand der Quellen und der Spezialliteratur herausfinden. Warum das EG "Rinckart" als Melodieautor angibt, erschließt sich mir nicht. Im neuen "Gotteslob" (2013) wird das korrigiert und als Melodiequelle "nach Johann Crüger [1647] 1653" angegeben. Bei uns im DVA gibt es eine kleine Lieddokumentationsmappe, Parodien in Liederbüchern muss man heraussuchen. Sie können relativ einfach durch Google Books Suchanfragen starten und auf bestimmte Zeiträume eingrenzen, das sollte man ergänzend immer tun. Ich glaube schon, dass Sie bei uns was finden, wenn Sie von Berlin anreisen würde ich auch einen Halt in Mainz einplanen (Gesangbucharchiv der Universität). Rufen Sie mich gerne an, wenn ich Ihnen noch irgendwie weiterhelfen kann. Es grüßt freundlich

Michael Fischer

Stationen in der dt. Ereignisgeschichte

  • Westfälischer Friede 1648
„TM 321 ist 1630 als Tischlied entstanden, bevor es 1648 zum großen Dank-Choral für den Friedensschluß wurde“ (EKG S.957 Liederkunde, Eintrag Rinckart), erscheint mir aufgrund der auch sonst wackeligen Daten (woher kommt das Entstehungsjahr 1630?) und der späten Erstveröffentlichung der Melodie 1647 nicht besonders plausibel. Welche zeitgenössische Quelle bezeugt das? Die Katholen werden anders Dank gesungen haben. Nachgereichte Legende des 19. Jh.?
  • Leuthen 1757

Wilhelm Camphausen https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Choral_von_Leuthen.jpg

  • Befreiungskriege 1813/14
Leipziger Kommersbuch 1822
  • Königgrätz 1866/Sedan 1870
s.a. Sedantag
  • Tag von Potsdam 21. März 1933
[[4]]
Viktor Ullmann: 7. Klaviersonate = Particell der 2. Sinfonie, 5. Satz Thema, Variationen und Fuge über ein hebräisches Volkslied (!), YouTube [5]
  • Friedland 1955
[[6]]
  • 1989/90
Kempowski? Brandenburger Tor?

FB Gotha

Druckschriftenabteilung Dr. Wolfgang Runschke 0361/7375551

(T 30.10.2013)

Stabi

Dr. Martina Rebmann Tel. 266435200 martina.rebmann@sbb.spk-berlin.de (@ 31.10.2013)

Jean-Christophe Gero jean.christophe.gero@sbb.spk-berlin.de> Di 05 Nov 2013 12:27:56 CET


Ich kann Sie darüber hinaus auf einige Bestände bei uns hinweisen. In der Datenbank von RISM sind einige Handschriften nachgewiesen:

http://opac.rism.info/index.php?id=6&no_cache=1&tx_bsbsearch_pi1%5Bsmode%5D=advanced&tx_bsbsearch_pi1%5Bfield%5D%5B0%5D=any_field&tx_bsbsearch_pi1%5Bfield%5D%5B1%5D=sauthor&tx_bsbsearch_pi1%5Bfield%5D%5B2%5D=ssiglum&tx_bsbsearch_pi1%5Bquery%5D%5B0%5D=NUn%20danket%20alle%20Gott&tx_bsbsearch_pi1%5Bquery%5D%5B2%5D=D-B&tx_bsbsearch_pi1%5Bsubmit_button%5D=Suche&tx_bsbsearch_pi1%5Boffset%5D=0

Von RISM in München werden derzeit auch Handschriften des Liedforschers und Sammlers Ludwig Erk katalogisiert. Ich weiß allerdings nicht, wann die Katalogisate im RISM-OPAC sichtbar sein werden. Sein Nachlass wird hier ebenfalls verwahrt. Weitere Informationen finden Sie in der Nachlassdatenbank Kalliope.

Ebenso im Stabikat:

http://stabikat.de/DB=1/SET=1/TTL=25/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=Nun+danket+alle+Gott

Digitalisiert sind folgende Bestände einsehbar:

http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/dms/suche/?formquery0=Nun+danket+alle+Gott&checkall=on&DC%5B%5D=historische.drucke&DC%5B%5D=vd18.digital&DC%5B%5D=einblattmaterialien&DC%5B%5D=inkunabeln&DC%5B%5D=kinder.und.jugendb%C3%BCcher&DC%5B%5D=handschriften&DC%5B%5D=nachl%C3%A4sse.und.autographe&DC%5B%5D=orientalische.handschriften&DC%5B%5D=karten&DC%5B%5D=musiknoten&DC%5B%5D=musikdrucke&DC%5B%5D=musikhandschriften&DC%5B%5D=schl%C3%BCsselseiten&DC%5B%5D=portr%C3%A4ts&DC%5B%5D=allgemeines.wissenschaftskunde.literaturgeschichte&DC%5B%5D=theologie&DC%5B%5D=politik.staat.gesellschaft.wirtschaft&DC%5B%5D=rechtswissenschaft&DC%5B%5D=milit%C3%A4rwesen&DC%5B%5D=medizin&DC%5B%5D=naturwissenschaften.mathematik&DC%5B%5D=arch%C3%A4ologie&DC%5B%5D=aberglaube.mystische.philosophie&DC%5B%5D=p%C3%A4dagogik&DC%5B%5D=philosophie.psychologie&DC%5B%5D=kunst&DC%5B%5D=musik&DC%5B%5D=architektur.technik&DC%5B%5D=landwirtschaft&DC%5B%5D=geschichte.ethnographie.geographie&DC%5B%5D=krieg.1914.1918&DC%5B%5D=sprachen.literaturen&DC%5B%5D=ostasiatica&DC%5B%5D=japonica&DC%5B%5D=mandschurica&DC%5B%5D=sinica&DC%5B%5D=tibetica

Was die Instrumentalisierung des Chorals im Ersten Weltkrieg betrifft, finden Sie einige digitalisierten Objekte innerhalb des Europeana-Projekts:

http://www.europeana.eu/portal/search.html?query=Nun+danket+alle+Gott&rows=24

Wir besitzen hier eine sehr umfangreiche Kriegssammlung von Notendrucke mit Feldliedern und Soldatenlieder. Hier könnte man sicherlich auch den Titel „Nun danket alle Gott“ finden.

Für die NS-Zeit ist vielleicht der Nachlass von Hans Joachim Moser (N.Mus.Nachl. 31) aufschlussreich, der sich in Aufsätzen mit dem protestantischen und „völkischem“ Liedgut auseinandersetzt. Maschinenschriftliche Listen sind hier verfügbar. Zunächst hilft Ihnen auch ein Blick in Kalliope weiter.

Mainz

Außerhalb Deutschlands, Parerga & Paralipomena

  • Tyska kirka Stockholm --> hier auch mal zum Thema Glockenspiele?
  • Catherine Winkworth.
  • Jannes Hymn Stories [[7]], lustig, aber ziemlich viel Schmu
  • Zapfenstreich

Belletristik, Parodien etc.

Nun danket alle Gott
Der uns den Hitler sandte
Der aufräumt mit dem Schutt
Im ganzen deutschen Lande.

[8]

  1. Martin Rinckart: Jesu Hertz-Büchlein. Leipzig 1636
  2. Wolfgang Herbst (Hrsg.): Wer ist wer im Gesangbuch?, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-50323-7, S. 255f.
  3. Johann Crüger: Praxis pietatis melica. Berlin, ab 1647
  4. in: Wulf Segebrecht (Hrsg.): Deutsche Balladen. Gedichte, die dramatische Geschichten erzählen, Carl Hanser, München 2012, S.287ff. ISBN 978-3-446-23995-1
  5. Vgl. in der Gute Nachricht Bibel sowie in der Einheitsübersetzung Sir 50,22−24 EU.
  6. NVn dancket alle Gott (Martin Rinckart 1636); In: Eckhard John (Hrsg.): Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchivs; Textfassung nach Martin Rinckart: JESV-Hertz-Büchlein darinen lauter Bernhardinische und Christ Lutherische Jubel-Hertz-Frewden gesamlet. Leipzig 1636.
  7. Nach der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut (AöL), so zum Beispiel unter EG 321.