Benutzer:RaphaelBerger/Rheinfelden-Pferrichgraben
Rheinfelden-Pferrichgraben ist ein spätantiker Wachturm des Donau-Iller-Rhein-Limes. Er wurde in valentinianischer Zeit (365-371 n. Chr.) erbaut und gehört zu einer ganzen Rheine von Wachtürmen am Hochrhein. Die Fundstelle wurde 1900 entdeckt und liegt auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Rheinfelden im Kanton Aargau.
Lage
Koordinaten: 47° 34′ 28,5″ N, 7° 48′ 56,5″ O; CH1903: 628372 / 269388
Der Wachturm Rheinfelden-Pferrichgraben liegt am linken Rheinufer ca. 3 km vor der Stadt Rheinfelden. In der Spätantike war die Rheinschlaufe vor Rheinfelden mit acht Wachtürmen befestigt, wobei der Pferrichgraben der unterste ist. Der nächst gelegene Turm rheinaufwärts war Rheinfelden-Heimeholz, ein Turm der Anfang des 20 Jh. n. Chr. in den Rhein abgerutscht ist. Rheinabwärts wird ein weiterer Wachturm im Bereich der Stadt Rheinfelden erwartet.[1] Dieser konnte bisher aber noch nicht gefunden werden. Die Ruine steht auf der Niederterrasse des Rheins ungefähr 25 m über dem heutigen Flusslauf.
Forschungsgeschichte
Im Jahr 1900 wurde der Wachturm vom Pfarrer Sebastian Burkart entdeckt und 1902 zum ersten Mal untersucht. Das Mauerwerk sei damals in einem derart guten Zustand gewesen, dass die Mauern nicht konserviert werden mussten.[2]
1910 untersuchte Karl Stehlin den Turm weiter. Dabei wurden Teile des Turms ausgegraben und mit Sondierschnitten in der Umgebung nach einem Graben gesucht. Ein solcher konnte aber nur auf der Nordseite des Turm gefunden und als Sohlgraben identifiziert werden. Von der vermuteten Palisade fanden sich keine Spuren.[3]
Die letzte Grabung wurde 1938 von der Fricktalisch-Badische-Vereinigung für Heimatkunde durchgeführt, jedoch ohne Kenntnisse von den Grabungen Stehlins. Der Turm wurde vollständig freigelegt, stellenweise bis unter das Fundament, und im Umfeld weitere Sondierungen angelegt. Zur Dokumentation wurden Fotos gemacht und Zeichnungen von den Mauern erstellt.[4] Der Graben auf der Nordseite wurde vollständig ausgegraben und darin eine Kalkbrennanlage und ein Steindepot gefunden. Vermutlich wurde die Ruine des Turmes in nachrömischer Zeit zum Teil zu Brandkalk verarbeitet. Im Anschluss an die Grabung wurden das Mauerwerk konserviert. Dafür wurden beschädigte Stellen entfernt und überall mehrere Steinlagen aufgemauert. Zu oberst wurde eine Schicht Asphalt aufgebracht und mit Kalksteinplatten abgedeckt. Diese Schicht sollte die Mauern von eindringendem Regenwasser schützen und führte dazu, dass der Turm heute immer noch in einem sehr guten Zustand ist. Nach der Konservierung wurde die Fundstelle unter kantonalen und eidgenössischen Denkmalschutz gestellt.[5]
Im Jahr 1974 wurden beschädigte Stellen erneut ausgebessert.[6]
Das Fundmaterial wurde von Margrit Balmer im Rahmen einer unpublizierten Lizenziatsarbeit an der Universität Bern bearbeitet.[7]
Die letzte umfassende Untersuchung und Sanierung wurde 2017 von der Vindonissa Professur und der Kantonsarchäologie Aargau gemeinsam durchgeführt. Die beschädigten Stellen wurden ausgebessert und alle Arbeitsschritte fotografisch und zeichnerisch dokumentiert.[8][9]
Bauweise
Der Turm ist mit ca. 11 Metern Seitenlänge eher schlank gebaut und weist einen rhombischen Grundriss auf. Beim Bau hat man diese Abweichung um 1° korrigiert, weshalb zwischen dem Fundament und dem aufgehenden Mauerwerk ein unregelmässig breiter Fundamentvorsprung vorliegt. Das aufgehende Mauerwerk ist eine zweischalige Mauer mit Mauerkern. Es besteht aus einem unteren antiken und einem oberen, modern ergänzten Teil. Die beiden Teile sind in den Mauerschalen von einer Lage Eternitplatten voneinander getrennt. Diese besteht heute ausschliesslich aus handlichen Kalksteinquadern. Wie Funde und alte Berichte aber belegen, wurden im oberen Bereich des Turms auch einzelne Tuffsteine eingebaut. Im Mauerkern wurden abwechslungsweise Kieselwacken und flache Kalkbruchsteine aufeinander geschichtet und anschliessend mit opus caementitium übergossen. Auch das ungefähr 1 Meter tiefe Fundament besteht aus Kieselwacken, wenigen Kalkbruchsteinen und opus caementitium. Eine Eigenart der Bauweise, die sich auch bei anderen Befestigung dieser Zeit findet, ist die Verwendung eines Balkenrostes im Mauerwerk. Es wurden Holzbalken, sowohl in Längs- als auch in Querrichtung zur Mauer, direkt auf den noch weichen Mörtel verlegt und anschliessend darüber weiter gemauert. Heute sind von den Holzbalken nur noch Hohlräume vorhanden. Die Funktion dieser Bauweise ist nicht ganz sicher und es stehen verschieden Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder wollte man mit der Verwendung von Holz Brandkalk sparen oder die Hölzer sollten zu einem gleichmässigeren Aushärten der Mörtels beitragen und so der Rissbildung vorbeugen. Die letzte Möglichkeit ist, dass man die Stabilität der Mauern, ähnlich wie bei modernen Eisenarmierungen, verbessern wollte.[10]
Ob der heutige Eingang dem antiken entspricht, ist nicht ganz sicher. Es gibt aber gute Gründe dies anzunehmen.[11]
Literatur
- Margrit Balmer: Die spätrömischen Kleinbefestigungen am Hochrhein zwischen Augst und Koblenz. Unpubl. Lizenziatsarbeit am Institut für Urgeschichte und Archäologie der römischen Provinzen der Universität Bern 1996, S. 12-19, Tafeln 2-3.
- Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Fundbericht Rheinfelden AG, Pferrichgraben. In: Jahrbuch Archäologie Schweiz 100, 2017, S. 242.
- Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Neue Forschungen zum spätantiken Hochrhein-Limes im Kanton Aargau III. Der Wachturm Rheinfelden-Pferrichgraben und andere spätantike Wehranlagen auf dem Gemeindegebiet von Rheinfelden. In: Jahresbericht der Gesellschaft Pro Vindonissa 2018, 2019, 63-94 (PDF-Datei; 41.2 MB).
- Sebastian Burkart: Die römischen Befestigungen am Rhein von Mumpf bis Kaiseraugst. Der Römerturm am Pferrichgraben. In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde Neue Folge 5, 1903-1904, S. 256-267, insbesondere 263-267 ([PDF-Datei; 6 MB]).
- Walter Drack: Die spätrömische Grenzwehr am Hochrhein (=Archäologischer Führer der Schweiz 13). 2. überarbeitete Auflage, Basel 1993.
- Jakob Heierli: Über das römische Grenzwehr-System am Schweizer-Rhein. In: Jahresbericht der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft in Zürich 5, 1904-1905, S. 56-57 ([PDF-Datei; 25.4 MB].
- Fundmeldung im Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte 31, 1939, S. 102 ([PDF-Datei; 21.3 MB]).
- Fundmeldung im Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte 32, 1940-1941, S. 148-150.
- Ferdinand Keller: Die römischen Warten, Speculae, längs des linken Rheinufers vom Bodensee bis Basel. In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde 1, 1871, S. 237-249.
- Anton Senti, Albert Matter: Die Untersuchung und Konservierung der Römerwarte am Pferrichgraben bei Rheinfelden. In: Vom Jura zum Schwarzwald 3, 1940, S. 70-81.
- Karl Stehlin: Die spätrömischen Wachtürme am Rhein von Basel bis zum Bodensee (=Schriften zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz 10). Bearbeitet von Victorine von Gonzenbach. Basel 1957, S. 23-34.
Einzelnachweise
- ↑ Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Neue Forschungen zum spätantiken Hochrhein-Limes im Kanton Aargau III. Der Wachtturm Rheinfelden Pferrichgraben. In: Jahresbericht der Gesellschaft Pro Vindonissa 2017. 2018, S. Exkurs 2.
- ↑ Sebastian Burkart: Die römischen Befestigungen am Rhein von Mumpf bis Kaiseraugst. Der Römerturm am Pferrichgraben. In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde Neue Folge. Nr. 5, 1904, S. 267.
- ↑ Karl Stehlin: Die spätrömischen Wachtürme am Rhein von Basel bis zum Bodensee (=Schriften zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz 10). Bearbeitet von Victorine von Gonzenbach. Basel 1957, S. 23-34.
- ↑ Die Originaldokumentation befindet sich in der Graphischen Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek.
- ↑ Anton Senti, Albert Matter: Die Untersuchung und Konservierung der Römerwarte am Pferrichgraben bei Rheinfelden. In: Vom Jura zum Schwarzwald 3, 1940, S. 70-81.
- ↑ Akten der Kantonsarchäologie Aargau.
- ↑ Margrit Balmer: Die spätrömischen Kleinbefestigungen am Hochrhein zwischen Augst und Koblenz. Unpubl. Lizenziatsarbeit am Institut für Urgeschichte und Archäologie der römischen Provinzen der Universität Bern 1996, S. 12-19, Tafeln 2-3.
- ↑ Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Fundbericht Rheinfelden AG, Pferrichgraben. In: Jahrbuch Archäologie Schweiz 100, 2017, S. 242.
- ↑ Umfassende Zusammenstellung bei Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Neue Forschungen zum spätantiken Hochrhein-Limes im Kanton Aargau III. Der Wachtturm Rheinfelden-Pferrichgraben. In: Jahresbericht der Gesellschaft Pro Vindonissa 2017, 2018, in Vorbereitung.
- ↑ Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Neue Forschungen zum spätantiken Hochrhein-Limes im Kanton Aargau III. Der Wachtturm Rheinfelden-Pferrichgraben. In: Jahresbericht der Gesellschaft Pro Vindonissa 2017, 2018, in Vorbereitung.
- ↑ Diskussion bei Raphael Berger, Peter-Andrew Schwarz: Neue Forschungen zum spätantiken Hochrhein-Limes im Kanton Aargau III. Der Wachtturm Rheinfelden-Pferrichgraben. In: Jahresbericht der Gesellschaft Pro Vindonissa 2017, 2018, in Vorbereitung.