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Der politische Status der Arktis ist bis heute ungeklärt. Nach dem Seerechtsübereinkommen (SRÜ) der Vereinten Nationen von 1982 haben Staaten mit ozeanischer Küste das Recht auf begrenzte Kontrolle der Wasserfläche bis zu einer Entfernung von 200 sm (370 km) von der Basis-Küstenlinie (sogenannte Ausschließliche Wirtschaftszone)[1]. Das bedeutet, dass die fünf Anrainerstaaten des Nordpolarmeers mit Gebiet nördlich des Polarkreises, Norwegen, Dänemark, Russland, die USA sowie Kanada, territoriale Ansprüche auf Teile des Nordpolarmeeres erheben dürfen. Der (geographische) Nordpol und das ihn bis zu einer Entfernung von mindestens 300 km umgebende Gebiet sind aber so weit vom Festland entfernt, dass sie nach derzeitigem Recht nicht im Besitz eines Staates sind. Allerdings hat jeder Staat die Möglichkeit, innerhalb von 10 Jahren nach Ratifizierung des SRÜ unter bestimmten Bedingungen eine Ausweitung seines Kontinentalschelfs und somit seiner Kontrolle auf mehr als 200 sm Entfernung vom Festland zu beantragen[2].

Aufgrund dieser Regelung beantragten bisher Norwegen (SRÜ ratifiziert 1996), Russland (1997), Kanada (2003) und Dänemark (2004)[3] eine solche Ausweitung ihres Gebietes.

Situation im 20. Jahrhundert

Vorgeschlagene Sektorenaufteilung der Arktis

1925 erweiterte Kanada als erster Staat seine Grenzen nach Norden zum Pol hin. Der Anspruch auf den Meeressektor zwischen 60° w. L. und 141° w. L. wurde aber international nicht anerkannt (der kürzeste Abstand zwischen kanadischem Land und dem Nordpol beträgt knapp 770 km). Dennoch folgten andere Staaten dem kanadischen Beispiel und beanspruchten jeweils bestimmte Sektoren des Nordpolarmeeres für sich (analog zur „Aufteilung“ der Antarktis): Russland (35° ö. L. bis 170° w. L.), Norwegen (5° ö. L. bis 35° ö. L.) sowie die USA (170° w. L. bis 141° w. L.), deren Sektor allerdings nur einige wenige Inseln beinhaltete, weshalb die Hoheit nicht mit Nachdruck eingefordert wurde. Nach der Anerkennung der Souveränität Dänemarks über Gesamt-Grönland durch die USA 1916 und durch den Ständigen Internationalen Gerichtshof 1933 konnte außerdem Dänemark den arktischen Sektor zwischen 60° w. L. und 10° w. L. für sich beanspruchen [4].

Am 15. April 1926 wurde das Gebiet zwischen 35° ö. L. und 170° w. L. durch einen Beschluss des Allrussischen Sowjetkongresses als der Sowjetunion zugehörig festgelegt. Dies entspricht einem Dreieck zwischen Murmansk, dem Nordpol und der Tschuktschen-Halbinsel und somit einem Großteil des Nordpolarmeers [5].

Eine bindende internationale Entscheidung bezüglich des betroffenen Gebiets gab es allerdins nie. Der Nordpol selbst und der größte Teil des Nordpolarmeeres wurden bis zum Jahre 1999 allgemein als Internationales Gebiet gesehen. Als Ende des 20. Jahrhunderts der polare Eisschild aufgrund der globalen Erwärmung immer schneller (und vor allem schneller als erwartet) zu schmelzen begann und somit die Nutzung des sonst von ewigem Eis bedeckten Meeres für kommerzielle und private sowie Forschungszwecke immer näher zu rücken schien, griffen einige Staaten ihre alten Ansprüche wieder auf oder erarbeiteten neue Vorschläge zur Aufteilung des Polargebietes. Auch die immer konkreter werdenden Hinweise auf eine möglicherweise bevorstehende globale Rohstoffknappheit führten zu einer Intensivierung der Arbeit an entsprechenden Projekten: Man vermutet, dass bis zu 25% der globalen Erdöl- und Erdgasvorräte unter dem arktischen Meeresgrund lagern könnten, ebenso wird mit Zinn-, Mangan-, Gold-, Nickel-, Blei-, Platin- und Rohdiamantenvorkommen gerechnet[6].

Aktuelle Entwicklung

Russland, 2001

Am 20. Dezember 2001 beantragte Russland offiziell bei der UN-Kommission für die Grenzen des Kontinentalschelfs (CLCS) in Übereinstimmung mit dem Seerechtsübereinkommen (Art. 76 Satz 8)[2] die Festlegung neuer Außengrenzen für den russischen Kontinentalschelf jenseits der 200 Seemeilen weiten ausschließlichen Wirtschaftszone, allerdings innerhalb des russischen arktischen Sektors. Das hierdurch von Russland beanspruchte Gebiet mit einer Fläche von etwa 1,2 Millionen Quadratkilometern stellt einen großen Teil der Arktis inklusive des Nordpols dar[7][8].

Der Antrag wurde unter anderem damit begründet, dass sowohl der Lomonosow- als auch der Mendelejew-Rücken unterseeische Fortsetzungen der eurasischen Landmasse seien. 2002 wurde der Antrag von den Vereinten Nationen weder angenommen noch zurückgewiesen; stattdessen wurde weitere Nachforschung empfohlen[7]. Diese Forschungen sollen in den Jahren 2007 und 2008 als Teil des russischen Beitrags zum Internationalen Polaren Jahr durchgeführt werden. Durch die Arktika 2007 genannte Expedition sollen Struktur und Entstehung der Erdkruste in der Artiks nahe Eurasien, unter anderem durch Forschung am Mendelejew-, am Lomonosow- und am Alpha-Rücken, geklärt und die vermutete Verbindung zum sibirischen Schelf bestätigt werden[9][10] (siehe Abschnitt Russland, 2007).

Norwegen, 2006

Am 27. November 2006 reichte Norwegen ebenfalls einen Antrag bei der CLCS ein, in dem vorgeschlagen wird, die norwegische 200-Meilen-Zone in drei Gegenden des Nordost-Atlantiks sowie des Nordpolarmeers zu erweitern: dem Loophole in der Barentsee, dem westlichen Nansen-Becken sowie dem Bananahole im europäischen Nordmeer. Es wird angemerkt, dass ein weiterer Antrag betreffend die Ausweitung des Kontinentalschelfs in anderen Gegenden nachgereicht werden könnte[11].

Russland, 2007

Der bereits 2001 von Russland erhobene Anspruch auf große Teile des Nordpolarmeers konnte im Juni 2007 durch die angekündigten weiteren Forschungen untermauert werden. Eine Gruppe von 50 russischen Wissenschaftlern kamen während einer sechswöchigen Expedition mit dem Schiff Russia zu der Erkenntnis, dass zumindest der Lomonosow-Rücken mit zur Russichen Föderation gehöriger Landmasse verbunden ist. Unter dem Meeresboden der fraglichen Gebiete könnten laut Auskunft der Wissenschaftler bis zu zehn Milliarden Tonnen Öl und Gas lagern. Der russische Präsident Wladimir Putin nutzte diese Meldung, um an den Antrag von 2001 zu erinnern[12][13].

Sergej Priamikow vom Russischen Arktischen und Antarktischen Forschungsinstitut sagte hierzu: „Ich finde das etwas merkwürdig. Kanada könnte genau denselben Anspruch erheben. Die Kanadier könnten behaupten, der Lomonosow-Rücken sei Teil des kanadischen Schelfs, was im Endeffekt bedeuten würde, dass Russland zu Kanada gehörte, zusammen mit dem gesamten restlichen Eurasien.“[13]. Anfang August 2007 tauchten zwei russische U-Boote vom Typ Mir in eine Tiefe von 4.261 Metern unter dem Meeresspiegel und setzten am geographischen Nordpol eine russische Flagge in den Erdboden. Während die kanadische Regierung die russischen Handlungen scharf kritisierte, sieht die dänische Regierung dies nur als „bedeutungslosen Gag für die Medien“. Der Sprecher des dänischen Außenministeriums, Peter Taksøe-Jensen, sagte: „Das nehmen wir sehr gelassen und mit Humor. Für die juristische Durchsetzung völkerrechtlicher Ansprüche hat das nicht die geringste Bedeutung.“[6]. Dänemark will in naher Zukunft selbst eine Expedition in die Arktis zur Unterstützung der eigenen Ansprüche beginnen.

Mögliche zukünftige Ansprüche und Konflikte

Kanada

Die Nordwestpassage im Norden Amerikas

Eine Sondersituation stellt der Teil des Nordpolarmeers um die kanadische Küste und den kanadisch-arktischen Archipel dar. Obwohl diese Gewässer laut internationalem Seerecht zum Teil tatsächlich kanadisch sind, erkennen die USA, die Europäische Union und einige andere Staaten die kanadische Hoheit nicht an, sondern benutzen sie wie internationale Gewässer. So wurden bereits mehrfach US-amerikanische U-Boote nahe an den kanadischen Inseln vorbei ohne vorherige Anfrage auf Erlaubnis bei der Regierung durch kanadisches Hoheitsgebiet geführt.

Zwar sind die betroffenen Gewässer, zu denen auch die Nordwestpassage zählt, aufgrund der weitgehenden Vereisung und über neun Monate des Jahres momentan nicht sehr attraktiv für die zivile und militärische Schifffahrt, doch sollte die globale Erwärmung anhalten, würde die Nordwestpassage für viele Schiffe eine deutliche Abkürzung - bis zu 7000 Seemeilen - gegenüber der Fahrt über den mittelamerikanischen Panamakanal darstellen. Kanadas Bemühungen um diesen Landesteil mit derart hohem ökonomischem Potential waren aber über lange Zeit nicht sehr intensiv. Obwohl die Arktis 40 Prozent der Landmasse des Staates ausmacht und zudem eine riesige Rohstofflagerstätte ist, beginnt die kanadische Regierung erst jetzt einzusehen, dass der Besitz gegen andere Staaten gesichert werden muss. Eine Verteidigung gegen im schlimmsten Fall feindliche Inbesitznahme wäre derzeit unmöglich; einzig die Küstenwache besitzt insgesamt sechs schwere Eisbrecher, auf dem Festland sind nur wenige Soldaten stationiert.

Im Juli 2007 hat die kanadische Regierung den Beschluss gefasst, sechs bis acht Überwachungsschiffe bauen zu lassen, um die Ansprüche sichern zu können, doch dürfte dies nur zu Abschreckungszwecken ausreichend sein. Weiterhin gibt es Pläne zum Bau eines Tiefsee-Militärhafens in Resolute Bay, die aber bis jetzt nicht sehr konkret sind. Premierminister Stephen Harper rückte außerdem von seinem Wahlversprechen ab, die Nordwestpassage das ganze Jahr über durch Eisbrecher der Marine schiffbar zu halten[14] [15].

Dänemark

Das dänische autonome Gebiet Grönland kommt geographisch dem Nordpol mit seiner Küstenlinie am nähesten. Dänemark behauptet, dass der von Russland beanspruchte Lomonosow-Rücken in Wahrheit Fortsetzung der Insel Grönland ist. Die dänischen Forschungen hierzu begannen mit der Expedition LORITA-1 im Frühjahr 2006 [16] und werden im Rahmen des Internationalen Polaren Jahrs ab August 2007 mit der Expedition LOMROG, die unter anderem seismologische und tektonische Forschungen beinhalten soll, fortgesetzt werden. An der Expedition werden auch der schwedische Eisbrecher Oden sowie der russische nukleare Eisbrecher 50 let pobedy (50. Jahrestag des Sieges) teilnehmen[17].

weitere Staaten

Wie die russische nichtstaatliche Nachrichtenagentur Interfax im Rahmen der U-Boot-Expedition im August 2007 mitteilte, könnten auch Schweden, Island und Finnland in naher Zukunft eine Berücksichtigung in der Diskussion fordern[18].

Quellen

  1. Art. 55 des SRÜ
  2. a b Art. 76 Satz 8 des SRÜ, Anhang 2, Art. 4 des SRÜ
  3. Ratifizierungs-Status des SRÜ nach Staaten
  4. T. E. M. McKitterick: The Validity of Territorial and Other Claims in Polar Regions. In: Journal of Comparative Legislation and International Law. 3. Auflage. Band 21, Nr. 1, 1939, S. 89–97 (jstor.org [abgerufen am 8. August 7]).
  5. George Ginsburgs: The Soviet Union and International Cooperation in Legal Matters. Martinus Nijhoff Publishers, 1988, ISBN 0-7923-3094-3 (Google Print [abgerufen am 8. August 7]).
  6. a b DIE ZEIT online, Russen unter dem Nordpol, 02.08.2007.
  7. a b CLCS: Submissions to the Commission: Submission by the Russian Federation, 20.12.2001.
  8. Karte der von Russland vorgeschlagenen Erweiterung des Kontinentalschelfs. Die Grenze der ausschließlichen Wirtschaftszone ist rot markiert, weiterhin von Russland beanspruchtes Gebiet schwarz schraffiert.
  9. geplante Expeditionen im Internationalen Polarjahr (.doc, russ.)
  10. Karte zur Arktika-Expedition
  11. CLCS: Submissions to the Commission: Submission by Norway
  12. Russia Claims the North Pole. TIME, 12.07.07
  13. a b Kremlin lays claim to huge chunk of oil-rich North Pole. Guardian Unlimited, 28.07.07
  14. Canada plans ships to assert Arctic sovereignty. Reuters, 09.07.07
  15. Bernadette Calonego: Die machtlosen Hüter der Nordwestpassage. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 181, 7. August 2007, S. 6.
  16. a76.dk
  17. www.geo.su.se, a76.dk
  18. North Pole research may enlarge Russian territory, Interfax, 02.08.07