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Der Eisenbahnknoten Görlitz ist ein Knoten des Eisenbahnnetzes im Osten Sachsens. Hier verknüpfen sich Bahnstrecken aus allen vier Himmelsrichtungen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bzw. nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 verlor der Knoten im Personenfern- und Güterverkehr stark an Bedeutung. Heute ist Görlitz noch ein Regionalknoten in der Oberlausitz.

Geschichte

Der Görlitzer Neißeviadukt

Mit dem Einsatz von Dampfmaschinen und dem beginnenden industriellen Aufschwung Mitte des 19. Jahrhunderts in der Region wurde ein effizienteres Transportsystem notwendig, um die Waren auf weitere Absatzmärkte zu verteilen. Pferdefuhrwerke kamen auf den unzureichend ausgebauten Straßen schnell an ihre Leistungsgrenze. Die neue Dampfeisenbahntechnologie aus England versprach hierfür eine Lösung. Noch vor der ersten Eisenbahnstrecke in Deutschland schlug der Liegnitzer Regierungsbaurat Krause eine Eisenbahnstrecke von der schlesischen Hauptstadt Breslau nach Berlin und Dresden vor. Doch weil das Projekt nicht rentabel erschien, wurde es nicht realisiert. Der preußische Staat, zu dem Görlitz seit dem Wiener Kongress 1815 gehörte, setzte anfangs noch auf den Ausbau von Chausseen und Wasserstraßen.[1]

Wie in anderen Regionen in Deutschland konstituierte sich 1841 ein Eisenbahnverein, der Verein zur Wahrnehmung der Interessen der Stadt Görlitz bei Anlegung einer Eisenbahn zwischen Breslau und der Elbe. Bereits am 7. Januar 1842 erteilte der preußische König der Berlin-Frankfurter-Eisenbahngesellschaft die Konzession für den Bau einer Strecke von Breslau über Liegnitz und Bunzlau nach Görlitz und weiter bis an die sächsisch-preußische Landesgrenze. Die Beschaffung des benötigten Aktienkapitals misslang jedoch und somit erlosch die Konzession am 8. Januar des Folgejahres. Ende des Jahres 1843 erhielt die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft (NME) die Konzession für eine Eisenbahn von Frankfurt (Oder) nach Breslau und für eine Zweigbahn von Kohlfurt nach Görlitz. Im gleichen Jahr schlossen Preußen und Sachsen einen Staatsvertrag zum Bau der Eisenbahnstrecke von Dresden nach Görlitz.[1]

Die Ansicht zeigt den alten Inselbahnhof vor seiner westseitigen Erweiterung 1866 mit den beiden achteckigen Türmen und dem gusseisernen Haupteingang auf der Ostseite (um etwa 1860). Rechts neben dem Empfangsgebäude befindet sich der Perron der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn, links der der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn.
Die Bahnstrecken verliefen damals an der südlichen und östlichen Stadtgrenze.

Im sächsisch-preußischen Staatsvertrag war Görlitz als Verknüpfungspunkt zwischen der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn (SSE) und der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn (NME) festgelegt.[2]

Bereits am 1. September 1847 wurde der Bahnhof zeitgleich mit beiden Eisenbahnstrecken feierlich eröffnet.[3][4] Der Neorenaissancebau stand auf einer Grundfläche von ca. 41,8 × 16,3 Metern und besaß drei Stockwerke. Markant waren seine beiden oktogonalen Türme an der Ostseite des Empfangsgebäudes, die den Haupteingang flankierten. Der heutige polnische Bahnhof in Węgliniec (Kohlfurt) ähnelt dieser Bauform. Der ostseitige Hauptausgang führte über den Vorplatz auf die Jacobsstraße. Der Jakobstunnel existierte damals noch nicht und die Bahntrasse nach Kohlfurt überquerte die Jacobsstraße niveaugleich.[2]

Infrastruktur

Einmündende Bahnstrecken

In dem Bahnknoten münden bzw. mündeten im Uhrzeigersinn die folgenden Strecken ein: aus Richtung Norden von Berlin und von Węgliniec, aus Richtung Osten von Breslau, aus Richtung Süden von Zawidów und von Zittau sowie aus Richtung Westen von Weißenberg und von Dresden. Im Norden gab es zwischen 1976 und 1993 die Strategische Bahn Charlottenhof–Lasów. Sie sollte im Kriegsfall bei der Zerstörung von bekannten Eisenbahnbrücken und Verbindungskurven mittels einer Behelfsbrücke eine Verbindung zwischen den Bahnstrecken von Węgliniec und von Berlin herstellen.

Bahnhöfe und Haltepunkte

Auf dem Görlitzer Stadtgebiet bestehen vier Bahnhalte für den Personenverkehr und ein Bahnhof für den Güterverkehr. Der Bahnhof Görlitz ist die zentrale und bedeutendste Bahnstation der Stadt. Ein neuer Haltepunkt Deutsch Ossig/Berzdorfer See ist in Planung.[5] In der polnischen Nachbarstadt Zgorzelec bestehen zwei Bahnstationen: der Bahnhof Zgorzelec und der Haltepunkt Zgorzelec Miasto.

Der Güterbahnhof westlich des Bahnhofs Görlitz und der Rangierbahnhof Schlauroth wurden nach der Wende geschlossen. Der einzig verbliebene Bahnhof für den Güterverkehr ist der Industriebahnhof westlich des Bombardier-Werkes. Er dient u. a. der Übergabe von Schienenfahrzeugen, die im Waggonbau gefertigt wurden und überführt werden.

Literatur

  • Wilfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1994, ISBN 3-922138-53-5.
  • Wilfried Rettig: Eisenbahn im Dreiländereck. Ostsachsen (D)/Niederschlesien (PL)/Nordböhmen (CZ). Teil 1: Geschichte der Hauptstrecken, Betriebsstellen, Elektrifizierung und Fahrtbeschreibungen. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2010, ISBN 978-3-88255-732-9.
  • Wilfried Rettig: Eisenbahn im Dreiländereck. Ostsachsen (D)/Niederschlesien (PL)/Nordböhmen (CZ). Teil 2: Neben-, Klein- und Schmalspurbahnen, Bahnbetriebs- und Ausbesserungswerke, Bahnpost. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2011, ISBN 978-3-88255-733-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Wilfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1994, S. 7.
  2. a b Wilfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1994, S. 14.
  3. Wilfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1994, S. 16.
  4. Richard Jecht: Geschichte der Stadt Görlitz, Band 1, Halbband 2. 1. Auflage. Verlag des Magistrates der Stadt Görlitz, 1934, S. 705.
  5. goerlitz.de: ÖPNV-Projekte – Planung des Haltepunktes Deutsch Ossig/Berzdorfer See wird fortgeführt. Abgerufen am 11. November 2016.