Benutzer:SDB/Das Ende der Neuzeit (Guardini)

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Das Ende der Neuzeit ist der Titel eines Buches des römisch-katholischen Theologen und Religionsphilosophen Romano Guardini aus dem Jahre 1950. Der Essay gilt zusammen mit seinem Buch „Die Macht“ und einem unveröffentlichten Manuskript über den „Finitismus“ Friedrich Nietzsches als erster Teil einer „Trilogie“.[1]. Außerdem weist er in der Vorbemerkung darauf hin, dass die Gedanken in diesem Buch auch mit denen in seinem Werk Welt und Person und Freiheit, Gnade, Schicksal zusammenhängen.

Widmung

Das Buch ist seinem Bruder Mario zugeeignet und ist mit der kirchlichen Druckerlaubnis des Ordinariates Basel vom 30. Juni 1950 erschienen.

Entstehung

Guardini hat in Mooshausen in den vierziger Jahren damit begonnen hat, dieses Buch zu schreiben. Bereits 1947/48 waren daher auch die einzelnen Bestandteile weitgehend fertiggestellt. Die einzelnen Kapitel des Buches fungierten als Einleitung seiner Vorlesungen über Blaise Pascal, die Guardini erstmals im Wintersemester 1947/48 in Tübingen und dann im Sommersemester 1949 in München gehalten hat.[2]

Insbesondere in seinen 1932 bis 1939 entstandenen Studien über die „religiösen Gestalten in Dostojewskijs Werk“ schreibt er bereits unter dem Stichwort „Die Endlichkeit und das Nichts“:[3]

„Durch das neunzehnte Jahrhundert erstrecken sich die Schaffenszeiten dreier Männer, die ... eine letzte Gemeinsamkeit der Denk- und Erlebnisstruktur verraten: Es sind die drei großen `Romantiker´ Sören Aabye Kierkegaard, Fjodor Michailowitsch Dostojewksij, Friedrich Wilhelm Nietzsche. In ihnen zieht die Existenzsituation des neuzeitlichen Menschen - des Menschen also vom fünfzehnten Jahrhundert an - ihre letzten Folgerungen. Sie liquidieren die Neuzeit; zugleich dringen in ihnen bereits Elemente der folgenden Periode hervor, welche ihren Namen noch nicht hat. Was aber jenes Voraufgehende zu Ende führt und das Neue einleitet, ist, dass die radikale Endlichkeit sich zur Geltung bringt.“

Zielsetzung

Guardini versucht in dieser Schrift die Stärken und Schwächen des Kantischen Autonomismus im Gegenlicht der philosophiegeschichtlichen Entwicklung herauszuarbeiten. Das „Ende der Neuzeit“ sieht er mit dem Titanismus und Finitismus am Ende des 19. Jahrhunderts gekommen. Für und in der Nach-Neuzeit gilt es, ein „Ethos“ der Demokratie zu entwickeln. Die Entscheidung über die „Zukunftskraft der demokratischen Werte“ liegt nach Guardini darin, “ob sie in die Kargheit und Existenzstrenge der Person umgedacht und umgelebt werden - jener Person, die in der Masse steht. ... Gelingt das nicht, dann tritt die zweite furchtbare Möglichkeit ein: dass der Mensch den Es-Mächten verfällt.”[4] Wenn sich dadurch aber unausweichlich das Dasein desorganisiere, trete „jener Kurzschluss ein, der sich seit dreißig Jahren in immer steigendem Maße vollzieht: es wird Gewalt geübt. Durch sie sucht sich die Ratlosigkeit einen Ausweg. Wenn die Menschen sich nicht mehr vom Innern her gebunden fühlen, werden sie äußerlich organisiert; und damit die Organisation arbeitet, setzt der Staat seinen Zwang dahinter.”[5] Guardini ist sich sicher: Nur die “Beziehung von Absolutheit und Personalität, von Unbedingtheit und Freiheit wird den Glaubenden fähig machen, im Ortlosen und Ungeschützten zu stehen und Richtung zu wissen. Sie wird ihn fähig machen, in ein unmittelbares Verhältnis zu Gott zu treten, quer durch alle Situationen des Zwanges und der Gefahr hindurch; und in der wachsenden Einsamkeit der kommenden Welt - einer Einsamkeit gerade unter den Massen und in den Organisationen - lebendige Person zu bleiben.”[6]

Gliederung

Das Buch hat nach einer Vorbemerkung (S. 9 bis 12) drei Kapitel:

  1. Daseinsgefühl und Weltbild des Mittelalters (S. 13 bis 40)
  2. Die Entstehung des neuzeitlichen Weltbildes (S. 41 bis 64)
  3. Die Auflösung des neuzeitlichen Weltbildes und das Kommende (S. 65 bis 128)

Vorbemerkung

Die Vorbemerkung ist mit "München, Juli 1950" datiert und dient neben der Einordnung in den Entstehungs- und Werkkontext. Er konstatiert darin, dass die Neuzeit im Entscheidenden bereits zu Ende gegangen sei und es daher auch ein Blick auf die kommende, unbenannte Epoche geworfen werden könne. Er kennzeichnet jedoch sowohl den Rück- als auch den Ausblick als "Versuch".

Inhalt

Mittelalter

Dem Mittelalter fehle ebenso wie der Antike die Vorstellung eines endlosen, räumlichzeitlichen Zusammenhangs. Im Unterschied zum antiken Menschen gehe aber der mittelalterliche über seine Welt hinaus.

Neuzeit

Nach-Neuzeit

Kritiken, Rezensionen, Würdigungen

Eine Sammlung von einigen kritischen Würdigungen des Werkes sowie einer Antwort durch Romano Guardini erschien unter dem Titel „Unsere geschichtliche Zukunft. Ein Gespräch über »Das Ende der Neuzeit«”, (Würzburg 1953). Die Beiträger waren Clemens Münster, Walter Dirks und Gerhard Krüger.

Das Buch wurde vielfach rezensiert, unter anderem von Heinrich Fries, Karl Dietrich Erdmann, Reinhold Schneider und Fritz Leist.

Ausgaben und Übersetzungen

  • 1. und 2. Auflage: Das Ende der Neuzeit. Ein Versuch zur Orientierung. Würzburg 1950; (2)1950; (3)1951; (4)1953; (7)1959); (9)1965, Werkbund-Verlag und Basel 1950, Hess Verlag/ Komm.-Vlg
  • DDR-Auflage: Das Ende der Neuzeit, Leipzig 1956, St. Benno Verlag
  • Reihe: Romano Guardini Werke - 1. Auflage: Das Ende der Neuzeit / Die Macht. Mainz/Paderborn 1986; (3)1995; (4)2001; (5)2006, Matthias-Grünewald-Verlag/Verlag Ferdinand Schöningh - ISBN: 978-3-7867-1250-3;
  • Übersetzungen:
  • De gestalte der toekomst, ins Niederländische übersetzt durch Gabriel Smit, Utrecht/Brüssel 1951;
  • La fin des temps modernes, ins Französische übersetzt durch Jeanne Ancelet-Hustache, Paris 1952;
  • La fine dell'epoca moderna, ins Italienische übersetzt, Brescia 1954;
  • The end of the modern world" ins Englische übersetzt durch Joseph Theman, Herbert Burke mit einer Einführung von Frederick D. Wilhelmsen; New York 1956; London 1957;
  • El ocaso de la edad moderno, ins Spanische übersetzt durch José Gabriel Mariscal, mit Nachwort von Alfonso Lopez Quintas, Madrid 1958;
  • El fin de los tiempos modernos, ins Spanische übersetzt durch Alberto Luis Bixio, Buenos Aires 1958;
  • Den nyere tids undergang, ins Norwegische übersetzt durch Lotte Holmboe, Oslo 1963;
  • O fim dos tempos modernos, ins Portugiesische übersetzt durch M.S. Lourenzo, Lisboa 1964;
  • ins Japanische übersetzt durch Nakategawa Yosio, Tôkyô 1968;
  • Koniec czasów nowożytnych, ins Polnische übersetzt durch Zofia Wlodkowa; Maria Turowicz; Janusz Bronowicz, Kraków 1969;

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Guardini, Romano: Stationen und Rückblicke/Berichte über mein Leben, Mainz 1995, S. 229: Tagebuchnotiz vom 23. März 1954
  2. Guardini, Romano: Das Ende der Neuzeit, Würzburg 1950, Vorbemerkung, S. 9-11.
  3. Guardini, Romano: Religiöse Gestalten in Dosojewskijs Werk. Meinem Bruder Gino zu eigen, München (3)1947., S. 190f.
  4. Guardini, Romano: Das Ende der Neuzeit, Würzburg 1950, S. 73f.
  5. Ebd., S. 104, Anmerkung.
  6. Ebd., S. 115.

Kategorie:Literarisches Werk Kategorie:Römisch-katholisches theologisches Werk Kategorie:Religionsphilosophie Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert) Kategorie:Romano Guardini Kategorie:Religion 1950