Benutzer:Salzbergener/Johannes Capistranus

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Johannes Capistranus (* 24. Juni 1386 in Capistrano in der italienischen Provinz L’Aquila; † 23. Oktober 1456 in Ilok bei Vukovar, Kroatien), eigentlich Giovanni da Capistrano, auch Johannes Kapistran, Johannes von Capistran oder Ivan Kapistranski, war ein in seiner Zeit weithin berühmter Wanderprediger, Heerführer, Inquisitor und Judenverfolger. Er wurde 1690 von der Römisch-katholischen Kirche heiliggesprochen und gilt bei ihr als Schutzpatron der Rechtsanwälte.

Säkulares Leben und Bekehrung

Geboren am 24. Juni 1386, am Namenstag des hl. Johannes des Täufers, in Capestrano in der Provinz Aquila, entstammte er einem adligen Geschlecht. Sein Vater, ein deutscher oder französischer Baron, welcher sich nach einem Kriegszug in Capestrano niedergelassen hatte, heiratete dort eine Frau aus dem Hause Amici[1]. Der mittlere Wohlstand ermöglichte ihm eine relativ unbeschwerte Jugend, auch wenn sein Vater während seines 6. Lebensjahres verstarb. Die Umstände des Todes sind umstritten, da einige Quellen davon berichten er sei bei Unruhen im Zuge des Todes von Karl III. umgekommen[2]. Doch schaffte es seine Mutter sich finanziell weiter aufrecht zu halten, wodurch sie ihrem Sohn den Besuch der Universität in Perugia ermöglichte. Dort immatrikulierte er sich ab 1400 für das Jurastudium mit dem Schwerpunkt römisches und kanonisches Recht und beendete es erfolgreich mit dem Doktortitel. Einer Beamtenlaufbahn stand nun nichts mehr im Weg. Er wurde zum königlichen Gerichtshof nach Neapel berufen und war dort auch am gesellschaftlichen Leben beteiligt, erfreute sich an Tanz und höfischer Gesellschaft[3].

1412 beförderte man ihn zum Richter in seiner alten Universitätsstadt Perugia. Sein berufliches Leben verlief in ansehnlichen Bahnen und auch im Privaten folgte der nächste Schritt. Er heiratete eine Frau, auch wenn andere Quellen behaupten, er sei nur verlobt gewesen, ohne aber die Ehe zu vollziehen[4]. Dieser Punkt sollte später noch von bedeutender Wichtigkeit sein. Es geschah nämlich jenes einschneidende Erlebnis, das zum Bruch mit seinem weltlichen Leben führte. Carlo Malatesta, der Herr von Rimini, war tief in die Herrschafts- und Schismastreitigkeiten in Italien involviert. Als sein Schützling Papst Gregor XII. bereit für Neuwahlen war, sah sich dieser in seinem Machtstreben bedroht. Er rüstete zum Krieg und wollte Perugia erobern. Die Stadtbevölkerung bat Capistranus, als Unterhändler der anrückenden Armee entgegen zu reiten und Friedensverhandlungen aufzunehmen. Unverzüglich machte er sich sofort auf den Weg, wurde allerdings während seiner Reise von einem Heerführer gefangengenommen und im Kastell von Brufa, nahe dem heutigen Torgiano, 1415 eingesperrt. Diese Haft muss für ihn ein wahres Martyrium gewesen sein, da er sein Leben in solcher Gefahr sah, dass er einen geradezu halsbrecherischen Ausbruchsversuch unternahm. Mit einem improvisierten Seil, geknotet aus dem Bettlaken und seiner Kleidung, versuchte er aus dem Turm zu fliehen. Die Flucht nahm jedoch ein jähes Ende, da das Seil riss und Capistrano sich einen Schenkelbruch zuzog. Er wurde wieder inhaftiert und verlor all seine Hoffnung[5].

Dort geschah nun das Wunder, das ihn zur Umkehr bewegte. Während er schlief, erschien ihm im grellen Licht eine Gestalt, gekleidet mit dem Gewand der Franziskaner. Nach dieser Erscheinung war sein Kopf geschoren wie der eines Mönches. Dies sollte ein deutliches Zeichen sein, war er doch in seinem alten Leben sehr erpicht gewesen auf sein Haar. Seinem Äußeren widmete er eine sorgfältige Pflege, besonders seinem Haupthaar, das er über die Schultern herabwellend trug, schön gekräuselt und mit Goldfäden gebunden[6]. Dennoch ließ er sich nicht sofort auf das Mönchsleben ein, sodass ihm der hl. Franz von Assisi, den er zu sehen geglaubt hatte, ein weiteres Mal erscheinen musste. Mit harschen Worten soll dieser ihn ermahnt haben, sich nicht gegen Gottes Befehle zu sträuben. „Ich sah endlich ein, es sei Gottes Wille, die Welt zu verlassen und ihm allein zu dienen[7]“ soll er später gesagt haben. Ab jetzt gab es für ihn nur noch den einen Beschluss, seiner Vision von Franz von Assisi nachzufolgen. Noch in der Haft nahm er Kontakt zu einem nahegelegenen Franziskanerkloster auf und bekundete seine Bereitschaft, Novize zu werden. Bald darauf folgten die Verhandlungen über seine Freilassung. Das Lösegeld von 40 Dukaten[8] wurde bezahlt und der bekehrte Mann durfte zurück in die Freiheit. Sofort machte er sich auf, um seinen Wandel zu vollenden. All sein weltlicher Besitz verkaufte er, das Geld wurde verschenkt. Auch seine Ehe konnte er auflösen. Eine Sonderregelung im kanonischen Recht besagte nämlich, dass eine Ehe, solange sie noch nicht vollzogen wurde und falls einer der Partner in ein Kloster eintreten wolle, einseitig aufgelöst werden könne[9]. Als letzten Schritt trennte sich Capistranus von seinem weltlichen Ansehen. Rücklings auf einem Esel sitzend und eine Schandmithra tragend, auf der all seine Sünden standen, ritt er durch die Stadt. Der Bruch war vollzogen. Einem Eintritt in den Franziskanerorden stand nun nichts mehr im Weg. Nach seiner Weihe zum Mönch wandelte sich Johannes Capistranus zu einem der führenden Wanderprediger seiner Zeit und unter seinem Mentor Bernhard von Siena ein starker Befürworter der Observanz.

Missionarstätigkeit gegen die Hussiten

Im Jahre 1451 wurde er vom Papst Nikolaus V. nach Böhmen, Schlesien und in die Oberlausitz entsandt, wo er die Anhänger von Jan Hus zum katholischen Glauben bekehren sollte.Diese Bewegung war zu einer außerordentlichen Bedrohung für die Einheit der Kirche und dem weltlichen Herrscher geworden. Die hussitischen Gelehrten traten gegen ihn mit Polemiken auf, aber durch seine Rednergabe konnte er einige Erfolge vorweisen, besonders in Schlesien, wo die Hussiten durch ihre Raubzüge verhasst waren. Aus ganz Polen, Sachsen, Pommern und sogar Dänemark, Kurland und Livland strömten große Scharen von Menschen auf den Breslauer Salzring, wo Capistranus viele seiner die Menschen der damaligen Zeit bewegenden Predigten hielt. Bürger und Adlige mussten als Zeichen der Buße Bücher und Luxusgegenstände auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Unablässig gegen die Hussiten predigend erreichte er zwar, dass sich viele wieder zu der katholischen Kirche bekannten, alleine in Brünn sollen es 700 in vierzehn Tagen gewesen sein[10], die Bewegung an sich konnte er jedoch nicht stoppen. Enttäuscht über die Intrigen der Machthaber und seinem mäßigen Erfolg gegen die Hussiten, zog er sich zurück und predigte weiter in den Städten des Reiches.

Breslauer Pogrom

1453 kam es zu einem Pogrom in Breslau. Ein Bauer aus Langewiese bei Oels hatte Juden der Hostienschändung beschuldigt. Die Ältesten der Juden hätten sich Hostien angeeignet und sie mit Stöcken ausgepeitscht und damit entweiht.[11] Capistranus wurde vom König mit der Untersuchung beauftragt. Daraufhin wurden am 2. Mai 1453 alle 318 Juden in Breslau und Umgebung in Breslau inhaftiert und Geständnisse mit Folter erpresst. Capestranus ließ 41 Juden auf dem Scheiterhaufen verbrennen und die übrigen aus der Stadt ausweisen. Das Vermögen der Juden wurde eingezogen, was nach Cohn[12] der eigentliche Grund für den Pogrom war. Denn Cohn fand in dem Archiv allein elf Hefte mit Schuldbriefen, die den Juden gehört hatten. Es gab auch große Inventare der anderen Gegenstände, die die Juden besessen hatten. 1455 bekam die Stadt Breslau von König Ladislaus Postumus das verbriefte Privilegium de non tolerandis Judaeis („Privileg zur Nichtduldung der Juden“), das de jure bis 1744 in Kraft blieb.

Bildnis des hl. Johannes Capistranus in der Kirche in Ilok, Kroatien
Johannes Capistranus (unten rechts) auf einem Gemälde von Carlo Ceresa, 1581
Bußprediger Johannes Capistranus (1470/80)

Die Belagerung von Belgrad

1453 eroberte Sultan Mehmed II. mit seinem osmanischen Heer Konstantinopel. Der dadurch ausgelöste Schock in Europa war erheblich. Man ging schon so weit, nach eschatologischer Ausrichtung zu behaupten, Mehmed II. sei der Antichrist und das Armageddon nahe[13]. Die Angst ging in Europa um, und die „Türkengefahr“ war in der gesamten westlichen Welt zugegen. Im Angesicht dieser Bedrohung sah sich Capistranus dazu verpflichtet, seine ganze Kraft dafür einzusetzen, dieser Gefahr entgegenzutreten. Während das osmanische Heer nun seinen Eroberungsfeldzug weiter voran führte, versuchte man unter den Christen, den Kreuzzugsgedanken wiederzubeleben. Überall ereilten Aufrufe die Menschen, zu den Waffen zu greifen und sich dem Heer anzuschließen. Wie hoch die wahre Anzahl der neuen Kreuzritter wirklich war, ist ungewiss. Dennoch ist festzuhalten, das es sich dabei meist um Bauern und nicht um ausgebildete Soldaten handelte. Eine Allianz zwischen Johannes Capistranus, Johann Hunyadi, dem Oberbefehlshaber, und Johannes Carvajal, dem Legaten des Papstes und späterem Kardinal, bildete sich heraus. Diese drei übernahmen die Leitung der Verteidigung. Hunyadi gelang es, die türkische Flotte zu vernichten und ein Entsatzheer zur Entlastung Belgrads zu bilden. Diese konnte am 21. Juli 1456 einen großangelegten Ansturm der Osmanen mit knapper Not abwehren. Im Gegenzug starteten die Belagerten am darauffolgenden Tag einen Ausfall und konnten in einem unkontrollierten Angriff das überraschte türkische Lager vernichtend schlagen. Capistranus selbst soll, mit dem Kreuz in der Hand, auf einem Erdhügel mitten im Gefecht gestanden haben und den Kreuzfahrern Mut zugesprochen haben[14]. Das osmanische Reich war zurückgedrängt worden. Kurz danach starb er in Ilok, Kroatien. Sein Leichnam hatte siebzig Jahre lang in einer Seitenkapelle der Franziskanerkirche von Ilok geruht und ist seit der Eroberung Iloks durch die Türken verschollen.[15] Heute gibt es die St. Ivan-Kapistrankirche auf dem Platz seines Todes.

Sein Wirken nach dem Tod

Capistranus hatte auch den Ruf eines Wundertäters und Heilbringers. Während der Epoche der Gegenreformation wurde er im Jahre 1690 durch Papst Alexander VIII. heiliggesprochen. An Capistranus erinnert die in Stein nachgebildete Capistrankanzel im Wiener Stephansdom, ausgeführt vom Bildhauer Johann Joseph Resler (seit 1752 außen an der Ecke des Nordchors).

Gedenken

Sein Gedenktag ist der 23. Oktober. Im Jahr 1906 wurde in Wien Mariahilf (6. Bezirk) die Capistrangasse nach ihm benannt.

Patrozinien

Siehe auch

San Juan Capistrano, eine Stadt in Kalifornien, USA.

Literatur

Sachbücher
  • Stanko Andrić: The miracles of St. John Capistran. University Press, Budapest 2000, ISBN 963-9116-68-8
  • Ödön Bölcskey: Capistrànoi Szent János Élete És Kora. Library of the Hungarian Academy of Sciences,Székesfehérvár,1923
  • Willy Cohn: Capistrano, ein Breslauer Judenfeind in der Mönchskutte. In: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur, Jg. 4 (1926), Nr. 5 (Mai), S. 262-265
  • Margret Heitmann, Harld Lordick: Zur Geschichte des Judentums in Schlesien. Ausstellungskatalog „Wach auf mein Herz und denke!“ - Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg - „Przebudz się, serce moje, i pomyśl“ - Przyczynek do historii stosunków między Śląskiem a Berlinem-Brandenburgia. Hrsg. von der Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch Berlin - Stowarzyszenie Instytut Śląskie - Opole, Berlin und Oppeln 1995, ISBN 3-87466-248-9 sowie ISBN 83-85716-36-X Onlineversion
  • Johannes Hofer (Autor), Ottokar Bonmann (Bearb.): Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Neue Bearbeitung, Verlag Kerle, Heidelberg 1964/65 (2 Bde.; Bibliotheca Franciscana 1-2)
  • Johannes Kist: Der hl. Johannes Kapistran und die Reichsstadt Nürnberg. In: Franziskanische Studien XVI, 1929
Belletristik
  • Wilhelm von Scholz: Der Weg nach Ilok. Roman. Bertelsmann, Gütersloh 1952 (Nachdr. d. Ausg. Berlin 1930).

Weblinks

Commons: Giovanni da Capistrano – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Luca Wadding, Annales Minorumseu trium ordinum a S. Francisco institutorum. Editio secunda, locupletio et accuratior opera, et studio Josephi Mariae Fonseca ab Ebora, Band IX, Isenburg 1967, S.68
  2. Johannes Hofer (Autor), Ottokar Bonmann (Bearb.): Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Neue Bearbeitung. Band 2, Verlag Kerle, Heidelberg 1965, S.45
  3. Johannes Hofer (Autor), Ottokar Bonmann (Bearb.): Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Neue Bearbeitung. Band 2, Verlag Kerle, Heidelberg 1965, S. 54
  4. Vgl. Ödön Bölcskey, Capistrànoi Szent János Élete És Kora, Band I, Székesfehérvá 1923, S.51 f. und Atanasio Masci, Vita di S. Giovanni da Capestrano, Napoli 1914, S.18 f.
  5. Hieronymus von Udine, Vita S. Joannis Capistrano, Druck in A.SS. Okt. Tom. X S.458,6
  6. Christopherus von Varese, Vita S. Joannis a Capistrano, Druck in A.SS. Okt. Tom. S. 492,6
  7. Atanasio Masci, Vita di S. Giovanni da Capestrano, Napoli 1914, S. 194
  8. Vgl. Hofer, Johannes Kapistran, S.73 und Masci, Vita Capestranesi, S. 194. Die Summe von 40 Dukaten mag angebrachter für einen Mann wie Capistrano zu sein, anstatt 400, da diese Summe doch zu hoch erscheint für einen gefangenen Unterhändler.
  9. Atanasio Masci, Vita di S. Giovanni da Capestrano, Napoli 1914, S. 194
  10. František Palacký, Urkundliche Beiträge zur Geschichte Böhmens und seiner Nachbarlande im Zeitalter Georg Podiebrads, in Fontes rerum Austriacarum 2 Abt. XX. Wien 1860, S.285
  11. Willy Cohn: Capistrano, ein Breslauer Judenfeind in der Mönchskutte. In: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur, Jg. 4 (1926), Nr. 5 (Mai), S. 263. Siehe Weblinks
  12. Willy Cohn: Capistrano, ein Breslauer Judenfeind in der Mönchskutte. In: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur, Jg. 4 (1926), Nr. 5 (Mai), S. 264. Siehe Weblinks
  13. Vgl.Fabian Fischer, Das Europabild des Humanisten Pius II, Magisterarbeit der Univ. München 2007
  14. Johannes von Tagliacozzo, Berichte über die Kämpfe um Belgrad 1456, in Acta Ordinis Fratrum Minorum XXV (Hrsg.) L. Lemmens, Quaracchi 1906
  15. Johannes Hofer (Autor), Ottokar Bonmann (Bearb.): Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Neue Bearbeitung. Band 2, Verlag Kerle, Heidelberg 1965, S.446