Benutzer:Schwarze Feder/Ursachen der Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland

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Zu den Ursachen der Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland liegen viele Studien vor, die hier strukuriert dargestellt werden. Die Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland ist seit Jahren stärker als in anderen vergleichbaren Industriestaaten und entsprechend ein umstrittenes Thema in der Politik und der Wissenschaft.

Erklärungsansätze

Leistungsmessung

  • Ziffernnoten sind unsinnig [2]

Sprachbarrieretheorie

Bernstein verglich Sprachstichproben von Personen aus der Mittelschicht und der Arbeiterschicht (siehe zu diesem Thema auch den Artikel „Soziolekt“). Auch bei Konstanthaltung der Intelligenz zeigten sich Unterschiede in Satzlänge, Wortlänge und Pausenlänge. Die Sätze von Arbeitern waren kürzer, sie benutzten kürzere Wörter und sie liessen kürzer Pausen zwischen zwei Wörtern (vermutlich war dies so, weil sie nicht so lange überlegen mussten, welches Wort sie wählen, weil sie weniger Wörter kennen)[1] Arbeiter reden weniger über Raum, Zeit und kausale Kontingenz (was immer kausale Kontingenz sein mag. Das steht da so). Die Sprache der Arbeiter ist sozio-zentriert, das heißt, dass sie über die Dinge reden, die für soziale Gruppen, denen sie angehören, relevant sind. Akademiker dagegen reden eher über abstrakte Dinge ohne persönlichen Bezug.[2] Auffällig ist, dass diese Unterschiede im frühen Kindesalter noch nicht so ausgeprägt sind. Sie werden jedoch im Verlauf der Entwicklung immer ausgeprägter und am ausgeprägtesten sind sie im Erwachsenenalter[3]

Studenten wurden gefragt: "Was bedeutet 'tüchtig'?"
Kinder von Handwerkern* sagten Kinder von Angestellten und Beamten sagten
Sie sagten "tüchtig bedeutet..." * freundlich * höflich * gesellig * geschickt im Umgang mit anderen Menschen * draufgängerisch * sich durchsetzend * ehrgeizig * kräftig * robust * gesund * ehrlich * ordnungsliebend * aufrecht
Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 488

* Handwerkerkinder = Kinder von Handwerkern und Selbständigen ohne Abitur

Auch konnte gezeigt werden, dass ein Wort für Personen aus verschiedenen Schichten verschiedene Bedeutungen haben kann. Oerter untersuchte PH-Studenten und stellte fest, dass sie - je nachdem welcher Schicht ihre Eltern angehörten - unter einem Wort ganz verschiedenes verstanden. Ein großer Unterschied bestand hier zwischen zwei Gruppen:

  • 1. Gruppe: Kindern von Handwerkern und Selbständigen ohne Abitur
  • 2. Gruppe: Kinder von Beamten und Angestellten.

Studenten aus diesen zwei Herkunftsgruppen stellen sich interessanterweise ganz unterschiedliche Dinge unter einem Wort vor. Am größten waren die Unterschiede beim Wort "tüchtig". Beim Wort tüchtig dachten Handwerkerkinder in der Regel an Eigenschaften, die mit Weltgewandheit und Dominanz zu tun haben. Angestellten- und Beamtenkinder dagegen dachten an Eigenschaften, die mit körperlicher Leistungsfähigkeit und Charakterfestigkeit zu tun hatten.

Kritik an der Sprachbarrieretheorie

Heute wird die Soziolinguistik, insbesondere die Sprachbarrierenforschung Bernsteins, von verschiedenen Seiten kritisiert. So kritisiert Siegfried Jäger, die Sprachbarrieretheorie gehe zwar davon aus

dass die unterschiedlichen Sprechweisen gesellschaftlich bedingt sind, stößt aber entweder nicht zur sozialen Wertung und Instrumentalisierung (z.B. für selektive Zwecke) der unterschiedlichen Sprechweisen vor oder verwickelt sich in den Widerspruch, deren Ursache zwar in der Klassengesellschaft zu sehen [...], schließlich aber dennoch am Individuum anzusetzen, um durch einen aufklärerischen Sprachunterricht Veränderungen herbeizuführen.

Man glaube durch den Abbau von Vorurteilen von Lehrern und Kindern, die die Standardsprache beherrschten, dem Problem gerecht zu werden, ohne sich der Verkehrung einer objektiven Problematik in einer subjektiven bewusst zu sein. Zudem entwickelte die Sprachbarriereforschung keine eigene Theorie, sondern verknüpfe Elemente der Sprachforschung mit denen der Sozialforschung beliebig, um empirische Daten zu interpretieren und werde so zu einer Legitimationswissenschaft in den Zeiten, in denen die Wirtschaft einen Akademikermangel feststelle. [4]

Kinder der verschiedenen sozialen Schichten benötigen verschiedenen Unterricht

Insgesamt reagieren Kinder aus der Unterschicht in ihrem Lernverhalten stärker auf Lob und Anerkennung als Kinder aus der Mittelschicht. Kinder der Mittelschicht hingegen haben eine intrinsische Motivation und haben Freude an der Aufgabe selbst, weniger an der Anerkennung.[5].

Zudem kommt es drauf an, wie ein Kind gelobt wird. Zigler und Kanzler berichten, dass Kinder aus der Arbeiterschicht eher auf personenbezogenes Lob, Akademikerkinder aber eher auf leistungsbezogenes Lob reagieren[6]. Als personenbezogenes Lob gelten z.B. "gut!" (in der Originaluntersuchung: "good!") und "ausgezeichnet!" (Origininaluntersuchung "fine!"). Als leistungsbezogenes Lob gelten "richtig!" ("right!") und "korrekt!" ("correct!")[7].

Selbstabwertung der Schulkinder

siehe auch: Symbolische Gewalt, Illusio

Mangelnde staatliche Unterstützung für Kinder mit niedriger sozialer Herkunft

Mangelnde therapeutische Unterstützung

Schüler mit niedriger sozialer Herkunft erhalten seltener therapeutische Unterstützung. So kostet beispielsweise eine effektive Legasthenie-Therapie ca. 6000 € im Monat. Kinder mit niedriger sozialer Herkunft kommen jedoch nur selten in den Genuss der Förderung.[8]

Herkunftsorientierung in der Schulformempfehlung

Da in allen Bundesländern ein gegliedertes Schulsystem besteht, erfolgt am Ende der Klasse 4 oder 6 eine Empfehlung oder Zuweisung zu einer weiterführenden Schulform durch die Grundschule. In einigen Ländern ist das Grundschulgutachten verbindlich, in anderen der Elternwille.

Bei der Empfehlung oder Zuweisung zu weiterführenden Schulform berücksichtigen die Lehrkräfte der Primarstufe neben den direkten Leistungen auch die Entwicklungsperspektive des Kindes. Hierin geht allerdings der soziale Status der Eltern mit ein:

  1. Akademisch ausgebildete Eltern können vorraussichtlich ihren Sprößlingen an allen Schulformen beim Lernen Hilfestellung geben und auch einem schwächeren Kind auf dem Gymnasium entsprechende Unterstützung geben. Eltern mit geringem eigenen Ausbildungsstand haben dazu keine Möglichkeit.
  2. Ein hohes Elterneinkommen ermöglicht die Inanspruchnahme von privater Nachhilfe im großen Umfang, bei mittleren Einkommensschichten sind diese Möglichkeiten zwar begrenzt aber vorhanden. Kinder aus finanziell schwachen Schichten hingegen können kaum auf bezahlte Nachhilfekräfte hoffen und haben damit eine deutlich ungünstigere Prognose bei temporären Leistungsschwächen.

siehe auch: Gatekeeper (Soziologie)

Strukturelle Günde

Mehrgliedriges Schulsystem

Kritik an der These der Mehrgliedrigkeit als Ursache

Untersuchung von Fend im Frankfurter Raum: [3]

Bildungsbenachteiligung als klassengesellschaftliche Notwendigkeit

Nach Bruno Preisendörfer ist Chancengleichheit unerwünscht.[9]

Siehe auch: Klassismus, Bildungsparadox, Heimlicher Lehrplan

Ablenkungssthese

Mit einem Rational Choice-Ansatz wird die Ablenkungsthese vertreten [4]. Damit ist gemeint, dass durch die Institution des Bildungssystem und alternative Bildungsformen Arbeiterkinder von einem Studium abgelenkt werden.

Material für diesen Artikel

Literatur für den Artikel

  • Hoggart, Richard: The Scholarship boy, in: The Uses of Literacy
  • Rodriguez, richard: The hunger of Memory. The education of Richard Rodriguez
  • Derselbe: Brown
  • Derselbe: The Achievement of Desire
  • McCourt, Frank: Die Asche meiner Mutter, kein soziologisches Buch, sondern eher eine Autobiographie, trotzdem inetressant unter diesen gesichtspunkten [Frank McCourt]
  • McCourt, Frank: ein rundherum tolles Land

--->oh, sorry. ich sah: Das muss sich auf Deutschland beziehen. Für Deutschland ist das natürlich nicht, aber man könnte es übertragen.

Quellen

  1. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 486
  2. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 486
  3. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 487
  4. Siegfried Jäger: Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung, S. 49f.
  5. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 150
  6. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 109
  7. Rolf Oerter (1970): Moderne Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer; S. 107
  8. Antje Hildebrandt: Bauchweh vor Buchstaben. Legastheniker haben es schwer in der Schule ... Frankfurter Rundschau, 23.01.2007, S.23
  9. Bruno Preisendörfer: Das Bildungsprivileg. Warum Chancengleichheit unerwünscht ist[1]