Benutzer:Siesta/Feministische Pornographie

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Die Feministische Pornographie, häufig auch als Frauenpornografie oder Pornografie für Frauen bezeichnet, ist ein Bereich der Pornographie, bei dem die Filme und Fotos auf Frauen und nicht wie im pornographischen Mainstream überwiegend auf Männer als Publikum abzielen und die häufig von Frauen produziert werden.[1][2] Zentral am feministischen Porno ist, dass Frauen zentraler Gegenstand und Subjekt der Darstellung sind, nicht nur sexuelle Objekte.[3]

Definition und Abgrenzung

Eine feste Definition für feministische Pornographie besteht nicht. Generell wird feministische Pronografie mit frauen-freundlicher (englisch: „female friendly“) Pornografie umschriebe, also der durchaus expliziten Darstellung von Sexualität unter Berücksichtigung der Frau als wesentlicher Adressatin.

Dabei spielt die konkrete Darstellung eine wesentliche Rolle: Sie zielt vor allem auf die sinnliche Sexualität, die in erster Linie der Befriedigung der weiblichen Protagonistinnen und Zuschauerinnen dient. Dabei steht die Frau als aktive Person der Handlung im Vordergrund, bei sexuellen Handlungen ist sie selbstbestimmt und steht zugleich im Fokus der sexuellen Befriedigung. Die sexuelle Befriedigung der männlichen Protagonisten rückt damit in den Hintergrund oder wird selbst Teil der Stimulierung der Frau. In den Filmen führt dies zu einer deutlichen Reduzierung oder dem Verzicht der Darstellung der auf den Mann fixierten und für Frauen weniger lustvollen oder unangenehmen Sexualpraktiken, darunter etwa längerer Fellatio-Szenen, Ejakulation ins Gesicht, Analverkehr oder Doppelpenetrationen. Im Gegenzug kommt es zu einer Erhöhung der auf die Befriedigung der auf die Frau fixierten Praktiken wie erotischer Massagen und Streichelungen, Manuelle Klitorisstimulation, Cunnilingus und Vaginalverkehr. Hinzu kommen als typische Kennzeichen von Frauenpornografie besonders attraktive männliche Darsteller, deren Körper und Gesichter ausgiebig in Szene gesetzt werden, der Blickkontakt zwischen Darstellerin und Darsteller sowie ein Handlungsrahmen, der auch die Motivation der Beteiligten für den Sex erklärt.[4]

Einige zentrale und bis heute wichtige Merkmale für den frauenfreundlichen, femistischen Pornofilm wurden durch das von Zentropa 1998 aufgestellte „Puzzy Power Manifesto“ formuliert.[5] Demnach muss der Film eine Handlung haben und sollte erotisch, emotional, phantasievoll und leidenschaftlich sein sowie den Bedürfnissen von Frauen entsprechen. Es soll Wert auf die erotische Darstellung der ganzen Körper und nicht nur der Genitalien gelegt werden. Die einzige Beschränkung liegt darin, dass Frauen zu nichts gezwungen werden, Vergewaltigungen, die „nur“ als Phantasie der Frau dargestellt werden, sind damit in Ordnung. Völlig abgelehnt werden Oralsex-Szenen, bei denen die Frauen zum Fellatio gezwungen werden und ihnen ins Gesicht ejakuliert wird.[5]

Entstehungsgeschichte

Die Feministische Pornografie entwickelte sich in Abgrenzung zu deutlich ablehnenden feminitischen Positionen zur Pornographie in den 1970er und 1980er Jahren, die unter anderem durch die Aktivitäten der Feministin Catharine MacKinnon und die Gründung der anti-pornografischen Feministinnengruppe Women Against Violence in Pornography and Media (WAVPM – engl. „Frauen gegen Gewalt in Pornographie und Medien“) diskutiert wurden. Im deutschsprachigen Raum wurde diese Position vor allem durch Alice Schwarzer und die von ihr initiierten PorNO-Kampagne und dem parteiübergreifenden Frauenbündnis gegen Pornographie artikuliert. Dabei wurde das weitgehende bis vollständige Verbot der Pornografie gefordert. Auf der Gegenseite dieser grundsätzlich ablehnenden Haltung stehen Positionen, die sich als Sex-positiver Feminismus artikulierten und einen Ansatz verfolgen, der eine grundsätzlich offene aber frauenfreundliche Form der Pornografie anstrebt. Vor allem in den Vereinigten Staaten führte dieser Konflikt zwischen ablehnenden und sex-positiven Haltungen zu den so genannten Feminist Sex Wars, die bis heute anhalten.

Im Spannungsfeld dieser Konflikte entstand der feministische pornografische Film durch Aktivitäten verschiedener Pornodarstellerinnen wie Nina Hartley, Tristan Taormino und Jiz Lee sowie Regisseurinnen und Regisseure wie Lars von Trier, Lisbeth Lynghøft, ... und Erika Lust. In Dänemark wurde in diesem Kontext das Unternehmen Zentropa gegründet, das sich mit dem Puzzy Power Manifesto für den frauenfreundlichen, femistischen Pornofilm positionierte. Mit dieser Prämisse drehte das seit 1998 Unternehmen Filem wie Constance und Pink Prison sowie später auch All About Anna.

Bezüge zu

Kontroversen und Diskussionen

  • PorNo/PorYes

Filmproduktionen dieser Art werden jedoch von einigen Medien- und Sozialwissenschaftlern wie Anita Heiliger nicht als Pornographie, sondern als Erotografie eingeordnet, wodurch der Begriff der „Feministischen Pornografie“ auch nicht zutreffend ist. Nach ihrer Ansicht würden die Grundregeln der Pornografie selbst dann nicht ausgehebelt werden, wenn Frauen „Pornographie“ für Frauen herstellen, da es sich dann ja gar nicht um Pornografie sondern um die Darstellung lustvoller Sexulaität, also um Erotographie handelt. Ihnen fehlt in diesem Kontext die „brutale, sterile und auf jeden Fall fern von weiblicher Lust“ erfolgende „Darstellung von Frauen als für Männer benutzbare Huren“, die Pornografie alss solche ausmachen und definieren würde.[6]

Dem steht die Position gegenüber, dass „die übliche Zweiteilung des „Porno für Männer“ und „Erotik für Frauen“ nicht mehr so ohne weiteres [funktioniert] wie es dies noch im Standpunkt der Pornographie-GegnerInnen getan hätte.“[7] Hinzu kommt, dass die für die femistische Pornografie genutzte Form der erotischen Darstellung nicht nur für Frauen attraktiv ist, sondern auch viele Männer anspricht und damit der Begriff des Frauenpornos nur teilweise zutrifft. Einzelne Filmemacherinnen und auch Erotikblogs suchen entsprechend nach Alternativen, diese Form der Pornografie adequat zu benennen. Sensate Films beispielsweise nutzt den Begriff Slow Porn,[8] der auch von dem Blog lvstprinzip.de aufgenommen wurde und dort für Rezensionen genutzt wird.[9]

Protagonistinnen

Feministische Porno-PionierInnen der ersten Stunde - Nina Hartley, Tristan Taormino, Jiz Lee

erst mal nur hier reinkopiert Tristan Taormino ist eine preisgekrönte Autorin, Kolumnistin, Herausgeberin, Radiomoderatorin und feministische Pornoregisseurin und -darstellerin. In ihren Büchern und Workshops tritt sie für einen selbstbestimmten und diversitären Umgang mit Sexualität ein. Celine Parreñas Shimizu ist Filmwissenschaftlerin und lehrt an der University of California zum Thema Popkultur sowie Film- und Performance-Theorie. In ihren Büchern und Filmen beschäftigt sie sich kritisch mit Macht- und Ungleichheitsdiskurse entlang von Race und Sexualität. Constance Penley ist Professorin für Filmwissenschaften und Media Studies und Co-Direktorin des Carsey-Wolf Center der University of California. Als Mitherausgeberin veröffentlichte sie einschlägige Werken zur feministischen Film- und Mediengeschichte. Mireille Miller-Young ist Professorin der Feminist Studies an der University of California und forscht zur Verbindung von Race, Gender und Sexualität in der Visuellen Kultur und der Sex-Industrie in den USA. Ihre Essays und Artikel erscheinen in The New York Times und diversen englischsprachigen Magazinen. Miller-Young arbeitet gegenwärtig an einer Dokumentation über Women of Colour in der Porno-Industrie.

Regisseurinnen/Produzentinnen

Darstellerinnen

Medien

Die wesentlichen Medien für die Verbreitung von feminsistischer Pornografie sind vergleichbar mit denen, über die auch die konventionelle Pornografie bezogen werden kann. Vor allem das Internet spielt als Plattform für dem kostenpflichtigen Streamingdiensten und auch den kostenfreien Bezug etwa durch spezifische, als „female friendly“ gekennzeichnete Videos von Internetplattformen wie YouPorn und ähnlichen Internetseiten eine wichtige Rolle.

Feministische Pornofilme

Feministische Pornomagazine

Ausstellung „Porn that Way“

Feminist Porn ist essentieller Teil der Ausstellung „Porn That Way“, die bis zum 31. März 2015 im Schwulen Museum* Berlin gezeigt wurde. Erstmals vereinte eine Ausstellung historische und aktuelle Entwicklungen schwuler, lesbischer, queerer und Trans*-Pornografie. Veranstaltungsreihen queer durch Berlin werden bis März den politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Diskurs bereichern.

Feministische Pornopreise

2006 wurde in Kanada der Feminist Porn Awards von einem auf feministische Pornografie fokussierten Erotikgeschäft namens „Good for Her“ eingeführt[10] und in den Folgejahren als jährliche Preisverleihung etabliert.[11][12] Die Trophäe wurde in Form eines Butt-Plug gestaltet.[12]

Im Jahr 2009 wurde auch in Deutschland von einer Berliner Initiative um Laura Méritt ein europäisches und feministisches Gütesiegel für pornografische Filme und ein damit verbundener Filmpreis mit dem Namen PorYes entwickelt, der seitdem jährlich mit einem Preis in Form einer geöffneten Auster mit Perle vergeben wird.[13][14][15]

Weblinks

Literatur

  • Erika Lust: X - Porno für Frauen. Wilhelm Heyne Verlag, München 2009. ISBN 978-3-453-67572-8
  • Tristan Taormino: The Feminist Porn Book Band 1: Strategien der Lusterzeugung. Louisoder-Verlag 2014. ISBN 978-3-944153-06-3

Einzelnachweise

  1. Erika Lust: X - Porno für Frauen. Wilhelm Heyne Verlag, München 2009, S. 83. ISBN 978-3-453-67572-8
  2. Nadja Kupsa: Fem Porn: Interview mit Patrick Catuz Woman, 09. Januar 2014; abgerufen am 23. September 2015.
  3. Feministische Pornos. Anders kommen. Interview mit Patrick Catuz beim DRadio Wissen, ohne Datum; abgerufen am 23. September 2015.
  4. Nicola Döring: Pornografie im Internet: Fakten und Fiktionen. tv diskurs 57, 3/2011; abgerufen am 23. September 2015.
  5. a b The Puzzy Power Manifesto auf der Website Puzzy Power von Zentropa; abgerufen am 23. September 2015.
  6. Anita Heiliger: Männergewalt gegen Frauen: kein Ende in Sicht? Patriarchale Strukturen regenerieren sich ständig neu. Vortrag auf der 30-Jahrfeier des Frauenhauses Osnabrück am 2.12.2011 in Osnabrück; abgerufen am 23. September 2015.
  7. Patrick Kwasniewski: Perspektiven feministischer Pornoindustrie: LustFilms. Obszöner Feminismus, anhand des Beispieles von Erika Lust und ihrer LustFilms & Publications of Barcelona. Vortrag auf der Konferenz „Pornografisierung von Gesellschaft?!“ an der Fachhochschule Köln, 28. bis 30. Oktober 2010 (Abstract); abgerufen am 23. September 2015.
  8. slow porn auf der Website von Sensate Films;
  9. Theresa Lachner: Slow Porn: Silver Shoes von Jennifer Lyon Bell auf lvstprinzip.de, 18. Mai 2015;
  10. National Post: X-rated films for red-blooded feminists. Beitrag auf canada.com vom 10. Juni 2006; abgerufen am 22. September 2015.
  11. Feminist Porn Awards, offizielle Website; abgerufen am 22. September 2015.
  12. a b Lynn Comella: Feminist Porn Enters the Mainstream. Vegas Seven, 6. April 2014; abgerufen am 22. September 2015.
  13. PorYes-Award, offizielle Website; abgerufen am 22. September 2015.
  14. Johanna Kutsche: PorYes, das Biosiegel für Sex-Filme. Zeit Online, 16. Oktober 2009; abgerufen am 22. September 2015.
  15. Anne Haeming (Interview):Feministischer Pornopreis: "Wir wollen die Jungs aus der Schmuddelecke holen" Interview mit Laura Méritt in Spiegel Online, 17. Oktober 2009; abgerufen am 22. September 2015.