Benutzer:Silesia/Leiber
Otto Ferdinand Leiber (* 11. Mai 1878 in Straßburg; † 27. Januar 1958 in St. Georgen im Schwarzwald), war ein deutscher Maler, Grafiker und Bildhauer.
Leiber studierte in Straßburg und München Psychologie und Biologie und erlernt daneben bei Heinrich Wolff-Zimmermann (dem späteren Professor an der Königsberger Kunstakademie) das Radieren. Von 1901 bis 1903 studierte er in der Akt-Klasse der Karlsruher Kunstakademie Ludwig Schmidt-Reutte und wurde Meisterschüler bei dem Akademie-Direktor Hans Thoma auf. Seine ersten Grafiken und Gemälde - überwiegend Porträtstudien und Landschaften - lassen den Einfluss von Hans Thoma erkennen.
1911 siedelte er von Karlsruhe nach München über, wo er Unterweisungen in figürliche Studien und Bildhauerei durch Friedrich Volz erhält. Weite Studienreisen in die Mittelmeerländer, nach Nordafrika bis nach Konstantinopel und in den Kaukasus, aber auch nach Paris, die Schweiz, Österreich und in die nordischen Länder bis nach Island und Spitzbergen. 1913 heiratet er Elisabeth Freiin von Babo. Aus der Ehe gehen zwei Jungen und zwei Mädchen hervor. 1915 zieht die Familie nach Berlin-Lichterfelde. Eine schwere Erklrankung sowie Kriegsfolgen machen die Annahme von Berufungen an die Kunstakademien in Konstantinopel und Karlsruhe unmöglich. Leiber findet Erholung und Genesung in Freiburg und Lenzkirch im Schwarzwald. 1920 Übersiedlung nach Buchenberg bei Königsfeld im Schwarzwald. In der reinen Höhenluft von 800 Metern, abseits des Lärms großer Städte mit ihren Gemengelagen zwischen schwülstigem Gepräge und sozialen Auswüchsen fühlt er sich in dieser beschaulichen, bäuerlich geprägten "heilen" Welt wohl. Zusammen mit Sachverständigen und Kunsthandwerkern gründet Leiber die "Gesellschaft für Schwarzwälder Volks- und Eigenkunst GmbH", mit dem Bestreben, die schöpferischen Prinzipien von ästhetisch schönem Kunsthandwerk vor industrieller Verflachung zu bewahren. Aus dieser Zeit stammt auch von ihm selbst entworfenens Kunsthandwerk. Die Gesellschaft überlebt die Inflation von 1923 nicht.
Fünf Jahre später gelingt es ihm, mit bescheidenen Mitteln im Ortsteil Obermartinsweiler von Buchenberg ein eigenes Haus mit großem Garten und Atelier ("Haus im Rosenhag") zu errichten. Umfangreiches Schaffen: Gemälde, Graphiken, Köpfe von Holzpuppen, Plastiken aus den verschiedensten Materialien, bildhauerische Arbeiten von höchster Vollendung. Daneben betreibt Leiber weiterhin seine nie unterbrochenen naturwissenschaftlichen und psychologischen Privatstudien und nutzt seine weltweiten Kontakte zu bedeutenden und bekannten Persönlichkeiten seiner Zeit. Auf die ihm angetragene Professur - die inzwischen vierte - in Aachen verzichtet er. Leiber, inzwischen nicht nur in Deutschland als Künstler eine anerkannte Kapazität, bekommt selbst in Jahren der Weltwirtschaftskrise interessante Aufträge. Die Büsten von Albert Schweitzer, Hans Spemann, Admiral Tirpitz, Robert Bosch, den Gebrüdern Mannesmann, Alfred Bassermann, Walter Buch, Romain Rolland und August Pauly zeugen von der ihm zuteil gewordenen hohen Wertschätzung. Leiber ist mit diesen bekannten Persönlichkeiten, soweit sie leben, zum Teil freundschaftlich verbunden, insbesondere mit Albert Schweitzer, der in der Nähe seines Ateliers in Königsfeld für seine Familie ein Haus hatte erbauen lassen.
Die künstlerischen Qualitäten Leibers, der als Ästhet den abstrakten Darstellungen des Expressionismus und verwandten Strömungen nicht viel abgewinnen konnte, sprechen sich in den 30er Jahren bis zu den Nationalsozialisten herum. Bei deren Kreuzzügen gegen "entartete Kunst" entsprechen die Gemälde Otto Leibers, die die Nazis aus Kunstmuseen in Berlin, München, Karlsruhe und Stuttgart kennen, schon eher ihrem Geschmack. Sie versuchen, Leiber für ihre Zwecke einzunehmen. Es widerstrebt ihm, sich in ein Korsett pressen zu lassen. In einer Balance zwischen den Zwängen des totalitären Machtgefüges und des Selbsterhalts seiner Familie gelingt es ihm, in der Zurückgezogenheit des Schwarzwaldes die vereinnahmten Gelder für Aufträge der Reichsregierung in Dinge umzusetzen, die seinen Neigungen und schöngeistigen Empfindungen künstlerischer Freiheit besser entsprechen. Zahlreiche für den damaligen Zeitgeist angefertigte Gemälde werden Opfer des 2. Weltkrieges. Auch "Der Sämann", entstanden 1935, verbrennt bei Kriegsende in der Reichskanzlei. Die aus dieser unseligen Epoche erhalten gebliebenen Werke Leibers, die er nicht im Auftrag, sondern privat gemalt hat, drücken oft seine Empfindungen und Beklemmungen bis hin zu Depressionen aus.
Die letzten zwölf Jahre nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" lebt Otto Leiber trotz seines hohen Bekanntheitsgrades abgeschieden in seinem Buchenberger "Haus im Rosenhag". Für die meisten Menschen gibt es Wichtigeres als sich mit Kunst zu befassen. Es sind schwierige Zeiten. Man sieht ihn mit dem Skizzenbuch unterwegs im Schwarzwald oder in seinem Atelier. Hin und wieder gelingt es ihm, ein Bild an ein Museum, Kunstgaleristen oder an Privat zu verkaufen, denn der Name Otto Leiber ist Kennern ein Begriff. Im Januar 1958 stirbt Otto Leiber nach längerer schwerer Krankheit.
Neben den erwähnten Büsten berühmter Persönlichkeiten schuf Otto Leiber schätzungsweise 2200 bis 2500 Gemälde. Mehrere hängen ständig oder zeitweise in Museen, Kunstgalerien und anderen Kunstausstellungen, z.B. Neue Pinakothek München, Lenbachhaus München, Staatsgalerie Stuttgart, Kunstmuseum Karlsruhe, Augustiner-Museum Freiburg u.a. Neben verschollen Bildern befinden sich zahlreiche in institutionellen und kommunalen Einrichtungen, in Repräsentationsräumen der Wirtschaft, Kammern und Verbänden, die meisten aber wohl im Privatbesitz. Es existiert kein Werksverzeichnis.
Leiber lässt sich nie von Strömungen mitreißen, sondern bleibt zeitlebens dem Realismus treu. Weder der stark zeichnerisch betonte Jugenstil noch der deutsche Impressionismus und auch nicht der Expressionismus des frühen 20. Jahrhunderts vermögen Leiber zu beeinflussen. Von sich sagt er selbst: "Ich habe weder damals noch später alles, was für "modern" galt, abgelehnt, wohl aber einen peinlich großen Teil davon. Mich selbst halte ich auch heute noch für fortschrittlich, nämlich schöpferisch und freue mich, in dieser Auffassung keineswegs alleinzustehen. Ich schuf weiterhin Kunst, wie ich sie für wertvoll hielt und halte, hatte nicht die große Masse der geltungsbedürftigen, aber unselbständigen Mitläufer, die insgeheim auf das "Sachverständige" Geltende angewiesen sind, auf meiner Seite, aber um so echtere und höherwertige Freunde. Mein ausschlaggebendes Interesse liegt am physischen Wesen alles Organischen. Darum haben auch z.B. Landschaften, die von der Qual der Menschen nicht berührt werden, mich stets am tiefsten ergriffen."
Die Grafiken und Gemälde Leibers reichen von ausdruckstarken Porträtstudien, liebevollen Stillleben bis zu großartigen weiten Landschaften und Städteansichten seiner weiten Reisen aber natürlich auch von seiner Heimat in Südbaden, dem Elsass und dem Schwarzwald. Sein Repertoire reicht von repräsentativen 2 m langen und 1,50 m hohen Großgemälden bis zu feinen Kabinettarbeiten von nur wenigen Zentimetern im Rechteck. Manche Werke lässt er unsigniert, vielleicht, weil sie ihm trotz meisterlichen Könnens nicht gefallen. Leiber beherrscht nahezu die gesamte Palette künstlerischer Darstellungen, von der Radierung über Bleistift, Kreide, Pastell, Kohle, Aquarell bis hin zu Ölfarben und interessanten Mischtechniken. Als Untergründe dienen neben Papier und Hartpappe auch Holz und Stoffe, seltener Leinwand, da diese zu seiner Zeit für ihn unerschwinglich teuer ist. Literaur [Bearbeiten]
Literatur
- Thieme/Becker, Bd. 22, Seite 587
Weblinks
* Denk- und Dankschrift Otto Leibers an Prof. Hans Thoma vom 2. Oktober 1919. * Denkschrift Otto Leibers über sein "Haus im Rosenhag" ca. 1928 (undatiert). * Bettina Feistel-Rohmeder: "Otto Leiber" (Vortragsschrift), Feb. 1951. * "Otto Leiber - Maler, Bildhauer und Graphiker, Buchenberg", aus "Villinger Künstler stellen sich vor", Folge 2, ca. 1956 (undatiert). * Eberhard Hanser: "Leiber-Ausstellung in Buchenberg", Einleitungsschrift zur Eröffnung 1981. * Albert Schweitzer: "Den 'Drecksschädel' hat Leiber prima verewigt." (Zitat Schweitzers über die Büste, die Leiber von ihm anfertigte), Zeitungsartikel ca. 1986 (undatiert). * Johann Haller: "Otto Leiber", Aufsatz anlässlich einer Sonderausstellung des Geschichtsvereins Buchenberg mit Werken von Leiber, ca. 1989 (undatiert). * Johann Haller: "Bernd Möller stellt Leben und Wirken des Künstlers Otto Leiber im Dorfmuseum vor", Zeitungsrezension einer Vernissage im Dorfmuseum von Buchenberg, ca. 1995 (undatiert). * Georg Waschinsky (Filialdirektor i.R. Deutsche Bundesbank Ulm): "...von der Seele gemalt", Einführung in die Otto-Leiber-Ausstellung in Buchenberg, 3. April 2009. * Stephan Hübner: "Wahres Multitalent und Tausendsassa. Rund 140 Werke von Otto Leiber an vier Stationen zu erleben / Albert Schweitzer sitzt Künstler geduldig Modell." (Schwarzwälder Bote, 6. April 2009).