Benutzer:Sipalius/RadOnk/LC
Bronchialkarzinom (Lungenkarzinom, Lung carcinoma, LC)
Beim Bronchialkarzinom unterscheidet man das häufigere nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) und das seltenere kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC).
NSCLC (Non-small-cell lung carcinoma)
Allgemeines
Dieser Abschnitt gilt im wesentlichen für NSCLC und SCLC.
Epidemiologie
- Alle LC: Inzidenz etwa 60/100.000/Jahr in Deutschland, das entspricht 50.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Deutschland 2014: etwa 35.000 Männer, 20.000 Frauen.
- Mittleres Erkrankungsalter etwa 70 Jahre.
- Zweithäufigster Tumor beim Mann nach Prostatakarzinom, dritthäufigster Tumor bei der Frau nach Mammakarzinom und kolorektalem Karzinom.
- Bei Männern mit Abstand häufigste Krebstodesursache, bei Frauen zweithäufigste Krebstodesursache.
- Trend: Nach Gipfel in den 1980er Jahren bei Männern rückläufige Inzidenz, bei Frauen weitere Zunahme. Insgesamt wird ein leichter Anstieg der Inzidenz erwartet.
- Das Lungenkrebsrisiko ist invers korreliert mit Ausbildung und Einkommen. Dies liegt zum Teil an beruflicher Noxenexposition bei Arbeitern.
- Adenokarzinom eher bei Nichtrauchern und auch bei Frauen
- Geografie: Lungenkrebs am häufigsten in Europa und Nordamerika, seltener in sogenannten Entwicklungsländern; in letzteren aber steigende Häufigkeit.
- Geografie2: häufiger in Städten und Industrieregionen, Ursachen häufigerer Nikotinkonsum und berufliche Noxenexposition
- Geografie3: Radon, örtlich verschieden, Einfluss auf Karzinomentstehung nicht völlig geklärt. In Deutschland Beitrag von etwa 5 % zum Karzinomrisiko, statistisch etwa 1900 Lungenkrebstote pro Jahr durch Radon.
- 5-Jahres-Überleben 2013 in Deutschland: im Mittel 16 % bei Männern, 21 % bei Frauen. Günstigste Histologie: Karzinoid, broncho-alveoläres Karzinom.
- Geschätzt 220.000 Menschen sterben pro Jahr an Lungenkrebs durch Feinstaub und Luftschadstoffe, davon etwa die Hälfte in Ostasien.
Ätiologie
- Risikofaktoren: (vor allem und mit weitem Abstand zu anderen) inhalativer Nikotinkonsum (rauchen), es entscheiden Dauer (über wieviele Jahre?) und tägliche Menge (Anzahl Schachteln (20 Zigaretten) pro Tag), multipliziert als packs [per day] years (py); Radon (aus dem Boden, örtlich sehr verschieden, Einfluss auf die Entstehung von LC nicht ganz klar); Benzpyrene, Arsen, Chrom, Nickel, Asbest, polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe.
Exkurs Tabakkonsum
- Zigaretten: Männer 24fach höheres Risiko für Lungenkrebs im Vergleich zu einem Nieraucher, Ex-Raucher 7,5fach höheres Risiko; bei Frauen 9fach bzw. 2fach, d. h. aufhören senkt das Risiko, gleichwohl bleibt es erhöht.
- Zigarren/Zigarillo/Pfeife: 8-9fach höheres Risiko im Vergleich zu einem Nieraucher (wahrscheinlich Zahlen für Männer)
- 85 % der Todesfälle durch Lungenkarzinome in der EU gehen auf Rauchen zurück (Männer 91 %, Frauen 65 %).
- In Deutschland pro Jahr 36.000 Lungenkrebstote (26.000 Männer, 10.000 Frauen) durch Rauchen
- Passivrauchen: Raucht nur der Partner, so haben Frauen ein 24 %, Männer ein 37 % höheres Lungekrebsrisiko; ähnliche Daten um die etwa 20 % für Passivrauchen am Arbeitsplatz
- Bierlokale, Raucherkneipen etc.: bei privat Nichtrauchern ggfs. Anerkennung als Berufskrankheit prüfen. Langjährige Exposition verdoppelt das Lungenkrebsrisiko.
Prävention
- Prävention: nicht rauchen, Schutz vor Noxen am Arbeitsplatz; in bestimmten Radon-Gebieten in Häusern für Abluft sorgen ggfs. bei Neubau einplanen
- Screening: Reduktion der Mortalität um 20 % bei Menschen mit Risiko (55-74 Jahre und mindestens 30 py) durch CT Thorax in Studien erwiesen
Klassifikation
Anatomie
Der Lymphabfluss der gesamten Lunge läuft nach Zentral ins Mediastinum, auch wenn der Tumor peripher in der Lunge sitzt. Der Drainageweg verläuft meist ins obere Mediastinum nach rechts supraklavikulär. Rechtsseitige Tumoren bleiben meist ipsilateral, wohingegen linksseitige Tumoren bisweilen früh auf die Gegenseite wechseln.[1]
Die gängige Einteilung der Lymphknoten erfolgt nach der Einteilung von Mountain & Dresler 1997.
TNM-Klassifikation
Die Klassifikation ist für NSCLC und SCLC gleich bis auf andere Unterteilung bei M1 beim SCLC.
- Tis
- T1: a) < 1 cm, b) < 2 cm, c) < 3 cm; kein Hauptbronchusbefall. Bei N0 M0: Stadium IA1-3
- T2: a) < 4 cm, b) < 5 cm oder Hauptbronchusbefall (nicht Carina)/Befall viszeraler Pleura/Atelektase. Bei N0 M0 Stadium IB bzw. IIA
- T3: > 5 cm und < 7 cm oder Infiltration Rumpfwand/Zwerchfell/Perikard/N. phrenicus/Satellitenherde im selben Lungenlappen
- T4: Infiltration Mediastinum/Herz/große Gefäße/Trachea/Ösophagus/N. recurrens/Wirbelkörper/Carina/Satellitenherde anderer ipsilateraler Lungenlappen
- N0
- N1: LK ipsilateral peribronchial/hilär
- N2: LK ipsilateral mediastinal/subcarinal
- N3: LK kontralateral mediastinal/hilär; supraklavikulär
- M0
- M1: a/b/c nur beim NSCLC
- M1a: maligner Pleuraerguss, maligner Perikarderguss, Pleurakarzinose, kontralaterale Satellitenherde (DD: Zweittumor!)
- M1b: eine singuläre extrathorakale Metastase
- M1c: multiple extrathorakale Metastasen
Prävertebrale/retrotracheale LK (3P) sind bei Primarius links N3, bei Primarius rechts N2.
Stadien
- Statistisch bei Erstdiagnose:
- Lokal begrenztes Stadium (I, II): 30 %
- Lokal fortgeschrittenes Stadium (III): 30 %
- Metastasiertes Stadium (IV): 40 %
- Vereinfacht: ab LK-Befall mindestens Stadium IIB (T1/2 N1 M0, T3 N0 M0), ab cN2 mindestens Stadium IIIA (T1/2 N2 M0, T3 N1 M0, T4 N0/1 M0), ab cN3 mindestens Stadium IIIB (T1/2 N3 M0, T3/4 N2 M0)
- Für die Resektion ist der N-Status entscheidend: Ab cN3 wird nicht mehr operiert.
Histologie
- NSCLC 80-85 %
- Adenokarzinom 40-45 %
- Plattenepithelkarzinom 30 %
- Großzelliges Karzinom 10 %
- SCLC 15-20 %
Molekulare Diagnostik
- Cytokeratin-7 (CK7): in Epithelzellen der Lunge und der Mamma sowie Ovar und Urothel, nicht aber von Colon und Prostata. Dient bei Lungenprobe zum Nachweis eines Lungentumors in Abgrenzung etwa zu einer Metastase bei Colon-Karzinom. Gegenprobe: Cytokeratin-20 (CK20) ist bei kolorektalen Karzinom vorhanden und fehlt beim Lungenkarzinom.
- Programmed cell death 1 ligand 1 (PD-L1): Oberflächenprotein, das an der Hemmung der Immunantwort beteiligt ist, vor allem in Herz, Skelettmuskulatur, Plazenta und Lunge, geringer auch in anderen Organen sowie T- und B- und anderen Zellen. Manche NSCLC (u. a. Tumore) bilden vermehrt PD-L1, was als negativer Prognosemarker angesehen werden kann. Bei PD-L1-positiven Tumoren können Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab zum Einsatz kommen; tatsächlich schließt aber auch eine PD-L1-Negativität ein Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren nicht aus, so dass diese in vielen Fällen auch bei PD-L1-Negativität gegeben werden. Für die Therapie PD-L1-positiver Tumoren werden verschiedene Scoring-Typen eingesetzt:
- Tumor Proportion Score (TPS, prozentualer Anteil PD-L1-positiver Tumorzellen von allen vitalen Tumorzellen)
- Immune Cell Score (IC, prozentualer Anteil der Fläche PD-L1-positiver Immunzellen von der Fläche der vitalen Tumorzellen)
- Combined Positive Score (CPS, Kombination von TIPS und IC), prozentualer Anteil PD-L1-positiver Zellen einschließlich Lymphozyten und Makrophagen von allen vitalen Tumorzellen
- Thyroidaler Transkriptionsfaktor 1 (TTF1): bei NSCLC-Adenokarzinom und SCLC meist positiv, bei anderen NSCLC meist negativ; auch in Thyrozyten und C-Zellen der Schilddrüse, dennoch meist hinweisend auf einen Lungentumor
Genetik
- Mesenchymal–epithelial transition (MET) Exon 14 skipping: Seltene Mutation im Tumor im MET-Gen, das für einen Membranrezeptor (hepatocyte growth factor receptor, HGFR) codiert. Ermöglicht Therapie mit einem C-MET-Inhibitor, etwa Crizotinib, Cabozantinib, Capmatinib oder Tepotinib.
Klinik
Dieser Abschnitt gilt im wesentlichen für NSCLC und SCLC.
Symptome
- wenig Frühsymptome, eher unspezifisch: ungewollter Gewichtsverlust, Änderung eines (oft vorbestehenden) Hustens, Dyspnoe, Thoraxschmerzen
- Spezifischer: Hämoptysen, Rekurrens-Parese bei ansonsten unauffälligem HNO-Status, paraneoplastische Syndrome (SIADH: hypotone Hyperhydratation, Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom: proximale Muskelschwäche (beide eher beim SCLC))
- Symptome durch Metastasen (Hirn: Krampfanfall, Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit/Erbrechen; Knochen: Schmerzen, pathologische Fraktur; Nebennieren; Leber). Fernmetastasen sind beim Adenokarzinom häufiger.
Diagnostik
- Röntgen Thorax in 2 Ebenen (besser gleich CT bis Nebennieren einschließlich), Lungenfunktion, Bronchoskopie
- Diagnosesicherung: endoluminal (EBUS) oder transthorakal (CT- oder US-gesteuert)
- Staging: in Stadien IB-IIIC PET/CT und cMRT, LK-Staging per EBUS.
- Molekulare Diagnostik: PD-L1-Expression; im Stadium IV bei allen nicht plattenepithelialen Tumoren Treibermutationen (EGFR-Mutation, EML4-ALK, BRAF V600, ROS1-Translokation)
Therapie
- Therapiekonzept wird im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboard festgelegt.
- Wenn eine Operation möglich ist (Nebenerkrankungen, Narkosefähigkeit), werden die lokal begrenzten Stadien (I, II) operiert. Im Stadium III manchmal Operation mit nachfolgend adjuvanter Therapie, manchmal primäre Radiochemotherapie mit anschließend Durvalumab-Erhaltung (wenn PD-L1 > 1 %), in jedem Fall eine multimodale Therapie. Im Stadium IV erfolgt primär Systemtherapie.
Stadium I, II, T3 N1
- Standard: antero- oder posterolaterale Thorakotomie und Lobektomie sowie systematische mediastinale LK-Dissektion. Manchmal minimalinvasive VATS-Resektion. Manchmal nur Segmentresektion oder sogar Pneumektomie.
- Bei funktioneller Inoperabilität (schlechte Lungenfunktion) oder Nebenerkrankungen:
- bei max. Stadium IIA (cT2b cN0 cM0): stereotaktische Radiotherapie
- bei Stadium > IIA (mind. cT3 oder cN+): Radiochemotherapie 66-70 Gy
- Nach Operation:
- bei Stadium I/II, R0: keine adjuvante Radiotherapie
- bei Stadium I/II, R1: Nachresektion. Falls Nachresektion unmöglich adjuvante Radiotherapie mit 60 Gy.
- bei Stadium II und IIIA1/2: bei gutem AZ adjuvante Chemotherapie mit 4 Zyklen Cisplatin/Vinorelbin
Sonderfall: Pancoast-Tumor
Der Pancoast-Tumor (Pancoast tumor) ist eine in der Lungenspitze mit Invasion in die Umgebung gelegenes Lungenkarzinom und heißt so nach dem amerikanischen Radiologien Henry Pancoast.
- meist T3 oder T4, Stadium II-IIIB
- Hier benötigt man eine MRT, um den Plexus brachialis beurteilen zu können, der durch den Tumor, aber auch durch die Bestrahlung gefährdet werden kann.
- Standard-Ersttherapie ist eine neoadjuvante Radiochemotherapie bis 45 Gy a 1,8 Gy (oder 50 Gy a 2,0 Gy oder auch 45 Gy a 2 täglich 1,5 Gy) und begleitender Cisplatin-haltiger Chemotherapie. Danach ist hoffentlich Operabilität hergestellt.
- Falls Operation absehbar nicht möglich: Definitive Radiochemotherapie bis 60/64 Gy (Plexus brachialis schonen)
- Nach R0-Operation keine adjuvante Therapie
- Bei R1-Resektion: Nachresektion. Falls diese nicht möglich weitere Radiatio und/oder Chemotherapie
Stadium III
Das Stadium III ist sehr heterogen und umfasst an Therapien alles von Operation bis Radiochemotherapie. Hier ist eine prätherapeutische Tumorkonferenz besonders wichtig.
- TNM: T1-3 N2-3, T4 N0-3
- Aufgrund der Heterogenität dieses Stadiums gibt es eine Unterteilung nach Robinson in Stadium IIIA1-4; diese unterscheiden im wesentlichen den Nachweis von LK-Befall: 1) inzidentell postoperativ, 2) intraoperativ, 3) präoperativ (Biopsie, PET/CT), 4) "bulky"-LK oder ECE. Für Details siehe etwa Onkopedia.
- Postoperative Radiatio: immer bei R1 oder R2, wenn keine Nachresektion möglich ist (Nachresektion ist überlegen!), bei pN2 R0, nicht aber bei pN0-1 R0.
T1-3 N2 M0 (IIIA)
- Bei funktioneller und anatomischer Operabilität: neoadjuvante Chemotherapie, Operation, adjuvante Bestrahlung; falls OP nicht möglich definitive Radiochemotherapie, Entscheidung nach 45 Gy
- Bei funktioneller oder anatomischer Inoperabilität: Definitive Radiochemotherapie (Cisplatin/Vinorelbin oder Carboplatin/Paclitaxel) gefolgt von Durvalumab-Erhaltung; falls keine Chemotherapie möglich ist alleinige Radiotherapie
T4 N0-1 M0 (IIIA)
- Bei Operabilität (in der Regel bei Karinabefall, geringem Befall von Trachea oder Atrium, Infiltration V. cava/A. pulmonalis, Metastase ipsilateral in anderem Lappen): (evtl.) neoadjuvante Chemotherapie, (oder primäre) Operation, adjuvante Chemotherapie (Cis/Vino); falls R1/2-Resektion und keine Nachresektion (besser als Bestrahlung!) postoperative Radiotherapie
T4 N2 M0/T1-4 N3 M0 (IIIB/C)
- Bei gutem AZ definitive Radiochemotherapie 66-70 Gy (Cis/Vino), Durvalumab-Erhaltung
- Bei schlechterem AZ (ECOG 2) oder Nebenerkrankungen sequenziell: Chemotherapie, dann Radiotherapie, Durvalumab
- Bei schlechterem AZ (ECOG 2) und Nebenerkrankungen: alleinige Radiotherapie
Stadium IV
Oligometastasierung
- Voraussetzung für diese Therapie: komplette Resektabilität des Primarius und maximal 3 Metastasen (cT1-4 cN0-1 cM1a/b)
- Radikale Lokaltherapie der Filiae, dann Resektion Primarius, dann meist adjuvante Chemotherapie
Ansonsten: Systemtherapie
- Prätherapeutisch PD-L1-Immunhistochemie in jedem Fall, Analyse auf Treibermutationen falls kein Plattenepithelkarzinom (PEC) vorliegt
- Zielgerichtete Therapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren:
- EGFR-aktivierende Mutation: Osimertinib, Afatinib oder Dacomitinib
- ALK-Translokation: Alectinib, Brigatinib, Ceritinib oder Crizotinib
- ROS1-Translokation: Crizotinib
- BRAF-aktivierende Mutation (V600E): Trametinib, Dabrafenib
- Bei fehlender Treibermutation und PD-L1-Expression > 50 %: Pembrolizumab
- Keine Treibermutation:
- Non-PEC-NSCLC: Platin, Pemetrexed und Pembrolizumab, anschließend Pembrolizumab- oder Pemetrexed-Erhaltung (Alternativschema: Carboplatin, Paclitaxel, Atezolizumab, Bevazizumab, dann anschließend Atezolizumab- und Bevazizumab-Erhaltung)
- PEC: Carboplatin, (nab-)Paclitaxel und Pembrolizumab, anschließend Pembrolizumab-Erhaltung
- Bei reduziertem AZ: Mono-Chemotherapie oder BSC
- 2nd-Line-Therapie: Falls in 1st-Line-Therapie keine Immuntherapie, dann jetzt Nivolumab, Atezulizumab oder Pembrolizumab; falls zuvor Pembrolizumab mono, dann jetzt platinhaltige Chemotherapie; bei raschem Progress Docetaxel und Nintedanib oder Ramucirumab, bei reduziertem AZ auch nur Docetaxel oder Pemetrexed mono. Weiterhin bei Treibermutation: Bisher nicht gegebene Tyrosinkinase-Inhibitoren.
- Anbindung Palliativdienst verbessert Lebensqualität und Lebenszeit.
Nachsorge
Nach kurativer Therapie in den ersten zwei Jahre vierteljährlich, dann halbjährlich.
Externe Links
- onkologie.eu: NSCLC
- AWMF-Leitlinie Lungenkarzinom
- Onkopedia-Leitlinie: NSCLC
- ESMO-Leitlinie: frühes und lokal fortgeschrittenes NSCLC
- ESMO-Leitlinie: metastasiertes NSCLC
- NCCN-Leitlinie: NSCLC
Studien
Neoadjuvante Therapie vor Resektion
Forde et al. 2022/CheckMate 816: Neoadjuvant Nivolumab plus Chemotherapy in Resectable Lung Cancer
Bei neoadjuvanter Chemotherapie ist es sinnvoll, diese um Nivolumab zu erweitern.
ESPATUE
NSCLC in resektablem Stadium IIIA, N2 und einzelne IIIB. 246 Patienten, weniger als geplant. Induktionschemotherapie (Cis/Pacli), Radiochemotherapie (1,5 Gy 2xtäglich, Cisplatin und Vinorelbin), dann resektabel: Randomisiert in Operation und Boost-RT bis max. (je nach Risiko) 65 bis 71 Gy. 5-Jahres OS und PFS sind ähnlich. OS nach 5 Jahren: 34 %.
PACIFIC
Faivre-Finn et al. 2021: PACIFIC Trial Update
Faivre-Finn et al.: Four-Year Survival With Durvalumab After Chemoradiotherapy in Stage III NSCLC-an Update From the PACIFIC Trial. DOI: 10.1016/j.jtho.2020.12.015.
Patienten in inoperablem Stadium III, nach Radiochemotherapie Durvalumab vs. Placebo. Daten nach 4 Jahren. OS: Durvalumab 50 %, Placebo 36 %. PFS: Durvalumab: 35 %, Placebo: 20 %.
Nivolumab/Ipilimumab bei NSCLC im Stadium IV
Hellmann et al. 2019: Nivolumab plus Ipilimumab in Advanced Non–Small-Cell Lung Cancer
OS besser mit Nivolumab/Ipilimumab als mit Chemotherapie
Pembrolizumab bei metastasierter Erkrankung
Radioimmuntherapie bei metastasiertem NSCLC ist sicher in der Anwendung. Er bleibt zu klären, welche Patienten davon am meisten profitieren.
Radiotherapie und Pembrolizumab verbessern Tumoransprechen und Outcomes bei metastasiertem NSCLC. Randomisierte Phase-III-Studie folgt.
Einzelnachweise
- ↑ LoCicero, Ponn, Rusch: General thoracic surgery, 6th edition, Philadelphia 2005
SCLC (Small-cell lung carcinoma)
Allgemeines
- Das SCLC stellt bei abnehmender Inzidenz etwa 15-20 % der Lungenkarzinome.
- Risikofaktoren wie beim NSCLC, bei weitem führend der inhalative Tabakkonsum
Klassifikation
Die TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung ist grundsätzlich wie beim NSCLC, allerdings ohne die a/b/c-Unterscheidung bei M1; es wird nur M1a/b mit anderen Bedeutungen unterschieden.
Zudem gibt es eine andere Klassifikation nach der Veterans Administration (VA) Lung Study:
- Very Limited Disease (VLD), entspricht höchstens T1-2 und N0-1 M0: ein Tumor ohne mediastinalen LK-Befall (etwa 10 % der SCLC)
- Limited Disease (LD), entspricht T3-4 oder N2-3 M0: auf den Hemithorax begrenzter Tumor mit oder ohne ipsi- oder kontralaterale mediastinale LK-Metastasen (etwa 30 % der SCLC). Bei supraklavikulären LK-Metastasen oder malignem Pleuraerguss ist die Zuordnung LD oder ED umstritten.
- Extensive Disease (ED), entspricht T1-4 N0-3 M1: Jeder Tumor, der das Stadium LD überschreitet (etwa 60 % der SCLC)
Klinik
- Symptome ähnlich dem NSCLC
- Das SCLC zeigt häufiger als das NSCLC paraneoplatische Syndrome, am häufigsten SIADH (bei etwa 10 % der SCLC), Cushing (etwa 3 %), Lambert-Eaton-Syndrom (etwa 1 %).
- Das SCLC wächst in der Regel schneller und ist aggressiver als das NSCLC. Damit ist es auch empfindlicher gegenüber Bestrahlung und Chemotherapie. Häufig liegen bei Diagnose schon (asymptomatische) Metastasen vor.
- Metastasiert vor allem in Knochen, Leber, Hirn, Nebenniere, Knochenmark.
- Diagnostik: siehe NSCLC; PET/CT ist bei kurativ intendierter Therapie empfohlen
Therapie
VLD
- Mediastinale LK wirklich ausgeschlossen?
- Dann Resektion, anschließend 4 Zyklen Cisplatin/Etoposid (oder andersherum: neoadjuvante Chemotherapie, danach Operation)
- Schwache Evidenz für Resektion und adjuvante Chemotherapie ohne vorherige Histologie (kommt vor, wenn ein Rundherd ohne Histologie reseziert wird und sich bei der Aufarbeitung als SCLC herausstellt)
- Adjuvante Radiatio bei pN1 fakultativ, pN2 empfohlen (Wie kann das sein? N2 wäre nicht mehr VLD! Da hat wohl einer mediastinale LK nicht ausgeschlossen...) (Nach Onkopedia keine Radiatio bei N0/1, bei N2 diskutabel)
- „Prophylaktische“ Ganzhirnbestrahlung (prophylactic cranial irradiation, PCI) empfohlen (25-30 Gy, ED 1,8-2,5 Gy). Wert der PCI bei N0-1 allerdings ungesichert, insofern diskutabel.
- Eher keine definitive Radiochemotherpie
LD
Simultane Radiochemotherapie, am besten bereits ab dem ersten Chemotherapie-Zyklus, faktisch setzt die Radiotherapie wegen Planung derselben oft etwas später ein.
- Chemotherapie: 4-6 Zyklen Cisplatin/Etoposid (Carboplatin nur bei Kontraindikation für Cisplatin!)
- Radiotherapie-Schemata:
- junge Patienten in gutem AZ: hyperfraktioniert, akzeleriert 45 Gy mit 2 x täglich 1,5 Gy (Turrisi-Protokoll), neu: Dosiseskalation nach Grønberg et al. 2021 (siehe Studien)
- ältere Patienten mit geringerer Belastbarkeit: konventionell fraktioniert 60-66 Gy mit 1,8-2,0 Gy täglich
- Nur bei älteren oder AZ-geminderten oder wesentlich nebenerkrankten Patienten Chemotherapie und Bestrahlung sequentiell
- Bei Remission (neue Bildgebung!) nach Abschluss der Radiochemotherapie PCI empfohlen (25-30 Gy, ED 1,8-2,5 Gy)
- Ausnahmefall: Bei kompletter Remission des mediastinalen LK-Befalls durch die Therapie ist eine Resektion denkbar.
ED
- Chemotherapie: Carboplatin/Etoposid plus Atezolizumab, anschließend Atezolizumab-Erhaltung. (Cisplatin bringt keinen Vorteil gegenüber Carboplatin.)
- Nach Remission (auch nur partiell) unter Chemotherapie konsolidierende Bestrahlung des Primarius/Mediastinums mit 30 Gy mit 3 Gy ED nach Slotman. Benefit vor allem bei Patienten mit Resttumor nach Chemotherapie. (Diese Therapie nicht, wenn Hirnmetastasen vorliegen? Bei symptomatischen Hirnmetastasen liegt aber eher dort das Problem.)
- PCI diskutabel: Entweder bei Remission (auch nur partiell) anschließend PCI oder alle 3 Monate cMRT und palliative Ganzhirnbestrahlung bei zerebralen Metastasen
Progress unter Therapie
Bei gutem AZ andere Chemotherapie, etwa Topotecan mono oder Adriamycin/Cyclophosphamid, bei reduziertem AZ symptomorientierte Therapie, etwa Radiotherapie des Primarius
Progress bald nach Therapie
Bei Remission oder Stable Disease/No Change und dann Progress innert 3 Monaten Topotecan mono
Rezidiv
Bei Progress später als 3 Monate nach Therapieende Topotecan mono oder Re-Induktion Platin/Etoposid
Nachsorge
Alle 3 Monate Kontrollen, bei ED ohne PCI inklusive cMRT. Die Nachsorge ist besonderes wichtig, weil SCLC ein aggressiver Tumor mit häufigen Rezidiven und zudem eine wirksame Zweitlinientherapie verfügbar ist.
Externe Links
- onkologie.eu: SCLC
- AWMF-Leitlinie Lungenkarzinom
- Onkopedia-Leitlinie: SCLC
- ESMO-Leitlinie: SCLC
- NCCN-Leitlinien: SCLC
Studien
Slotman et al. 2015
Bei jeglichem Ansprechen auf die Chemotherapie sollte bei SCLC im Stadium ED eine thorakale Bestrahlung erwogen werden. Besonders profitieren davon Patienten unter 70 Jahren mit thorakalem Resttumor sowie Frauen.
Takahashi et al. 2017
Die PCI bringt im Stadium ED nach Remission (auch partiell) des SCLC kein längeres OS.
Grønberg et al. 2021
Vergleich hyperfraktionierter Schemata nach Turrisi (45,0 Gy, 2 x tgl. 1,5 Gy) mit einem experimentellen, verlängerten Schema mit höherer Gesamtdosis: 60,0 Gy, 2 x tgl. 1,5 Gy. Es ergab sich ein Überlebensvorteil für die 60 Gy ohne erhöhte Toxizität.