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Salzburger Kunstfilm Industrie A.G.
Die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G. war eine von 1920 bis 1927 bestehende Filmproduktionsfirma im heutigen Salzburger Stadtteil Maxglan.
Gründung
1920 fanden sich die Vertreter der Idee eine Filmfirma in Salzburg zu gründen zusammen. Zu diesen gehörten der Regierungsrat Friedrich Gehmacher, der Direktor der Stiegl Brauerei Heinrich Kiener, der Kaufmann Josef Klein, Filmregisseur Rudolf Oppelt oder aber auch Kaffeehausbesitzer und Schauspieler Richard Tomaselli, um nur einige zu nennen. Am 4.11.1920 wurde schlussendlich die „Salzburger Kunstfilm-Industrie AG“ gegründet. Bereits der Name verrät welchen Anspruch man an die nun entstandene Filmfirma stellte. Sie sollte einerseits künstlerisch wertvolle Filme produzieren und andererseits verrät der Begriff „Industrie“, dass man sich einerseits ein gutes Geschäft erwartete und andererseits, dass die Filmfirma sämtliche Aufgaben der Produktion und Vermarktung selbst übernehmen wollte. Bereits kurz vor Zeichnungsschluss am 15.1.1921 konnte das angestrebte Grundkapital von 12 Millionen Kronen erreicht werden. Vor allem katholisch-konservative Kreise kauften viele Aktien der neuen Filmfirma (Katholische Frauenorganisation, Katholischer Universitätsverein, etc.).[1]
Das größte Filmstudio Österreichs
Um die hoch gesteckten Ziele erreichen zu können, benötigte die Filmgesellschaft auch eine entsprechende Infrastruktur. Zu diesem Zwecke wurde vom Direktor der Stieglbrauerei zu Salzburg, Heinrich Kiener, ein Gebäude auf dem Areal der Brauerei in Salzburg-Maxglan zur Verfügung gestellt. Das Gebäude wurde bis zu seiner Inbetriebnahme im Juni 1921 an die Erfordernisse eines Filmstudios mit den neuesten technischen Entwicklungen ausgestattet. Das Atelier hatte eine Fläche von 693 Quadratmetern und war mit der neuesten Beleuchtungstechnik ausgestattet. Die Garderobenräume waren auf bis zu 200 Personen ausgelegt.[2] Das Labor war in einem separaten Gebäude untergebracht und konnte den im Atelier aufgenommenen Film bis zum Vorführfilm bearbeiten. Neben den Hallen bestand auch noch eine 5000 Quadratmeter große Freilichtbühne.[3] Bis zur Eröffnung des Filmstudios am Wiener Rosenhügel im Dezember 1923 war das derart modern ausgestattete neue Filmstudio in Salzburg das größte in ganz Österreich.
Filmisches Schaffen
Bereits im Festspielsommer des Jahres 1921 drehte die neue Filmgesellschaft Teile einer „Jedermann“-Aufführung am Salzburger Domplatz mit, wofür die dafür notwendige Beleuchtung am Domplatz aufgebaut wurde und ohne Probe eingesetzt.[4] Ebenso filmte man in diesem Sommer die Vorführung des ehemaligen zaristisch-russischen Balletts im Naturtheater des Mirabellgartens. Beide Aufnahmen wurden vermutlich für eine Wochenschau hergestellt. Fremdproduktionen bestimmten auch in den ersten beiden Jahren ihres Bestehens den Haupterwerb der „Salzburger Kunstfilm-Industrie AG“. So fungierte die Firma in Produktionsassistenzen für die UFA und TERRA Filmgesellschaften, welche in Salzburg drehten und war für die Werbefirma „Germania“ tätig.[5]
Die Tragödie des Carlo Prinetti
Noch im Jahr 1921 wagte man sich an die Verfilmung des ersten eigenen Spielfilmes in Kooperation mit der Justitz-Film Berlin. Unter der Regie von Emil Justitz entstand der Film „Die Tragödie des Carlo Prinetti“ mit den damaligen Stummfilmstars Alphons Fryland und Charlotte Böcklin in den Hauptrollen. Der Film handelt in 5 Akten von dem Halleiner Salinenarbeiter Anton Gruber, der zum Mörder wird um seine Schwester Anna zu beschützen und in die Stadt Salzburg flüchten muss, wo er unter dem Decknamen Carlo Prinetti zum Schauspieler wird. Im Zuge dieser Tätigkeit verliebt er sich in eine amerikanische Schauspielerin und heiratet diese. Ein amerikanischer Juwelenhändler spannt ihm aber seine Frau aus und denunziert ihn, dass er in eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden soll. Auf dem Weg dorthin flüchtet er. Monate später kommt es zum Showdown in den Bergen, bei dem der Juwelenhändler tödlich abstürzt. Es stellt sich dann schlussendlich heraus, dass der Verunglückte ein gesuchter Verbrecher war und der Schauspieler Prinetti kommt so wieder mit seiner reumütigen Frau zusammen.[6] Der Film gilt gegenwärtig als verschollen.
Filmvertrieb
1924 hatte die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G. die Vertriebsrechte der US-amerikanischen Filmfirma „First National Film USA“. Allerdings konnte sie sich nicht die alleinigen Vertriebsrechte für Österreich sichern. Zu den von der Salzburger Kunstfilm in Österreich vertriebenen Filmen zählten:
- Jim, the penman
- Sonny
- The Child thou gavest me
- Alias Julius Cäsar
- The woman in his house
- Serenade[7]
Veränderung im Verwaltungsrat
Viele Vertreter aus Salzburg traten 1923 von ihren Posten zurück und wurden zum überwiegenden Teil von Wienern neu besetzt. Unter diesen befanden sich der ehemalige Verteidigungsminister Karl Czapp-Birkstetten und der Generaldirektor der „Nordisch-Österreichischen Bank“ Otto Waldegg. Im Zuge dieser personellen Umstrukturierungen wurde das Aktienkapital von 12 Millionen Kronen auf 200 Millionen Kronen erhöht und die Weichen auf Expansion gestellt. So errichtete man in Wien eine Filiale der „Salzburger Kunstfilm-Industrie AG“. Bereits wenige Monate später wurde das Aktienkapital noch einmal von 200 Millionen auf 500 Millionen Kronen erhöht. Zwar weist der von Otto Waldegg verfasste Geschäftsberichte 1924 eine positive Bilanz aus, aber die „Salzburger Kunstfilm-Industrie AG“ war zu diesem Zeitpunkt bereits hoch verschuldet.[8]
Konkurs
Bereits die Wirtschaftskrise von 1923 machte dem Unternehmen schwer zu schaffen und der Bösencrash in Wien versetzte die Filmgesellschaft in einen hoffnungslosen Zustand. Die Geldentwertung machte es schwer die kostenintensive Filmherstellung zu finanzieren um dann mühsam Monate später zu hoffen das eingesetzte Geld wieder herein zu spielen. Hinzu kamen noch die infolge der Geldentwertung fälligen explodierenden Zinsen für die Anteilseigner. Aber auch Firmenintern hatte enorme Misswirtschaft geherrscht, wie 1925 im Zuge des Veruntreuungsprozess gegen Otto Waldegg zutage kamen:
„[…] Der frühere Präsident Baron Hanns Friebeiß und der Direktor Fritz Bistritschan gründeten eine eigene Filmproduktionsgesellschaft Hannusfilm G.m.b.H., unter ihrem Deckmantel betrieben die Angestellten einen schwunghaften Filmhandel für eigene Rechnung mit eigenen zu diesem Zweck angekauften Filmen; der ganze Apparat der Gesellschaft samt Personal unter Regieauslagen sei für diese Konkurrenzgeschäfte herangezogen worden, während Geschäfte für die Gesellschaft überhaupt nicht mehr getätigt wurden. Direktor Bistritschan habe Forderungen der Gesellschaft in der Höhe von rund 20 Millionen Kronen ohne Grund an einen Agenten der Kunstfilm zediert, die Angestellten hätten nicht bloß während der Dauer ihrer Anstellung, sondern auch noch nach ihrer Entlassung Gelder einkassiert und dieselben einfach ohne Verrechnung unter sich verteilt. Filme der Gesellschaft konnten erst mit Hilfe der Polizei nach Verhaftung eines Angestellten wieder zustande gebracht werden, und waren diese von den Angestellten ihren Programmen gratis beigegeben worden, um diese teuerer verwerten zu können. […]“[9] Im Juli 1925 wurde dann aufgrund von Zahlungsunfähigkeit in Salzburg das Konkursverfahren eingeleitet, was im Monat darauf zur Auflösung führte. Am 2. Februar 1927 erfolgte dann die Löschung aus dem Salzburger Handelsregister. Komplett verschwand die „Salzburger Kunstfilm-Industrie AG“ aber erst im Jahr 1929, als das Konkursverfahren beendet wurde.[10]
Literatur
Christian Strasser, The Sound of Klein-Hollywood. Filmproduktion in Salzburg - Salzburg im Film, Wien et al. 1993
Christian Strasser und Harald Waitzbauer,Die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G., in: R. Floimaier (Hg.), Hunder Jahre Film 1895-1995. Salzburger Film- und Fotopioniere, Salzburg 1994,92-105.
Quellen
- ↑ Vgl. C. Strasser et. al., Die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G., in: R. Floimaier (Hg.), Hunder Jahre Film 1895-1995. Salzburger Film- und Fotopioniere, Salzburg 1994, 92-94.
- ↑ Vgl. Salzburger Chronik, 22.06.1921.
- ↑ Vgl. (Linzer-) Tagespost, 23.06.1921.
- ↑ Vgl. C. Strasser, The Sound of Klein-Hollywood. Filmproduktion in Salzburg - Salzburg im Film, Wien et al. 1993, 34.
- ↑ Vgl. C. Strasser et. al., Die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G., in: R. Floimaier (Hg.), Hunder Jahre Film 1895-1995. Salzburger Film- und Fotopioniere, Salzburg 1994,103.
- ↑ Vgl. Justitz-Filmgesellschaft, Die Tragödie des Carlo Prinetti,Broschüre, Berlin 1921.
- ↑ Der Filmbote, 19.04.1924, 4.
- ↑ Vgl. C. Strasser et. al., Die Salzburger Kunstfilm Industrie A.G., in: R. Floimaier (Hg.), Hunder Jahre Film 1895-1995. Salzburger Film- und Fotopioniere, Salzburg 1994,104-105.
- ↑ Salzburger Chronik, 09.06.1925
- ↑ Vgl. C. Strasser, The Sound of Klein-Hollywood. Filmproduktion in Salzburg - Salzburg im Film, Wien et al. 1993,38.