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Einleitung

Heißluftballons der Brüder Montgolfier

Die Geschichte der Fliegerei begann 1783 in Frankreich, wo die Gebrüder Montgolfier einen Heißluftballon konstruiert hatten und mit diesem erfolgreich einen Hammel, eine Ente und einen Hahn aufsteigen und erfolgreich wieder landen ließen. Die Anregung zum Bau ihrer Ballons sollen die Brüder übrigens von den sich an der Warmluft offener Kamine aufblähenden Röcke der Hofdamen erhalten haben.

Die Brüder Joseph Michel Montgolfier (* 26. August 1740 in Annonay bei Lyon, † 26. Juni 1810 in Balaruc-les-Bains) und Jacques Étienne Montgolfier (* 6. Januar 1745 in Annonay, † 2. August 1799) wurden in Naturwissenschaften und Architektur ausgebildet und leiteten gemeinsam eine Papierfabrik, die bereits seit 1557 im Familienbesitz gewesen war. Bereits Mitte der 1770er Jahre beschäftigte sich Joseph Michel mit der Luftfahrt, und zwar zunächst mit dem Fallschirm. 1777 machte er einen Selbstversuch vom Dach seines Hauses, der gut ausging. Jedoch unterließ er auf Bitten seiner Familie weitere Unternehmungen dieser Art.

Angeregt durch eine Schrift Joseph Priestleys beschäftigte er sich dann mit den Eigenschaften verschiedener Gase. Er wollte eine luftdichte Hülle, die mit „leichter Luft“ gefüllt war, zum Aufsteigen bringen. Experimente mit Wasserdampf schlugen fehl. Im Dezember 1782 unternahmen die beiden Brüder in ihrem Heimatort Annonay einen ersten - erfolgreichen - Versuch mit einem Ballon, der mittels von Wolle und Heu erhitzter Luft aufsteigen konnte. Die Montgolfiers waren der Ansicht, der Rauch sei das Auftriebsmittel, und bevorzugten daher stark qualmende Brennmaterialien. Am 5. Juni 1783 ließen sie wiederum in Annonay einen verbesserten Ballon aus Leinwand, der mit Papier abgedichtet worden war, vor Publikum aufsteigen. Dieser Flug dauerte zehn Minuten und soll eine Höhe von über 1500 m erreicht haben.

Daraufhin lud König Ludwig XVI. die Montgolfiers zu einer Demonstration nach Paris ein, erteilte jedoch gleichzeitig der Akademie der Wissenschaften den Auftrag, Versuche mit der „fliegenden Kugel“ durchzuführen. Jean-Baptiste Reveillon lieferte Rat, Geld und farbige Tapete für den Ballon. Bereits am 19. September desselben Jahres ließen die Brüder in Anwesenheit des Königs einen Heißluftballon mit drei Tieren (Hammel, Ente und Hahn) aufsteigen. Da die Tiere das Experiment überlebten, gab der König die Erlaubnis zu einem Aufstieg mit Menschen: am 21. November 1783 hoben mit dem Physiker Pilâtre de Rozier und dem Offizier Marquis d'Arlandes die ersten menschlichen Luftfahrer vom Boden ab. Der Flug dauerte 25 Minuten und endete erfolgreich. Ursprünglich sollten Sträflinge als Versuchspersonen eingesetzt werden; nach Protesten ließ man diesen Gedanken jedoch fallen.

Blanchard propagiert die Montgolfiere in ganz Europa

Am 7. Januar 1785 gelang dem Franzosen Jean Pierre Blanchard in Begleitung des Amerikaners Dr. John Jeffries mit einem neuartigen, gasgefüllten Ballon die Überquerung des Ärmelkanals. Der als klein und schmächtig beschriebene Blanchard war nicht nur ein wagemutiger Abenteurer, sondern wusste auch, aus seinem fliegerischen Erfolg Profit zu schlagen. In den Jahren nach seinem Flug über den Ärmelkanal zog er mit seinem Ballon auf einem Fuhrwerk durch zahlreiche europäische Städte, wo das im Zeitalter der Aufklärung wissensdurstige Publikum zahlreich erschien und gegen Entrichtung des Eintrittsgeldes den „schwebenden Menschen“ bewundern konnte.

Am 27. September 1788 machte Blanchard Station in Berlin. Der Andrang der Schaulustigen auf dem alten Exerzierplatz vor dem Brandenburger Tor war so groß, dass der Aufruf der Behörden, „nicht durch unartiges Geschrey und anderem Unfug auch durch Verletzung und Besteigung der Bäume, oder Verderbung der Felder sich sträflich zu betragen“ ungehört verhallte und die Dragonerschwadron, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem großen, abgesperrten Platz abgestellt waren, um 2000 Mann verstärkt werden musste. Blanchard befüllte seinen Ballon, bestieg mit seinen zwei Doggen den Korb, löste einige Sandsäcke – und hob ab. Das Publikum beobachtete gebannt, wie der Ballon weiter und weiter aufstieg. Plötzlich schien sich ein Gegenstand vom Ballon zu lösen und in die Tiefe zu stürzen. Den Zuschauern stockte der Atem. Nach kurzer Fallzeit löste sich ein Fallschirm aus dem herniederstürzenden Paket, öffnete sich, und ließ einen daranhängenden Korb langsam zur Erde herabgleiten. Die anwesenden Jäger, die sofort losgeprescht waren, um Korb und Fallschirm einzuholen, waren überrascht, in dem Korb die beiden leicht benommenen, aber ansonsten wohlbehaltenen Doggen des Ballonfahrers vorzufinden. Blanchard wurde unterdessen vom Wind bis nach Buchholz abgetrieben, wo auch er wohlbehalten niederging und in einem Triumphzug nach Berlin zurückgebracht wurde.

Blanchards Vorführungen erfreuten sich zu dieser Zeit großer Beliebtheit, fortschrittliche Damen trugen mitunter gar „Ballonhütchen à la Blanchard“. Allerdings trug seine Art der Vermarktung des Spektakels auch dazu bei, dass man die Ballonfliegerei als Jahrmarktsattraktion auffasste. Höfische Gesellschaften und städtisches Publikum ließen sich von mit Heißluftballons aufsteigenden Pferden oder von Fallschirmsprüngen aus luftiger Höhe aufs Beste unterhalten. Speziell in Deutschland nahm man Ballons daher zunächst als Hilfsmittel von Akrobaten wahr, und es dauerte noch mehrere Jahrzehnte, bis man hierzulande den praktischen Nutzen der Fliegerei erkannte. Tüftler konstruierten zwar einige vielversprechende Luftschiff-Entwicklungen, erhielten aber keinerlei staatliche Unterstützung. In Frankreich, der Heimat der „Montgolfiere“, machten sich dagegen Wissenschafler mit Ballons an die Erforschung der Atmosphäre, und Konstrukteure arbeiteten daran, die bislang vom vorherrschenden Wind abhängigen Ballons lenkbar zu machen. Auch in England fanden Ballons bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bereits Anwendung für meteorologische Zwecke.

Ein Engländer lehrt Preußen das Fliegen

Henry Tracey Coxwell (*2. März 1819 in Wouldham bei Rochester Castle, † 16. Januar 1900 in Tottenham), der Sohn eines englischen Offiziers, interessierte sich bereits von Kindesbeinen an für die Ballonfahrt. Nach dem Besuch der Armeeschule in Chatham wurde er Zahnarzt. 1844 konnte er erstmals selbst an einer Ballonfahrt teilnehmen. Fasziniert von seinen Eindrücken gab er ab 1845 das „Aeronautical Magazine“ heraus. 1848 gab er seinen Arztberuf auf, um sich vollends der Fliegerei zu widmen. Nach Flugvorführungen in verschiedenen europäischen Hauptstädten konzipierte er zurück in England Ballon-Ausstellungen in Crethorne und in Surrey Gardens. Bis 1861 war er bereits über 400 Mal mit seinem Ballon aufgestiegen, bis 1885 sollten rund 300 weitere Aufstiege folgen. Im Jahr 1862 gelang ihm gemeinsam mit Dr. James Glaisher der Aufstieg in eine Höhe von 11.887 m. Sein Begleiter Glaisher wurde dabei ohnmächtig, Coxwell selbst erlitt Erfrierungen an den Händen und musste letztlich die Ventilleine des Ballons mit den Zähnen betätigen, da er seine Hände nicht mehr benutzen konnte. Nach einem rasanten und teilweise unkoordinierten Abstieg gelang den Fliegern doch noch eine glückliche Landung. Die Beobachtungen von Coxwell während diesem und ähnlichen Aufstiegen lieferte wichtige Erkenntnisse für die Meteorologie. Coxwell erkannte jedoch auch das Potenzial der Ballone für Zwecke der Luftaufklärung und setzte sich hartnäckig für die militärische Verwendung von Ballons ein.

In Preußen hatte man nach Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges im Juli 1870 begonnen, innerhalb des Militärs eine „Luftschifferabteilung“ zu bilden. Freilich gab es damals noch keine Zeppeline, die später gemeinhin als „Luftschiffe“ bezeichnet werden sollten. Man verstand unter „Luftschiffern“ vielmehr jene Leute, die es verstanden, einen Ballon durch das Luftmeer zu navigieren. Und solche Experten gab es in Preußen zu dieser Zeit keine, so dass der preußische Staat für den Aufbau der Luftschiffer-Truppe den Engländer Coxwell verpflichtete. Am 31. August 1870 wurden in Köln zwei Luftschiffer-Detachements mit einer Stärke von je 20 Mann gebildet. Das Kommando hatten zwei Leutnants aus dem Ingenieurkorps, als technischer Beirat wurde ein Dr. Mahler berufen, der den Militärs als fachkundig erschien, da er als Literat bereits einen Artikel über Ballonfahrerei publiziert hatte. Coxwell brachte aus England das benötigte Fluggerät, zwei Ballons, mit. Nach nur fünf Tagen wurde die neu gebildete Gruppe von Köln nach Straßburg an die Front berufen. Obwohl sich Coxwell und seine kleine Truppe nach Kräften mühten, zeigte sich die Militärführung skeptisch gegenüber den in Deutschland nach wie vor als Jahrmarktszauber verpönten Ballons. Den preußischen Luftschiffern gelang dann auch nur einmalig der militärische Einsatz eines Ballons. Die Zweifel der Militärstrategen schienen sich zu bewahrheiten, so dass Mannschaft und Material zurück in die Heimat abberufen wurden. Am 10. Oktober 1870 wurde das Kommando aufgelöst und das Ende der „Luftschifferabteilung“ schien besiegelt zu sein.

Die Belagerung von Paris begründet die Luftpost

Ab 19. September 1870 belagerten die deutschen Truppen die französische Hauptstadt Paris. Immer wieder mussten die Deutschen verblüfft mit ansehen, wie über der Stadt Fesselballons aufstiegen. Die Ballons dienten zunächst dem französischen Militär zur Sondierung der militärischen Lage und seltener – bei günstigen Windverhältnissen und entsprechendem Bedarf – zur Übersendung von wichtigen Depeschen nach ausserhalb der Stadt. Ein auf dem Platz St. Pierre stationierter Ballon soll 14 Tage lang erfolgreiche Aufklärungsaufstiege unternommen haben, an der südlichen Front sollen Fesselballons in Ermangelung eines eigenen Lenksystems von einer langsam fahrenden Lokomotive geschleppt worden sein. Durch diese französische Luftaufklärung wurden die deutschen Belagerer mehrfach empfindlich getroffen, u.a. bei Befestigungsarbeiten in Pierrefitte. Der allmählich einsetzende Winter mit Dunkelheit, Kälte, Schnee und Nebel führte jedoch zu einem allmählichen Ende des französischen Luftaufklärungs-Erfolges. Das französische Militär verkaufte daher letztlich alle Ballons an die Postverwaltung.

Der französische Generalpostdirektor Ramport nutzte die Ballons, um große Mengen an Post aus der von den Belagerern immer mehr umschlossenen Stadt zu transportieren, und schuf mit dieser der Belagerungssituation geschuldeten Notlösung die erste von Menschen begleitete Luftpost in der Geschichte. Von 23. September 1870 bis zum Ende der Belagerung am 28. Januar 1871 verließen Paris insgesamt 66 Ballons mit 164 Personen, 381 Brieftauben, fünf Hunden und 10.675 Kilogramm Post und Depeschen. Davon gerieten fünf Ballons mit 13 Mann in Gefangenschaft, zwei wurden auf das Meer abgetrieben und gingen unter, die übrigen erreichten mehr oder weniger ihr Ziel. Der Ballon „Ville d’Orleans“ vollbrachte dabei sogar eine unfreiwillige Rekordfahrt. Er war am 24. November kurz vor Mitternacht mit zwei Luftschiffern, sechs Brieftauben und rund 125 Kilogramm Post am Pariser Nordbahnhof gestartet, wurde jedoch von starken Winden über die Nordsee nach Norwegen abgetrieben, wo er nach einer Strecke von 3132 Kilometern am Nachmittag des Folgetages rund 100 Kilometer südwestlich von Oslo auf dem Lifjeldgletscher landete. Durchschnittlich hatte der Ballon rund 200 Kilometer pro Stunde zurückgelegt.

An der Belagerung von Paris nahmen auf deutscher Seite zwei Männer teil, die die aufsteigenden Ballons sehr interessiert verfolgt haben und die später Luftfahrtgeschichte schrieben: der 42-jährige württembergische Generalstabsoffizier Ferdinand Graf Zeppelin, der später das erste lenkbare Starrluftschiff konstruierte, und der 22-jährige Absolvent der Gewerbeakademie Berlin und Kriegsfreiwillige Otto Lilienthal, der bereits seit seiner Schulzeit Experimente zur Erforschung des Auftriebs durch Flügelschlag unternahm. Lilienthal berichtete in Briefen seinem Bruder von den über Paris aufsteigenden Ballons.

So erfolgreich die Franzosen auch mit ihren Ballonfahrten aus Paris heraus waren, ist es ihnen jedoch aufgrund der Unlenkbarkeit der damaligen Ballons nicht gelungen, mit einem Ballon von außen her nach Paris hineinzukommen. Es entstanden tollkühne Ideen, einen Ballon von 2000 vorgespannten Brieftauben ziehen zu lassen und ähnliches mehr, die sich allesamt nicht umsetzen ließen. Die Entwicklung einer gigantischen, von Menschenhand getriebenen Luftschraube schien den Ballons eine gewisse Lenkfähigkeit verleihen zu können. Die Ausführung eines entsprechenden Entwurfs von Charles Henry Laurent Dupuy-de-Lôme zog sich jedoch bis Anfang Februar 1871 hin. Zu diesem Zeitpunkt hatte Paris bereits kapituliert und außerdem stellte sich bei den ab 2. Februar 1871 beginnenden Flug- und Lenkversuchen auch heraus, dass die Propeller mit einem Durchmesser von neun Metern so großem Luftwiderstand ausgesetzt waren, dass sie von der acht Mann starken Besatzung nicht betrieben werden konnten und folglich die Versuche als erfolglos abgebrochen wurden.

Im Juni 1871 kehrten die siegreichen deutschen Truppen in ihre Garnisonsstädte zurück. Der preußische König Wilhelm war noch auf französischem Boden in Versailles zum deutschen Kaiser gekrönt worden. Seine Rückkehr nach Berlin wurde feierlich mit einer Kaiserparade auf dem seit etwa 1720 als Exerzierplatz genutzten „Tempelhofer Feld“ nördlich von Tempelhof begangen.

Heinrich von Stephan erkennt das Potenzial der Luftfahrt

Nach den bescheidenen Ballon-Erfahrungen des vergangenen Krieges kam die weitere Entwicklung der Luftfahrt von staatlicher Seite in Deutschland nur schleppend in Gang. 1872 wurden die Ballons von 1870 erneut herbeigeschafft und die Konstruktion eines transportfähigen Wasserstoffgas-Erzeugers begonnen. Nachdem ein erstes mobiles Gerät zur Erzeugung von Wasserstoff fertiggestellt war, erwiesen sich die alten Ballons als nicht mehr brauchbar. Das Kriegsministerium lehnte nach Vorlage eines immensen Kostenvoranschlages für weitere Entwicklungen mit neuen Ballons die Fortführung der Versuche ab. Unterdessen machten in Deutschland mehrere private Erfinder große Fortschritte bei der Konstruktion von Ballons und Luftschiffen, und im Ausland, speziell in Frankreich, Italien und England, zeigte die staatliche Förderung des Luftschiffbaus ebenfalls beachtliche Erfolge.

Während die deutschen Militärs noch zögerten, erkannte ein anderer hoher Staatsbediensteter das gigantische Potenzial der Luftfahrt. Der deutsche Generalpostmeister Heinrich von Stephan äußerte sich am 24. Januar 1874 in einem Vortrag vor dem „Wissenschaftlichen Verein“ in Berlin zum Thema „Weltpost und Luftschiffahrt“. In einer umfassenden und mit vielen Einzelheiten gewürzten Darstellung gab er ein Bild vom damaligen Stand und der Bedeutung der Weltpost und von der Entwicklung der Beförderungsmittel. Er kam schließlich zu dem Ergebnis, dass der Luftweg die ideale Möglichkeit bot, überall hin zu gelangen. Von Stephan wusste über die technischen Probleme der Zeit; er führte aus: „Die Hauptsache bleibt die Erfindung einer hinlänglich starken Kraftmaschine von möglichst geringem Gewicht und Feuerungefährlichkeit. Dampfmaschinen genügen nicht.“ Der Generalpostmeister war allerdings noch sehr mit damals gängigen Vorurteilen behaftet. Er befürchtete: „Soltte es möglich sein, dem Ballon eine Eigenbewegung zu geben, ihn unabhängig vom Wind zu steuern, so würde, selbst wenn auf diese Weise durch uns bis jetzt noch unbekannte Kraftmittel eine Geschwindigkeit (...) von 20 Meilen in der Stunde (etwa 150 km/h) gegen die Luftströmungen erreicht werden sollte, doch wohl aus physiologischen Gründen davon Abstand zu nehmen sein, da unsere Lungen nicht die der Vögel sind und wir bei einer so rapiden Art, die Luft zu durchschneiden, ersticken würden.“ Trotz dieser für heutige Begriffe absurden Befürchtung, forderte von Stephan die entschlossene Fortführung der praktischen Luftfahrtversuche: „Die theoretischen Untersuchungen dürften vorläufig auf einem genügenden Grad der Vollständigkeit gebracht sein, so daß es nunmehr darauf ankommt, den Wahrspruch der Praxis herbeizuführen.“ Zu diesem Zweck regte er an, dem Pariser und Londoner Vorbild folgend, eine aeronautische Gesellschaft ins Leben zu rufen.

Im Jahr 1881 wurde schließlich der „Deutsche Verein zur Förderung der Luftschiffahrt“ gegründet, an dessen Spitze Dr. Wilhelm Angerstein trat. Sprachrohr des Vereins wurde ab 1882 die Vereinszeitschrift, die spätere „Zeitschrift für Luftschiffahrt“, deren Schriftleitung ebenfalls Angerstein inne hatte. Da in Deutschland zu dieser Zeit immer noch starke Vorbehalte gegen die Luftfahrt herrschten, wurde die Zeitschrift bei ihrem Erscheinen von Rezensenten als „eigentümliche Blüte der Presse“ verspottet, wie auch generell der Verein Zweifeln und Vorurteilen ausgesetzt war, die manchen Interessierten davon abhielten, sich offen am Verein und seiner Tätigkeit zu beteiligen. Allen Anfeindungen zum trotz hat sich die Zeitschrift dennoch durchgesetzt und in der Folgezeit die Entwicklung der Luftschifffahrt in Deutschland maßgeblich beeinflusst.

Arnold Böcklins Bruchlandung

Das preußische Militär besaß seit 1870 keine reguläre Luftschifferabteilung mehr, nachdem diese nach den enttäuschenden Versuchen im Deutsch-Französischen Krieg aufgelöst worden war. Gleichwohl beobachteten die Militärs interessiert die verschiedenen technischen Entwicklungen. Bislang erschienen nur Fluggeräte nach dem Prinzip „Leichter als Luft“ erfolgversprechend, also die bereits vielfach erprobten Ballons und Luftschiffe. Ein Flug nach dem Prinzip „Schwerer als Luft“ war noch niemand gelungen, so dass von staatlicher Seite große Skepsis gegenüber entsprechenden Konstruktionen und Plänen bestand. Unbekannte Tüftler, die sich anzudienen trachteten, wurden üblicherweise garnicht erst angehört. Einem bekannten Zeitgenossen gelang es jedoch, sich beim preußischen Militär Gehör zu verschaffen: der Schweizer Maler Arnold Böcklin (* 16. Oktober 1827 in Basel; † 16. Januar 1901 in S. Domenico bei Fiesole, Provinz Florenz) war überzeugt davon, mit einem unmotorisierten Gleitflieger bei günstigem Wind abheben zu können.

Böcklin beschäftigte sich neben der Malerei bereits seit Jahren mit der Entwicklung von Flugapparaten. Er hatte in Italien bereits (erfolglose) Flugversuche unternommen und von Papst Pius IX. für seine Experimente sogar dessen päpstliche Reiterei zur Verfügung gehabt. Die Preußen zeigten sich zwar skeptisch, räumten dem bekannten Maler aber dennoch die Möglichkeit ein, mit Unterstützung durch Armeeangehörige in Berlin-Lichterfeld zwei Fluggeräte zu erbauen. Im August 1883 waren die Gleitflieger fertiggestellt und wurden in Einzelteile zerlegt auf zwei Fuhrwerken zum Tempelhofer Feld gebracht, wo die Flugversuche unternommen werden sollten und wo im Osten des Geländes ein Schuppen errichtet worden war, in dem die Fluggeräte untergestellt werden konnten. Nach der Montage der Flieger hieß es nun nur noch, auf einen günstigen Wind zu warten, der Böcklin geeignet schien. Nach einigen Tagen des Wartens gab Böcklin an einem windigen Vormittag das Zeichen zum Start. Die anwesenden Soldaten zogen das erste Fluggerät aus dem Schuppen. Kaum hatte der Flieger jedoch die windgeschützte Umhüllung des Schuppens verlassen, wurde er auch schon von einer Windböe erfasst. Die Anwesenden mussten hilflos zusehen, wie der Wind das noch führerlose Gerät hochriss und gegen den Schuppen schleuderte, wobei die gesamte Konstruktion demoliert wurde. Böcklin ließ nun das zweite Fluggerät ausbringen und vorsichtig auf eine Anhöhe schaffen, wobei die Soldaten abermals Schwierigkeiten hatten, das vom Wind gebeutelte Gerät zu halten. Böcklin bestieg die Konstruktion, doch bevor er der Mannschaft noch ein Zeichen zum Loslassen geben konnte, riss ein kräftiger Windstoß beide Flügel des Gleiters ab und davon, so dass lediglich der Rumpf mit dem enttäuschten Maler auf dem Hügel zurückblieb. Böcklins Enttäuschung über den misslungenen Flugversuch soll so groß gewesen sein, dass er angeblich Selbstmord begehen wollte. Das preußische Militär sah sich nach Böcklins Scheitern in seiner Skepsis gegenüber der Fliegerei nach dem Prinzip „Schwerer als Luft“ bestätigt und konzentrierte seine künftigen Beobachten auf Ballons und Luftschiffe.

Luftschiffer auf dem Tempelhofer Feld

Zwölf Jahre nach Einstellung der letzten diesbezüglichen Aktivitäten griff die preußische Heeresleitung den Gedanken der militärischen Nutzung der Luftfahrt wieder auf. Am 1. Juni 1884 wurde in Berlin versuchsweise eine Station für Fesselballons eingerichtet und ihr ein aus abkommandierten Offizieren und Mannschaften gebildetes Ballondetachement zugeteilt. Am 21. April 1887 wurde das provisorische Detachement zur planmäßigen Luftschifferabteilung erhoben, die aus einem Major, einem Hauptmann, vier Leutnants und einer Kompanie bestand. Als Standort der Luftschifferabteilung wurde abermals das „Tempelhofer Feld“ ausgewählt. Die weitläufige, etwa 5 Quadratkilometer umfassende Grünfläche und die im Norden angrenzende Hasenheide mit ihren Hügeln, Gartenlokalen, Kaffeegärten und Brauereischänken hatten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bereits zu einem beliebten Ausflugsziel der Berliner entwickelt. Die Luftschifferabteilung wurde in der am westlichen Ende des Tempelhofer Feldes gelegenen Kaserne des II. Eisenbahnregiments einquartiert. Die Kasernen und das Gelände wurden von der südlich und westlich das Gelände umschließenden Ringbahn sowie von Linien der Dresdener und der Anhaltischen Eisenbahn erschlossen.

Die Aufgabe der Luftschifferabteilung war die Nahaufklärung durch Fesselballons. Anfangs besaß die Truppe nur einfache Kugelballons, die schon durch leichte Luftströmungen in unkontrollierte Bewegungen gerieten, die die Arbeit der Beobachter erschwerten oder vereitelten. Abhilfe schuf der 1892 von Major August von Parseval (* 5. Februar 1861 in Frankenthal (Pfalz), † 22. Februar 1942 in Berlin) und Hauptmann Rudolf Hans Bartsch von Sigsfeld (* 9. Februar 1861 in Bernburg (Saale); † 1. Februar 1902 in Zwijndrecht (Belgien)) konstruierte, so genannte „Drachenballon“, der in der Luft eine stabilere Lage einnahm und bis zum Ersten Weltkrieg in Benutzung blieb. Allen diesen Ballons war gemein, dass sie nicht lenkbar und damit völlig dem vorherrschenden Wind ausgeliefert waren.

In den 1880er und 1890er Jahren beschränkte sich die militärische Nutzung der Luftfahrt auf den Einsatz von Fesselballons zur Nahaufklärung. Für weitere Entwicklungen wie Lenktechnik oder alternative Flugprinzipien waren im preußischen Wehretat keinerlei Mittel vorgesehen. Das routinierte Hantieren der Luftschiffer, das Füllen, Auflassen und Einholen der Ballons, wurde für die in den umliegenden Grünanlagen und Höhenzügen Erholung suchenden Berliner bald zum vertrauten Bild, dem man üblicherweise nur dann besondere Aufmerksamkeit schenkte, wenn außergewöhnliche Versuche stattfanden oder sich spektakuläre Unglücke ereigneten.

Ruf nach der dynamischen Flugmaschine ohne Ballon

Noch bevor sich bedeutende Erfolge in der Lenktechnik von Ballons und Luftschiffen einstellten, tendierte die Fachwelt in den 1880er Jahren bereits dazu, die Fliegerei „Schwerer als Luft“ als übrlegen zu betrachten. Bereits 1882 sagte der Luftschiffbauer Paul Haenlein (* 17. Oktober 1835 in Mainz, † 27. Januar 1905 in Mainz): „Die dynamische Flugmaschine gehört durchaus nicht zu den unausführlichen Dingen, wie das Perpetuum mobile. Der Gedanke an sich widerspricht durchaus keinem Naturgesetz, ihre Konstruktion ist einzig und allein an die Bedingung eines äußerst leichten, kräftigen und zuverlässigen Motors geknüpft. Wird ein solcher heute erfunden – morgen ist die Luft bevölkert mit dynamischen Flugmaschinen wie mit Spatzen.“ Der Ingenieur Joseph Popper schrieb 1887: „Wenn die Fortschritte auf dem Gebiet des lenkbaren Luftballons auch noch größer wären, so wird doch immer die viel bequemere Flugmaschine ohne Ballon das eigentliche Ziel der Flugtechnik bleiben.“ Diese waren jedoch noch nicht in Sicht. Zwar behaupteten manche Ingenieure wie der österreichische Flugpionier Wilhelm Kreß: „Wenn man nur den zehnaten Teil von den Hunderttausenden, die man für Ballonexperimente ausgibt, für dynamische Flugexperimente opfern würde, so möchten wir wahrscheinlich heute schon brauchbare Flugmaschinen haben.“, doch konnte noch kein Tüftler auch nur einen flugfähigen Apparat vorzuweisen.

Die bedeutenden Konstrukteure der Zeit orientrierten sich nach 1880 auf der Suche nach der dynamischen Flugmaschine ohne Ballon am Vogelflug. In dessen Erforschung glaubten sie die Lösung des Flugproblems zu finden. Zahlreiche Bücher und Vorträge widmeten sich diesem Thema, über das einst schon Leonardo da Vinci sinniert hatte. Luftschiffbauer Parseval publizierte über Vogelflug genauso wie der österreichische Staatsbahn-Direktionsrat Platte, und Arnold Böcklin unterbreitete am 16. April 1887 vor dem „Deutschen Verein zur Förderung der Luftschiffahrt“ abermals einen „Vorschlag zur Lösung des Flugproblems“, in dem er seine neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet des Vogelflugs präsentierte.

Die ernstzunehmendste und fundierteste Schrift über den Vogelflug erschien 1889: „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ von Otto Lilienthal. Die Brüder Lilienthal hatten erkannt, dass der Flügelform eine entscheidende Bedeutung zukam: „Die wichtigste Erkenntnis dieser Jahre war die Entdeckung, dass gewölbte Tragflächen einen größeren Auftrieb liefern, als ebene.“ Die charakteristische Flügelform war auch anderen Flugtechnikern nicht entgangen, aber die Lilienthals haben sie erstmals mit exakten Messungen verbunden und daraus vormals unbekannte Gesetzmäßigkeiten über den Luftwiderstand abgeleitet: „Die Resultate der mit ebenen Flügeln gemachten messungen genügten uns nicht, da sie nicht die genügende Aufklärung über unsere an den Vögeln gemachten Beobachtungen gaben. Wir kamen daher auf die Vermutung, dass alle bisher angestellten berechnungen deshalb mit der Wirklichkeit so wenig übereinstimmten, weil der Vogelflügel bisher als eben betrachtet wurde. Versuchsresultate über den „Luftwiderstand“, den gewölbte Flächen erfahren, waren nicht vorhanden, und es blieb uns nichts anderes übrig, als die betreffenden Luftwiderstandsgesetze selbst durch Experimente festzustellen.“ Die Gebrüder Wright sagen später über Lilienthals Tabellen, sie seien über zwei Jahrzehnte die fundierteste gedruckte Information zum Thema gewesen.

Otto Lilienthal

Otto Lilienthal (* 23. Mai 1848 in Anklam, Provinz Pommern; † 10. August 1896 in Berlin) wurde als erstes von acht Kindern des Kaufmanns Gustav Lilienthal und seiner Frau Caroline geboren. Fünf Geschwister starben im Alter von wenigen Monaten oder Jahren. Der Vater war ein mathematisch und technisch begabter Mann, die Mutter hatte in Dresden und Berlin Musik studiert. Als die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, beschloss sie die Auswanderung nach Amerika. Der plötzliche Tod des Vaters vereitelte die Übersiedlung. Otto Lilienthal war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt. Der Mutter gelang es unter großen Anstrengungen, den Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Otto besuchten zunächst das Gymnasium in Anklam.

Mit seinem um ein Jahr jüngeren Bruder Gustav unternahm Otto Lilienthal bereits als Knabe Flugexperimente. Die Brüder begannen, den Vogelflug zu studieren und blieben über zahlreiche Projekte und Erfindungen zeitlebens eng verbunden. Ihr erstes Fluggerät von 1862 bestand aus zwei je zwei Meter langen und einem Meter breiten Flügeln, die an den Armen befestigt wurden und die natürlich nicht zum gewünschten Flugerfolg führten. Ab 1864 besuchte Otto Lilienthal die Potsdamer Provinzialgewerbeschule. Nach zwei Jahren begann er ein Praktikum bei der Berliner Maschinenfabrik Schwartzkopff, sein Bruder war inzwischen Baueleve. In den Sommerferien 1867 bauten sie in Anklam das Schlagflügelgerät Nr. 2, bei dem zur Verstärkung der Flügelschlagwirkung durch einen entsprechenden Mechanismus auch die Kraft der Beine genutzt wurde, und dessen Erprobung im Dachboden des Elternhauses ebenfalls fehlschlug. Das 1868 erbaute Flagschlügelgerät Nr. 3 aus Weidenruten und Tüllstreifen wog bemannt 80 Kilogramm und konnte mit Hilfe eines halb so schweren Gegengewichts aufsteigen. Ihr Interesse galt mit diesem und dem Folgegerät mehr der Messung der Wirkung des senkrecht von oben nach unten ausgeführten Flügelschlags als einer tatsächlichen Flugtauglichkeit.

Ab Oktober 1867 studierte Otto Lilienthal an der von Franz Reuleaux geleiteten Gewerbeakademie Berlin. Nach Abschluss der Ausbildung 1870 schlug Lilienthal ein Angebot von Reuleaux aus, dessen Assistent zu werden. Vielmehr meldet er sich als Kriegsfreiwilliger und erlebte die Belagerung von Paris 1870/71, von wo er seinem Bruder über die Luftballone berichtet, die das belagerte Paris verließen. Nach kriegsende unternahmen die Lilienthals weitere Flügelschlag-Versuche mit spiralfeder- udn dampfmaschinengetriebenen Modellen.

Die ersten Versuche der Brüder, mit einem eigenen Unternehmen Geld zu verdienen, waren nicht erfolgreich. Die Patentanmeldung für einen Heißluftmotor schlug fehl, das Patent auf eine Schrämmaschine für den Bergbau führte zwar zu einer Serienfertigung, jedoch nicht in einem eigenen Unternehmen. Die ausgereiften Entwürfe für einen Baukasten für Kinder mussten abgegeben werden, da die Vermarktung nicht gelang. Friedrich A. Richter kaufte sie und machte den Anker-Steinbaukasten weltberühmt. Er wird noch heute hergestellt.

1881 erhielt Lilienthal ein Patent für Schlangenrohrkessel, welches den erhofften Erfolg brachte: Zusammen mit einer kleinen Wand-Dampfmaschine entstand der Lilienthalsche Kleinmotor, der ab 1883 in einer eigenen Firma hergestellt wurde, die schnell zur Fabrik mit bis zu 60 Mitarbeitern anwuchs. Ab 1894 stellte sie auch den „Normalsegelapparat“ in Serie her und wurde damit zur ersten Flugzeugfabrik der Welt.

Das Unternehmen wurde – beeinflusst von den Ideen von Moritz von Egidy und Theodor Hertzka – überaus modern geführt. Schon 1890 erhielten die Arbeiter eine Gewinnbeteiligung, die 25 % des Reingewinns ausmachte. Für diese Maßnahme wurden später die Carl-Zeiss-Werke und der Berliner Holzpflaster-Fabrikant Heinrich Freese bekannt. Aus einem Brief an Egidy stammt auch Lilienthals bekannt gewordene Vision vom Flugzeug als Mittel zur Völkerverständigung und zum ewigen Frieden (siehe Weblinks).

Die Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal existierte unter diesem Namen noch bis zum Ersten Weltkrieg.

Lilienthal sammelte in systematischen theoretischen und praktischen Vorarbeiten mit seinem Bruder Gustav das Wissen zum Tragflächenbau. Danach entwickelte er in tausenden Gleitflügen Flugapparate und erzielte dabei Flugweiten bis 250 Meter. Er war damit der Erste, der sicher und wiederholbar ein Fluggerät beherrschte und dem Flugprinzip schwerer als Luft zum Durchbruch verhalf. Die Produktion des Normalsegelapparates in seiner Maschinenfabrik war die erste Serienfertigung eines Flugzeugs in der Geschichte. Seine experimentellen Vorarbeiten führten zur bis heute gültigen physikalischen Beschreibung der Tragfläche. Sein Flugprinzip war das des heutigen Hängegleiters und wurde von den Gebrüdern Wright zum Prinzip des Flugzeugs weiterentwickelt.

Mit der Veröffentlichung seines Buches betrachtete Otto Lilienthal das theoretische Fundament als ausreichend, um zu praktischen Flugversuchen überzugehen. Daran nahm Gustav nicht mehr teil. Infolgedessen ist der erste Menschenflug heute ausschließlich mit dem Namen Otto Lilienthal verbunden, wenngleich sein Bruder an den Vorbereitungen beteiligt war.

Für die Versuche diente ein mit gewachstem Baumwollstoff (Schirting) bespannter Weidenholzrahmen. Seine Ausmaße: 6,6 m Spannweite, ca. 14 m² Tragfläche und eine größte Flügeltiefe von 2,5 m. Lilienthal begann mit Stehübungen gegen den Wind, gefolgt von Sprüngen vom Sprungbrett im Garten hinter dem Wohnhaus, die immerhin schon 6 bis 7 m Weite erreichten. Ab Sommer 1891 suchte Lilienthal geeignete „Flugplätze“ auf, zunächst ein Gelände am Mühlenberg bei Derwitz, Landkreis Potsdam-Mittelmark (52° 24´ 49" N, 12° 49´ 26" E). Dort kam es zu 25 m weiten Flügen, wobei er jeden Flug auswertete und den Apparat kontinuierlich verbesserte. Beispielsweise erhöhten vertikale und horizontale Schwanzflächen die Stabilität. Auch war er ständig auf der Suche nach einem geeigneten Übungsterrain, insbesondere um bei jeder Windrichtung gegen den Wind starten zu können. So gab es Versuche an einer Kiesgrube in Berlin-Steglitz, in den Rhinower Bergen bei Stölln, zwischen Rathenow und Neustadt an der Dosse. Letztere Stelle wurde ab 1893 zum Hauptübungsplatz, dort gelangen Flugweiten bis 250 m. 1894 ließ Lilienthal in Berlin-Lichterfelde auf seine Kosten einen 15 m hohen Hügel aufschütten, der sehr bald als „Fliegeberg“ in aller Munde war.

Insgesamt baute Otto Lilienthal in seinem Leben mindestens 21 Flugapparate, darunter auch Flügelschlagapparate. 1894 ging eines dieser Gleitflugzeuge, der so genannte Normalsegelapparat, in Serienproduktion. Ab 1895 flog er zwei verschiedene Doppeldecker mit 5,5 bis 7 m Spannweite und 25 m² Tragfläche. Ab 1893 konstruierte er auch Flügelschlagantriebe mit Kohlensäuremotor. Ein neuer großer Flügelschlagapparat war 1896 erprobungsbereit, kam aber nicht mehr zum Einsatz.

Über Lilienthals Flüge wurde im In- und Ausland berichtet, die sensationellen Flugfotografien erschienen in wissenschaftlichen und populären Veröffentlichungen vieler Länder. Lilienthal informierte im Verein zur Förderung der Luftschiffahrt über seine Ergebnisse, regelmäßig erschienen seine Artikel in der Zeitschrift für Luftschifffahrt und Physik der Atmosphäre, und in der populären Wochenschrift Prometheus. Übersetzungen erschienen in den USA, in Frankreich und Russland. Zahlreiche in- und ausländische Besucher kamen nach Berlin, darunter Samuel Pierpont Langley aus den USA, Nikolai Jegorowitsch Schukowski aus Russland, Percy Pilcher aus England und Wilhelm Kress aus Österreich. Schukowski schrieb über seinen Besuch in einen Zeitschriftenaufsatz: „Die wichtigste Erfindung der letzten Jahre auf dem Gebiet der Luftfahrt ist der Flugapparat des deutschen Ingenieurs Otto Lilienthal.“ Lilienthal führte eine umfangreiche flugtechnische Korrespondenz, darunter mit Octave Chanute, James Means, Alois Wolfmüller und anderen Flugpionieren.

1896 stürzte Lilienthal in Stölln aufgrund einer „Sonnenbö“ (thermische Ablösung) aus etwa 15 m Höhe ab, brach sich das Rückgrat und erlag einen Tag später, am 10. August 1896, dieser schweren Verletzung. Vom Absturzapparat sind Fotos erhalten, aufgenommen vermutlich im Rahmen der polizeilichen Untersuchung auf dem Hof der Maschinenfabrik Lilienthal.