Benutzer:Th. G. Romulus Dach/Simon Dachs letzte Fleh-Schrifft

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Die Letzte Fleh-Schrifft wurde 1657/58 von Simon Dach (* 29. Juli 1605 in Memel; † 15. April 1659 in Königsberg), einem Langjährigen Professor, Dekan und Rektor der Albertina in Königsberg verfasst. In diesem Gedicht erbittet er bei seinem Churfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg ein Landgut.

Inhalt

Das Gedicht beginnt mit der folgenden Strophe, indem Dach seinen Churfürsten heroisiert und ihn auf seine unzählbaren Ländereien hinweist.


Held, zu welches Herrschaft Füssen

Länder liegen, Ströme fliessen,

Die ich auch nicht zehle schier,

Welchen ehren anbehten

Sampt den Dörffern und den Städten

Auch die wild- und zahmen Thier:


Strophe 2 beeinhaltet die Bitte Dachs nach einem eigenen Stück Land, von dem er Leben könne und dort auch dem Alter begegnen darf.


Von dem grossen Theil der Erden

Laß ein kleines Feld mir werden,

Welches mir ertheile Brod,

Nun die Krafft mir wird genommen

Und auff mich gedrungen kommen

Beydes Alter und der Tod.


In den nun folgenden drei Strophen begründet er warum er Land verdiene und vergleicht sich dabei mit einem älteren Pferd, dass noch bis zum End gepflegt wird. Auch weist Dach darauf hin, das er Jahre lang ein angesehener und weitbekannter Dichter des Churfürsten war und zudemder größte Dichter Preussens.


Hat ein Pferd sich wol gehalten

Und zuletzt beginnt zu alten,

Und nicht mehr taug in die Schlacht,

Es muß fressen, biß es stirbet,

Ja kein alter Hund verdirbet,

Der uns trewlich hat bewacht.


Laß auch mich nur Futter kriegen,

Biß der Tod mich heisst erliegen,

Bin ich dessen anders wehrt,

Hab' ich mit berühmter Zungen

Deinem Haus' und Dir gesungen,

Was kein Rost der Zeit verzehrt.


Phöbus ist bey mir daheime,

Diese Kunst der Deutschen Reime

Lernet Preussen erst von mir,

Meine sind die ersten Seiten,

Zwar man sang vor meinen Zeiten,

Aber ohn Geschick und Zier.


In der sechsten Strophe werden die Bitte und die Begründungen der Bitte nach zu kommen relativiert. Gleichzeitig wird der Fürst als freier Herrscher dargestellt der nach Lust und Laune tun kann was er will. Um jedoch nicht als willkührlicher, gar grausamer Herrscher zu gelten, wird dem Fürsten suggestiv gezeigt, muss er der Bitte nachgeben.


Doch was ist hievon zu sagen?

Fürsten schencken nach Behagen,

Gnade treibet sie allein,

Nicht Verdienst, das Sie thun sollen,

Nein, Sie herrschen frey und wollen

Hie auch ungebunden seyn.


Die nun beiden letzten beiden Strophen sind Gedankenspiele darüber, wie groß das Landgut sein könnte und was Dach damit anfangen würde, zum Beispiel das er dort seinen Churfürsten preisen würde. Dem stehen aber die letzte beiden Verse entgegen, in denen er sich auch mit nichts genügen würde.


Thu, O Churfürst, nach Belieben.

Such' ich Huben zehnmal sieben?

Nein, auch zwantzig nicht einmal,

Andre mögen nach Begnügen

Auch mit tausend Ochsen pflügen,

Mir ist gnug ein grünes Thal,


Da ich Gott und Dich kan geigen,

Und von fern sehn auffwarts steigen

Meines armen Daches Rauch,

Wenn der Abend kömpt gegangen.

Sollt' ich aber nichts empfangen,

Wol, Herr, dieses gnügt mir auch.

Anmerkungen

Die in der ersten Strophe weitläufigen Gebiete sind keine Übertreibung, das Preußische Reich war zur Entstehungszeit des Gedichtes weit ausgeweitet gewesen. Nachzulesen hier: Brandenburg-Preußen

Das Dach den Preussen das Reimen beigebracht hatte, ist historisch anerkannt, er wird als erster wichtige Preußische Poet bezeichnet. Dem zu Folge war es als Begründung für seine Bitte legitim, zumal die Herrscher damals großen Wert darauf legten, in der Poesie positiv dargestellt zu werden, nach Möglichkeit von einem bekannten Poeten.

Die sechste Strophe ist beinahe perfide, denn so wie sie die Dinge darstellt ist es dem Fürsten freigestellt alles zu tun, sogar totale Willkür walten zu lassen. Jedoch, wollte der Fürst damals nicht als willkürlicher oder ungerechter Herrscher gelten musste er der Bitte fasst schon Folgeleisten.

Zudem sei noch zu erwähnen, dass es Simon Dach mit seiner Fleh-Schrift tatsächlich gelungen ist ein Landgut zu erhalten. Friedrich Wilhelm schenkte ihm das Gut Cuckheim, das einen damaligen Wert von zwei Tausend Thaler hatte. Die Chance sein Gut voll zu genießen blieb ihn jedoch nicht vergönnt, nachdem er es 1658 erhalten hatte blieb ihm gerade noch ein Jahr, denn am 15. April 1659 verstarb Simon Dach.

Kritik

„Das Gedicht zeigt in exemplarischer Weise, in welchem Maße der Dichter und sein Publikum – bis hin zum Landesfürsten – im 17. Jahrhundert aufeinander angewiesen waren. Herrscherlob und Hofkritik waren nur zwei Seiten ein und derselben Sache, nämlich einer Poesie, die eine noch unbezweifelbare Verbindlichkeit besaß, weil sie dazu qualifiziert war, Vergängliches der Zeitlichkeit zu entreißen.“

Wulf Segebrecht[1]

Literatur

  • Wulf Segebrecht: Die Dialektik des rhetorischen Herrscherlobs. Simon Dachs letzte Fleh-Schrifft In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock Reclams-Universal-Bibliothek Nr. 7890. Reclam, Stuttgart 1982, ISBN 978-3-15-007890-7

Einzelnachweise

  1. Wulf Segebrecht: Die Dialektik des rhetorischen Herrscherlobs. Simon Dachs letzte Fleh-Schrifft In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock Reclams-Universal-Bibliothek Nr. 7890. Reclam, Stuttgart 1982, ISBN 978-3-15-007890-7