Benutzer:Toni Woeck/Erster Weltkrieg an Bonner Schulen

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Abbildung der Schulchronik der katholischen Volksschule Schwarzrheindorf 1915-1945

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) begann mit dem Attentat von Sarajewo (28. Juni 1914) und zog sich von da an unerwartet in die Länge. Die Reichsregierung versuchte, sich die Unterstützung in der Bevölkerung zu erhalten und dem hohen Verschleiß von Material und Soldaten entgegen zu wirken.


Über die Schulen sollten Schüler am Kriegsgeschehen im Rahmen ihrer Möglichkeiten beteiligt und begeistert werden. Die Schulen waren somit ein wichtiger Verbreitungskanal für Kriegspropaganda.

Zudem wurden über die Schulen Aktionen zur Unterstützung der  „Helden“ an der Front organisiert. Das Deutsche Reich war, je länger der Krieg sich hinzog, auf diese und weitere Aktionen angewiesen, um die Mängel in der Rohstoff- und sonstigen Versorgungslage auszugleichen. Werbung für den Erwerb von Anteilen an Kriegsanleihen erfolgte ebenfalls an den Schulen[1].

Propaganda

Kriegspropaganda fand sich im Alltagsleben der gesamten Bevölkerung. So wurden etwa Flugblätter verbreitet, die zum Sparen von Lebensmitteln anhielten. Daneben boten die Schulen einen effizienten Verbreitungskanal für Propaganda, die darüber ihre Verbreitung durch jeden einzelnen Schüler bis zu deren Familien fand. Der Unterricht sollte die Kriegsbegeisterung der Kinder ständig schüren und ihre Identifikation mit den Kriegszielen fördern[2].

Das Lehrmaterial wurde inhaltlich so überarbeitet, dass militärische Inhalte einen großen Raum in den Schulbüchern und Fibeln einnahmen[3]. Das laufende Kriegsgeschehen bzw. Nachrichten von der Front wie etwa Informationen zur Schlacht von Verdun 1916, die häufig nicht objektiv waren, nahmen einen breiten Raum im täglichen Unterricht ein. Die Kinder setzten sich im Deutsch-, Religions-, Musik- und Kunstunterricht in Aufsätzen, Gedichten und Zeichnungen kreativ mit dem Krieg auseinander. Weit verbreitet waren Unterrichtseinheiten, etwa in Erdkunde, in denen man die aktuelle Kriegslage besprach. In diesen Stunden wurden völkische Lieder gesungen, der aktuelle Kriegsverlauf erklärt, auf Kriegskarten wurden Frontlinien abgesteckt und Schlachtenverläufe nachgezogen[2]. Einzelne Unterrichtseinheiten, z.B. der Sportunterricht, befassten sich außerdem mit der Einübung militärischer Tugenden im Vorgriff auf eine spätere Verwendung als Soldaten. Die vormilitärische Ausbildung wurde außerschulisch fortgesetzt, indem Jugendkompanien gegründet wurden[3].

Schon von klein auf wurden Kinder mit Kriegsspielzeug wie Zinnsoldaten oder Büchern zur Verherrlichung von “Heldentaten" beschenkt[3].

Wichtiges Propagandamittel waren Schulversammlungen, bei denen zum Beispiel regelmäßig Gedenkfeiern für als Soldaten gefallene Lehrkräfte sowie Schüler abgehalten wurden, die der Schulgemeinschaft als Helden und Vorbilder dargestellt wurden. Deutsche Siege in einzelnen Schlachten wurden mit großen Freudenfeiern auch in den jeweiligen Schulen begangen, so etwa an der katholischen Volksschule Schwarzrheindorf [1] nach der Schlacht von Westgalizien im heutigen Polen anlässlich der Einnahme der Festung Przemysl (März bis September 1914).

Die Schulen organisierten und koordinierten Sammelaktionen zur Unterstützung der Soldaten. So konnten die Schüler verschiedene Dinge wie Küchenabfälle, Bucheckern, Kräuter, Metalltuben und Dosen, Wollsachen und Altkleider an den Schulen abgeben, die diese dann an das Militär weiterreichten[1] [3]. Im Handarbeitsunterricht wurden Socken und Handschuhe für die Soldaten gestrickt.

Stimmung in den Schulen [2]/Beteiligung der Schüler

Die meisten Lehrer sahen sich als Agenten der Kriegspropaganda, weshalb in den Schulen generell eine kriegsbefürwortende und patriotische Stimmung herrschte[2]. Anfänglich wurde der Krieg in den Schulen vielfach romantisiert. Angesichts der massiven Propaganda nahmen ihn Kinder und Jugendliche wenig differenziert wahr und waren insbesondere in den ersten Kriegsmonaten von einer allgemeinen Begeisterung erfasst. Sie wollten ihren Helden im Krieg, vielfach ihren Vätern und Brüdern helfen, die als Soldaten an der Front dienten.

Doch je stärker spürbar die Folgen im Alltag wurden, umso stärker flaute die anfängliche Euphorie ab. Da viele Lehrer, auch von Bonner Schulen, in den Krieg ziehen mussten, mangelte es oft an Lehrkräften. Somit fiel der Unterricht häufig aus. Beispielsweise steht in der Schulchronik der katholischen Volksschule Schwarzrheindorf[1] geschrieben, dass im Jahre 1914 auf Grund der Mobilmachung viele Lehrer in den Heeresdienst eingezogen wurden. Weitere Lehrer halfen beim Austeilen von Brot- und Mehlkarten. Schüler hingegen beteiligten sich bei der Hilfe von Kriegswaisen[1]. Schüler und Lehrer litten aufgrund der steigenden Nahrungsmittelknappheit an psychischer und physischer Erschöpfung[2]. Am schlimmsten war die Versorgungslage im sogenannten Steckrübenwinter 1916/17.

Anknüpfend an Gedenk- und Siegesfeiern wurde zu Sammelaktionen aufgerufen. Beispielsweise konnten in der Zeit zwischen 15. und 25.09.1914 nach der Schlacht von Westgalizien Schüler der Volksschule Schwarzrheindorf freiwillig Gegenstände abgeben, die aus Kupfer, Messing oder Nickel bestanden[1]. Diese wurden dann eingeschmolzen und für den Waffenbau verwendet.

Als die Zahl der wehrpflichtigen jungen Männer schnell immer geringer wurde, begann die Armee, auch schulpflichtige Jugendliche zu rekrutieren.

Am 18.03.1915 wurde jeder Schüler der katholischen Volksschule Schwarzrheindorf dazu verpflichtet, eine Mark für den Erwerb von Anteilen an der dritten Kriegsanleihe zu spenden[1], mit der das Deutsche Reich insgesamt etwa 1,2 Milliarden Mark einsammelte. Als das neue Schuljahr begann, bekamen die Schüler Sonnenblumenkerne geschenkt, die sie anpflanzen sollten. Dies geschah aus taktischem Grund, um das entstehende Sonnenblumenöl zu Benzin verarbeiten zu können[1]. Zur Ernte der Sonnenblumen im Sommer fiel erneut die Schule aus[1]. In der Vorweihnachtszeit packten Schüler sogenannte Liebesgabenpäckchen, mit denen den Soldaten an der Front eine Freude bereitet werden sollte[3].

Ab 1915 und verstärkt ab 1916 bis zum Kriegsende wurden Schüler über als Schulnagelungen bezeichnete Kriegsnagelungen zur Unterstützung der Kriegsmaschinerie aufgerufen. Dabei durften sie gegen eine kleine Spende im Rahmen einer feierlichen Schulveranstaltung einen Nagel in einen Baum bzw. eine Skulptur schlagen, um ihre Anteilnahme am Krieg zu bekunden[4]. Die Nägel gab es in verschiedenen Preiskategorien. Diese hingen vom Wert des Nagels ab, welcher mit einem Edelmetall überzogen werden konnte. Das Metall der Nägel wurde nach dem Entfernen aus den Bäumen eingeschmolzen und zum Beispiel zu Patronenkugeln weiterverwertet. Allerdings hatte dieses Verfahren weniger einen großen finanziellen Mehrwert für die deutsche Reichsregierung, die sowohl die eingenommenen Spenden, als auch Nägel für das Kriegswesen weiter verwenden konnte. Vielmehr war seine propagandistische Wirkung von Bedeutung, da die Kriegesnagelungen den Patriotismus und das Gemeinschaftsgefühl der Menschen ansprachen und so zur Stärkung der Heimatfront beitrugen[5]. Zur öffentlichen Kriegsnagelung stand in Bonn auf dem Münsterplatz die sogenannte Arndt-Eiche, die der Bildhauer Wilhelm Menser entworfen hatte.

Als am 10.11.1918 die Waffenstillstandsbedingungen bekannt gegeben wurden, herrschte auch an der Volksschule Schwarzrheindorf große Enttäuschung und auch Empörung über den Entschluss, Teile des Landes abgeben zu müssen[1] Viele Lehrer kamen im Krieg um, andere kehrten zurück. Eine Reihe dieser Lehrer waren jedoch Invaliden oder litten anderweitig an den Folgen des Krieges. Die überlebenden Lehrer wurden in der Schule groß gefeiert. Hierzu fiel ebenfalls der Unterricht aus[1].

Gedenkfeiern & Todesanzeigen

Die vielen Lehrer und älteren Schüler der Volksschule Schwarzrheindorf, die in die Wehrmacht eingezogen wurden, galten in der Schule als Helden. Dies war an den anderen Schulen des Reiches ebenfalls der Fall. Zu Beginn des Krieges wurden immer, wenn einer dieser Helden an der Front gefallen war, Gedenkfeiern in den Schulen abgehalten - so etwa für die Lehrer Nikolaus Fanden und Michael Bell der Volksschule Schwarzrheindorf[1]. Da die Zahl der Gefallenen immer mehr zunahm, wurden auch diese Heldenfeiern immer häufiger. Als dadurch ein negatives Bild des Krieges in der Schul-Öffentlichkeit entstand, wurden die Heldenfeiern nach und nach eingestellt. Zudem waren sie angesichts der hohen Schulden des Reiches zu kostenintensiv. An ihre Stelle traten mit der Zeit Todesanzeigen, die in den Schulen an gut sichtbaren Stellen aufgehängt wurden[1].

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m Stadtarchiv Bonn (Hrsg.): Schulchronik der katholischen Volksschule Schwarzrheindorf 1914-1945. 3c 2561. Bonn Schwarzrheindorf.
  2. a b c d e Die Schulfront. Abgerufen am 17. Juni 2018.
  3. a b c d e Jugend und Schule im Ersten Weltkrieg. In: DeuFraMat. Abgerufen am 17. Juni 2018 (deutsch).
  4. Schulnagelungen. Abgerufen am 17. Juni 2018.
  5. Kriegnagelung. Abgerufen am 17. Juni 2018.