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Wilhelm von Ockham

Ockham nimmt Aristoteles wieder auf. Nach diesem gibt es drei Arten der sprachlichen Äußerung: die geschriebene, die gesprochene und die gedankliche Äußerung. Er bezieht sich allerdings auf Boëthius und spricht von einem mentalen logos. Dementsprechen gibt es auch drei Arten von Termini, die nur im Intellekt vorkommen. Zum gedanklichen Terminus sagt er, es sei

„...eine Intention bzw. ein(en) Eindruck der Seele (intentio seu animae), der als Teil eines mentalen Satzes (propossitionis menalis) irgendetwas auf natürliche Weise bezeichnet (significans) oder mitbezeichnet (consignificans), wobei er natürlicherweise für dasselbe supponiert, was er bezeichnet.“[1]

Er weicht von Aristoteles und Boëthius Auffassung ab, die Laute der gesprochen Rede als Zeichen der Seele, zu verstehen. Für beide sind gesprochene Termini Vorstellungen der Seele. Für Ockhman bezeichnen nur ganz bestimmte Ausdrücke, wie "Vorstellung", "Gedanke" und Begriff die Eindrücke der Seele und keine extramentalen Dinge.[2] Ockham kritisiert diejenigen, die die Produkte der Seele weder für Substanzen noch für Akzidentien und für etwas von der Seele Gemachtes halten. Dadurch würden sie aus dem Kreis der natürlichen Dinge herausfallen. Ferner kritisiert er ihren von Aristoteles beschriebenen Abbildcharakter. Danach sind sie den Dingen mehr oder weniger ähnlich. Wenn sie aber keine Substanzen oder Akzidentien wären, wären sie von den Dingen mehr verschieden als die Dinge untereinander. Die natürlichen Zeichen sind für ihn Akte oder "Wirklichkeiten" der Seele. Sie sind nicht von der Seele verschieden. Diese Akte sind, wie die Dinge, die sie bezeichnen, als Einzeldinge zu verstehen. Durch die Verbindung mehrerer solcher Akte entsteht ein Gedanke, der dann wahr oder falsch sein kann.[3]

„Aber mit was für Dingen in der Seele sollen wir solche Zeichen identifizieren? Es gibt hier eine Vielfalt von Meinungen. Manche sagen, dass ein Begriff (conceptus) etwas von der Seele Gemachtes oder Hergestelltes ist. Andere sagen, er sei eine bestimmte Qualität, die verschieden ist von dem Erkennnisakt, welche in der Seele wie in einem Subjekt existiert. Wieder andere sagen, dass er einfach nur der Erkenntnisakt selbst sei. Diese letzte Auffassung wird durch das Prinzip unterstützt, dass man nicht viel Dinge postulieren soll, wenn man mit weniger auskommen kann. Außerdem können alle theoretischen Vorteile, die sich aus dem Postulat von Entitäten, die von Erkenntnisakten verschieden sind, ergeben, ohne eine solche Unterscheidung genossen werden, da ein Erkennnisakt etwas bezeichnen kann und für etwas supponieren kann so gut wie jedes andere Zeichen. Deshalb ist es witzlos, etwas anderes über den Erkennisakt hinaus zu postulieren.“[4]


Gadamer

Nach Gadamer schöpt sich der Sinn jedes Wortes erst aus dem Gespräch. Für ihn ist abstrakt begriffliches Denken ein genuines Kennzeichen abendländischer Philosophie. Der Begriff steht in einem immer neu zu verstehenden Zusammenhang mit der Welterfahrung, die nicht allein in einem Begriff aufgeht, sondern durch das Vorverständnis des Interpreten mitbestimmt wird. Hier übernimmt er Heideggers Modell des hermeneutischen Zirkels. Er fragt, ob ein abstrakter Begriff, so wie er sich im Begriffspiel der Philosophie darstellt, nicht eine in die Irre führende instrumentelle Abstraktion darstellt, wenn er isoliert betrachtet wird.[5]

„Auch darin liegt eine Kritik des subjektiven Bewußtseins in unserem Jahrhundert. Sprache und Begriff sind offenbar so eng miteinander verbunden, daß die Meinung, man könnte Begriffe ›verwenden‹, etwas sagen: ›ich nenne das so und so‹, immer schon der Verbindlichkeit des Philosophierens Abbruch tut. Das einzelne Bewusstsein hat keine solche Freiheit, wenn es philosophierend erkennen will. Es ist gebunden an die Spache, die nicht nur eine Sprache des Sprechenden ist, sondern auch die des Gesprächs, das die Dinge mit uns führen: Im philosophischen Thema der Sprache begegnen sich heute Wissenschaft und Welterfahrung."[6]

Für ihn sind Begriffe an die Spache gebunden. In ihr eröffnet oder erschließt sich der ganze Horizont des Weltverstehens und sind alle Instanzen von Sinn und Bedeutung bereits eingebunden. Die Begriffe der Sprache sind einerseits von der Tradtion überliefert, anderseits bieten sie die einzige Möglichkeit Tradition neu zu durchdenken. Dieser Prozess ist prinzipiell offen. Der Horizont der Welterfahrung verschiebt sich auf diese Weise permanent.[7] Ein Wort kann nich nach der hermeneutischen Sprachauffassung nicht vom Begriff ausgeschöpft werden.[8] Sprache ist immer metaphorisch. Diese Metaphorik der Sprache geht der Begrifflichkeit vorher und übernimmt deren Führung.

„Es liegt auf der Hand, daß eine instrumentelle Zeichentheorie, die Wort und Begriff als bereitliegende oder bereitzumachende Werkzeuge auffaßt, das hermeneutische Phänomen verfehlt. Wenn wir uns an das halten, was in Wort und Rede und vor allem auch in jedem Gespräch mit der Überlieferung, das die Geisteswissenschaften führen, geschieht, müssen wir anerkennen, daß darin beständige Begriffsdbildung vor sich geht. Das soll nicht etwa heißen, daß der Interpret neue oder ungewöhnliche Worte gebraucht. Aber der Gebrauch des gewöhnlichen Wortes entspringt nicht dem Akt der logischen Subsumtion, durch den Einzelnes unter das Allgemeine des Begriffs gebracht würde“[9]


  1. P. Boehner, G. Gal und S. Brown (Hrsg.): Ockham, Summa logicae (Summe der Logik) I, Kapitel 1, Bonaventure Editiones instituti franciscani, 1974b. zitiert in: Jürgen Schröder: Die Sprache des Denkens, Königshausen & Neumann, 2001, S. 17. Ockham bezieht sich hier auf Boëthius Aristoteles-Kommentar des ersten Buches von 'de interpretione'.
  2. Vgl. Jürgen Schröder: Die Sprache des Denkens, S. 17f.
  3. Vgl. Schröder, S. 21f
  4. Summe der Logik I, Kapitel 12, zitiert in: Schröder, S. 21
  5. Vgl. Vorwort von John Grondin in: ders. (Hrsg.): Gadamer-Lesebuch, UTB, Tübingen 1997, S. X f. (keine gute referenz)
  6. Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Bd. 4, Neuere Philosophie II, Tübingen 1987, S. 20.
  7. Dazu Günter Figal: „Ein Denken, das die Geschichtlichkeit seiner Begriffe erfährt kann sich in diesen nicht mehr so ohne weiters artikulieren, und da es andere nicht zur Verfügung hat, sieht es sich in einem »veränderten Verhältnis zum Begriff (GW 1,2)« überhaupt: das begriffliche Reden und Denken im Sinne der Tradition erweist sich als eine zum Faktum gewordene und damit unereichbare Möglichkeit. Tradition erfährt man ausdrücklich nie ohne Traditionsbruch; sie tritt, sobald sie entdeckt wird, zurück und bindet dadurch um so fester, denn es gibt für das gegenwärtige Denken keinen anderen Artikulationsraum.“ Günter Figal: Philosophische Hermeneutik - hermeneutische Philosophie in: Figal, S. 336
  8. Vgl. Dennis J. Schmidt: Was wir nicht sagen können..., in: Günter Figal, Jean Grondin, Dennnis J. Schmidt (Hrsg.): Hermeneutische Wege, Hans-Georg Gadamer zum Hundertsten,Tübingen 2000, S. 173
  9. Gadamer, GW 1, S. 407, zitiert aus: James Risser: Die Metaphorik des Sprechens, in: Günter Figal u.a. (Hrsg.): Hermeneutische Wege, S. 183.