Benutzer:Ulrich Zwanzig/Thronfolge

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Einleitung

Sächsisches und salisches Recht

Im mittelalterlichen Abendland bildete der Adel den tonangebenden Personenverband.Er basierte auf einer Adelsverfassung, die vom Lehnswesen herrührte. Gemäß dieser Verfassung waren vier Faktoren miteinander juristisch verbunden: Familie, Name, Land und Amt. Mit Familie ist im folgenden die Gesamtheit der Personen gemeint, welche kraft ihrer Geburt einen bestimmten Namen getragen haben, den Familiennamen. Eine Familie hatte m.a.W. einen Stammvater, und zu ihr gehörten alle Personen, die von diesem Stammvater in männlicher Linie abstammten, d.h. alle, die zu ihm eine Abstammungskette mit ausschließlich männlichen Zwischengliedern ziehen konnten.

Die erwähnte juristische Verbindung von Familie und Amt bedeutete, daß das Amt vererbt wurde. In der Regel bekleidete es ein Mann, nämlich ein Angehöriger der Familie, die das Amt innehatte. Er saß, wie man sagt, auf dem Thron. Aber einmal mußte er sterben, und dann sollte ein anderer Mann dieser Familie auf den Thron folgen.

Das führte zu zwei Problemen: 1) Welcher Mann sollte folgen? 2) Wer sollte folgen, falls sogar die Familie ausstarb? Es stellte sich heraus, daß dies die zentralen Probleme der mittelalterlichen Politik waren. Denn bei ihnen ging es, weil Familie und Landbesitz zusammenhingen, um Krieg und Frieden. Blieb ersteres ungelöst, drohte Bruderzwist; blieb letzteres ungelöst, drohte der Krieg mit Nachbarn.

Die Thronfolgeregelung stellte daher den Kern der Adelsverfassung dar. Man unterscheidet, was die Thronfolge angeht, salisches und sächsisches Recht. Und zwar liegt der Unterschied in der Priorität der Kriterien. Nach salischem Recht bildet das Geschlecht das primäre Kriterium, der Grad das sekundäre, Alter das tertiäre. Nach sächsischem Recht bildet der Grad das primäre, Geschlecht das sekundäre, Alter das tertiäre Kriterium.

Natürlich ist das so kompliziert, wie es klingt. Man kommt jedoch, wenn man das Mittelalter verstehen will, nicht darum herum, den Unterschied zwischen salischem und sächsischem Recht zu verstehen.

Nach salischer Auffassung rangiert das Prinzip „erst Mann, dann Frau“ vor dem Prinzip „erst Nachkommen der verstorbenen Person (1. Grad), dann die Nachkommen ihrer Vorfahren (höherer Grad)“. Nach sächsischer Auffassung verhält es sich umgekehrt.

Die salische Regel schließt also zunächst alle weiblichen Familienglieder von der Thronfolge aus und verfährt dann nach dem Prinzip „Kinder vor Geschwistern“. Es gab eine Ausnahme: wenn die Familie ausstarb, d.h. alle ihre männlichen Mitglieder gestorben waren, ging das Thronfolgerecht auf die weiblichen über. Es ging, genauer gesagt, auf die Erbtochter über. Und zwar entschied sich, welche Frau Erbtochter sein solle, nun nach dem Gradkriterium (Tochter kommt vor Schwester) und dann nach dem Alterskriterium (ältere kommt vor jüngerer Tochter). - Jetzt wurde der entscheidende Schritt getan. Die Erbtochter heiratete. Sie bekam einen neuen Namen. Besitz und Amt ihrer alten Familie gelangten an eine neue. Für einen, entscheidenden Augenblick fokussierte sich die Thronfolgeregel auf die Person dieser Erbtochter. Denn sie war jetzt gleichsam Ahnherrin: bei ihrem Ableben verlor auch ihr Gatte den Thron, das Thronrecht ging vielmehr über auf ihre Nachkommen, und zwar hatten Vorrang die männlichen vor den weiblichen Nachkommen, sodann das ältere vor dem jüngeren Geschwister.

Das salische Gesetz kann man dahin zusammenfassen, daß es generell die weibliche Linie ausschloß: keine Frau konnte ihre Rechte am Thron vererben, - es sei denn, bei ihr handelte es sich um die letzte Überlebende ihrer Familie.

Das sächsische Gesetz scheint nur den Akzent zu verschieben. Es bevorzugt, wenn der Throninhaber ausfällt (durch Tod, Verzicht oder Abdankung), zunächst dessen Nachkommen vor denen seiner Vorfahren, also Kinder vor Geschwistern, Geschwister vor Oheimen usw.; und dann erst zieht es das maskuline dem femininen Geschlecht vor. (Hatte beispielsweise der Erblasser außer einem Bruder lediglich eine Tochter gehabt, so war sie ihrem Onkel vorzuziehen; und sollte auch sie bereits gestorben sein, zwei Töchter und einen kinderlosen Sohn hinterlassend, so wäre letzterer, unabhängig von seinem Alter, nun gefolgt und nach ihm die ältere seiner Schwestern (und ihre Nachkommen), dann die jüngere (und deren Nachkommen), - schließlich jener Onkel (und dessen Nachkommen).)

Allerdings war es eine Akzentverschiebung mit enormen Auswirkungen. Denn die Krise des Dynastiewechsels, die nach salischer Regelung erst beim Erlöschen der ganzen Familie eintrat, drohte nach sächsischer Regelung in jeder Generation. Immer wieder nämlich mußte damit gerechnet werden, daß ein Throninhaber keine Söhne oder Enkelsöhne hinterließ und deshalb die älteste Tochter, Enkeltochter oder Schwester an die Reihe kam.

Jedenfalls wurde nicht zufällig der Thron im „salischen“ Frankreich fast ein Jahrtausend von immer derselben Familie, den männlichen Nachfahren des Königs Hugo Capet, besetzt, während die Königsdynastien im „sächsischen“ England und Schottland kaum seltener als alle Jahrhunderte wechselten. Freilich war in Frankreich die männliche Erbfolge zum Gewohnheitsrecht geworden, weil mehr als 300 Jahre stets nach dem Tod des Königs sein Sohn die Regierung übernommen hatte.

Das änderte sich 1316. Der einzige Sohn, den Ludwig X hinterließ, starb als Kind. Zum erstenmal übernahm ein Bruder des Vorgängers die Regierung, und 1322 wiederholte sich das gleiche.

In dieser Krise erklärten französische Juristen das Gewohnheitsrecht zur unumstößlichen Regel und gaben sie als altehrwürdige Lex salica aus. So rechtfertigten sie 1328, als erneut der König ohne Sohn starb, die Übertragung der Krone an seinen Cousin und damit an die Seitenlinie Valois. Das Problem schien gelöst.

Aber die Krise war nicht überwunden. Eduard III v. England weigerte sich, das salische Recht anzuerkennen, und beanspruchte die französische Krone, die nach sächsischem Recht jetzt seinem Haus Anjou zustand. Die Krise mündete in den Hundertjährigen Krieg zwischen Anjou und Valois.

Auf dessen Höhepunkt glitt ausgerechnet das Haus Anjou 1399 in die gleiche Lage wie das Haus Capet 1328: die Krone des kinderlos verstorbenen Königs ging an seinen Cousin über und damit an die Seitenlinie Lancaster. Nun war es das englische Parlament, das die Mißachtung sächsischen Rechts guthieß. Nach letzterem stand Englands Krone vielmehr der Seitenlinie York zu. Deren Widerstand ließ nicht auf sich warten, und der Streit gipfelte im dreißigjährigen Rosenkrieg zwischen York und Lancaster. Als Resultat dieser Kriege siegte in England der Grundsatz, weibliche Erbfolge sei zu respektieren, während in Frankreich der Ausschluß weiblicher Erbfolge bestätigt wurde.

Die beiden Kriege standen am Beginn einer Epoche desaströser Kriege, Bürgerkriege und Revolutionen. Sie beschleunigten die Entmachtung des Königtums in England und Schottland durchs Parlament, veranlaßten die Entstellung des Königtums in Frankreich zur absoluten Monarchie und bereiteten die Spaltung in Kontinentaleuropa und atlantische Sphäre vor. Gemeinsam aber war England, Frankreich und den anderen abendländischen Nationen eine Entwicklung, die sich dem Adel verdankte und eine Welt hervorbrachte, in welcher der Adel keinen Platz hat.

Darum soll auch, wenn im folgenden der Wechsel der Dynastien, wie ihn die britannische Geschichte berichtet, unter dem Aspekt des sächsischen und des salischen Prinzips behandelt wird, keineswegs der Eindruck entstehen, es gehe dabei um Ereignisse von gleicher Bedeutung. Zweifellos faszinieren sie alle in gleicher Weise, und der Dynastienwechsel im Mittelalter verdient das gleiche Interesse wie der neuzeitliche. Doch steht außer Frage, daß politische Bedeutung dem Übergang von der alten zur neuen Königsdynastie zum letztenmal um 1700 zukam. Danach hat er in der realen Welt der Macht keine Rolle mehr gespielt.

Thronfolge in Großbritannien und Irland

Vom Haus Wessex zum Haus Anjou

Datei:Vom Haus Wessex zum Haus Anjou5.pdf a) Cerdic begründete nach 500 das Königreich Wessex. Er gilt auch als Begründer der englischen Monarchie. In der Tat errichteten die Könige von Wessex eine Suprematie über England. Aber ihr setzte die Invasion der Dänen bald Grenzen; und schließlich mußten Ethelred II und Edmund II den dänischen Königen Sven Gabelbart und seinem Sohn Knut d. Großen die Herrschaft 1013 bzw. 1016 überlassen.

b) Die Legitimation Knuts d. Gr. hatte auf der Wahl durch die Engländer beruht, während sein Sohn Harthaknut, mit welchem das dänische Haus Yelling 1042 endete, wenigstens Stiefsohn Ethelreds II v. Wessex war. Zwar gewann dessen Sohn Eduard d. Bekenner 1042 seiner Familie den Thron Englands zurück, doch steckte sie schon zu tief in der Krise. Erst Hz. Wilhelm v. Normandie überwand die Krise seit 1066, als er das Land eroberte. Doch beruhte Wilhelms Legitimation außer auf der Eroberung einzig darauf, daß Edgar Atheling zu seinen Gunsten 1066 auf das Königtum verzichtet hatte.

c) Wilhelm d. Eroberer ehelichte Matilda (†1083), Tochter Balduins V v. Flandern. Dieser war Nachkomme Elfridas, einer Tochter Alfreds d. Gr. Infolgedessen konnten Wilhelms Söhne Wilhelm II und Heinrich I sich in weiblicher Linie auf Cerdic, Stammvater der Familie Wessex, zurückführen. Die Legitimationslücke war geschlossen. (Von den englischen Königen vermochten nur Wilhelm d. Eroberer, Sven, Knut, Harold I, Harthaknut und Harold II nicht sich von Cerdic herzuleiten.) 

d) Nach Heinrichs I Tod 1135, dessen einziger Sohn William 1120 gestorben war, wurde Matilda (†1067) Erbtochter. Sie stammte über ihre Mutter Matilda (†1118) sowohl von den englischen Wessex als auch den schottischen Atholl ab, war also die erste Person, welche die Gründer beider Monarchien zu Stammvätern hatte. Über ihren Sohn Heinrich II erbte das französische Haus Anjou die englische Krone, und zu dessen französischen Asprationen kamen noch die schottischen hinzu.

e) Mit den Anjou konkurrierte eine weitere französische Grafenfamilie, die Blois, um den englischen Thron. Allerdings hatte Heinrich v. Anjou gute Gründe, die Sukzession Stefans v. Blois anzufechten. Dessen Mutter Adela war bloß Tochter Wilhelms d. Eroberers, von dem sich keine Linie zu den alten englischen Königen ziehen ließ, Matilda (†1067) dagegen Tochter Heinrichs I (und Enkelin Wilhelms). Trotzdem drängte Stefan sich 1135 vor, mußte 1153 aber in die Aberkennung des Thronrechts seines Sohns William zugunsten Heinrichs v. Anjou einwilligen.

Hundertjähriger Krieg Anjou-Valois

Datei:Hundertjähriger Krieg Anjou- Valois.pdf a) Kg. Philipp II August (†1223) hatte in Frankreich das monarchische System etabliert. Unter seinem Enkel Ludwig IX d. Heiligen (†1270) erlebte es seinen Höhepunkt und seit dessen Enkel Philipp IV d. Schönen (†1314) seinen Absturz. Nach 1316 wurde das Land von einer erbrechtlichen Krise heimgesucht. Sie löste den Hundertjährigen Krieg aus, dessen Folgen die Monarchie noch in der Neuzeit belasteten, bis sie in der Revolution unterging.

b) Von sämtlichen kapetingischen Königen, Nachkommen des 987 auf den Thron gelangten Hugo Capet, hatte die Krone bis 1314 an einen Sohn weitergegeben und so die männliche Erbfolge sich zu einer Gewohnheit verfestigen können. Seit 1316 aber überlebten dreimal keine Söhne den Tod des Königs. Zunächst begegnete man dieser Situation, indem die Gewohnheit umgemünzt wurde in ein Gewohnheitsrecht: die agnatische Erbfolge. (Und zwar versteht man unter Agnaten die männlichen Familienmitglieder, also die vom gemeinsamen Stammvater abstammenden männlichen Blutsverwandten; kurz gesagt, sind Agnaten durch Männer verwandte Männer. Hingegen zählen zu den Kognaten die durch Frauen blutsverwandten Männer (, ferner die weiblichen Blutsverwandten).)

Gleichwohl wurde die Katastrophe, die 1316 drohte, nicht abgewendet. Mit Ludwig X starb zum erstenmal ein kapetingischer König ohne Sohn. Zwar hätte Ludwigs Tochter Johanna nun Königin von Frankreich und Navarra werden können. (Seine Mutter Johanna (I) war die navarresische Erbtochter gewesen.) Doch ihre (Stief-)Mutter war schwanger. So gab man die Hoffnung nicht auf, die liebgewonnene Gewohnheit beibehalten zu können, und setzte vielmehr Johannas (II) Onkel Philipp als Regenten ein. In der Tat kam noch ein posthumer Sohn Ludwigs zur Welt, so daß die alte Kontinuität gesichert schien. Aber dieser Johann I starb als Säugling. Nun schob der Regent seine Nichte beiseite und wurde König (Philipp V): der Agnat Philipp, Bruder Ludwigs und Onkel Johanns, hatte per Staatsstreich die Kognatin Johanna, Tochter Ludwigs und (Halb-)Schwester Johanns, ausgebootet.

c) Philipp V starb 1322 nach seinem einzigen Sohn, und seine Töchter wurden, dem Präzedens von 1316 zufolge, selbstverständlich übergangen: auf den Thron kam, auf keinen Widerstand stoßend, Philipps Bruder als Karl IV.

d) Die Krise verschärfte sich, als 1328 die Situation von 1316 wiederkehrte und abermals Karl IV nach seinen Söhnen starb, eine Tochter und eine schwangere Frau hinterlassend (vgl. b). Wieder hielt man Ausschau nach einem Regenten, der aber, zufolge der Erfahrungen von 1316, zugleich als Kronprätendent in Frage kommen mußte. Indes hatte Karl keinen jüngeren Bruder. Hieraus resultierte nun, anders als 1316 und 1322, die Gefahr, daß Ansprüche gemäß dem agnatischen Prinzip („Agnat vor Kognat“) mit Ansprüchen gemäß dem Gradkriterium („näherer vor fernerem Grad“) kollidierten. Aus der Gefahr wurde Realität, als Karls posthumes Kind sich nicht als Sohn, sondern Tochter Blanche (†1392) herausstellte. Das agnatische Gewohnheitsrecht wurde nun zur „Lex salica“ aufgewertet, doch der Konflikt dadurch nicht mehr abgewendet.

e) 1328 kamen drei Kandidaten in Frage. Philipp v. Evreux war wie Philipp v. Valois agnatischer Enkel Kg. Philipps d. Kühnen, allerdings aus dessen 2. Ehe, dafür jedoch nicht nur Vetter der letzten drei Könige, sondern demnächst auch Ludwigs X Schwiegersohn: wenn Philipp v. Evreux 1329 Johanna II heiratete, so wurde damit eine künftig erneuerte Personalunion von Frankreich und Navarra anvisiert (wie übrigens auch 1353, als sein Sohn Karl v. Navarra die älteste Tochter Johanns II v. Frankreich heiratete); denn 1328 war Johanna als Nachfolgerin Karls IV in Navarra akzeptiert, das „salische Recht“ also auf Navarra nicht angewandt worden. Allerdings war dies erstens geschehen aus Rücksicht auf Aversionen des navarresischen Adels gegen die Personalunion mit Frankreich, d.h. um dieselbe (vorerst) nicht fortzusetzen. Zweitens hätte es einem Regime nicht gut zu Gesicht gestanden, Frauen den Zutritt zu dem Thron zu verweigern, der ihm unlängst dank einer Frau, nämlich Johanna I, beschert worden war. Drittens hatte sich Johanna II zwar beim Staatsstreich 1322 beiseite schieben lassen, sah aber 1328 keinen Grund mehr, ihren Anspruch auf Navarra preiszugeben, zumal einen solchen nun auch die Töchter Philipps V und Karls IV erhoben.

f) Für Frankreich gaben ganz andere Rücksichten den Ausschlag als für Navarra. Aus französischer Sicht kamen weder Frauen noch deren Nachkommen als Thronfolger in Frage. Alles sprach daher für Philipp v. Valois, in männlicher Linie Enkel Kg. Philipps d. Kühnen aus dessen 1.Ehe, zumal der Konkurrent Philipp v. Evreux seine Sache lustlos und ohne Ehrgeiz vertrat, also rasch ausschied. In der Tat wies der Favorit eindeutige Vorteile auf: jeder kannte ihn als Sohn des seit 1293 unter Philipp d. Schönen zum zweiten Mann im Staat aufgestiegenen Karl v. Valois, dessen Karriere eben erst (1325) sein Tod beendet hatte; außerdem war Philipp von Karl IV designiert worden; und nicht zuletzt war er Franzose. Jedenfalls schien es, um an den Präzedenzfall von 1316 anzuknüpfen und seine Inthronisation 1328 als Philipp VI zu befürworten, nur gute Gründe zu geben.

g) Es gab noch einen dritten Kandidaten. Doch Eduard III, der englische König, nahm aus französischer Sicht eine schlechtere Position ein als Philipp VI. Denn einzig über seine Mutter war Eduard mit den letzten Kapetingern verwandt. Aus englischer Sicht verhielt sich das freilich anders. Ihr zufolge war Eduard, ob kognatisch oder nicht, Enkel Philipps IV und Neffe Karls IV, und nicht wie jener bloß Neffe bzw. Vetter. Allerdings hatte Eduard gegen den Vorgang von 1316, der auf dem Ausschluß von Frauen beruhte, nie etwas eingewandt. Denn andernfalls wären Johanna II v. Navarra und seine Mutter Isabella ihm in der französischen Thronfolge vorausgegangen. Indes verschärfte sich 1328 das Problem. Jetzt drehte es sich um den Ausschluß auch der Nachkommen von Frauen. Vorerst jedoch hätte eine Revision dieses Schritts von 1328 nicht ohne weiteres zum Vorteil Eduards gereicht; denn sie hätte ihn ja gezwungen, der navarresischen Königin Johanna II, ihrem Mann Philipp III und deren Nachkommen (wenn auch nicht, falls zugleich der Schritt von 1316 für unrechtmäßig erklärt worden wäre, den Nachkommen Karls IV oder Philipps V) den Vortritt einzuräumen. Jedenfalls erkannte Eduard, indem er Philipp VI für Guyenne, den englischen Besitz auf dem Kontinent, die Lehnshuldigung leistete, als König an. Den Ausschlag aber gaben die natürlichen Nachteile Eduards. Erstlich war er Ausländer, zudem 18 Jahre jünger als Philipp und eben erst inthronisiert, ohne Sohn eines seit langem in Frankreich prominenten Spitzenpolitikers zu sein.

An Krieg dachte 1328 keiner. Erst 1337 gab es für Eduard zwei Gründe, Krieg zu beginnen: englische Interessen in Flandern und französische Interessen in Schottland. Philipps Drangsalierung der Guyenne bildete nur den Anlaß, und der erbrechtliche Streit, den Eduard jetzt wiederentdeckte, diente nur als Vorwand. Daß der Krieg hundert Jahre (1339-1453) dauern sollte, war nicht geplant.

h) Nach 1337, als Eduard III es für vorteilhaft hielt, das Verfahren von 1328 anzufechten und den französischen Thron für sich zu reklamieren, tauchte ein vierter Kandidat auf: Karl v. Evreux, der 1332 geborene Sohn Philipps III und Johannas II v. Navarra. Nie billigte er den Thronverzicht seiner Eltern. Doch trat Karl, mütterlicher Enkel Kg. Ludwigs X, nicht auf, um mit Eduard, bloß mütterlicher Enkel Kg. Philipps d. Schönen, zu konkurrieren, sondern vielmehr als verbissener Feind der Valois- Könige.

Diese Feindschaft war schon 1328 angelegt darin, daß damals zwei einflußreiche Adelsgeschlechter, Evreux und Brienne, auf Distanz zu den Valois zu gehen begannen. Eine feindliche Fraktion bildeten sie freilich erst nach 1350. Damals ließ Kg. Johann II d. Gute den Connétable (Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte) Rudolf v. Brienne hinrichten, um dessen Amt seinem Günstling Cerda zuzuwenden. Ferner entzog Johann dem Haus Evreux die Grafschaft Angoulȇme und übertrug auch sie dem Cerda. Wenn Johann nun Karl, indem er ihm 1353 seine Tochter zur Frau gab, bei Laune zu halten meinte, so bewirkte er damit, daß er ihm sodann die versprochene Mitgift vorenthielt, vielmehr das Gegenteil: entschlossen setzte sich Karl, seit 1349 König v. Navarra und später genannt der Böse, jetzt an die Spitze der feindlichen Fraktion, sorgte 1354 für die Ermordung Cerdas und schloß mit Eduard ein Militärbündnis, um Johann von Vergeltung abzuschrecken.

Für eine Versöhnung war es jedenfalls zu spät: 1355 handelte Karl d. Böse zu Avignon mit Eduards Sohn John of Gaunt für den Fall des englischen Sieges die Aufteilung Frankreichs aus, wobei Karl die Normandie, Champagne und Pyrenäen- Region bekommen sollte. 1356 brachte der Krieg die Nation an den Rand des Abgrunds, und die Gegner der Valois schlossen sich zu einer Adelsopposition unter Führung Karls zusammen, während der Dauphin Karl (V) für Johann, seinen in englische Gefangenschaft geratenen Vater, die Staatsgeschäfte übernahm. Vom Dauphin wollte Karl d. Böse vor allem die Rückgabe seiner Besitzungen erzwingen. Dafür begab er sich 1357 sogar nach Paris, um mit der Bürgerbewegung unter Etienne Marcel zu paktieren, mit welcher die Krise ihrem Höhepunkt zustrebte. Nachdem Karl wieder abgezogen war, kam 1358 der Dauphin nach Paris, weil er Marcel dämpfen wollte, der vorhatte, seine Bewegung auf die Provinz auszuweiten. Marcel durchkreuzte die Bemühung des Dauphins, indem er gegen ihn einen blutigen Aufruhr erregte und Karl in die Hauptstadt zurückrief. Weil aber der Dauphin sie nun verlassen und nach Compiègne ausweichen mußte, um die Stände einzuberufen, wurde plötzlich Paris vom Land isoliert und der Dauphin zum Bundesgenossen des Adels.

Damit hatte sich für Karl d. Bösen bereits das Blatt gewendet, und die Wirren rissen ihn in den Abgrund. Denn zur selben Zeit brach im Umland die Jacquerie aus, ein gegen den Adel gerichteter Bauernaufstand, den der Dauphin indirekt ermutigt hatte. Nun geriet Karl zwischen die Fronten. Während er es mit dem Adel hielt, ging Marcel mit den Bauern zusammen. Zwar schlug Karl ihren Aufstand nieder, aber der Adel verlangte auch die Niederschlagung der Städte. Karl weigerte sich und wechselte, fallengelassen vom Adel, zum Dauphin über, der inzwischen das Chaos nutzte, um Paris zu belagern. Obwohl dort mittlerweile die antienglische Stimmung überwog, war die Stadt gleichwohl nicht zur Übergabe zu bewegen. Vielmehr setzte man auf Karl, von dem sich das Volk den Frieden erhoffte. Marcel ergriff die Initiative, lud Karl ein, ließ ihn zum Stadtoberhaupt wählen und appellierte an die Städte, ihn als Generalkapitän des Reiches anzuerkennen. Indes hatte sich Karl nur scheinbar gegen den Dauphin durchgesetzt. Bei der königstreuen Fraktion der Bürgerbewegung witterte man einen englisch gesteuerten Putsch und sorgte dafür, daß Marcel umgebracht wurde. Der Dauphin zog in die Stadt ein, und Karls Ambitionen zerstoben.

Dessen Eingriffe wurden zur Plage: er verschlimmerte nach 1358 den Krieg mit England, indem seine Heerhaufen besonders die Gegend um die Seine terrorisierten, und er belastete den Friedensschluß mit England 1360, indem er nach der Champagne strebte, die ihm, wie er meinte, durch seine Urgroßmutter Johanna (I) zustand. Kaum hatte er klein beigegeben und sich zur Aussöhnung mit Kg. Johann verpflichtet, brach er 1361 den nächsten Streit vom Zaun und strebte nach Burgund, das ihm, so meinte er, nach dem Tod seines letzten Herzogs als Urenkel dessen Urgroßvaters zustand. Er fand sich nicht damit ab, daß Johann statt dessen Burgund 1363 an seinen jüngeren Sohn Philipp d. Kühnen vergab, und nach 1364 mußte sich dessen Bruder Karl V, der neue König, mit Karl d. Bösen herumschlagen. Dieser hielt an dem Ziel, den Valois vom Thron zu stoßen, trotz seiner großen Niederlage 1364 ( Vernon) fest. Immerhin verlor er durch sie seinen wichtigsten General Jean de Grailly und seine Besitztümer an der Seine, so daß er sich vorerst friedlich verhalten mußte.

Jedoch 1369 flammte der Krieg mit England wieder auf, und Karl witterte Morgenluft. Er intensivierte seine Verhandlungen mit Eduard III und war selbst durchs Versprechen von Apanagen nicht zu mäßigen. Dann aber starb Eduard 1377, und der Vorhang fiel: 1378 warf man Karl d. Bösen jene Verhandlungen vor, dazu Mordpläne gegen den König, konfiszierte sämtliches Land des Hauses Evreux und griff ihn militärisch an. Er zog sich nach Navarra zurück bis zum Lebensende 1387.

i) Der Krieg bekam eine neue Qualität, als der Bürgerkrieg, von dem er zu Karls VI Zeit überlagert wurde, mörderisch eskalierte. 1419 räumte der Dauphin Karl (VII) den Cousin des Königs, Herzog Johann Ohnefurcht v. Burgund, aus dem Wege, und dadurch, daß dessen Sohn Philipp d. Gute Rache nahm, gelangte nun doch, schien es, ein englischer König auf den französischen Thron: 1420 schloß Heinrich V, Urenkel Eduards III, mit Philipp in Troyes jenen Vertrag, der ihm und seinen Erben die Doppelmonarchie einbringen sollte. Zu diesem Zweck heiratete er Karls VI Tochter Cathérine.

Doch die Sache fügte sich nicht so, wie Philipp es sich zurechtgelegt hatte. Ihm war es darum zu tun, den Dauphin zu verbannen und mit Kind und Kindeskind für immer vom Thron auszuschließen. In der Tat wurde 1422 nach Heinrichs V Tod dessen Bruder Herzog John of Bedford (†1435) Regent von Frankreich und nach Karls VI Tod Heinrich VI v. England, Sohn Heinrichs V und Cathérines, zum Monarchen beider Reiche proklamiert. Indes kam es 1429 zur Salbung des von der Gegenpartei ebenfalls proklamierten Dauphins, und die mit der Jungfrau v. Orléans verbundenen Ereignisse führten dazu, daß sich das Blatt zu Ungunsten Englands wendete. Daran konnte Heinrichs VI Krönung 1431 zu Paris nichts ändern. 1435 söhnten sich im Frieden v. Arras Karl VII und Philipp d. Gute miteinander aus. Der Hundertjährige Krieg ging erst 1453 zu Ende, aber die Verdrängung Englands aus Frankreich hatte 1435 endgültig begonnen.

vom Haus Anjou zum Haus Tudor

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Vom Haus Stuart zum Haus Hannover

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Herrscher Englands und Schottlands bis zum Hochmittelalter

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