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Rolf Tschierschky
Rolf Tschierschky (* 27. Juli 1923 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Maler, Grafiker und Bühnenbildner.
Leben
Am 27. Juli 1923 kommt Rolf Tschierschky als zweites von vier Kindern in Frankfurt am Main zur Welt. Sein Vater ist der 1877 geborene Maler und Bildhauer Alfred Tschierschky, seine Mutter Adele Biesenbach, geboren 1895, eine kulturell sehr interessierte und feinsinnige Frau.
1937 zieht die Familie nach Berlin um, wo der Vater Alfred Tschierschky im Alter von 61 Jahren verstarb. Für den 15jährigen Rolf Tschierschky bedeutete dies, nun an die Stelle des Vaters zu treten und die Verantwortung für die gesamte Familie zu übernehmen: für die Mutter Adele und seine drei Geschwister Rosemarie, Günter und Alfred (genannt Fredi).
Im Krieg diente Rolf Tschierschky bei der Marine als Funker, zuletzt in Ahlbeck an der Ostsee, und geriet 1945 in englische Kriegsgefangenschaft. Hier tat er seine ersten Schritte als Bühnenbildner. Die „Bunte Gruppe Tating“, wie sich die rollende Schauspieltruppe nannte, führte zur Erheiterung der Alliierten Bühnenstücke in einem Gemisch aus Deutsch und Englisch auf, zu denen Tschierschky die Kulissen malte.
Nach seiner Entlassung 1947 wandert Rolf Tschierschky zu Fuß nach Frankfurt, in der Hoffnung, dort seine Mutter und die Geschwister Günter und Rosemarie wiederzufinden. Sein Bruder Fredi war im Kaukasus-Feldzug ums Leben gekommen.
In Frankfurt richtete sich die Familie, so gut es ging, in ihrem „Häuschen“ in der Dreikönigsstraße ein. An der „Städelschule“, der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, belegt er von 1948 bis 1952 Abendschul-Kurse in Malerei und Kunstgeschichte. Zu seinen Lehrern zählen Arno König und Theo Garve.
Während seines Studiums arbeitet Tschierschky als Grafiker in der Werbeabteilung bei Hartmann & Braun. Diese auf Mess- und Regeltechnik spezialisierte Firma legte Wert darauf, ihre Produkte anschaulich und auch für Laien verständlich zu präsentieren. Rolf Tschierschkys Aufgabe war es, die Firmenprodukte in Werbeprospekten realistisch und zugleich ästhetisch zu gestalten.
1953 bis 1956 war er Mitglied in der Grafikklasse des Beckmann-Schülers Hans Leistikow an der Staatlichen Werkakademie in Kassel sowie in der Bühnenbildklasse des europäisch renommierten Teo Otto, eines Freundes von Bertold Brecht. In Kassel gewann er den ersten Preis eines vom Staatstheater ausgeschriebenen Bühnenbildwettbewerbes und wirkt 1954/55 zusammen mit dem Kasseler Künstler Arnold Bode bei der Organisation der ersten documenta mit. Hier in Kassel lernt er auch seine spätere Ehefrau kennen. Im Jahr ihrer Heirat, 1957, kam das erste von fünf Kindern auf die Welt. Nach der Heirat folgen unruhige Jahre mit mehreren Umzügen nach Braunschweig, Bonn und Offenburg. Es fiel Rolf Tschierschky zunehmend schwer, die wachsende Familie allein durch seine Arbeit als Bühnenbildner zu versorgen.
Von 1960 bis 1965 war Rolf Tschierschky bei der auf Außenwerbung spezialisierten Firma Borsi KG in Offenburg angestellt. In dieser Zeit ist die Arbeit des jungen Werbegrafikers von Airbrushtechnik und Fotorealismus geprägt.
1965 zog die Familie in das waldeckische Mengeringhausen, dem Heimatort seiner Ehefrau Gertrud. Er fand im Nachbarort Arolsen sehr rasch eine Stelle als technischer Zeichner im Straßenbauamt, die sich jedoch als wenig geliebte Tätigkeit herausstellte. 1983 ließ er sich aus gesundheitlichen Gründen im Alter von 61 Jahren frühpensionieren und konnte sich nun uneingeschränkt der freien Kunstproduktion widmen.
Im Jahr 1988 erhielt er den Auftrag, ein 3,65 Meter hohes Glasbild für die belgische Partnerstadt Heusden-Zolder anzufertigen – eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Rolf Tschierschky uneingeschränkt als bildender Künstler wahrgenommen und anerkannt wurde.
Werk
Die künstlerische Produktion Rolf Tschierschkys erstreckt sich von 1943 bis 2004, also über 61 Jahre. In dieser Zeit sind mehr als 1.600 Werke entstanden, die in den Jahren 2003-04 von seinem Enkel Sven Hinz fotografisch dokumentiert und katalogisiert wurden.
Es ist typisch für Rolf Tschierschky, alle Strömungen seines Jahrhunderts gleichsam aufzusaugen und bildnerisch zu verarbeiten. Zwar nennt er einige Vorbilder, an die er sich bewusst angelehnt habe – Max Beckmann in den fünfziger Jahren, später auch Cézanne – doch in Wirklichkeit lassen sich unzählige „geistige Väter“ in Rolf Tschierschkys Werken entdecken. Vergleichbar einem Prisma brechen sich in ihm alle Kunstströmungen, Stile und Techniken des 20. Jahrhunderts und verschmelzen auf der Leinwand farblich-stilistisch zu einer neuen künstlerischen Einheit. Diesen Prozess hat er selbst kaum bewusst reflektiert. Für ihn war vor allem eine Quelle die wichtigste: die eigene Imagination. Oft ungebeten, so berichtet er, hätten die Bilder und Vorstellungen sich ihm aufgedrängt. Vor allem nachts, im Dunkeln, seien sie aus den Tiefen seines Unbewussten emporgestiegen. Etwaige Ähnlichkeiten mit Werken der Zeitgenossen waren sekundär, ihm ging es darum, sich von den inneren Bildern zu befreien, ohne Anspruch auf einen eigenen Stil. Es gab Zeiten, in denen er im Schnellverfahren täglich mehrere Bilder produzierte, die Farbe in dicken Schichten auf die Leinwand oder ein Stück Pappe klatschte und mit einem Spachtel verschmierte.
Unüberschaubar vielfältig sind die Maltechniken, Stile, Materialien, Sujets und Formate. Rolf Tschierschky malte mit 37 verschiedenen Medien, von Acryl bis zu Wasserfarben, vom Bleistift über Fettkreide, Kohle und Goldbronze bis zu Druckerfarbe, Rötel und Spirituslack. Sogar vor Schuhcreme schreckte er nicht zurück. Er tupfte, schmierte, spachtelte oder schleuderte die Farbe auf Hartfaserplatten, Karton, Spanplatten, Fotopapier, normales Papier, beschichtetes Papier, Glanzpapier, Transparentpapier, Bierdeckel, Folien, Japan- und Kupferdruckpapier, Leinwand, Rasterfolie, Seide, Zeitungspapier und Filmfolien.
Porträts
Kaum zwei der insgesamt einundfünfzig Porträts sind in der gleichen Technik gemalt. Ob Ölmalerei, Tachismus, Collage oder Bleistift, es kommt die ganze Palette von Rolf Tschierschkys handwerklichem Können und Einfallsreichtum zur Geltung. Die Technik und der Stil werden als charakterisierende Hilfsmittel verwendet, um die darzustellende Persönlichkeit abzubilden. So erzählt jedes Porträt eine ganz eigene Geschichte, die sich selbst dann erschließt, wenn die dargestellte Person dem Betrachter unbekannt ist.
Bühnenbilder
Rolf Tschierschkys Tätigkeit als Bühnenbildner umfasst hauptsächlich die sechs Jahre zwischen 1954 und 1960. In dieser Zeit war er an nicht weniger als vier staatlichen Theatern in Kassel, Hamburg, Braunschweig und Offenburg angestellt und schuf 158 Bühnenbildentwürfe und 70 Kostümskizzen für rund dreißig Produktionen.
Die erste Anstellung am Staatstheater Kassel erhielt Tschierschky im Anschluss an seine Studienzeit, nachdem er einen vom Theater ausgeschriebenen Bühnenbildwettbewerb gewonnen hatte. In den Jahren von 1954 bis 1956 war er dort an 14 Produktionen beteiligt, von zeitgenössischen Schauspielen wie „Eurydike“ von Jean Anouilh bis zu Klassikern wie Mozarts „Zauberflöte“.
Frankfurter Bilder
Die meisten der Frankfurter Ansichten entstanden nach Rolf Tschierschkys Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im Jahre 1947. Viele dieser Bilder lassen eine unversehrte Stadt vermuten, wie etwa das Aquarell „Mainansicht“ von 1952. Was er abbildet, ist nicht die äußere Realität einer zerstörten Stadt, sondern deren unzerstörbare Essenz, gleich der Seele des Künstlers, welche zwar durch das Erlebte gepeinigt war, aber in ihrem Kern heil blieb und fest auf einem tiefempfundenen christlichen Glauben gründete.
Von besonderer Bedeutung ist eine fiktive, stilistisch an Beckmann erinnernde Zusammenschau verschiedener Frankfurter Panoramen, worin Rolf Tschierschky seine Erinnerungen an seine Geburtsstadt verdichtet. Dieses Bild zählte er selbst zu seinen wichtigsten Werken.
Landschaften
Der weite, offene Raum hat Rolf Tschierschky besonders angezogen. In hohem Maße ist ihm die Fähigkeit eigen, Licht und Farben in berückende Transparenz zu setzen und den Betrachter des Bildes sozusagen in dessen lichtdurchflutete farbliche Atmosphäre einzusaugen. So gibt etwa die rasch entstandene Skizze der Akropolis in Athen mit einfachsten Mitteln den typisch mediterranen Lichteinfall wider: Leerstellen und dunkle Flächen vermitteln grelles Sonnenlicht und scharfe Schatten.
Wie auch sonst im Werk von Rolf Tschierschky decken die Landschaftsbilder das gesamte Spektrum zwischen Fiktion und Realität, zwischen subjektiver Befindlichkeit und fotografisch exakter Nachbildung ab. Der Übergang zum Sujet des Fantastischen ist fließend.
Fantastisches
Die etwa 500 sogenannten „Freien Werke“ stellen den größten Teil im Gesamtschaffen von Rolf Tschierschky dar. Es sind Bilder, die ohne Auftrag oder äußeren Anlass entstanden sind und die nicht etwas im Äußeren Wahrnehmbares, etwa eine Landschaft, abbilden, sondern innere Gegebenheiten, Stimmungen, Seelenzustände, Träume und Visionen. Sie bilden den Kern seines künstlerischen Ausdrucks.
Wie in jeder Werkgruppe kommen hier die verschiedensten Maltechniken zum Einsatz, etwa der Tachismus, bei dem die Farbe aus einigem Abstand auf den Malgrund geschleudert wird.
Objekte und Installationen
Erst Ende der achtziger Jahre, also zu Beginn seines achten Lebensjahrzehnts, begann Rolf Tschierschky, größere plastische Objekte zu entwerfen. Er verbrachte oft mehrere Jahre mit ihrer Auf- und Ausarbeitung, ohne sich darum zu kümmern, dass die Chancen auf Geldmittel gering waren und er fast immer ohne Auftrag handelte. Von seinen Visionen war er derart überzeugt, dass die Frage nach ihrer Umsetzung zweitrangig war.
Intensiv beschäftigte ihn nach der deutschen Wiedervereinigung der Entwurf eines Brunnens für Berlin, der symbolisch die Überwindung der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur darstellen sollte.
Weiterhin entwarf er Glasbilder und Lampenschirme aus Tiffanyglas, die er selbst ausführte.
Religiöse Werke
Das Metaphysische hat Rolf Tschierschky sein Leben lang intensiv beschäftigt. Eingehend setzte er sich mit Ereignissen und Personen aus der Bibel, im Neuen Testament vor allem mit der Passionsgeschichte Jesu und mit den Paulusbriefen auseinander. Die Worte Jesu und ihre Auslegung durch Paulus boten ihm Halt und Trost in schwieriger Zeit.
Literatur
Rolf Tschierschky – Ein Maler des Fantastischen
AbisZett-Verlag, 2015
ISBN 978-3-9523639-7-3
Weblinks
www.rolf-tschierschky.de[1]
Fragen
Was mach ich mit mit gelöschten Bildern?
- ↑ Rolf Tschierschky | Ein Maler des Fantastischen. Abgerufen am 29. April 2019 (deutsch).