Benutzer:Wolf1949/Artikelentwurf Ulrich Bauche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ulrich Bauche (* 19. April 1928 in Hamburg), ist ein deutscher Kulturhistoriker und Volkskundler, ehemals Hauptkustos von 1966-1992 am Museum für Hamburgische Geschichte, Honorarprofessor der Universität Hamburg, Lehrbeauftragter ab 1969 am Institut für Volkskunde. Veröffentlichungen zur Sozial- und Kulturgeschichte, zur Arbeiterbewegung und zu jüdischen Lebenswelten.[1]

Werdegang

Ulrich Bauche ist der Sohn des Graphikers und Widerstandskämpfers Wilhelm Bauche und Gertrud Mendel, der Tochter des damaligen hamburgerischen Senators und Vorstandsmitgliedes der Konsum-, Bau- und Sparverein „Produktion“ Max Mendel. Wie der Großvater Max Mendel betätige sich auch der Vater aktiv in der SPD. Doch mit dem zunehmenden Einfluss völkischer, nationalistischer Kräfte begannen sich im "roten" Hamburg die Verhältnisse zu ändern. Auch der Rückritt von Max Mendel nach vierjähriger Zugehörigkeit aus dem Senat am 20.Juni 1929 lies dies erkennen.

Der mit der Zuständigkeit für die Finanzdeputation einflussreiche SPD-Senator war in den Monaten zuvor von verschiedenen Seiten wegen seiner gemeinwirtschaftlichen Aktivitäten im Vorstand des Konsum-, Bau- und Sparverein "Produktion", aber auch wegen seiner jüdischen Herkunft angegriffen worden. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann für die Familie von Ulrich Bauche ein Prozess zunehmender Entrechtung und Ausgrenzung. Dem wenige Jahre zuvor hoch angesehenen Großvater wurden schrittweise die Pensionen gekürzt und schließlich gestrichen. Er starb 1942 im Getto Theresienstadt. Dem nichtjüdischen Vater wurde 1935 aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin die Lehrbefugnis für Kunstgeschichte entzogen. Noch im November wurde er aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem Widerstandskreis der SPD verhaftet und in das KZ Fuhlsbüttel eingewiesen. Da der Vater wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde, wuchs Ulrich Bauche die folgenden Jahre bis zu seinem 10. Lebensjahr ohne den Vater an seiner Seite und mit dem Stigma des sogenannten "Halbjuden" auf.

Ulrich Bauche besuchte ab 1950 an den Universitäten in Leipzig, Münster und Hamburg Lehrveranstaltungen in Volkskunde, Kunstgeschichte, Philosophie, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie Psychologie. 1964 promovierte er im Fach Volkskunde mit einer Doktorarbeit, die den Titel trägt: "Landtischler, Tischlerwerk und Intarsienkunst in den Vierlanden unter der beiderstädtischen Herschaft Lübecks und Hamburgs bis 1867".

Das interdisziplinäre Herangehen und das umfassende Interesse an historischen Entwicklungen kam Ulrich Bauche auch sehr in seiner Tätigkeit als Kustor und Oberkustor am Museum für Hamburgische Geschichte zugute, die er 1966 nach einer Museumsassistentenzeit in Dortmund antrat. In den fast drei Jahrzehnten seines Schaffens im Museum trug er ganz wesentlich dazu bei, dass sich dessen Profil von einem vereinzelte Exponate vergangener Jahrhunderte präsentierenden Stadtgeschichtsmuseum hin zu einem kontextualisierenden gesellschaftliche Entwicklungen erklärenden und hinterfragenden Ort historisch - politischen Lernens entwickelte.

Es entstanden international beachtete sozialgeschichtliche Ausstellungen zur Geschichte und Kultur der Arbeiterbewegung, der Frauen und der Juden in Hamburg. Besondere Aufmerksamkeit fand die große Werkschau "Vorwärts und nicht vergessen - Arbeiterkultur in Hamburg um 1930". Diese 1982 auf dem Kampnagel-Gelände gezeigte Ausstellung, an der Ulrich Bauche mitwirkte, erlangte kurze Zeit später bundesweit Furore und wurde zum Ausgangspunkt heftiger Auseinandersetzung, als sie nach Interventionen des DGB nicht bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen ausgestellt werden durfte.

Seinerzeit herrschte ein erbitterter ideologischer Streit über die Frage, wer für das Versagen der Arbeiterbewegung angesichts der Gefahr des heraufziehenden Nationalsozialismus die Verantwortung trage. Ulrich Bauche war in jenen Jahen ein wichtiger Mittler zwischen den staatlichen Institutionen und der sich formierenden Bewegung der Geschichtswerkstätten. Er war Geburtshelfer und Gründer sowohl für das Museum der Arbeit als auch für die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Bis ins hohe Alter hat er die Museumsfahrten der Freunde des Museums der Arbeit organisiert. Engagiert begleitete er die Errichtung der Gedenkstätten Fuhlsbüttel und Plattenhaus Poppenbüttel.

Doch nicht nur die Inhalte öffneten sich mit ihm von der stadtgeschichtlichen Herrschaftsperspektive hin zur Geschichte der Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, sondern durch seine gewerkschaftliche Orientierung trug er in den 1980er Jahren mit der Schaffung der Museumsräte als Organe, die Leitung, Museumswissenschaftler und gewählte Vertreterinnen und Vertreter aus der Gruppe der Restauratoren, des technischen und Verwaltungspersonals vereinte, ganz wesentlich zur Demokratisierung der Museumslandschaft bei. Ulrich Bauche ist langjähriges Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

Trotz seiner beruflichen Belastungen setzte sich Ulrich Bauche zusammen mit seiner Frau Renate und seiner Mutter Gertrud Bauche für gesellschaftliche Belange ein - zum Beispiel im Rahmen der Friedensbewegung als aktiver Teilnehmer an den Ostermärschen.

Bauches publizistisch und wissenschaftliches Werk ist zahlreich. Die von ihm verfassten, herausgegebenen oder für das Museum vorgelegen 55 Schriften sind im Gemeinsamen Bibliothekverbund (GBV) ausgewiesen.

2012 wurde er auszeichnet mit der Herbert Weichmann-Medaille für sein wissenschaftliches Wirken zum Thema: "Jüdische Lebenswelten in Hamburg".[2].

Ulrich Bauche war verheiratet ist verwitwet und hat zwei Söhne.

Ausstellungen

  • Zwischen Dammtor und Lombardsbrücke: Stadtansichten aus 5 Jahrhunderten 1968
  • Damals auf Straßen und Plätzen, der Rouleau-Maler Eduard Niese (1833-1898) 1971
  • Der Ausruf in Hamburg: ländliche Händler auf dem Markt 1973
  • Von bürgerlicher Gartenkunst und der Einfluß der bürgerlichen Gärten und Landhäuser auf die bäuerlichen Kulturlandschaften 1975
  • Biedermeierliche Bildermacher: Die drei Brüder Suhr in Hamburg; 1796 - 1857 1978
  • Kola-Fu. Konzentrationslager und Gestapogefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel 1933 – 1945, mit Ludwig Eiber 1983
  • Die Arbeitskraft, die wollen wir auf ihren Thron erheben!, von den Anfängen bis 1863. 1983
  • Ehemals in Hamburg zu Hause: Jüdisches Leben am Grindel: Bornplatz-Synagoge und Talmud-Tora-Schule 1986
  • Arbeit und Vernichtung: das Konzentrationslager Neuengamme, 1938 - 1945 mit Heinz Brüdigam, Ludwig Eiber 1986
  • Die Hamburger Neustadt: 1878 - 1986 1986
  • Vorwärts und nicht vergessen . Arbeiterkultur in Hamburg 1930 Austellung Kampnagel 1988
  • 400 Jahre Juden in Hamburg 1991
  • Lissabon - Hamburg: Fayenceimport für den Norden 1996
  • Jüdische Mitstreiter in der Hamburger Arbeiterbewegung 1998

Auszeichnung

2012 Herbert Weichmann-Medaille

Veröffentlichungen (Auswahl und nach Themen)

Volkskunde: Tischlerhandwerk

  • Landtischler. Tischlerwerk und Intarsienkunst in den Vierlanden unter der beiderstädtischen Herrschaft Lübecks und Hamburgs bis 1867. Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburger Museumsverein e. V., 1965, Univ., Diss., 1965.
  • Ohne Gitterwerk und andere Augenlügen, in: Kultur- & Geschichtskontor (Hg.): Vierlande, Kulturgeschichte zwischen Elbe und Bille, Band 3 Hamburg 2010, S. 96-113.
  • Die Schnitzwerke des Wilhelm Uebbemann, Hofbesitzer und Gemeindevorsteher zu Asseln, in Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde: Veröffentlichung der Abteilung für Kulturanthropologie, Volkskunde des Instituts für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn und der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe Bonn: Inst., Vol. 8, 1961, S. 163-168.
  • Provenienz Vierlande: Möbel, Einrichtungen und Tracht, Weltkunst, die Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, München, Vol. 67, No. 7,1997, S. 687-689.
  • Vierländer, in: Industriekultur deutscher Städte und Regionen: des Deutschen Reiches Tor zur Welt München: Beck,1984,S. 159-160
  • Ein norddeutsches Baldachin-Bett um 1630 im historischen Museum zu Bergen/Norwegen, in: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde Hamburg: Hamburger Museumsverein, Vol. 15, 1971, S. 97-104.

Hamburger Bürgermilitär

  • Das Hamburgische Bürger-Militair im Jahre 1868. 14 colorirte Blätter, gezeichnet und herausgegeben von Adolph Schieck Hamburg 1887. (Neudruck), Hamburger Leben, zehnter Teil, Hamburger Abendblatt; Museum für Hamburgische Geschichte (Hg.); Text Dr. Ulrich Bauche, Hamburg 1976.

Juden in Hamburg

  • Die Geschichte der Juden in Hamburg 1590-1990, von Ulrich Bauche und Arno Herzig, Bd. 1, Hamburg, Dölling und Galitz, 1991 (557 Seiten), darin zahlreiche Einzelbeiträge von U.B. und
  • Die Geschichte der Juden in Hamburg 1590-1990, von Ulrich Bauche und Arno Herzig, 1991.
  • Jüdische Lebenswelten in Hamburg, in: Hamburger Platt: Mitteilungsblatt des Instituts für Volkskunde Hamburg, Hamburg Vol. 5, No. H. 1 (1995), p. 36-40.
  • Sefarden als Händler von Fayencen in Hamburg und Nordeuropa, in: Die Sefarden in Hamburg. Bd.1: Zur Geschichte einer Minderheit Hamburg, Buske, 1994, S. 293

Veränderung Hamburgs

  • Die Schenkkanne der Hamburger Bürgerkapitäne von 1690, in Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde Hamburg: Hamburger Museumsverein, Vol. 19, 1980, S.117-122.
  • Panorama des rechten Elbufers von Hamburg bis Blankenese in 18 aneinandergereihten Blättern - mit Erläuterungen zur Topographie und Schiffsdarstellung v. U. Bauche, Hamburg 1970, 1972
  • Die Hamburger Neustadt: 1878 - 1986, Stadtansichten einer Photographenfamilie / Otto Bender. Mit

Jüdische Mitstreiter in der Arbeiterbewegung

  • Biographien im Spannungsfeld zwischen ethnischer und sozialpolitischer Exponiertheit: jüdische Mitstreiter in der Hamburger Arbeiterbewegung, in: Volkskundlich-Kulturwissenschaftliche Schriften: VOKUS Hamburg: Inst., Vol. 10, No. 1, 2000, S. 16-28.
  • "Wo ist der Judenjunge, den will ich mir herausholen!": Antisemitismus und Hamburger Polizei im späten 19. Jahrhundert, in: Aus den Quellen: Beiträge zur deutsch-jüdischen Geschichte: Festschrift für Ina Lorenz zum 65. Geburtstag München: Dölling und Galitz Verlag, 2005, S. 284-290.
  • Erinnerungen: ein Leben als polnischer Freiheitskämpfer und hamburgischer Sozialdemokrat 1841 - 1905 / Joseph Berkowitz Kohn. Hrsg. von Gertrud Pickhan und Ulrich Bauche, Hamburg [u.a.], Dölling u. Galitz, 2006, Vorwort von Ulrich Bauche, S. 9-14

Arbeiterbewegung

  • Gegen die Aufstände der Handwerksgesellen: der Rats- und Bürgerschluss von 1753, In Geprägte Geschichte: Hamburger Medaillen des 17. und 18. Jahrhunderts, Hamburg: Ed. Wartenau, 2014, S. 334-343.
  • "Haltet fest an Eurem Recht!": Gegenstände belegen Zunfttraditionen in der Hamburger Arbeiterbewegung nach 1865, in Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde Hamburg: Hamburger Museumsverein, Vol. 24, 1985, S. 43-48.
  • Arbeitsleben und Arbeitskampf, in: Industriekultur deutscher Städte und Regionen: Des Deutschen Reiches Tor zur Welt, München: Beck, 1984, S. 87-95.
  • Arbeiterleben und Arbeitskampf in Hamburg bis zum Ersten Weltkrieg. Fotografien und Flugschriften, hg. vom Museum für Hamburgische Geschichte, DGB (Hamburg), ÖTV zur Ausstellung "Arbeiterbewegung in Hamburg von den Anfängen bis 1918", Hamburg, Ernst Kabel 1981.
  • Bildliche und gegenständliche Zeugnisse der Arbeiterbewegung in Hamburg bis 1933, in: Arbeiter in Hamburg: Unterschichten, Arbeiter und Arbeiterbewegung seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert Hamburg: Verl. Erziehung u. Wissenschaft,1983, S. 541-549.
  • Ulrich Bauche, Ludwig Eiber, Ursula Wamser, Wilfried Weinke (Hrsg.): Wir sind die Kraft – Arbeiterbewegung in Hamburg von den Anfängen bis 1945. Katalogbuch zu Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte, VSA-Verlag, Hamburg 1988, ISBN 3-87975-355-5,

Museum der Arbeit

  • Bericht über das vor kurzem verabschiedete Mitbestimmungsmodell am Museum für Hamburgische Geschichte, Referat von Dr. Ulrich Bauche auf der Tagung des Ulmer Vereins – Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e.V. (UV) in Frankfurt am Main, Herbst 1975
  • Erste Schritte Mitarbeit. - Hamburg : Vorstand der Freunde des Museums der Arbeit, ISSN 1865-0406, Bd. 23.2017, S. 20-21
  • Eine Idee entsteht: Vorgeschichte des Vereins Museum der Arbeit, 1975 – 1980, in: 25 Jahre Verein Museum der Arbeit Hamburg, 2005, S. 11-23.

Verfolgung und Widerstand - familiengeschichtliche Anknüpfungspunkte: Familie

  • Jüdische Lebenswelten in Hamburg-Hamm: die Familien Tuch, Mendel und Sternheim, in: Hildegard Thevs, Hamburg (Landeszentrale für Politische Bildung [u.a.]) 2007, S. 148-163.
  • Stolpersteine in Hamburg-Wandsbek mit den Walddörfern: biographische Spurensuche / Astrid Louven; Ursula Pietsch. [Mit Beitr. von Ulrich Bauche ...], Hamburg, Landeszentrale für Politische Bildung [u.a.], c 2008, Literaturverz. S. 217 – 221.

Großvater Max Mendel

  • Mendel, Max, in Hamburgische Biografie: Personenlexikon Hamburg: Christians, (2001), S. 201-202.
  • Max Mendel 1872 – 1942, in: Freimark/ Arno Herzig (Hg.): Die Hamburger Juden in der Emanzipationsphase (1780 - 1870), Hamburg (Christians) 1989, S. 299-311.

Vater

  • Bauche, Wilhelm. In: Hamburgische Biografie. Band 5, Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0640-0, S. 40–41.

Weblinks

Einzelnachweis

Kategorie:Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums für Hamburgische Geschichte Kategorie:Deutscher Kategorie:Geboren 1937 Kategorie:Mann

  1. mitarbeit Nr. 23/2017 Hausgeber: Vorstand der Freunde des Museum der Arbeit e.V., Juni 2017, ISSN 1865-0406
  2. Laudatio von Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler am 17.6.2012 anlässlich der Würdigung und Auszeichnung von Ulrich Bauche mit der Herbert Weichmann-Medaille