Benutzer:Xadraphor/Zensurarbeit der PTT
Neben der Abteilung Presse und Funkspruch (APF) spielten die Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe (PTT) eine wichtige Rolle bei der Zensur in der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges.
Geschichte
In der Vorkriegszeit basierten Verletzungen des Postgeheimnisses auf den aus dem Postgesetz von 1910 in das Postverkehrsgesetz übernommenen Artikel 6 betreffend Ausnahmen vom Postgeheimnis und Artikel 25 betreffend Ausschluss beschimpfender oder unsittlichen Sendungen und solcher, in denen zur Begehung von Verbrechen aufgefordert wird. Nach dem Kriegsausbruch erliess der Bundesrat aufgrund des Vollmachtbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutz des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität entsprechend der politischen und militärischen Lage die notwendigen Ermächtigungsverordnungen und Instruktionen.
Am 08. September 1939 beschloss der Bundesrat über den Schutz der Sicherheit des Landes im Gebiet des Nachrichtendienstes, dass das Armeekommando damit beauftragt wird, die Veröffentlichungen und Übermittlungen von Nachrichten und Äusserungen insbesondere durch die Post zu überwachen und die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg war nun die Möglichkeit von Zensurmassnahmen und der teilweisen oder ganzheitlichen Unterdrückung des Postverkehrs vorgesehen.[1] Die Zensurarbeit der PTT-Betriebe betraf einerseits die Postzensur wie die Auslandpresse, den Postverkehr im Allgemeinen und die Post der Internierten und andererseits auch die Überwachung von Telefon und Telegramm. Die Bestimmungen und Verordnungen zur Zensur wurden nach dem Zweiten Weltkrieg umgehend wieder ausser Kraft gesetzt.[2]
Postzensur
Während des Zweiten Weltkrieges wurden Briefe und Pakete von Personen abgefangen und kontrolliert, die auf einer Postsperrliste standen. Solche Überwachungslisten wurden von der Politischen Polizei der jeweiligen Kreispostdirektionen gesendet. Diese wiederum kassierte die Post ein und überbrachte sie der Politischen Polizei zwecks Überwachung und Kontrolle. Die Post war ausführendes Organ. Jedoch öffnete die PTT die Briefe und Pakete nie selber. Dies war Aufgabe der Politischen Polizei.
Zensur Auslandpresse
Die PTT war nur in den Zensurprozess der Auslandpresse, nicht aber in denjenigen der Inlandpresse involviert. Die Kontrolle der Auslandpresse erfolgte anfangs ausschliesslich über die Postorgane in eigens zu diesem Zweck errichteten Kontrollstellen, die dem Rechtsdienst der Generaldirektion PTT unterstellt waren. Material, das möglicherweise gegen die Zensurbestimmungen verstiess, wurde aussortiert und an die Generaldirektion PTT zwecks Endkontrolle und Zensurmassnahmen weitergeleitet. Ende Februar 1940 ging die Endkontrolle an die „Sektion Auslandpresse” der Abteilung Presse und Funkspruch APF, die vom Militär geführt wurde, über.[3] Die „Sektion Auslandpresse” arbeitete jedoch stets eng mit den Organen der PTT, insbesondere dem Rechtsdienst der Generaldirektion PTT, zusammen. So war es auch nach dieser strukturellen Umstellung die Post, die mit der ersten Kontrolle der Auslandpresse beauftragt war. Ausländische Presseerzeugnisse, die in die Schweiz gelangten, wurden von der Post, basierend auf den gesetzlichen Bestimmungen, kontrolliert und bei allfälligen Verstössen einkassiert.[4]
Um die Publikationen zu kontrollieren, wurde den jeweiligen Kreispostdirektionen Listen mit potenziell staatsgefährdender Propaganda zugestellt, mit der die Mitarbeiter der Poststellen informiert wurden, welche Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren nicht für die Verbreitung in der Schweiz gestattet waren.
Zensur Interniertenpost
Auftrag an Arbeitsgruppe 3
Telefon- und Telegrafenzensur
Auftrag an Arbeitsgruppe 4
Rechtliche Grundlagen
- Bundesverfassung, Ar. 102, insbesondere 8-10
- BRB vom 26.03.1934 betreffend Massnahmen gegen den Missbrauch der Pressefreiheit
- BRB vom 27.05.1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliches Propagandamaterial
- BRB vom 05.12.1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schutze der Demokratie
- Verordnung vom 14.04.1939 und 02.09.1939 über die Handhabung der Neutralität
- BB vom 30.08.1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität (Vollmachtenbeschluss)
- Neutralitätserklärung des Bundesrates vom 31.08.1939
- BRB vom 08.09.1939 über den Schutz der Sicherheit des Landes im Gebiet des Nachrichtendienstes
- BRB vom 08.09.1939 über die Ordnung des Pressewesens
- Grunderlass der APF vom 08.09.1939 und Grundsätze der Pressekontrolle der APF vom 06.01.1940 (Beide wurden durch den BRB vom 31.05.1940 als Notrecht für verbindlich erklärt.)
- Verordnung vom 22.09.1939 über die Wahrung der Sicherheit des Landes
- BRB vom 03.10.1939 über die Ausfuhr und den Verkauf von Karten, Plänen und anderen Geländedarstellungen und deren Herstellungsmaterial
- Geschäftsordnung vom 09.12.1939 der Eidgenössischen Rekurskommission für Presse und Funkspruch
- BRB vom 26.03.1940 betreffend die Veröffentlichungen über Spionagefälle
- BRB vom 31.05.1940 betreffend die Überwachung der schweizerischen Presse
- BRB vom 15.11.1940 über die Verfolgung der Gerüchtemacherei und Verletzung der Geheimhaltepflicht auf kriegswirtschaftlichem Gebiet
- BRB vom 30.12.1941 betreffend die Überwachung der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Schriften
- BRB vom 30.12.1941 über die Neugründung von Zeitungen, Zeitschriften sowie von Presse- und Nachrichtenagenturen
- BRB vom 30.12.1941 über die Unterstellung der APF im Armeestab unter den BR
- BRB vom 04.08.1942 über Straf- und Verfahrensbestimmungen zum Schutze der Landesverteidigung und der Sicherheit der Eidgenossenschaft
- BRB vom 18.06.1945 über die Aufhebung des BRB vom 31.05.1940 betreffend die Überwachung der Schweizer Presse
- BRB vom 29.06.1945 über die Aufhebung des BRB vom 30.12.1941 betreffend die Überwachung der politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Schriften
- BRB vom 31.07.1945 und 18.03.1946 und folgende betreffend Neugründung von Zeitungen und Zeitschriften sowie von Presse- und Nachrichtenagenturen
- BRB vom 07.09.1945 über die Aufhebung des BRB vom 30.12.1941 über die Unterstellung der Abteilung Presse und Funkspruch im Armeestab unter den BR
- BRB vom 13.12.1946 betreffend die Aufhebung des BRB vom 08.09.1939 über den Schutz der Sicherheit des Landes im Gebiet des Nachrichtendienstes
Siehe auch
Abteilung Presse und Funkspruch
Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg
Literatur
Bern, PTT-Archiv: P-00-C-0094-07: Auskunft über den Postverkehr, Auslieferung, Beschlagnahme.
Bern, PTT-Archiv: P-00-C-0162-05: Auskunft über den Postverkehr, Auslieferung, Beschlagnahme.
Bern, PTT-Archiv: PAA-00541: Postsperre 1944 Basel.
Bern, PTT-Archiv: PB-106-1d-1980, Bd. 1: Dokumente Postzensur.
Bern, PTT-Archiv: PB-106-1d-1980, Bd. 2: Dokumente Postzensur.
Bern, PTT-Archiv: Vers-057-A-0006: Verzeichnisse.
Bern, PTT-Archiv: Vers-057-A-0008-2: Beschlagnahmte Sendungen Zweiter Weltkrieg.
Graf, Christoph: Zensurakten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Eine Analyse des Bestandes E 4450, Presse und Funkspruch 1939-1945. Bern 1979.
Herkenrath, Erland: Die Freiheit des Wortes. Auseinandersetzungen zwischen Vertretern des schweizerischen Protestantismus und den Zensurbehörden während des zweiten Weltkriegs. Zürich 1972.
Keller, Andreas: Die Politische Polizei im Rahmen des schweizerischen Staatsschutzes. In: Basler Studien zur Rechtswissenschaft. Reihe B: Öffentliches Recht (Bd. 50). Basel 1996.
Keller, Stefan A.: Im Gebiet des Unneutralen. Schweizerische Buchzensur im Zweiten Weltkrieg zwischen Nationalsozialismus und Geistiger Landesverteidigung. Zürich 2009.
Kistler, Marc: Die Buchzensur der Schweizer Bundesbehörden im Zweiten Weltkrieg. Die Sektion Buchhnadel der Abteilung Presse und Funkspruch (APF). Bern 1996.
Kreis, Georg: Zensur und Selbstzensur. Frauenfeld 1973.
Schmidlin, Thomas: Die Presse-Vorzensur als Strafmassnahme gegen schweizerische Zeitungen und Zeitschriften während des Zweiten Weltkrieges. Zürich 1993.
Schoch, Jürg: ‘Mit Aug’ und Ohr für’s Vaterland!’. Der Schweizer Aufklärungsdienst von Heer & Haus im Zweiten Weltkrieg. Zürich 2015.
Einzelnachweise
- ↑ Bern, PTT-Archiv: PB-106-1d-1980, Bd. 1: Fachreferat anlässlich eines Ausbildungskurses.
- ↑ Graf, Christoph: Zensurakten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Eine Analyse des Bestandes E 4450, Presse und Funkspruch 1939-1945. Bern 1979. s.116.
- ↑ Bern, PTT-Archiv: PB-106-1d-1980, Bd. 1: Fachreferat anlässlich eines Ausbildungskurses 1980.
- ↑ Schmidlin, Thomas: Die Presse-Vorzensur als Strafmassnahme gegen schweizerische Zeitungen und Zeitschriften während des Zweiten Weltkrieges. Zürich 1993. s.50.