Benutzer:Xyzqwertz123/Sandkasten
Sowjetrepublik Stormarn
| |||
23. Oktober 1923 | |||
| |||
Hauptstadt | Ahrensburg | ||
Regierungschef | Reinhold Miltsch | ||
Währung | Stormarner Mark |
Die Sowjetrepublik Stormarn (SSR) war ein kurzlebiger sozialistischer Staat, der am 23. Oktober 1923 während des Hamburger Aufstands der KPD auf dem Gebiet des damaligen Deutschen Reiches gegründet wurde.[1]
Vorgeschichte
Der Hintergrund der Staatsgründung war die Hyperinflation des Jahres 1923 in der Weimarer Republik. Diese verschlechterte die Lebensbedingungen der „Arbeiterklasse“, wodurch Unzufriedenheit und Anzahl der KPD-Mitglieder anstieg. Als die Reichsregierung nach einem landesweiten Bahnstreik den Ausnahmezustand über das Reich verhängte, verschärfte sich die Situation. So kam es am 1. Oktober 1923 zum Küstriner Putsch der offiziell verbotenen Schwarzen Reichswehr. Desweiteren versuchten der KPD nahestehende Gewerkschaften einen Generalstreik anzuzetteln, was jedoch mislang.
In der KPD erwog man nun die Chance einer Machtübernahme. Zwar wies der Vorsitzende der Komintern Grigori Sinowjew die KPD am 15. August 1923 ausdrücklich an, sich auf eine herannahende revolutionäre Krise vorzubereiten. Deren Führungsriege unter Heinrich Brandler, August Thalheimer und Jacob Walcher war jedoch nicht von der Idee überzeugt.[2] Trotzdem entschied sich der Ahrensburger Kreisverband unter Ernst Krummrey aus heute nicht mehr nachfollziehbaren Gründen den Aufstand zu wagen. Vermutlich wollten diese so Druck auf die Partei ausüben, ihrem Beispiel folgezuleisten. Die Rolle der kommunistischen Führung in Moskau ist dabei umstritten[3]
Ablauf
Am Abend des 22. Oktober gab Ernst Krummrey der von ihm gegründeten KPD-Sektion "Schlossteich" unter der Führung des Bargtheheider KPD-Ortsvorstehers Reinhold Miltsch den Einsatzbefehl für den daraufflogenden Tag. Wie auch in Hamburg, war das erste Ziel der Aufständischen die örtlichen Polizeireviere in Bramfeld und Schiffbeck, um an Waffen und Munition zu gelangen. Dabei gelang es ihnen an 12 Gewehre samt Munition zu erbeuten.[4] In Ahrensburg, Rahlstedt und Bad Oldesloe wurden Straßen und Bahngleise blockiert. Anders als in Hamburg genossen die Aufständischen in den stormarner Städten allerdings die Unterstützung der Bevölkerung, die diese mit Lebensmitteln versorgten und beim Barrikadenbau unterstützten. Auf Krummreys Anweisung setzte Miltsch den bargtheheider Bürgervorsteher ab und nahm ihn in Gewahrsam.[5] Daraufhin rief Krummrey vor dem geschichtsträchtigen Ahrensburger Schloss die "Sowjetrepublik Stormarn" aus. Als Hauptstadt des neuen Staates wurde eilig Ahrensburg festgesetzt, wobei Reinhold Miltsch provisorisch das Amt des Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare bekleiden sollte. Die SSR sah sich als unabhängig von der Reichsregierung in Berlin und als Teil der Kommintern.
Nachdem die stormarner Polizei vergeblicht versucht hatte den Aufständen Herr zu werden, bat sie Generaloberst Joachim von Kreinsbeck-Baumgarte, Kommandeur der Reichswehr in Lübeck, um Unterstützung. Den Aufständischen gelang es dennoch unter dauerndem Beschuss das Ahrensburger Schloss und das Bargtheheider Rathaus den Rest des Tages zu halten. Um einem nicht zu gewinnenden Angriff der Reichswehr am nächsten Morgen zu entgehen, verließen die Aufständischen in der Nacht heimlich ihren Posten. Am Morgen des 24. Oktobers 1923 wurde der Aufstand für beendet und die SSR für aufgelöst erklärt.[6]
Folgen
Der stormarner Aufstand forderte rund 23 Tote, wobei die Zahlen vom braaker Lokalhistoriker Müller-Wöhrl als „fragwürdig“ bezeichnet werden. Die Zahlen seien im Nachhinein überhöht worden, um das rabiate Vorgehen der Streitkräfte zu rechtfertigen. Den KPD-Funktionären Krummrey und Miltsch sowie 13 weiteren Aufständischen wurde 1924 in Schleswig der Prozess gemacht. Generaloberst Kreinsbeck-Baumgarte wurde für seine Verdienste zum Generalfeldmarschall befördert. Eine Gedenktafel hinter der Ahrensburger Schlosskirche erinnert bis heute daran.
Noch heute erfreut sich die SSR hoher Beliebtheit in Stormarn und wird von der ansässigen DKP politisch instrumentalisiert. Gleichzeitig gibt es aber auch kritische Stimmen, die dem gewaltsamen Aufstand jegliche Legitimität absprechen.[7]
Einzelnachweise
- ↑ Sowjetrepublik Stormarn. In: Hamburger Abendblatt. 25. September 2007, abgerufen am 19. März 2019 (deutsch).
- ↑ Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. 2008, ISBN 3-406-32264-6. S. 538.
- ↑ Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2010/11: Skandale in der Geschichte. In: Staatsarchiv Hamburg. 2011, archiviert vom Original; abgerufen am 19. März 2019.
- ↑ Erich Wollenberg: Der Hamburger Aufstand und die Thälmann-Legende, in: Jens Johler (Hrsg.): Schwarze Protokolle, Nr. 6, Berlin, Oktober 1973, S. 9 Schwarze Protokolle Nr. 6, PDF-Dokument, Papiertiger Archiv Berlin.
- ↑ Interessantes in und aus Stormarn – Kreis Stormarn. Abgerufen am 19. März 2019.
- ↑ Constantin Boß von Mülfingen und Walter Frahm (Hrsg.): Stormarn - Der Lebensraum zwischen Hamburg und Lübeck. Verlag Paul Hartung KG, Hamburg 1938.
- ↑ Der Hamburger Aufstand - Verlauf - Mythos - Lehren S. 1-32 (PDF) und S. 33-64 (PDF) Rotes Winterhude