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Das Conrad-Observatorium ist eine unterirdische, geophysikalische Forschungseinrichtung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
Es ist das einzige Observatorium dieser Art im Alpenraum und befindet sich auf dem Trafelberg (1146 m ü. A., ⊙ ) in Muggendorf, Gemeinde Pernitz in Niederösterreich, ca. 45 km südwestlich von Wien.
Benannt ist es nach dem Seismologen und Klimatologen Prof. Dr. Victor Conrad (1876 - 1962), der an der k.k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) viele Jahre beschäftigt war. Ermöglicht wurde die Errichtung neben der finanziellen Unterstutzung von Bund und Land Niederösterreich durch ein Legat der Witwe Conrads, Ida F. Conrad.[1] Die Erbschaft, die die ZAMG von Ida F. Conrad mit der Auflage, dass "ein Gebäude für wissenschaftliche Forschung errichtet wird" bekam, ist bis 2002 auf 1,2 Millionen angewachsen, sodass mehr als die Hälfte der ersten Baustufe damit errichtet werden konnte.[2]
Im Jahr 2008 wurde eine weitere Ausbaustufe durch das Wissenschaftsministerium und das Land Niederösterreich beschlossen. Der Ausbau, der etwa 6 Millionen Euro beträgt, soll 2011 abgeschlossen werden.[3]
Die Aufgaben
Seismologie
Seismologische Beobachtungen geringer Bodenbewegungen hängen sehr stark von der Qualität der Messgeräte ab. Deshalb kommt dem Vergleich verschiedener Messanlagen heute eine große Bedeutung zu. Das Observatorium dient derzeit zur
- Beobachtung der weltweiten Seismizität,
- Erfassung von Atomtests,
- Kalibrierung von Seismometern,
- Entwicklung und Test neuer Messsysteme,
- zum Vergleich verschiedener Messinstrumente.
Insbesondere der letzte Punkt ist für Langzeitbeobachtungen der Erdkruste äußerst wichtig. Da solche Messreihen extrem zuverlässige Messerfassungssysteme während der gesamten Beobachtungszeit erfordern. Zusätzlich können die Bodenbewegungen in Bohrlöchern und auf verschiedenen Messsockeln registriert und verglichen werden, womit Messsysteme verbessert werden können. Durch die Online-Anbindung an anderen Institutionen können international Entwicklungsarbeiten durchgeführt werden. So verwendet etwa die CTBTO (Comprehensive Test Ban Treaty Organization) in Wien bereits das Observatorium für Tests und Experimente sowie für die Ausbildung der Stationsbetreuer des International Monitoring System (IMS).
Gravimetrie
Veränderungen des Schwerefeldes der Erde durch Gezeitenkräfte und geodynamische Prozesse können mit hochgenauen Messgeräten erfasst werden. Eines dieser Geräte - ein supraleitendes Gravimeter GWR C025, von dem weltweit nur 20 existieren - wird von der ZAMG-Abteilung Geophysik gemeinsam mit dem Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität betrieben. Für das Jahr 2007 ist vorgesehen, diese hochempfindliche Anlage von Wien zum Conrad-Observatorium zu verlegen. Die derzeitigen Messergebnisse werden bereits im Global Geodynamical Project (GGP) genutzt.
Magnetik
Ein Teil des Conrad-Observatoriums befindet sich derzeit im Endstadium der Planung. Er dient der Erfassung des erdmagnetischen Feldes sowie dessen Erforschung und der Entwicklung von Messgeräten. Auch können damit in Zukunft Änderungen des Erdmagnetfelds vor und nach einem Erdbeben geprüft werden. Die Erfassung des Sonnenwinds und von Sonneneruptionen (Protuberanzen) ist ebenfalls von größtem Interesse, da diese Ereignisse die Telekommunikation, Navigationssysteme, Stromversorgungseinrichtungen und Sicherheitssysteme beeinflussen.
Atomteststopp-Überwachung
Neben diesen Forschungsaufgaben, verfügt das Observatorium über eine direkte Verbindung zur CTBTO, einer Sonderorganistaion der Vereinten Nationen, die die Einhaltung von Verboten von Atemtests überwachen soll. Bei vermuteten Tests werden hier neben verschiedenen geophysikalischen Messungen und der Radioaktivität hoch auflösende geomagnetische Untersuchungen im Verdachtsgebiet durchgeführt.[2]
Das Bauwerk
Der Standort zeichnet sich durch extrem niedrige Bodenunruhe aus, die industriellen oder natürlichen Ursprungs sein kann. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass sich das Observatorium gänzlich unter Tage befindet, wo Störungen dieser Art nochmals reduziert werden. Die über das Jahr fast konstante Temperatur im Messstollen und den Bohrlöchern des Observatoriums trägt ihrerseits zur hohen Qualität der Messungen bei. Da die Forschungsanlage ohne Ventilation auskommt, gibt es auch keine damit verbundenen lokalen Erschütterungen, die die Messungen nachteilig beeinflussen würden.
Das Observatorium ist mit einer eigenen Stromversorgung ausgerüstet und mit Datenleitungen mit der ZAMG in Wien verbunden. Mit einem Fernüberwachungssystem können alle Instrumente, Stromversorgung, Temperatur etc. kontrolliert und geregelt werden.
Das derzeitige Observatorium umfasst einen 150 m langen Messstollen, der mit mehreren Sockeln ausgerüstet ist, vier Bohrlöcher, von denen drei 100 m tief sind und ein 50 m tiefes Bohrloch, sowie Laborräume, ein Büro, Küche, WC und einen Waschraum. Ein VSAT-System dient zur Datenübermittlung via Satellit zum International Data Centre (IDC) der CTBTO, und ein GPS-System sorgt für eine genaue Zeiterfassung.
Um die Erfassung der Messreihen nicht zu stören, ist das Observatorium nicht öffentlich zugänglich.
Siehe auch
Literatur
- Ch. Hammerl, W. Lenhardt, R. Steinacker, P. Steinhauser: Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1851 - 2001. ISBN 3-7011-7437-7
Einzelnachweise
- ↑ Conrad Observatorium auf der Seite der Bundesimmobiliengesellschaft vom 19. März 2010 abgerufen am 22. März 2010
- ↑ a b Am Puls des Planeten im pfm-Magazin für Infrastruktur und Technologie vom Dezember 2008/Olivera Stajic abgerufen am 22. März 2010
- ↑ BM Hahn, LH Pröll: Ausbau des Conrad Observatorium zu weltweit einzigartigem Geophysik-Observatorium auf der Seite des Ministeriums vom 17. September 2008 abgerufen am 22. März 2010
Weblinks
Koordinaten: 47° 55′ 38,6″ N, 15° 51′ 32,2″ O
Kategorie:Bodengebundenes Observatorium Kategorie:Geodynamik Kategorie:Forschungseinrichtung Kategorie:Bezirk Wiener Neustadt-Land Kategorie:Bauwerk in Niederösterreich Kategorie:Geowissenschaft (Österreich)