Benutzer:Zuviele Interessen/cantino1

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  • ______________________ In Anbetracht der Vielzahl der Auffassungen existiert eine allgemein akzeptierte Definition nicht. [1]
  • Allgemein ethnologisch

(siehe hierzu auch -> Gottkönigtum)

  • Im Besonderen die Frage, ob es bei den vorchristlichen Germanen ein Sakralkönigtum gegeben hat, und ob diese Vorstellungen - neben anderem, etwa herrscherlegitimierend - in die nachchristliche Vorstellungswelt eingeflossen sind.

Zu Letzterem gehört auch die Diskussion um die - möglicherweise existiert habende - Vorstellung, dass die mittelalterlichen Könige über Wunderkräfte verfügten. Diese Erforschung mittelalterlicher Religiosität war unter anderem auch Gegenstand der sozialgeschichtlich orientierten Mediävistik der Annales-Schule (siehe Thaumaturgie).


"Anforderungen"

RGA


Ideengeschichte

(Auswahl)

  • Beutke -
  • Nordgren




Sozialgeschichte statt Herrschaftslegitimation

Mit dem Werk „Die wundertätigen Könige“ brach Marc Bloch 1924 mit der bis dahin vorherrschenden Nationalgeschichte der Vorkriegszeit, die die Wissenschaft in den Dienst der patriotischen Erbauung gestellt hatte. In seiner Darstellung wurden aus den politischen Herrschern des Mittelalters Medizinmänner: Zu ihren Aufgaben zählte es, stundenlang an den angereisten Kranken vorbeizugehen und sie zu berühren, um sie zu heilen.[2]

Eine nationalhistorische Interpretation

Zuvor waren mittelalterliche Religionsvorstellungen vorwiegend nationalgeschichtlich dargestellt worden. Wilhelm Grönbechs 1909/12 veröffentlichtes und 1937 ins Deutsche übersetzte Werk „Kultur und Religion der Germanen“ hatte ein spezielles „germanisches Königsheil“ konstruiert. Grönbech entwickelte ausgehend vom gemeingermanischen Wortstamm *hail seine Definition eines „Königsheils“ bei den Germanen. Neben den menschlichen Eigenschaften wie Ehrgeiz, Schlauheit, Redegewandtheit, Charisma, körperliche Stärke und anderes stehe die Dimension des Übermenschlichen. Dazu gehöre neben dem Anspruch, in der Schlacht unverwundbar und somit „heil“ zu bleiben, vor allem die Fähigkeit, Fruchtbarkeit der Äcker zu spenden und Heilkraft zu besitzen. Beide Dimensionen seien in der germanischen Vorstellungswelt nicht voneinander getrennt gewesen. Überhaupt sei eine strikte Trennung von menschlicher und göttlicher Sphäre den Germanen fremd gewesen. Zudem müsse dieses Königsheil erblich gewesen sein, da der Germane als „Sippenwesen“ an die Erblichkeit aller Fähigkeiten geglaubt habe.

Insgesamt lässt sich Grönbechs Begriff vom Königsheil mit den lateinischen Ausdrücken ‚salus‘ (Gesundheit, Wohlergehen), ‚felicitas‘ (Fruchtbarkeit, Glückseligkeit, Erfolg) und ‚Fortuna‘ (Kriegsglück, wohlgesinntes Schicksal) wiedergeben.

Kontroverse um die „Germanische Kontinuität“

In der NS-Zeit entfachte der Germanist Otto Höfler eine Kontroverse um die sogenannte Germanische Kontinuität. Er fragte sich, ob das Bild des Mittelalters durch das ‚Geschichtsschreibungsmonopol‘ der römisch-christlichen Überlieferung determiniert und möglicherweise verfälscht sei. Statt von einem Bruch der Kultur zwischen Antike und Mittelalter müsse man eher von einer Kontinuität der Kulturträger, von ‚germanischer Antike‘ und ‚germanischem Mittelalter‘ sprechen.

Als Belege zog er unter anderem die ‚res gestae‘ des römisch-christlichen Geschichtsschreibers Ammianus Marcellinus (330-400 n. Chr.) heran: „Bei ihnen heißt der König allgemein Hendinos. Nach alter Sitte muß er sein Amt niederlegen und zurücktreten, wenn unter seiner Regierung das Kriegsglück schwankt oder die Erde keine reiche Saat trägt, ähnlich, wie auch die Ägypter derartige Unglücksfälle ihren Königen zuschreiben. Der oberste Priester heißt bei den Burgunden Sinistus. Er führt sein Amt Zeit seines Lebens und wird für kein Unglück verantwortlich gemacht wie die Könige.“ (Ammianus Marcellinus, 28. Buch, 5, 14. Übersetzung nach Wolfgang Seyfarth: Ammianus Marcellinus. Römische Geschichte. Band IV, Berlin, Akademie-Verlag, 1971, S. 135.) Als weitere Argumente für das Königsheil führte Höfler an, dass sich germanische Königshäuser oft auf einen mythischen Ahnherrn zurückgeführt hätten (so die Ostgoten, norwegische Kleinkönige, dänische Fürstengeschlechter, die Amaler und evtl. auch die Schwaben und Langobarden).

Dagegen wurde jedoch eingewandt, dass bei den Germanen der König in Thing-Versammlungen gewählt und nicht nach Geblütsrecht bestimmt wurde.

Trivia

Die bis 1714 in England und bis 1825 (Karl X.) in Frankreich praktizierte ‚Skrofelheilung‘ durch Handauflegen des Königs wird von Höfler ebenfalls als Beleg für den fortdauernden Glauben ans Königsheil herangezogen, wobei einerseits Lokaltraditionen (Hl. Marcoul/Markulf für Reims), im geringeren Maße auch ein vorchristlicher Ursprung zumindest in Erwägung zu ziehen sind. Ebenso wird der immer wieder auftauchende Glaube, dass ‚verstorbene‘ Könige nicht tot, sondern nur ‚dem Leben entrückt‘ seien und von Zeit zu Zeit wieder auftauchen könnten, angeführt. Die bekannteste dieser 'Königsentrückungssagen' ist die Sage von Kaiser Friedrich Barbarossa, der im Kyffhäuser ruhe und zu gegebener Zeit wiederauferstehen werde.

Als Abklatsch findet sich die Überzeugung, der Herrscher sei der Spender von Heil, auch noch im Führerkult des 20. Jahrhunderts.

Literatur

  • Hans H. Anton, Heinrich Beck, Alexander P. Bronisch, Max. Maximilian Diesenberger, Franz-Reiner Erkens, Andreas Goltz, Ulrich Köhler, Ludger Körntgen, Lutz E. von Padberg, Alexandra Pesch, Walter Pohl, Heiko Steuer, Olof Sundqvist: Sakralkönigtum. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 26: Saal–Schenkung. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. de Gruyter, Berlin/New York 2004, ISBN 3-11-017734-X.
  • Marc Bloch: Die wundertätigen Könige. Vorwort von Jacques Le Goff. Beck, München 1998, ISBN 3-406-44053-3.
  • Lennart Ejerfeldt: Germanische Religion. In: Jes Peter Asmussen, Jorgen Laessoe (Hrsg.): Handbuch der Religionsgeschichte. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1971, ISBN 3-525-50158-7, S. 277–342.
  • Otto Höfler: Das germanische Kontinuitätsproblem. In: Historische Zeitschrift. Bd. 157, 1938, S. 1–26.
  • Otto Höfler: Der Sakralcharakter des germanischen Königtums. In: Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte (Hrsg.): Das Königtum. Seine geistigen und rechtlichen Grundlagen. Mainauvorträge 1954 (= Institut für Geschichtliche Landesforschung des Bodenseegebietes in Konstanz. Vorträge und Forschungen. Bd. 3, ISSN 0452-490X). Thorbecke, Lindau u. a. 1956, S. 75–104.
  • Otto Höfler: Germanisches Sakralkönigtum. Band 1: Der Runenstein von Rök und die germanische Individualweihe. Niemeyer u. a., Tübingen u. a. 1952.
  • Walther Kienast: Germanische Treue und „Königsheil“. In: Historische Zeitschrift. Bd. 227, 1978, S. 265–324.
  • Eve Picard: Germanisches Sakralkönigtum? Quellenkritische Studien zur Germania des Tacitus und zur altnordischen Überlieferung (= Skandinavistische Arbeiten. Bd. 12). Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1991, ISBN 3-533-04418-1 (Zugleich: Frankfurt am Main, Univ., Diss., 1989/90).
  • Walter Schlesinger: Das Heerkönigtum. In: Das Königtum. Seine geistigen und rechtlichen Grundlagen. Mainauvorträge 1954 (= Institut für Geschichtliche Landesforschung des Bodenseegebietes in Konstanz. Vorträge und Forschungen. Bd. 3). Thorbecke, Lindau u. a. 1956, S. 105–142.
  • Klaus von See: Kontinuitätstheorie und Sakraltheorie in der Germanenforschung. Antwort an Otto Höfler. Athenäum-Verlag, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-7610-7171-X.
  • Rudolf Simek: Sakralkönigtum. In: Rudolf Simek: Lexikon der Germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.

Weblinks

Anmerkungen

  1. vgl. etwa die diversen Beiträge RGA S. - bis x
  2. Besprechung von Marc Bloch Die wundertätigen Könige

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