Benutzer Diskussion:Rigo 1963/Archiv/2011/Feb
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"Von der Vergangenheit ausgehend ..."
Ciao Rigo, bloß mal, das Tizian-Zitat auf der Vorderseite, ich find das nicht anderswo. Is das ne Übersetzung von dir und woher stammts eigentlich? Ne Zuschreibung oder echt? Saluti--m.sack 08:48, 3. Feb. 2011 (CET)
- Ciao, den Ausspruch findest du hier: und im Tizian-Artikel. Habe es dort untergebracht. Wenn deine Augen noch gut sind ;-)), kannst du es im Gemälde auch noch entziffern. ;-))
Ex praeterito praesens prudenter agit, ni futurum actione deturpet.
- Dargestellt sind Tizian, sein Sohn Orazio und Enkel Marco. Ach ja, ist ne Übersetzung von mir: Könnte auch so übersetzt (kannst du Latein ??), gelesen werden (frei): „Die Vergangenheit beachtend handelt die Gegenwart vorsehend (mit Bedacht, weise), um die Aktion der Zukunft nicht zu stören (gefährden).“ Habe mal ein wenig mit der Grafik gespielt.;-)) Könntest ja mal den Kubismus-Artikel durchlesen und mir sagen, was du bisher davon hälst; bin zwar noch nicht fertig, aber habe ihn schon "gewaltig" überarbeitet. Saluti --Rigo 14:45, 3. Feb. 2011 (CET)
- Prima, danke, werd ich mal vertiefen und die Mutter meiner Freundin ist Lateinlehrerin - nee, nee, nix Latein im Osten, ruski jasik. Mein Englisch mußte ich mir im Westen selbst beibringen. Na, wollte nicht mit Ostalgie anfangen;-) Den Kubismus werd ich aufmerksam durchgehn und ein paar Anmerkungen machen. Spontan beim ersten Überfliegen fehlt noch die Seite der Kritik, die der Laien, der Kunstkritiker, aber auch die ernsthafte Kritik einiger Maler. Für einige kurze Jahre muß es eine K-Epedemie gegeben haben und Leute wie Giacometti haben da wohl mitgemischt, sich aber später mehr oder weniger radikal getrennt. Was selten Erwähnung findet ist das Urteil der alten Avantgarde, etwa eine überlieferte Reaktion Monets: "Ideologie des erstarrten Volumens" (ausm Gedächtnis zitiert) - dem man Sachen Picassos in einer Kunst-Illustrierten zeigte. Am nächsten Tag schwächt er sein Urteil scheinbar etwas ab, aber nur scheinbar, in Wirklichkeit bestätigt er sein Urteil (Hab ich gefunden in der großen 4 Bändigen Monet-Ausgabe, da ist ein Band mit biographischem Zeugs dabei). Ansonsten ist die Hauptlinie des Artikels absolut stimmig. Neben der abstrakten Kunst war es der absolute Knaller der Moderne und teilt freilich wie diese, und darauf sollte man vielleicht auch etwas kommen, das Problem des Fortschritts. Mir persönlich scheint das immer mehr das Hauptproblem Picassos zu werden, der ja etwa irgendwann anfängt wie ein Irrer auf jede Skizze das Datum raufzuschreiben u.v.m. Da gibts eine tolle Episode dazu, die ein Giacometti-Biograph überliefert, ich glaube hier: (James Lord: Alberto Giacometti S. 187, 287 ff.). - Übrigens erteilt auch Kurt Badt negativen Bescheid was den Zusammenhang von Cèzanne und Picasso angeht; ich glaub am Schluß seines (ersten?) C-Buchs. Später irgendwo dann sicher noch mal ausführlicher. So jetzt gehts aber ins Bett. Saluti--m.sack 01:22, 5. Feb. 2011 (CET)
- Hab nochmal nach dem Monet-Zitat gefandet. Da ich die Bücher in Berlin habe konnte ichs nur über die englische Google-Buchsuche auftreiben: "Drinking tea near the Japanese bridge, Monet simply shrugged his shoulders at the mention of cubism and Picasso: "I've seen reproductions in the reviews, and it doesn't do anything for me ... I don't want to see it, it would make me angry." (Monet, or, The triumph of Impressionism; Daniel Wildenstein - 1999; S.446) Monet hat sich nicht den Weg zu einer Ausstellung gemacht. (Das mit dem "erstarrten Volumen" muß da auch irgendwo stehen, wenn ich nicht geträumt habe, finds aber mit der beschränken Buchvorschau nicht, da ich nicht weiß wie sies ins Englische übersetzt haben).--m.sack 21:34, 5. Feb. 2011 (CET)
- Prima, danke, werd ich mal vertiefen und die Mutter meiner Freundin ist Lateinlehrerin - nee, nee, nix Latein im Osten, ruski jasik. Mein Englisch mußte ich mir im Westen selbst beibringen. Na, wollte nicht mit Ostalgie anfangen;-) Den Kubismus werd ich aufmerksam durchgehn und ein paar Anmerkungen machen. Spontan beim ersten Überfliegen fehlt noch die Seite der Kritik, die der Laien, der Kunstkritiker, aber auch die ernsthafte Kritik einiger Maler. Für einige kurze Jahre muß es eine K-Epedemie gegeben haben und Leute wie Giacometti haben da wohl mitgemischt, sich aber später mehr oder weniger radikal getrennt. Was selten Erwähnung findet ist das Urteil der alten Avantgarde, etwa eine überlieferte Reaktion Monets: "Ideologie des erstarrten Volumens" (ausm Gedächtnis zitiert) - dem man Sachen Picassos in einer Kunst-Illustrierten zeigte. Am nächsten Tag schwächt er sein Urteil scheinbar etwas ab, aber nur scheinbar, in Wirklichkeit bestätigt er sein Urteil (Hab ich gefunden in der großen 4 Bändigen Monet-Ausgabe, da ist ein Band mit biographischem Zeugs dabei). Ansonsten ist die Hauptlinie des Artikels absolut stimmig. Neben der abstrakten Kunst war es der absolute Knaller der Moderne und teilt freilich wie diese, und darauf sollte man vielleicht auch etwas kommen, das Problem des Fortschritts. Mir persönlich scheint das immer mehr das Hauptproblem Picassos zu werden, der ja etwa irgendwann anfängt wie ein Irrer auf jede Skizze das Datum raufzuschreiben u.v.m. Da gibts eine tolle Episode dazu, die ein Giacometti-Biograph überliefert, ich glaube hier: (James Lord: Alberto Giacometti S. 187, 287 ff.). - Übrigens erteilt auch Kurt Badt negativen Bescheid was den Zusammenhang von Cèzanne und Picasso angeht; ich glaub am Schluß seines (ersten?) C-Buchs. Später irgendwo dann sicher noch mal ausführlicher. So jetzt gehts aber ins Bett. Saluti--m.sack 01:22, 5. Feb. 2011 (CET)
- Danke dir für den Hinweis bei Monet - welche Äußerung hätte man denn sonst erwartet, ähnlich äußerte sich auch Cézanne etwa 1904~06, seine Bezeichnungsweise war "Hanswurste"... -, werde die zeitgenösische Kritik noch einbauen, ebenso die Reaktion der 'Laien'. Kurt Badt als Cézanne-Spezialist gehört natürlich auch dazu. Die späte Signaturflut Picassos kommt daher, dass er seine Arbeiten in der Form eines Tagebuchs führte. ;-)) Letztendlich liegt im Kubismus der Schlüssel zur so bezeichneten "Moderne". Ohne diesen keine "abstrakte Kunst", etc... Gerade der dort vollzogene radikale Bruch mit den traditionellen Bildräumen, entsprach Picassos Naturell und ohne diesen, gepaart mit seiner Zielstrebigkeit zum einen und Konsequenz zum anderen, kam eine Welle in Gang, und und und ... ;-)) Jedoch wird der dialektische Prozeß und die Auseinandersetzung mit der 'Tradition', aus deren Konfrontation sich erst der Kubismus entwickeln konnte - als Gegenstandpunkt, nicht mehr und nicht weniger - von vielen weiteren Gruppen als Verkündigung in der Art eines Evangeliums übernommen. Hier liegt in meinen Augen auch die Ursache, dass gerade der Urheber des Ganzen, Picasso selbst, später die Gegenseite ergriff (klassische Phase), aufgrund dessen ihm von allen Seiten Verrat unterstellt wurde...., wodurch Picasso in diesem Augenblick nun wirklich begriff, wie wenig die im Kubismus liegende Dialektik verstanden wurde. Und so verblieb für Picasso nur noch Matisse, den er als gleichwertig lesen konnte. Braque vollzog diesen dialektischen Prozeß niemals wirklich und Derain verabschiedete sich von der Avantgarde. ;-)) Paradox oder ???? Auf solche Punkte wird merkwürdigerweise nicht eingegangen. Hier fehlt es an einer wahrhaftigen Dialektik. Und so bezog sich Picasso selbst in seinem Spätwerk immer und immer wieder auf seine Vorläufer, Velázquez, Ingres, Rembrandt,...
- Der Ruck, der durch Picassos Arbeiten hervorgerufen wurde, war dermaßen groß - hier können, wenn auch etwas schwächer, nur noch die von den Fauvisten "entwickelten" Bildräumen mithalten, dass die Moderne mit ihren Bewegungen, Ausrichtungen und sicherlich auch Irrwegen ohne diesen weder wirklich verstanden noch gänzlich reflektiert werden kann. Die durch den Kubismus hervorgerufene Dialektik ist hierbei Dreh- und Angelpunkt aller späteren Ismen. Inwiefern solche weiteren Ismen im selben Maße Anspruch erheben können, als Kunstrichtung neben dem Kubismus in jenem Punkt zu bestehen, darüber haben sich schon viele Kunsttheoretiker gestritten - bis auf den heutigen Tag. Die Diskussion hierüber ist noch nicht erlahmt, obwohl sie an vielen Orten übergangen wird. Leonardos 'cosa mentale' ist der einzig sinnstiftende Ansatz.... und im diesem Zusammenhang haben tatsäschlich die Arbeiten - vielmehr als die Worte Picassos und Braques - recht deutlich Stellung bezogen. Der Einbruch der Schulen und Akademien führte ja letztendlich zum Autodidaktentum der Moderne, dem sich weder Picasso, noch Braque, Matisse oder Derain - noch wir - entziehen konnten.... und der 'Interpretationsbreite' dessen, was man als 'cosa mentale' auffassen möchte, stand somit Tür und Tor offen. --Rigo 14:24, 7. Feb. 2011 (CET)
- Nicht lange her war hier in Rom eine große Ausstellung des späten Picasso. Schlecht besucht, bedenkt man Ort und Qualität der Aktion. Das mag etwas an den Italinern liegen die dazu neigen mit dem Herzen zu suchen und hier nur Probleme finden. Man sah es leicht daran wie sie vor den Bildern standen, in einem genauem Mix aus Neugier und Skepsis. Ich selbst fand wenig, genauer gesagt es war da eine gewisse Öde die kaum irgendwo dem Bedürfnis nach Sammlung entgegen kam. Es ist ja nicht nur der Bruch mit dem klassischen Raum, der ein einfacher und einheitlicher Raum ist, der das Bildganze möglich macht. Es ist auch der Bruch mit dem Licht, der Fülle, der Meditation, der Natur und vor allem frage ich mich, ob es nicht grade auch der Bruch mit dem ist was wir als zeitlos wahr in der Empfindung zu erkennen versuchen und was ja dann erst die eigentliche Kommunikation mit anderen Epochen ist. Ich fand beim Rundgang nur eine Stelle in einer großen Tafel die wirklich was von den Venezianern hatte. Das war dann schon beeindruckend aber doch auch etwas isoliert. Also, du hast sicher recht, man kann hier schon einmal den Pflock einschlagen, trotz eines Derain, Matisse oder eines Giacometti, die wohl menschlich vollständiger und vielleicht dauerhafter gearbeitet haben. Es ging wohl in dieser Epoche darum in einem symbolischen Akt das große Kriegsbeil auszugraben und was noch Kunst oder noch Malerei ist an einer äußersten Grenze zu bestimmen. Am Ende der Geschichte kann dir freilich keiner sagen, was an den besten späten Picassos besser oder selbst revolutionärer sein soll als etwa an den frühen Landschaften Derains, also dies ganze Riesenspektakel - for what? Rein technisch gibts den Kubismus ja schon seit der Spätantike. Unterm Stichwort Koptische Kunst findet man eine Menge, sicher nicht so -stark- aber harmonischer, und am Ende ziehe ich noch die -Negerplastik- aus dem Regenwald vor von der man einen Ahnenkult abfühlen kann, von dem doch einmal alles ausgegangen zu sein scheint. - C würde befriedigt schmunzeln, mit der Faust einem unsichtbaren Feind drohen und in etwa sagen: Sehen Sie, ohne die Natur werden wir uns auch der Meister nicht richtig bedienen. - Saluti--m.sack 14:52, 10. Feb. 2011 (CET)