Bertl Kuch

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Bertl Kuch (* 11. November 1904 in Zweibrücken als Albertina Welscher; † 4. März 1994 in Winnipeg, Kanada)[1] war eine deutsche Grafikerin, Kunstmalerin und Textilkünstlerin.[2]

Leben

Bertl Kuch wuchs als Tochter des Hausmeisterehepaars Johann und Sofie Welscher, geborene Sappl, auf. Wohl schon in jungen Jahren nannte sie sich Bertl anstatt Albertina und behielt diese Praxis zeit ihres Lebens bei. Obwohl ihre Eltern keine hinreichenden Möglichkeiten hatten, die künstlerische Begabung Bertls gezielt zu fördern, gelang es ihr, sich an der Staatsschule für angewandte Kunst in Nürnberg als Meisterschülerin von Max Körner zur Malerin und Gebrauchsgrafikerin ausbilden zu lassen.[1][3] Welscher wird im Einwohnerbuch Nürnberg aus dem Jahr 1928 in der Rubrik „Selbstständige Geschäfts- und Gewerbetreibende“ in der Gruppe der Gebrauchsgrafiker aufgeführt.[4] Im Rahmen ihrer Ausbildung lernte sie ihren späteren Ehemann Jobst Kuch, geb. 1902 und ebenfalls Meisterschüler von Körner, kennen. In der Nürnberger Sebalduskirche gab sich das Paar 1929 das Jawort.[1] Das Ehepaar lebte zwischen 1940 und 1963 in der Teutonenstraße 25 in Nürnberg.[5]

In den folgenden Jahren prägten zwei größere Projekte die Schaffensperiode Bertl Kuchs. Im Jahr 1937 erhielt sie den Auftrag, den Hochaltar der neu gebauten Pfarrkirche Heilig-Geist in Gebersdorf zu gestalten. Diese Arbeit wird zu ihren bedeutendsten Werken gezählt. 1935 wurde sie mit der Gestaltung von Kostümen der 36 Krippenfiguren des Nürnberger Christkindlesmarktes betraut. Alljährlich zur Adventszeit werden diese in dem im Zentrum des Marktes gelegenen Krippengebäude aufgestellt.[1][6] Daneben entwarf sie u. a. Plakate, wie zum Beispiel 1939 die erste Wegekarte für den Nürnberger Tiergarten,[7] Wandmalereien in Kindergärten, Lithographien und Buchillustrationen.[1][6]

Nach Auskunft des Bundesarchivs ist Bertl Kuch in der NSDAP-Mitgliedskartei, die zu etwa 80 % überliefert wurde, nicht verzeichnet.[8]

In der Zeit nach 1945 trat Bertl Kuch vor allem als Gestalterin von Gebrauchskunst des öffentlichen Raums in Erscheinung. Sie gestaltete des Weiteren als Sgraffito die Sonnenuhr der Nürnberger Schule Herschelplatz oder übernahm im ehemaligen Postamt am Obstmarkt die Wandmalereien, die sie dem Thema „Post“ widmete. Schwerpunkt ihres Wirkens bildete jedoch die gestalterische Begleitung des Christkindlesmarktes.[1][6]

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1963 führte Bertl Kuch ein eher zurückgezogenes Leben in ihrem Haus in der Teutonenstraße. Sie widmete sich insbesondere ihren Enkeln, Nachbarn und Katzen. Im Alter von 80 Jahren gab sie ihr gewohntes Umfeld auf und zog zur Familie ihrer Tochter nach Winnipeg in Kanada. Sie verstarb dort am 4. März 1994.[1]

Bertl Kuch wird als lebenslustige, heitere Person beschrieben. Sie führte über weite Phasen ihres Lebens ein detailliertes Tagebuch, in dem sie ihr Schaffen und damit zusammenhängende Begebenheiten mit Weggefährten genau dokumentierte. Hierbei bediente sie sich eines ausgeprägt persönlichen Stils, der bewusst mundartliche Sprachelemente aufwies. Typisch für sie war auch, von sich in der dritten Person anstatt in der Ich-Form zu schreiben:

„Mit Baurat Seegy[9] ist die Berti nach München gefahren: Antiquitätenläden abgeklopft. Seegy: Grüßgott, wir bräuchten a paar alte Schdöffle für Krippenfiguren, hams da was? (Berti lachen) Aber kriagt hams was. Dann Nationalmuseum, Krippenfiguren zeichnen, Naphtalingestank und im Vegetarischen: Kastanien mit Rosenkohl und KEIN Bier!“

Bertl Kuch: Tagebuch, unveröffentlicht, zitiert in Sellmann[10]

Werk

Rauschgoldengel von Bertl Kuch auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt

In den Museen der Stadt Nürnberg sind von Kuch Lithografien, Drucke, Buchillustrationen und Holzschnitte zu besichtigen. Zu den bekanntesten Werken des öffentlichen Raums zählen die Gestaltung des Flügelaltars der Heilig-Kreuz-Kirche in Gebersdorf.[6]

Eine ihrer bekanntesten Arbeiten ist heute noch auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt zu sehen. Für die etwa 50 cm großen hölzernen Figuren der Krippe im Zentrum des Weihnachtsmarktes stellte Bertl Kuch nach Entwürfen des Bildhauers Max Renner die 36 Gewänder her, wobei die Hirten als Besonderheit fränkische Tracht tragen.[11] Die Krippe wurde 1935 erstmals ausgestellt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Figuren 1948 von den beiden Künstlern restauriert und werden bis heute verwendet.[12]

Der Stil Kuchs wird von Sellmann den altbewährten Formen und Mustern des Traditionalismus verbunden zugeordnet, dabei technisch souverän und witzig in der Ausführung.[1]

Flügelaltar der Gebersdorfer Heilig-Kreuz-Kirche

Flügelaltar von Bertl Kuch in der katholischen Pfarrkirche Heilig-Kreuz
in Nürnberg-Gebersdorf (1937)

Bertl Kuch und ihr Ehemann wandten sich der sakralen Kunst zu und übernahmen gelegentlich auch zusammen Aufträge. So gestaltete Bertl Kuch im Jahr 1937 für die neu erbaute Heilig-Kreuz-Kirche in Nürnberg-Gebersdorf ein Altartriptychon als Passionstriptychon mit dem traditionellen Bildprogramm Kreuztragung, Kreuzigung und Auferstehung, während ihr Ehemann den Kirchenraum ausmalte.[13]

Ihr Malstil orientierte sich an der hochgotischen Tafelmalerei von etwa 1420. Der linke Flügel zeigt die Kreuztragung Jesu, der von fünf Schergen dicht umdrängt wird. Auf dem mittleren Flügel ist die Kreuzigungsszene dargestellt. Diese Szene ist unter goldenem Himmel in eine, wohl der fränkischen Region nachempfundene Landschaft eingebettet. Rechts neben dem gekreuzigten Jesu halten sich vier heilige Frauen auf, von denen drei verschleiert sind und wahrscheinlich die drei Marien darstellen. Bei ihnen steht, die Hände zum Gebet gefaltet, der Lieblingsjünger Jesu, Johannes. Unter dem Kreuz, auf der linken Seite befinden sich drei Kriegsknechte, der Hohepriester Kaiphas eine Schriftrolle tragend sowie ein Patrizier. Die rechte Flügeltafel zeigt den auferstandenen Jesus mit einer roten Siegesfahne in der Hand. Er steht auf dem geschlossenen Grab, das von drei schlafenden Wachsoldaten umgeben ist.[1] Am 11. Juni 1939 wurden die Altarbilder im Kontext einer Kreuzfeier, verbunden mit einer Ansprache eingeweiht.[14]

Hervorgehoben wird von Sellmann die sichere stilistische Konzeption sowie die Gediegenheit der handwerklichen Gestaltung. Allerdings zeige das Werk kaum neue Impulse oder Stilelemente der 30er Jahre und bleibe insgesamt etwas zu eng an historischen Vorbildern orientiert. So ähnele beispielsweise die Auferstehungsszene den Altarbildern des Wolfgangsaltar in der Nürnberger Lorenzkirche.[1]

Das Triptychon war ursprünglich mit einer Mensa und einer Predella, die mit stilisierten Weinreben verziert war, ausgestattet. Nach einer Umgestaltung der Kirche entfielen diese Elemente. Das Triptychon befindet sich seither ohne weiteres Beiwerk an der hinteren Chorwand der Kirche.[1]

Veröffentlichungen

  • Das neue Nürnberg. Noris-Plan vom Gelände der Reichsparteitage mit seinen Bauten und Lagern. [Mit 1 Nebenkt.]. E. u. H. Frommann, Nürnberg 1937.

Literatur

  • Volker Sellmann: … und den Menschen ein Wohlgefallen : die Krippe auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt von Max Renner und Bertl Kuch. Fotos von Monika Runge. Heinrichs-Verl., Bayerische Verl.-Anst., Bamberg 2006, ISBN 978-3-89889-053-3.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Voker Sellmann: … und den Menschen ein Wohlgefallen. Die Krippe auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt von Max Renner und Bertl Kuch. Heinrichs-Verlag, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, 2006, ISBN 978-3-89889-053-3, S. 84–100.
  2. Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon: Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. K. G. Saur, München 2007, ISBN 978-3-598-11763-3, S. 1825, 1902. (eingeschränkte Google-books-Vorschau)
  3. Susanne von Goessel-Steinmann (Hrsg., Autor), Helmut Schwarz (Hrsg.), Spielzeugmuseum Museen d. Stadt Nürnberg (Hrsg.), Udo Bernstein (Designer), Christiane Richter (Fotograf): Himmlische Boten: Nürnberg und seine Rauschgoldengel. Tümmel Verlag, 2004, ISBN 978-3-92159033-1, S. 60.
  4. Datenbank Ancestry.de, Einwohnerbuch Nürnberg 1928, S. 61, ancestry.de, eingesehen am 1. Dezember 2017.
  5. Datei:Nuernberg-AB-1963.djvu – GenWiki. In: wiki-de.genealogy.net. 17. Juli 2015, abgerufen am 1. Dezember 2017.
  6. a b c d Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon: Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. K. G. Saur München 2007, ISBN 978-3-598-11763-3, S. 860.
  7. Nicola A. Mögel, Mathias Orgeldinger, Kerstin Söder: Tiergarten Nürnberg – Der Landschaftszoo am Schmausenbuck und seine Direktoren. Seite 6 f.
  8. Stadt Nürnberg (Herausgeber)-Dr. Nicola A. Mögel (NAM), Dr. Mathias Orgeldinger (MO): Tiergarten Nürnberg - Kunst im Landschaftszoo, 1. Auflage 2019; Seite 35 ISBN 3-926760-16-8
  9. Anmerkung: Paul Seegy (1891–1975), Architekt, bis 1957 Baudirektor der Stadt Nürnberg
  10. Voker Sellmann: ... und den Menschen ein Wohlgefallen. Die Krippe auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt von Max Renner und Bertl Kuch. Heinrichs-Verlag, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, 2006, ISBN 978-3-89889-053-3, S. 56. Anlässlich einer Münchenreise im Jahr 1935 um Stoff für die Krippenfiguren des Christkindlesmarktes einzukaufen.
  11. Krippen – Nürnberger Christkindlesmarktes vom 30. November bis 24. De… In: web.archive.org. 21. Juli 2012, abgerufen am 2. Dezember 2017.
  12. Die Weihnachtskrippe auf dem Christkindlesmarkt. In: christkindlesmarkt.de. Abgerufen am 1. Dezember 2017.
  13. Kath Kirchengemeinde. In: gebersdorf.com. 5. Dezember 1937, abgerufen am 1. Dezember 2017.
  14. Afred Pfleger: Chronik Pfarrei Heilig Kreuz Seite 6, aufgerufen am 10. November 2018