Beweislast

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Die Beweislast regelt prozessuale Beweisrisiken und -obliegenheiten. Die objektive oder materielle Beweislast (Feststellungslast) legt fest, welche Partei das Risiko der Nichterweislichkeit einer Beweisbehauptung (non liquet) trägt. Die subjektive oder formelle Beweislast (besser Beweisführungslast) bestimmt, welcher Partei es in einem bestimmten Stadium des Prozesses obliegt, Beweis für ihre Behauptung anzubieten.

Grundsätze der Beweislast

Zivilprozess

Normalerweise trägt jede Partei im streitigen Zivilprozess die Beweislast für Tatsachen, die zum Tatbestand einer ihr günstigen Rechtsnorm gehören[1][2] (sog. Rosenbergsche Formel,[3] kurz: Was mir nützen soll, muss ich auch behaupten und beweisen.). Daher ist die Verteilung der Beweislast häufig im materiellen Zivilrecht (insbesondere im BGB) begründet, denn dieses enthält Anspruchsgrundlagen, Hilfsnormen, Einreden und Einwendungen. Die Tatsachen, die den Tatbestand einer Anspruchsnorm (zum Beispiel: Abschluss eines Kaufvertrages) ausfüllen, muss regelmäßig die Partei, die aus ihr einen Anspruch (im Beispiel etwa auf Zahlung eines Kaufpreises) herleitet, vortragen (Beibringungsgrundsatz) und – wenn der Gegner sie bestreitet – beweisen. Der Gegner muss dagegen behaupten und beweisen, dass ihm etwaige Gegenrechte oder Einwände (z. B. die Erfüllung, § 362 BGB – er habe schon gezahlt usw.) zustehen.

Objektive Beweislast und Beweisführungslast decken sich im Zivilprozess oft, d. h., sie treffen dieselbe Partei. Die Beweisführungslast kann indessen auf die Beweisgegnerin wechseln, wenn die beweisbelastete Partei Beweismittel einbringt, die die Überzeugung des Gerichts zu begründen vermögen. Diesfalls liegt es an der Beweisgegnerin, diese Überzeugung wieder zu beseitigen. Die Beweislast steuert gleichzeitig die Beweisaufnahme und die Beweiswürdigung: Die beweisbelastete Partei muss zunächst den Hauptbeweis führen. Er ist erbracht, wenn das Gericht den vom Gesetz geforderten Grad an Überzeugung von der Richtigkeit der Beweisbehauptung gewonnen hat (in der Regel volle Überzeugung, teils aber auch bloße Glaubhaftmachung). Erst dann muss die Beweisgegnerin den Gegenbeweis führen – die Beweisführungslast hat damit gewechselt. Der Gegenbeweis ist erbracht, wenn die Beweisgegnerin den geforderten Grad an Überzeugung des Gerichts verhindert; dazu genügt es beim Regelbeweismaß der vollen Überzeugung, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Beweisbehauptung gesät werden. Der Hauptbeweis ist dann erschüttert. Misslingt von Anfang an der Hauptbeweis, unterlässt das Gericht eine Beweisaufnahme über den Gegenbeweis, weil die Beweisführungslast nie auf die Beweisgegnerin gewechselt hat.

Grundlage jeder Beweisführung im Zivilprozess ist zuerst die gegebenenfalls auch gegenseitige Darlegung des behaupteten tatsächlichen Sachverhalts.

Strafprozess

Für das Strafrecht galt seit der Antike die Maxime des römischen Rechts:

necessitas probandi incumbit ei qui agit

(lat.: die Beweispflicht liegt beim Ankläger). Die historische lateinische Bezeichnung für die Beweislast ist Onus probandi.

Beweislast bei Amtsermittlung

Bei Gerichtsverfahren, für die der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, wie etwa im Verwaltungsprozess, gewinnt die materielle Beweislast besondere Bedeutung, da sie auch hier streitentscheidend ist, während aufgrund der Amtsermittlung der formellen Beweislast keine Bedeutung zukommt. Die Parteien sind dennoch aufgefordert, im eigenen Interesse die zu ihren Gunsten wirkende Tatsachenermittlung nach Kräften zu unterstützen.

Ausnahmen

Von einer Beweislastumkehr spricht man, wenn nicht der Anspruchsinhaber die Voraussetzungen seines Anspruchs beweisen muss, sondern der Gegner deren Fehlen. Eine Beweislastumkehr beruht zumeist auf einer gesetzlichen Vermutung.

Beispiel: Klagt ein Kläger auf Kaufpreis, so muss er die Einigung über die Höhe des von ihm verlangten Kaufpreises beweisen, wenn der Beklagte eine dahingehende Einigung bestreitet. Legt der Kläger allerdings einen schriftlichen Kaufvertrag mit entsprechendem Inhalt vor, so muss nunmehr der Beklagte, sofern er die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit nicht widerlegen kann, beweisen, dass der dort niedergelegte Kaufpreis falsch angegeben ist.

Tatsächliche Vermutung und Anscheinsbeweis führen nicht zu einer Umkehr der (objektiven) Beweislast, sondern zu einer Umkehr der Beweisführungslast.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus Reichold in: Zivilprozeßordnung. Mit Gerichtsverfassungsgesetz, den Einführungsgesetzen und europarechtlichen Vorschriften (EuGVVO, EheVO, ZustellungsVO, ZustDG, AVAG). Kommentar. Mitbegründet von Heinz Thomas. Fortgeführt von Hans Putzo gemeinsam mit Klaus Reichold, Rainer Hüßtege. 25., neubearbeitete Auflage. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50613-5, § 322 Rn. 23.
  2. Transnational anerkannt: Trans-Lex.org
  3. Rehberg, Markus: Erfolg in der Klausur – am Beispiel der Anfängerübung im Zivilrecht, in: Bonner Rechtsjournal (BRJ) 2012, S. 182 (185)