Biergarten (Werefkin)
Biergarten |
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Marianne von Werefkin, 1907 |
Tempera auf Karton |
55 × 73 cm |
Museo comunale d'arte, Ascona |
Biergarten ist der Titel eines Gemäldes, das die russische Künstlerin Marianne von Werefkin 1907 in München malte. Das Werk gehört zum Bestand der Fondazione Marianne Werefkin (FMW) in Ascona. Es trägt die Inventar-Nummer FMW-0-0-2. Der „Biergarten“ ist eines der modernsten Bilder, das 1907 in München gemalt wurde. Mit Kandinskys Worten lässt sich diese Aussage beweisen.
Technik, Maße, Beschriftung
Es handelt sich um eine Temperamalerei auf Karton im Breitformat 55 × 73 cm. Auf der Rückseite befindet sich ein Schild mit der Aufschrift: „Moderne Galerie Thannhauser, München, Theatinerstr. 7“.
Ikonographie
Das Gemälde „Biergarten“ belegt zum einen Werefkins ausgeprägtes Interesse an der bayerischen Volkskunst, darüber hinaus hat sie mit diesem Bild dem bayerischen Nationalgetränk – dem Bier ein Denkmal gesetzt.[1] Dargestellt sind spärlich gedeckte Tische, an denen Männer, Frauen und Kinder sitzen. Ihre Gesichtslosigkeit verrät, dass der Werefkin bereits die Kunst von Vincent van Gogh und Edvard Munch bestens bekannt war.
Auch die japanische Holzschnittkunst war ihr geläufig. Das ist daran abzulesen, dass alle Objekte an den Bildrändern ob Haus, Tisch, Stuhl und sogar der Mensch von diesen angeschnitten werden. Ganz nach japanischer Art sind auch die Kronen der Bäume gekappt, wodurch die Vertikalen der Stämme den zweidimensionalen Charakter des Bildes intensivieren.
Dissonante Malerei
Farblich gestaltete Werefkin den „Biergarten“ in dissonanten Tönen, nämlich der Konfrontation von Rot und Blau. Das war 1907 absolut revolutionär. Anfang 1911 wusste noch nicht einmal Kandinsky mit Dissonanzen etwas anzufangen. Das geht aus einem Brief hervor, den er am 18. Januar 1911 an den Musiker Arnold Schönberg schrieb. Er meinte, die Musik sei, was Dissonanzen anbetrifft, der Malerei voraus.[2] Und Franz Marc gegenüber äußerte er: „Ich male noch gegen meinen Willen in alten Farbharmonien. […] Schönberg hat diesen großen Schritt über mich hinausgemacht.“[3] Faktum ist jedoch, es war eine Frau – Werefkin die diesen Schritt bereits vier Jahre zuvor vollzogen hatte. In seinem Buch „Das Geistige in der Kunst“ hat Kandinsky der Konstellation von Rot und Blau eine ganz besondere Bedeutung zugemessen. Das Rot charakterisierte er als eine „glühende Leidenschaft, eine in sich sichere Kraft […] die sich aber durch Blau löschen läßt, wie glühendes Eisen durch Wasser.“ […] In diesem Kontext betonte er, „alle Mittel sind rein, die aus innerer Notwendigkeit entspringen.“[4]
Literatur
- Clemens Weiler: Marianne von Werefkin. Marianne Werefkin 1860-1938. Städtisches Museum Wiesbaden 1958, o. S.
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin und ihr Einfluß auf den Blauen Reiter. In: Ausst. Kat.: Marianne Werefkin, Gemälde und Skizzen. Museum Wiesbaden 1980, S. 60, Abb. 15
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin. München 2001, ISBN 3-7774-9040-7
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin schuf mit ihrem Gemälde „Biergarten“ ein wegweisendes Bild der Moderne. In: Ausst. Kat.: Bier in Bayern. Veröffentlichungen zur Geschichte und Kultur 65, Augsburg 2016, S. 328 f, ISBN 978-3-937974-39-2
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin: Clemens Weiler’s Legacy. In: Marianne Werefkin and the Women Artists in her Circle. (Tanja Malycheva und Isabel Wünsche Hrsg.), Leiden/Boston 2016 (englisch), S. 8–19, ISBN 978-9-0043-2897-6, S. 8–19, hier S. 14–19; JSTOR 10.1163/j.ctt1w8h0q1.7
Einzelnachweise
- ↑ Bernd Fäthke: Marianne Werefkin schuf mit ihrem Gemälde „Biergarten“ ein wegweisendes Bild der Moderne. In Ausst. Kat.: Bier in Bayern. Veröffentlichungen zur Geschichte und Kultur 65, Augsburg 2016, S. 328 f.
- ↑ Arnold Schönberg: Wassily Kandinsky, Briefe, Bilder und Dokumente einer außerordentlichen Begegnung. Jelena Hahl-Koch (Hg.), München 1983, S. 19.
- ↑ Franz Marc: Briefe. In: Ausst. Kat.: Franz Marc 1880-1916. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1980, S. 117.
- ↑ Wassily Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst, insbesondere in der Malerei: München 1912, (1. Auflage), (Die Erstauflage erschien Ende 1911 bei Piper in München mit Impressum 1912), S. 83 f.