Bierutów
Bierutów | ||
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Wappen von Bierutów | ||
Basisdaten | ||
Staat: | Polen | |
Woiwodschaft: | Niederschlesien | |
Powiat: | Oleśnicki | |
Gmina: | Bierutów | |
Fläche: | 8,37 km² | |
Geographische Lage: | 51° 7′ N, 17° 33′ O | |
Höhe: | 148 m n.p.m. | |
Einwohner: | 4809 (31. Dezember 2020) | |
Postleitzahl: | 56-420 | |
Telefonvorwahl: | (+48) 71 | |
Kfz-Kennzeichen: | DOL | |
Wirtschaft und Verkehr | ||
Straße: | DW451 Namysłów–Oleśnica | |
Eisenbahn: | Oleśnica–Kluczbork | |
Nächster int. Flughafen: | Breslau |
Bierutów [bʲɛˈrutuf] (deutsch Bernstadt an der Weide oder Bernstadt in Schlesien) ist eine Stadt in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 9873 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020) und hat etwa 4.800 Einwohner.
Geographische Lage
Die Stadt liegt in Niederschlesien an der Weide östlich von Breslau, zwischen den jeweils 14 km entfernten Städten Oleśnica (Oels) im Nordwesten und Namysłów (Namslau) im Südosten.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt stammt aus dem Jahre 1266. Zuvor hatte der Breslauer Herzog Heinrich III. an dieser Stelle, wo der bedeutsame Handelsweg von Breslau über Kreuzburg nach Krakau die Weide überschritt und sich zuvor das slawische Dorf Ligniza befand, die Stadt Fürstenwald nach Neumarkter Recht errichtet. Fürstenwald erhielt 1266 das Meilenrecht und das Weichbildrecht, das 20 umliegende Dörfer umfasste. Der Name Fürstenwald wurde schon 1269 in civitas Beroldi geändert und daraus entwickelte sich schließlich über die Namensformen Beroldestat (1288) und Pernstatt (1495) die Bezeichnung Bernstadt, die zur Unterscheidung von gleichnamigen Orten den Zusatz an der Weide erhielt. Der polnische Name ist eine Abwandlung des deutschen.[1] 1412/13 wurde das Gebiet von Bernstadt aus dem Herzogtum Oels ausgegliedert, das als Herzogtum Bernstadt Residenz mehrerer Herzöge war.
Bernstadt erhielt ein regelmäßiges Stadtbild, dessen Mitte ein quadratischer Ring bildete. Nach Breslau, Namslau und Brieg führten drei mit Stadttoren versehene Straßen aus der Stadt. Um 1323 entstand im östlichen Stadtgebiet eine Burg der Herzöge von Oels, deren Gründung Konrad I. zugeschrieben wird. 1337 erfolgte der Bau der gotischen Backsteinkirche und des Rathauses. 1430 plünderten die Hussiten Bernstadt.
Nach dem Aussterben der Herzöge von Oels wurde Bernstadt ab 1492 Teil des Herzogtums Münsterberg. Zwischen 1511 und 1515 erhielt die Stadt Breslau Bernstadt als Pfand zur offenen Forderung an die Münsterberger Herzöge. Nach dem Tode Herzog Karls I. 1536 regierten dessen Söhne Joachim, Heinrich II. Johann und Georg II. bis 1542 zunächst gemeinsam. Anschließend erhielt Heinrich II. Bernstadt, das er zu seiner Residenz wählte. Er ließ 1543 die Burg zu einem Schloss umbauen und erweitern. Während seiner Herrschaft, die bis zu seinem Tod 1548 andauerte, erfolgte die Einführung der Reformation und die Errichtung einer Fürstenschule. Zu dieser Zeit war Bernstadt eine wirtschaftlich blühende Stadt, die neben Handwerkern und Händlern vor allem durch die Tuchmacherzunft geprägt wurde.
Heinrichs gleichnamiger Sohn Heinrich III. verkaufte Bernstadt 1574 an die Adelsfamilie von Schindel und das Herzogtum erlosch. 1603 zerstörte ein Stadtbrand, den nur sechs Häuser überstanden, Bernstadt völlig. Heinrichs Bruder Karl II. erwarb die zerstörte Stadt 1604 von den Schindels zurück und errichtete das Herzogtum wieder. Während des Dreißigjährigen Krieges war die Stadt mehrmals von Kaiserlichen, sächsischen und schwedischen Truppen besetzt.
1659 brannte Bernstadt erneut nieder. Der Wiederaufbau zog sich lange hin und erst 1680 entstanden das Rathaus und die Katharinenkirche wieder. Nach dem Tode Herzog Karls von Juliusburg wurde 1745 das Schloss als Residenz aufgegeben und dem Verfall preisgegeben. Auch die Stadt, in der 140 Häuser das Braurecht besaßen, verlor dadurch an Bedeutung. 1787 hatte Bernstadt 1963 Einwohner.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden Vorstädte angelegt und durch den Straßenbau wurden die Stadttore als Hindernisse für den durch Bernstadt führenden Verkehr in den Jahren 1827 und 1887 abgetragen. 1868 wurde die Eisenbahnverbindung von Breslau über Oels nach Kreuzburg in Betrieb genommen, an der Bernstadt einen Bahnhof erhielt. Trotz der Bahnverbindung siedelte sich nur wenig Industrie in Bernstadt an. Die 1883 errichtete Zuckerfabrik war das größte Unternehmen der Stadt. Ab 1887 erfolgte der Wiederaufbau und Umbau des Schlosses, nachdem Bernstadt als Teil des früheren Herzogtums Oels zum Thronlehen der Kronprinzen von Preußen geworden war. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Bernstadt zwei evangelische Kirchen, eine katholische Kirche, eine Synagoge, ein altes Schloss, ein Amtsgericht und ein Forstamt.[2]
Im Jahr 1945 gehörte Bernstadt zum Landkreis Oels im Regierungsbezirk Breslau der preußischen Provinz Schlesien des Deutschen Reichs.
Während der Niederschlesischen Operation der Roten Armee wurde Bernstadt im Januar 1945 zur Hälfte zerstört. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Stadt im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht unter polnische Verwaltung gestellt. Die Polen führten für Bernstadt die Ortsbezeichnung Bierutów ein. Soweit die deutschen Bewohner nicht geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit größtenteils von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde aus Bernstadt vertrieben.
In der Ortschaft werden heute ein oder zwei Stadtfeste in Verbindung mit den angeschlossenen Ortschaften veranstaltet. Sowohl in den Bernstädter Schulen als auch in den umliegenden Bildungsstätten wird heute wieder die deutsche Sprache gelehrt, was von der jungen Bevölkerung auch gut angenommen wird.
Gemeinde
Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Bierutów gehören die Stadt selbst und 16 Dörfer mit Schulzenämtern.
Partnerschaft
Bierutów unterhält seit dem 10. Mai 1997 eine Partnerschaft mit Bernstadt auf dem Eigen in der Oberlausitz.
Sehenswürdigkeiten
- Das historische Stadtzentrum ist vom Polnischen Institut für kulturelles Erbe in die Liste des Nationalen Kulturerbes aufgenommen worden.
- Die Römisch-katholische Filialkirche St. Katharina (Kościół św. Katarzyny Aleksandryjskiej). Das Gebäude wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet; im 17. Jahrhundert durch zwei Brände zerstört und 1661 bis 1686 wieder aufgebaut. Der Hauptaltar wurde 1661 vom Oelser Herzog Silvius I. Nimrod gestiftet; aus dem gleichen Jahr stammt die Kanzel. Das Gestühl ist um 1680 entstanden.[3] Das Gotteshaus diente als Schloss- und Pfarrkirche. Seit der Reformation diente es von 1653 bis 1945 als evangelisches Gotteshaus. Nach dem Übergang an Polen 1945 wurde es teilweise abgetragen und in den 1960er Jahren restauriert.
- Die Ruine der evangelischen Friedhofskirche St. Trinitatis (Kościół Świętej Trójcy) gehört seit 1963 zum polnischen Kulturgut. Das Gebäude wurde von 1622 bis 1630 erbaut und nach 1945 niedergebrannt. Die Überreste befinden sich in der Straße Wrocławska 56–420.
- Ehemaliges Residenzschloss, erhalten sind der Renaissanceturm und das barocke Portal der Schlossmauer, auf dem Gelände wurde ein Museum errichtet.
- Der Rathausturm (Wieża ratuszowa) ist der 2004 restaurierte Turm des zerstörten Rathauses. Er wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet und nach einer Beschädigung 1945 umgestaltet. Er steht als einziger Rest des Rings im Ortsmittelpunkt, dieser wurde 1945 teils zerstört, teils später abgetragen. Der Turm erhielt eine ferngesteuerte Uhr mit einem um 12 Uhr ablaufenden Musikstück.
- Ehemalige Synagoge, erbaut 1809
- Die katholische Pfarrkirche St. Joseph (Kościół św. Józefa Oblubieńca) wurde von 1891 bis 1893 nach Plänen des Joseph Ebers errichtet. Neben der Kirche steht das neogotische Pfarrhaus aus der gleichen Zeit.[3][[Hilfe:Cache|Fehler beim Thumbnail-Erstellen]]:
- Sühnekreuz von Kijowice
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1840 | 3.592 | davon 280 Katholiken und 126 Juden[4] |
1875 | 3.850 | [5] |
1880 | 4.150 | [5] |
1890 | 4.426 | davon 3.606 Evangelische, 607 Katholiken und 209 Juden[5] |
1900 | 4.298 | mit der Garnison (eine Schwadron Dragoner Nr. 8), meist Evangelische[2] |
1933 | 4.518 | [5] |
1939 | 4.868 | [5] |
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Andreas Acoluthus (1654–1704), Orientalist und Sprachforscher
- David Behme (1605–1657), evangelischer Pfarrer und Kirchenlieddichter
- Ulrich Nimptsch (1672–1726), Arzt
- Luise Elisabeth von Württemberg-Oels (1673–1736), durch Heirat Herzogin von Sachsen-Merseburg
- Mendel Jochem (Menachem ben Chajim) Pringsheim (1725–1794), Pächter des Schloßbrau-Urbars, Vorfahre der deutsch-jüdischen Familie Pringsheim
- Ludwig Oelsner (1831–1910), deutscher Historiker, Bibliothekar und Gymnasialprofessor
- Mortimer von Buddenbrock-Hettersdorff (1844–1914), preußischer Generalleutnant geboren in Wabnitz
- Hugo Friedländer (1847–1918), Journalist und Gerichtsreporter
- Maximilian von Prittwitz und Gaffron (1848–1917), preußischer Generaloberst
- Josef Block (1863–1943), Maler
- Horace Meyer Kallen (1882–1974), amerikanischer Philosoph
- Ludwig Meidner (1884–1966), Maler des Expressionismus, Grafiker und Dichter
- Viktor von Randow (1856–1939), preußischer Generalleutnant, geboren in Stronn
- Werner Snay (1892–?), preußischer Landrat
- Elsa Gärtner (* 1914), deutsche Politikerin (SED)
- Benjamin Schwarz (* 1937), Übersetzer
- Manfred Pietsch (1936–2015), Maler und Grafiker
- Paul-Rüdiger Schmidt (* 1942), evangelischer Pastor
- Jan Polkowski (* 1953), Lyriker und Redakteur
In der Stadt wirkten
- Matthäus Apelles von Löwenstern (1594–1648), Dichter und Komponist, seit 1625 als herzöglicher Rentmeister, Chormusikdirektor und Gymnasialvorsteher.
Bürgermeister seit 1990
Name | Jahre |
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Bogdan Smolarczyk | 1990–1992 |
Andrzej Wojtkowiak | 1992–1997 |
Edward Puk | 1997–1998 |
Włodzimierz Kubiak | 1998–2002 |
Roman Kazimierski | 2002–2004 |
Grzegorz Michalak | 2004–2006 |
Władysław Bogusław Kobiałka | 2006–2018 |
Piotr Sawicki | seit 2018 |
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Historia auf bierutow.pl, abgerufen am 27. Dezember 2010
- ↑ a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 2, Leipzig/Wien 1905, S. 721–722.
- ↑ a b Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien. München 2005, ISBN 3-422-03109-X, S. 143.
- ↑ Johann G. Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage, Breslau 1845, S. 785-786.
- ↑ a b c d e Michael Rademacher: Oels. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.