Billings (Fischbachtal)
Billings Gemeinde Fischbachtal Koordinaten: 49° 45′ 24″ N, 8° 47′ 40″ O
| |
---|---|
Höhe: | 228 (211–238) m ü. NHN |
Fläche: | 1,33 km²[1] |
Einwohner: | 323 (31. Dez. 2015)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 243 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 64405 |
Vorwahl: | 06166 |
Fischbachtal, Billings in Rot
| |
Billings von Westnordwesten
|
Billings ist ein Ortsteil der Gemeinde Fischbachtal im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Geografische Lage
Billings liegt im nördlichen Odenwald mitten in der Gemeinde Fischbachtal am oberen Fischbach. Durch den Ort führt die Landesstraße 3102.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes ist schon im 8. Jahrhundert verzeichnet. Damals lautete der Ortsname marca Billingurae. Später nannte man das Dorf Böllings. Im 15. Jahrhundert wurden bereits mehrere Mühlen betrieben, und zwar eine Ölmühle und zwei Getreidemühlen. Heute besteht zum Andenken an die Mühlentradition ein Wasserrad, welches zur Stromerzeugung genutzt wird. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fiel der Ort wüst und wurde erst 1674 wieder besiedelt. Billings (früher Waldhausen) lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtiere und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Billings gehörte zum „Großbieberauer Reiswagen“, dem Waldhausen[3][4] besteht aus den Orten Niedernhausen, Billings, Meßbach und Nonrod sowie die Dörfer Rodau, Wersau und Steinau angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[5] 1722 verkauft Johann Rudolph von Walbrunn seine ihm zustehenden Zinsen und Renten in Billings als Zubehör zum Schloss Ernsthofen an Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt. Noch 1806 werden die Orte Billings, Meßbach und Nonrod als Dörfer der Gemeinde Waldhausen genannt.[6]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Billings:
»Billings (L. Bez. Reinheim) luth. Filialdorf; liegt 2 St, von Reinheim, am Anfang eines engen, sich nachher erweiternden Thals, hat 21 Häuser und 177 Einw., die bis auf 3 Kath. lutherisch sind, und 3 Mahlmühlen mit denen 2 Oelmühlen verbunden sind. Die Billinger marca, die in Schenkungsbriefen an das Kloster Lorsch so oft vorkommt, ist ohne Zweifel dieses Dorf. Beim Schluß des 30jährigen Kriegs war der Ort ganz unbewohnt.«[7]
Billings war bis zum freiwilligen Zusammenschluss mit den Gemeinden Steinau, Meßbach, Nonrod, Lichtenberg und Niedernhausen zur Gemeinde Fischbachtal am 31. Dezember 1971 im Zuge der Gebietsreform in Hessen eine selbstständige Gemeinde.[8][9] Für jede der früheren Gemeinden wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[10] Die Gemeindeverwaltung erhielt ihres Sitz im Ortsteil Niedernhausen.
Historische Ortsnamen
In den historischen Dokumenten ist der Ort im Laufe der Jahrhunderte unter wechselnden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Böllings (1430); Böllings (1436); Bul(l)inges (16. Jahrhundert); Billinx (1558); Billings (1671); Billings (1722).
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Billings lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][11][12]
- vor 1479: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Katzenelnbogen, Obergrafschaft Katzenelnbogen (1430 zur Kellerei Lichtenberg; 1455: Zent Groß-Umstadt, später: Ober-Ramstadt)
- ab 1479: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Obergrafschaft Katzenelnbogen
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obergrafschaft Katzenelnbogen (1783: Amt Lichtenberg, Zent Oberramstadt, Groß-Bieberauer Reiswagen)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg[13]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Reinheim (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Dieburg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Dieburg (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- am 31. Dezember 1971 zur neuen Gemeinde Fischbachtal
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg (in dem die Landkreise Dieburg und Darmstadt im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen)
Gerichte
Billings gehörte zum Zentgericht Umstadt uns später zum Zentgericht Oberramstadt. 1630 wird ein Untergericht Waldhausen genannt. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Billings das Amt Lichtenberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]
- ab 1848: Landgericht Reinheim (Verlegung nach Reinheim), zweite Instanz: Hofgericht Darmstadt
- ab 1879: Amtsgericht Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
- ab 1968: Amtsgericht Darmstadt mit der Auflösung des Amtsgerichts Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
Einwohnerentwicklung
• Nach 1648 | unbewohnt[1] |
• 1791: | 329 (mit Niedernhausen, Meßbach und Nonrod) Einwohner[3] |
• 1800: | 92 Einwohner[14] |
• 1806: | 120 Einwohner, 16 Häuser[13] |
• 1829: | 177 Einwohner, 21 Häuser[7] |
• 1867: | 196 Einwohner, 29 Häuser[15] |
Billings: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2011 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1800 | 92 | |||
1806 | 120 | |||
1829 | 177 | |||
1834 | 161 | |||
1840 | 142 | |||
1846 | 170 | |||
1852 | 170 | |||
1858 | 175 | |||
1864 | 187 | |||
1871 | 197 | |||
1875 | 208 | |||
1885 | 195 | |||
1895 | 213 | |||
1905 | 210 | |||
1910 | 226 | |||
1925 | 207 | |||
1939 | 196 | |||
1946 | 271 | |||
1950 | 259 | |||
1956 | 223 | |||
1961 | 246 | |||
1967 | 269 | |||
1970 | 269 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 339 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[16] |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 174 lutheranische (= 89,30 %) und 3 katholische (= 1,70 %) Einwohner[7] |
• 1961: | 235 evangelische (= 95,53 %), 10 katholische (= 4,07 %) Einwohner[1] |
Politik
Für Billings besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Billings) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[10] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2016 gehören ihm ein Mitglied der SPD, ein Mitglied der CDU, zwei Mitglieder der FWF[17] und ein parteiloses Mitglied an. Ortsvorsteher ist Gerhard Beckhausen (parteilos).[18]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
- Die 1967 eingeweihte evangelische Schneckenkapelle ist ein Betonbau in schneckenhausähnlicher Form.
- Das heute in Privatbesitz befindliche Schulhaus ist sehenswert.
- Im Ort gibt es ein Bürgerhaus aus den 1970er Jahren, einen Spielplatz und in einem alten Steinbruch einen Bergsee.
Natur und Schutzgebiete
In den Gemarkungen von Billings und Niedernhausen ist die Talaue von Fischbach und Messbach als Natura2000-Gebiet „Herrensee von Niedernhausen“ (FFH-Gebiet 6218-305) geschützt.[19]
Regelmäßige Veranstaltungen
- 1. Mai: Grillfest der Freiwilligen Feuerwehr Billings
- 3. Wochenende im August: Feier der Kerb (Kirchweih) mit Kerbeumzug, Kerbered und Live-Musik
Weblinks
- Ortsteil Billings In: Webauftritt der Gemeinde Fischbachtal.
- Billings. Ortsgeschichte, Infos. In: www.fischbachtal-odw.de. Private Website
- Billings, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Lichtenberg, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Billings nach Register In: Hessische Bibliographie
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Billings, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Fischbachtal in Zahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Fischbachtal, abgerufen im November 2019.
- ↑ a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 123 (Online in der HathiTrust digital library).
- ↑ Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamensbuch: Starkenburg. Hrsg.: Historische Kommission für den Volksstaat Hessen. Band 1. Selbstverlag, Darmstadt 1937, DNB 366995820, OCLC 614375103, S. 727.
- ↑ Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (online bei Google Books).
- ↑ Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 118 (Online in der HathiTrust digital library).
- ↑ a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 20 (Online bei google books).
- ↑ Gemeindegebietsreform Hessen; Zusammenschlüsse und Eingliederung von Gemeinden vom 29. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 3, S. 84 ff., Punkt 94, Abs. 71 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0 MB]).
- ↑ Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 228.
- ↑ a b Hauptsatzung. (PDF; 237 kB) §; 5. In: Webauftritt. Gemeinde Fischbachtal, abgerufen im Juli 2019.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
- ↑ a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
- ↑ Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 124 (Online in der HathiTrust digital library).
- ↑ Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 14 (Online bei google books).
- ↑ Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- ↑ Freie Wählergemeinschaft Fischbachtal. Webauftritt. In: fwf-fischbachtal.de. Abgerufen im November 2019.
- ↑ Ortsbeiräte. In: Webauftritt. Gemeinde Fischbachtal, abgerufen im November 2019.
- ↑ Thomas Rusche: Maßnahmenplan FFH-Gebiet „Herrensee von Niedernhausen“. PDF. Regierungspräsidium Darmstadt, 8. April 2010, abgerufen am 7. Mai 2021.