Bisons

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Männlicher Wisent (Bos bonasus) im ostpolnischen Białowieża-Nationalpark

Die Bisons sind auf der Nordhalbkugel verbreitete Wildrinder, die ursprünglich in die eigene Gattung Bison gestellt wurden. Heute gibt es zwei Vertreter, den Amerikanischen Bison (Bos bison) und den in Europa vorkommenden Wisent (Bos bonasus). Laut molekulargenetischen Untersuchungen bilden die beiden Arten keine gemeinsame Verwandtschaftsgruppe (Monophylum). Das spätlateinische Wort Bison ist vermutlich eine Entlehnung des germanischen Wortes wisund.[1]

Entwicklungsgeschichte

Bos (bison) antiquus starb vor etwa 10.000 Jahren aus. Dieses Exemplar stammt aus den La Brea-Naturasphaltgruben von Los Angeles.

Als Vorläufer des Ur-Bisons (Bos sivalensis) gilt ein Rind der Gattung Leptobos. Der eurasische Ur-Bison entwickelte sich auf seiner Ausbreitung von Nord-Indien nach Westen und in den weitläufigen asiatischen Steppen zum Steppenbison (Bos priscus), auch Steppenwisent genannt, weiter. Ein etwa 35.000 Jahre altes Exemplar wurde 1979 von einem Goldwäscher in der Nähe von Fairbanks, Alaska gefunden. Es ging in die Forschungsgeschichte mit der Bezeichnung Blue Babe ein, weil sich bei seiner Bergung die Haut aufgrund einer chemischen Reaktion mit der Luft blau färbte. Im Kaukasus entwickelte sich zudem der heute ausgestorbene Bergwisent (Bos caucasicus).

Der Steppenbison wurde von den Menschen der Cro-Magnon-Periode gejagt und in Höhlenzeichnungen festgehalten, siehe die Höhlenmalereien von Altamira, Lascaux und Chauvet, bevor er am Ende der letzten Eiszeit ausstarb.

Schädel von Bos latifrons

Bisons entstanden ursprünglich in Eurasien. Der Steppenbison überquerte während der Eiszeit (im frühen bis mittleren Pleistozän) die Landbrücke zwischen Sibirien und Alaska (die heutige Beringstraße) und besiedelte die nördlichsten Teile Nordamerikas. Aus ihm entwickelten sich mehrere Arten, die in zwei aufeinander folgenden Einwanderungswellen die südlicheren Teile des Kontinents eroberten. Die erste war der riesige langhörnige Bos latifrons, der im frühen oder mittleren Pleistozän nach Amerika einwanderte[2] und im späten Pleistozän vor ungefähr 20.000 Jahren ausstarb. Die zweite bestand aus Bisonformen, die bereits der heutigen Art Bos bison ähnelten. Teilweise werden das langhörnige Bos antiquus und die etwas kürzerhörnige Form Bos occidentalis als eigene Arten aufgefasst, andere Forscher sehen sie auch als Unterarten des heutigen Bisons (Bos bison) an. Im frühen Holozän, vor annähernd 6000 Jahren, entwickelten sich die heutigen, recht kurzhörnigen Unterarten des Bisons, der Präriebison Bos bison bison und der Waldbison Bos bison athabascae, und ersetzten die pleistozänen Formen.

Heutige Amerikanische Bisons, die um 1890 nahezu ausgerottet waren, und Europäische Wisente sind uneingeschränkt kreuzbar, was für eine nahe Verwandtschaft beider Formen spricht. Analysen der DNS ergaben allerdings, dass sich Wisente und Amerikanische Bisons genetisch teilweise stark voneinander unterscheiden. Während Bisons und Wisente in den paternal vererbten Y-Chromosomen stark übereinstimmen, gibt es bei der Sequenz der maternal vererbten mitochondrialen DNA erhebliche Unterschiede. So bildet der Amerikanische Bison bezüglich der mitochondrialen DNA eine Einheit mit dem Yak, während der Wisent hierin mit dem Auerochsen übereinstimmt.

Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass sich prähistorische Bisonbullen einst mit Verwandten des Auerochsen oder deren Vorfahren kreuzten und so die Vorfahren des Wisents hervorbrachten. Insgesamt deuten diese Untersuchungen darauf hin, dass die Gattungen Bos und Bison paraphyletisch sind, sie wurden im Folgenden zu einer einzigen Gattung Bos zusammengeführt. Die Gattung Bison scheint zudem polyphyletisch zu sein.[3]

Weblinks

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Literatur

  • Paul S. Martin: Quaternary Extinctions. A prehistoric revolution. The University of Arizona Press, Tucson 1984. ISBN 0-8165-1100-4.
  • Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.

Fußnoten

  1. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Aufl. De Gruyter, Berlin 2002.
  2. R. Dale Guthrie: Bos evolution and zoogeography in North America during the Pleistocene. In: The Quarterly Review of Biology, Bd. 45 (1970), No. 1, S. 1–15, ISSN 0033-5770.
  3. Alexandre Hassanin, Anne Ropiquet: Molecular phylogeny of the tribe Bovini (Bovidae, Bovinae) and the taxonomic status of the Kouprey, Bos sauveli „Urbain 1937“. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 33, Heft 3, 2004, S. 896–907, doi:10.1016/j.ympev.2004.08.009.