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Boas (Familie)

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Boas

Regenbogenboa (Epicrates cenchria cenchria)

Systematik
Überordnung: Schuppenechsen (Lepidosauria)
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
ohne Rang: Toxicofera
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Boaartige
Familie: Boas
Wissenschaftlicher Name der Überfamilie
Booidea
J. E. Gray, 1825
Wissenschaftlicher Name der Familie
Boidae
J. E. Gray, 1825

Die Boas (Boidae) sind eine Familie der Schlangen. Zu dieser Familie gehören die weltweit größten Schlangen. Sie töten ihre Beute durch Umschlingen, alle Vertreter sind ungiftig. Zu dieser Familie werden 13 Gattungen mit etwa 62 Arten gezählt.[1]

Merkmale

Anatomie

Der Körper der Boas ist langgestreckt und meist zylinderförmig. Bei einigen baumbewohnenden Arten ist er jedoch seitlich abgeflacht, mit deutlich dargestellter Wirbelsäule. Der Schwanz ist im Verhältnis zum Körper kurz, er beginnt hinter der Kloake. Im Schwanz befinden sich bei den Männchen die paarig angeordneten Hemipenes, bei den Weibchen sind dort Duftdrüsen ausgebildet. Die inneren Organe, besonders der Magen, sind stark dehnbar. Die Kopfform variiert je nach Art. Der Kopf kann vom Hals ohne sichtbaren Übergang oder deutlich abgesetzt sein. Die Ober- und Unterkiefer sind nicht fest durch Gelenke miteinander verbunden. Sie werden lediglich durch zwei Stäbchen fixiert, die von dehnbaren Bändern umgeben sind, und werden von diesen gehalten. Dieser Aufbau ermöglicht das Ausklinken der beiden Kieferhälften. Einige Gattungen besitzen wärmeempfindliche Labialgruben, die sich in einer Schuppenreihe entlang der Ober- und Unterlippe befinden. Die Augen besitzen kein Lid und die Pupille ist senkrecht geschlitzt. Von der Zunge aufgenommene Duftstoffe werden an zwei Vertiefungen am Gaumen abgegeben. Es besteht von dort eine Verbindung bis zum Gehirn. Dieses Organ wird nach seinem Entdecker als das Jacobsonsche Organ bezeichnet. Boas besitzen kein Gehör, dennoch werden Erschütterungen am Unterkiefer wahrgenommen und über den Steigbügel weitergeleitet.

Die Lungenflügel sind bei den Boas noch beide erhalten. Bei den meisten anderen Schlangen hingegen (z. B. den Nattern) ist der linke Lungenflügel stark zurückgebildet, der rechte dafür lang ausgestreckt. Der hintere Abschnitt ist als Luftreservoir ausgebildet, so dass während des Schlingaktes von dort die Versorgung mit Atemluft sichergestellt ist. Bei Boas ist dieser „Speicher“ nicht sehr weit entwickelt und kann nur wenig Atemluft aufnehmen.

Neben der Kloake sind als Rudimente der Hinterextremitäten die Aftersporne sichtbar, weiterhin sind bei dieser Familie noch Reste des Beckengürtels vorhanden.

Größe und Gewicht

Die Familie der Boas umfasst einige der größten lebenden Schlangen. Die größten Arten können teilweise über fünf Meter lang werden, wie die Große Anakonda[2], wogegen andere Arten sehr viel kleiner bleiben.

Einige Arten der Sandboas erreichen als ausgewachsene Tiere nur ein Gewicht von wenigen hundert Gramm. Dagegen können die größten Arten als Adulti teilweise 70 Kilogramm[2] deutlich überschreiten.

Systematik

Innerhalb der Reptilien (Reptilia) werden die Boas (Boidae) in der artenreichsten Ordnung geführt, den Schuppenkriechtieren (Squamata). Sie werden dort in die Unterordnung der Schlangen (Serpentes) gestellt und dort wiederum in die Großgruppe der sogenannten Echten Schlangen (Alethinophidia), die im Wesentlichen noch die Nattern- und Vipernartigen (Colubroidea) umfasst.

Traditionell enthielten die Boidae als die Familie der Riesenschlangen aufgrund von ähnlichen körperlichen Merkmalen neben den Echten Boas (Boinae) und Sandboas (Erycinae) auch die Pythons (Pythoninae). Diese Boidae standen wiederum in der Überfamilie der Riesenschlangenartigen (Booidea oder Henophidia).

Ab den 2000er Jahren durchgeführte molekulargenetische Untersuchungen widerlegen allerdings eine unmittelbare Verwandtschaft von Pythons und Boas. Abschließend ist die Systematik der Schlangen noch nicht geklärt, jedoch stimmen die Ergebnisse etlicher Untersuchungen darin überein, dass die nächsten Verwandten der Pythons die Spitzkopfpythons (Loxocemidae) und Erdschlangen (Xenopeltidae) sind, während zu den nächsten Verwandten der Echten Boas und Sandboas auch die Zwergboas gehören.[3][4] Folglich wurde das Konzept der Boidae als Riesenschlangen aufgegeben und die Pythons in den Rang einer eigenständigen Familie (Pythonidae) gehoben.

Nach weiteren molekulargenetischen Untersuchungen wurden die Unterfamilien der Boidae neu gegliedert und einige Gruppen neu- oder wiedererrichtet. Im Jahr 2013 wurden von Pyron, Burbrink und Wiens die Unterfamilie der Pazifik-Boas (Candoiinae) für die Gattung Candoia neu erstellt und die Unterfamilie der Madagaskarboas (Sanziniinae) mit den Gattungen Acrantophis und Sanzinia wiedererrichtet. Die Gattungen Lichanura und Charina wurden von den Sandboas (Erycinae) zu den Zwergboas (Ungaliophiinae) transferiert. Die Sandboas umfassen als Unterfamilie nur noch die Echten Sandboas der Gattung Eryx.[5] Wegen der Eingliederung der Gattung Charina in die Ungaliophiinae wurde deren Name nach dem ICZN ein Synonym, da Charina die zuerst beschriebene Gattung ist. Die Unterfamilie wurde daher in Charininae umbenannt. Dieser Name ist jedoch schon für eine Unterfamilie bzw. Familie der Geißelspinnen vergeben. Nach einem Vorschlag von Pyron, Reynolds und Burbrink sollten diese Geißelspinnen in Charinusidae umbenannt werden.[6]

Unterteilung der Boas (Boidae) aufgrund neuerer genetischer Untersuchungen (nach der Reptile Database):[1]

2014 wurde vorgeschlagen, die Unterfamilien der Boidae allesamt zu eigenständigen Familien zu erheben.[6]

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Boas liegt vor allem in der Neuen Welt, in Nord-, Mittel- und Südamerika sowie in der Karibik. Außerdem gibt es Arten in Afrika und Madagaskar, Asien, auf den Salomonen und anderen Pazifikinseln.[13]

Lebensraum

Boas wurden im Laufe der Evolution an sehr unterschiedliche Lebensräume angepasst. Die meisten Arten dieser Familie benötigen ein feuchteres Klima, sie haben ihr Habitat in gemäßigten Zonen, den Subtropen oder, wie zum Beispiel der Grüne Baumpython, in den tropischen Regenwäldern gefunden. In kühleren Gegenden, in denen die Temperatur im Winter stark sinkt, verfallen die Tiere in die sogenannte Kältestarre. Einige Arten leben dagegen in trockenen, warmen Gebieten bis hin zu Sandwüsten. Dort vergraben sich die meist klein bleibenden Tiere tagsüber, um der extremen Hitze auszuweichen.

Fortpflanzung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Schlangen gibt es bei den Boas keinen Geschlechtsunterschied in der Körpergröße, wenn die Schlange Geschlechtsreife erlangt. Bei anderen Schlangenarten ist das Männchen typischerweise früher geschlechtsreif. Dennoch gibt es Arten, bei denen die weiblichen Boas im Schnitt größer werden als die Männchen.[13]

Die Boas sind lebendgebärend (ovovivipar), während Pythons eierlegend (ovipar) sind. Deren Weibchen mancher Arten betreiben Brutpflege: Sie legen ihre Körperschlingen um das Gelege und brüten so in zwei bis drei Monaten die Eier aus. Die Temperatur im Inneren des Geleges steigt während dieser Zeit über die Lufttemperatur, wird sie zu hoch, lockert das Weibchen die Körperschlingen und lässt Luft an die Eier. Andere Arten wiederum bewachen das Gelege nur.

Ernährung

Boa constrictor imperator

Die Boas töten ihre Beute durch Umschlingen, sie werden deshalb auch als Würgeschlangen bezeichnet. Sie umwickeln ihre Beute mit ihrer kräftigen Körpermuskulatur, bis diese an Herz-Kreislauf-Versagen stirbt. Entgegen einem jahrzehntealten Mythos werden dabei weder die Knochen gebrochen, noch ersticken die Opfer.[14][15] Anschließend wird das Opfer im Ganzen geschluckt.

Die Beutetiere der Boas sind vor allem Säuger und Vögel. Auch große Beutetiere, die den Schlangenumfang weit übersteigen, können verschlungen werden. Schlangen besitzen keine Harnblasen. Harn und Kot werden durch die Kloake ausgeschieden. Eine hochkonzentrierte Salzsäurelösung bildet den Magensaft der Boas, sie löst nach wenigen Tagen auch große Beutetiere auf. Die Knochen werden ebenfalls verdaut, lediglich die Zähne, Haare und Krallen werden wieder ausgeschieden.

Bedeutung für den Handel

Der Handel mit lebenden Exemplaren und den Häuten der Boas ist weltweit von Bedeutung, weshalb auch die gesamte Familie geschützt wurde. Trotz aller Schutzmaßnahmen werden immer noch hunderttausende Häute (Schuhe usw.) und auch viele lebende Exemplare an Flughäfen und bei Schmugglern von den Behörden beschlagnahmt. Da ausgewachsene Exemplare einiger Arten mehrere Meter lang werden können, beschränkt sich der Handel mit diesen meist auf Jungtiere. In vielen asiatischen und afrikanischen Staaten werden die Schlangen zusätzlich für den eigenen Fleischverbrauch getötet.

Schutzstatus

Alle Vertreter der Boas wurden in das Washingtoner Artenschutzabkommen aufgenommen. Fünf Arten werden im Anhang I geführt, die verbleibenden Arten wurden in den Anhang II aufgenommen. Die unter den höchsten Schutz von Anhang I und damit das Handelsverbot fallenden Boas sind:[16]

Literatur

  • Zdeněk Vogel: Riesenschlangen aus aller Welt. 4. Auflage. Westarp Wissenschaften, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-463-5.
  • R. Graham Reynolds, Robert W. Henderson: Boas of the World (Superfamily Booidae): A Checklist With Systematic, Taxonomic, and Conservation Assessments. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology, 162(1):1-58 (2018). doi: 10.3099/MCZ48.1

Einzelnachweise

  1. a b Boidae In: The Reptile Database
  2. a b J. A. Rivas: The life history of the green anaconda (Eunectes murinus), with emphasis on its reproductive Biology (Ph.D. thesis). University of Tennessee, 2000, S. 36.
  3. Michael S. Y. Lee, Andrew F. Hugall, Robin Lawson und John D. Scanlon: Phylogeny of snakes (Serpentes): combining morphological and molecular data in likelihood, Bayesian and parsimony analyses. In: Systematics and Biodiversity. Band 5, 2007, S. 371–389, doi:10.1017/S1477200007002290.
  4. The Reptile Database: Higher Taxa in Extant Reptiles – Ophidia (Serpentes) – Snakes.
  5. Robert Alexander Pyron, Frank T. Burbrink, John J. Wiens: A phylogeny and revised classification of Squamata, including 4161 species of lizards and snakes. BMC Evolutionary Biology, 13.1:93, 2013 doi:10.1186/1471-2148-13-93
  6. a b Robert Alexander Pyron, R. Graham Reynolds, Frank T. Burbrink: A Taxonomic Revision of Boas (Serpentes: Boidae). Zootaxa, 3846, 2, S. 249–260, 2014 doi:10.11646/zootaxa.3846.2.5
  7. Boinae In: The Reptile Database
  8. Calabariinae In: The Reptile Database
  9. Candoiinae In: The Reptile Database
  10. Charininae In: The Reptile Database
  11. Erycinae In: The Reptile Database
  12. Sanziniinae In: The Reptile Database
  13. a b Lígia Pizzatto und Otavio A. V. Marques: Reproductive ecology of boine snakes with emphasis on Brazilian species and a comparison to pythons. In: South American Journal of Herpetology. Band 2, 2007, S. 107–122.
  14. Journal of Experimental Biology: Snake constriction rapidly induces circulatory arrest in rats vom 8. Mai 2015, abgerufen am 23. Juli 2015
  15. Spektrum der Wissenschaft: Herz-Kreislauf-Versagen statt Erstickungstod vom 23. Juli 2015
  16. Bundesamt für Naturschutz: WISIA – Wissenschaftliches Informationssystem zum Internationalen Artenschutz (Artenschutzdatenbank)

Weblinks

Commons: Boas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien