Boswau & Knauer
Boswau & Knauer war ein Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin gegründetes, später von Düsseldorf aus agierendes Bauunternehmen. Als Aktiengesellschaft ging es in den 1980er Jahren in die Walter Thosti Boswau (WTB) mit Sitz in Augsburg über.[1] Das Unternehmen arbeitete mit Architekten wie Albert Froelich zusammen,[2] beschäftigte zeitweilig auch eigene Architekten wie etwa Otto Rehnig oder realisierte nach Plänen aushäusiger Architekten wie Johann Emil Schaudt insbesondere Großbauten. Es war in den 1920er Jahren Marktführer der deutschen Bauwirtschaft.[3]
Geschichte
Das Unternehmen wurde 1892 ursprünglich als Stuckateurbetrieb von dem Architekten Paul Boswau und dem Kaufmann Hermann Knauer gegründet, zunächst in der Rechtsform einer Offenen Handelsgesellschaft. Paul Boswau schied schon 1893 wieder aus der Gesellschaft aus, Hermann Knauer leitete sie bis zu seinem Tod 1909, zu dieser Zeit wurde sie in der Fachpresse als Industriebetrieb der Baukunst kritisiert.[4] Trotz Knauers Ausscheiden und des von Architekten kritisierten früheren Geschäftsmodells wurde die Firma Boswau & Knauer beibehalten, das zwischenzeitlich als GmbH geführte Unternehmen wurde zu Beginn der Weimarer Republik 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.[1] Spätestens ab 1924 war Max Knüttel Vorstand der AG.[5]
Eines der Arbeitsgebiete des Unternehmens waren ursprünglich vergängliche, kurzzeitige Ausstellungslandschaften wie etwa Alpenpanoramen in Rabitzbauweise.[6] Für Boswau & Knauer arbeiteten angestellte Architekten wie Otto Rehnig oder Johann Emil Schaudt, für einzelne Projekte aber auch Albert Froelich oder Bernhard Sehring.
Das Unternehmen hatte in den 1920er Jahren seinen Sitz im Gebäude Mohrenstraße 9 in der Berliner Friedrichstadt und war nun spezialisiert auf Hoch-, Tief- und Eisenbetonbau. Es betrieb seinerzeit Zweigstellen in Brandenburg an der Havel, Düsseldorf, Gleiwitz, Hamburg, Hannover und Köln. Daneben betrieb es Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke in Hüfingen und Unterlüß.[7]
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem Boswau & Knauer „erhebliche Kriegsverluste“ verzeichnete,[8] wurde der Sitz 1949 nach Düsseldorf verlegt.[1] Das Unternehmen, das Anfang der 1960er Jahre bei einem Kapitalstock von knapp 10 Millionen DM rund 160 Millionen Mark Gesamtumsatz machte und rund 3000 Mitarbeiter beschäftigte, geriet unter dem Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Hänchen insbesondere bezüglich der Bilanzierung der Kölner Tochtergesellschaft Artur Simon Baugesellschaft mbH in die Schlagzeilen.[8] 1967, das Kapital war bei einem Umsatz von mehr als 200 Millionen DM auf rund 40 Millionen DM angestiegen, schrieb Boswau & Knauer dennoch rote Zahlen und machte, seinerzeit weitgehend in der Hand der gewerkschaftseigenen Deutsche Bauhütten GmbH, trotz Entlassung von 1000 Arbeitnehmern durch langjährige Nichtzahlung von Dividenden von sich reden.[9]
1982 wurde Boswau & Knauer durch die Thosti AG übernommen, die im Folgejahr 1983 in die Augsburger Walter Thosti Boswau (WTB) fusionierte.[1]
Bekannte realisierte Bauten
- 1895: Arabisches Café in Düsseldorf
- 1900–1902: Baumwollbörse in Bremen
- 1901–1902: Firmensitz am Victoria-Luise-Platz in Berlin-Schöneberg,[3] heute Victoria-Luise-Platz 9, Motzstraße 55, denkmalgeschützt[10]
- 1904–1905: Schauspielhaus Düsseldorf[11]
- 1905–1906: Neues Schauspielhaus (Berlin-Schöneberg)[12]
- 1906: Thalia-Theater in Wuppertal
- 1905–1906: Hansa-Haus, Geschäftshaus in Hannover[13]
- 1905–1907: Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin nach Plänen von Johann Emil Schaudt[3]
- 1905–1907: Übernahme des zuvor von anderen Firmen begonnenen, jedoch durch Konkurs bisher nicht fertiggestellten Baus der Oestertalsperre, die am 31. Juli 1907 eröffnet wurde[2]
- 1905–1909: Hotel Excelsior in Berlin nach Plänen von Otto Rehnig[3]
- 1907: Bismarckturm in Aachen
- um 1907: Industriepalast am Schlesischen Tor in Berlin[14]
- 1907–1908: Grand Hôtel Esplanade nach Plänen von Otto Rehnig[3]
Schriften
- Boswau & Knauer G.m.b.H. (Hrsg.): Bauausführungen 1‑2, Berlin u. a. o. J. [um 1905]
- Geschäftshaus der Firma Boswau & Knauer. Inhaber Hermann Knauer. Berlin W. 30. Victoria Luise-Platz 9, (Berlin: Lezius), [1921]; unkommentierte „Visitenkarte“ als fotografische Präsentation auf 39 Bildtafeln des Firmensitzes[3]
Literatur
- Silke Haps: Industriebetriebe der Baukunst – Generalunternehmer des frühen 20. Jahrhunderts. Die Firma Boswau & Knauer. Dissertation TU Dortmund, 2008, hdl:2003/33887.
- Boswau & Knauer / Schwer geprüft / Bilanzen. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1963 (online).
- Walther Weber: Auf das falsche Feld geschoben. Schachzüge lösen keine Bewertungsprobleme. Lehren aus dem Fall Boswau & Knauer. In: Die Zeit, Nr. 48/1963
- kw: Boswau & Knauer / Ein Ärgernis. In: Die Zeit, Nr. 42/1967
Weblinks
- Betriebsabbrüche und -stilllegungen: a) Firma Boswau und Knauer A.G. / 1923, Archivalie im Staatsarchiv Freiburg, A 96/1 Nr. 3736
- Albert Gieseler: Boswau & Knauer Aktiengesellschaft. Private Website rund um Firmen mit Dampfmaschinen
- Frühe Dokumente und Zeitungsartikel zu Boswau & Knauer in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Vergleiche die Angaben der Deutschen Nationalbibliothek
- ↑ a b Friedpark: Alter Zwölf-Apostel-Friedhof / Gedächtnisstätte / Hermann Knauer auf der Seite Historische Persönlichkeiten auf Berliner Friedhöfen (berlin.friedparks.de) in Kooperation mit dem Verein Grabstättenerhaltung Berlin e. V.
- ↑ a b c d e f Patenschaft W 56 Bibliothekssignatur 4° Ny 1234 5 / Geschäftshaus der Firma Boswau & Knauer. Inhaber Hermann Knauer. Berlin W. 30. Victoria Luise-Platz 9. – (Berlin: Lezius), [1921] auf der Seite des Vereins Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e. V. (freunde-sbb.de).
- ↑ Deutsche Bauzeitung, 43. Jahrgang 1909, Nr. 37 (vom 8. Mai 1909), S. 252.
- ↑ Knüttel, Max in der Datenbank des Bundesarchivs mit Daten aus den Akten der Reichskanzlei für die Zeit der Weimarer Republik (1919–1933)
- ↑ Silke Haps: Vom Faux Terrain zum begehbaren Alpenpanorama. Vergnügungsarchitektur an der Wende zum 20. Jahrhundert. In: Archimaera, ISSN 1865-7001, Ausgabe 3 Ephemere Architektur (2010), S. 97–107. (PDF).
- ↑ Vergleiche die Abbildung (Memento vom 25. Mai 2013 im Internet Archive) des Werbeblattes mit einer Fotoreproduktion des Verwaltungsgebäudes auf der Seitebochumer-bunker.de vom Verein Bochumer Studienkreis für Bunker, Stollen, Deckungsgräben und unterirdische Fabrikationsanlagen e. V.
- ↑ a b Boswau & Knauer / Schwer geprüft / Bilanzen. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1963 (online).
- ↑ kw: Boswau & Knauer / Ein Ärgernis. In: Die Zeit, Nr. 42/1967.
- ↑ Landesdenkmalamt Berlin: Berlin, Viktoria-Luise-Platz 9, Motzstraße 55 in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- ↑ in Bildbeschreibung zu Schauspielhaus Düsseldorf: Errichtung durch Baufirma Boswau & Knauer, die ihrerseits den Architekten Bernhard Sehring betraute., in Rhein und Düssel (Nr. 43), vom 22. Oktober 1905, S. 8
- ↑ Fotos (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf Panoramio
- ↑ Helmut Knocke, Hugo Thielen: Aegidientorplatz 4. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 75.
- ↑ Unternehmenschronik der "Werner Scholz GmbH" Vom Lehrling zum Geschäftsführer. Ahlberg Metalltechnik GmbH, mit einer Fotodokumentation.