Mordanschlag von Solingen

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Koordinaten: 51° 11′ 2,8″ N, 7° 5′ 23,6″ O

Gemeinsame Demonstration von Deutschen und Türken am Tatort im Juni 1993
Untere Wernerstraße 81, Kastanien wachsen an der Stelle des abgebrannten Hauses
Spuren der Brandruine hinter dem Zaun

Der Mordanschlag von Solingen war ein im nordrhein-westfälischen Solingen verübtes Verbrechen, dem am frühen Morgen des 29. Mai 1993 fünf Menschen zum Opfer fielen. Die auch als Brandanschlag von Solingen bezeichnete Tat hatte einen rechtsextremen Hintergrund.

Historischer Kontext

Nach der Wiedervereinigung 1990 kam es zwischen 1991 und 1993 zu einer „Pogromstimmung“ in Teilen der deutschen Bevölkerung und zu einer Welle rassistischer und ausländerfeindlicher gewaltsamer Ausschreitungen insbesondere gegen Asylbewerber (siehe Asyldebatte). Angefangen mit den Ausschreitungen von Hoyerswerda und in Rostock-Lichtenhagen, bei denen es nur durch Zufall nicht zu Todesopfern gekommen war, kam es zu Nachahmungstaten auch im westlichen Bundesgebiet, die mehrere Todesopfer forderten. 1992 kamen bei einem rechtsextrem motivierten Mordanschlag von Mölln zwei Mädchen und ihre Großmutter ums Leben.[1]

Tathergang des Mordanschlags

Laut dem Geständnis eines der vier Tatverdächtigen fand am Freitag, dem 28. Mai 1993, ein Polterabend in einem Solinger Kleingartenvereinsheim statt. Im Laufe des Abends waren drei Tatverdächtige so angetrunken, dass sie die Festgesellschaft störten und vom Vereinswirt und zwei anwesenden türkischen Bürgern aus dem Vereinsheim verwiesen wurden. Die drei Tatverdächtigen begegneten kurz darauf dem vierten (16-jährigen) Tatverdächtigen und planten die Tat. Die vier Personen beschafften sich danach Benzin und drangen in den Hausflur der Familie Genç ein. Dort übergossen sie eine Truhe mit Benzin, formten eine Zeitung zu einer Fackel und zündeten den Brandsatz an.

In dem Zweifamilienhaus der Familie Genç in Solingen-Mitte, das von Bürgern türkischer Abstammung bewohnt war, erlitten 17 Menschen zum Teil bleibende Verletzungen. Fünf Menschen starben:

  • Gürsün İnce (* 4. Oktober 1965)
  • Hatice Genç (* 20. November 1974)
  • Gülüstan Öztürk (* 14. April 1981)
  • Hülya Genç (* 12. Februar 1984)
  • Saime Genç (* 12. August 1988)

Gürsün İnce (27) und ihre Tochter Saime Genç (4) erlagen ihren Verletzungen nach einem Sprung aus dem Fenster. Ein sechs Monate alter Säugling, ein dreijähriges Kind und der 15 Jahre alte Bekir Genç wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Bekir Genç erlitt schwerste Verbrennungen und unterzog sich seit dem Anschlag insgesamt 30 Operationen und Hauttransplantationen. 14 weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen.

Die fünf Opfer des Brandanschlags wurden nahe Taşova in der Türkei beigesetzt. An der Trauerfeier nahmen zahlreiche türkische Regierungsmitglieder teil sowie Bundesaußenminister Klaus Kinkel als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Wie schon beim Mordanschlag von Mölln, bei dem Bundeskanzler Helmut Kohl nicht an der Trauerfeier teilnahm und sein Regierungssprecher Dieter Vogel sagte, die Bundesregierung wolle nicht in einen „Beileidstourismus“ verfallen, weigerte sich Kohl auch nach dem Anschlag von Solingen, an der Trauerfeier teilzunehmen.[2]

Ermittlungen

Die Polizei und Beamte der Sonderkommission SOLE des Bundeskriminalamtes, ansässig beim Polizeipräsidium Wuppertal, nahmen am 4. Juni 1993 drei junge Männer bzw. Jugendliche im Alter zwischen 16 und 23 Jahren aus der Solinger Neonazi-Szene aufgrund eines vorläufigen Haftbefehls wegen Mordes und schwerer Brandstiftung fest. Die Tatverdächtigen wurden zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe geflogen. Zwei Ermittlungsrichter der Bundesanwaltschaft führten im Beisein von Vertretern des Bundeskriminalamtes die Vernehmungen. Auch der vierte Tatverdächtige wurde nach den ersten Festnahmen ermittelt.

Am 5. Juni 1993 hatten die Ermittlungsbehörden nach rund zehnstündigen Vernehmungen die Tat größtenteils aufgeklärt. Zwei der festgenommenen Männer entsprachen dem gängigen Täterbild: Jugendliche mit zerrüttetem Elternhaus, frühzeitig gewaltauffällig, der rechtsextremen Szene zugehörig. Die beiden anderen Tatverdächtigen passten indes nicht ins übliche Raster. Einer wuchs in einer Solinger Handwerkerfamilie auf, der vierte entstammte einer Arztfamilie.[3] Diese beiden bestreiten bis heute vehement, etwas mit dem Anschlag zu tun gehabt zu haben.

Die Ermittlungsbehörden machten allerdings auch Fehler: So wurden Gesprächsprotokolle nicht geführt, Brandschutt nicht gesichert und Fingerabdrücke nicht genommen.[4] Dennoch sprach Generalbundesanwalt Alexander von Stahl von „erstklassiger kriminalistischer Arbeit“.[5]

Urteile

Der sechste Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf verurteilte den 24-jährigen Markus Gartmann (er gestand die Tat, widerrief jedoch später sein Geständnis; er war zum Tatzeitpunkt 23 Jahre alt) wegen fünffachen Mordes, 14-fachen Mordversuches und besonders schwerer Brandstiftung zu 15 Jahren Freiheitsstrafe. Der 18-jährige Felix Köhnen (zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt), der 19-jährige Christian Reher (zum Tatzeitpunkt ebenfalls 16 Jahre alt) und der 22-jährige Christian Buchholz (zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt) wurden zur höchsten Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt.

Nach Revisionen wurde das Urteil 1997 vom Bundesgerichtshof bestätigt. Das Landgericht Wuppertal verurteilte die vier Täter im Mai 2000 zur Zahlung von 250.000 Mark Schmerzensgeld an Bekir Genç. Das Urteil konnte jedoch damals zeitweise nicht vollstreckt werden, da zwei Täter noch in Haft saßen. Christian Buchholz gab an, kein Geld zu haben, und Felix Köhnen war nicht erreichbar. Das Meldeamt verweigert einem Pressebericht von 2003 zufolge die Herausgabe der Anschrift mit der Begründung, dass der Haftentlassene eine schützenswerte Person sei.[6]

Inzwischen sind alle vier aus der Haft entlassen worden, zwei von ihnen vorzeitig wegen guter Führung.[7]

Reaktionen und Gedenken

Spruchbänder auf der gemeinsamen Demonstration

Der Solinger Anschlag war 1993 der Tiefpunkt einer Welle fremdenfeindlicher, rassistischer Anschläge auf Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland. Erst drei Tage vorher hatte der Bundestag am 26. Mai 1993 das deutsche Asylrecht geändert und die Drittstaatenregelung eingeführt.

Der Anschlag löste heftige Reaktionen aus. Am Abend des 30. Mai 1993 demonstrierten erneut rund 3.000 überwiegend nationalistisch eingestellte türkische Migranten in der Innenstadt von Solingen und zerstörten mehrere Fenster von Geschäften und Autos. Die Polizeikräfte wurden durch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) und der GSG 9 verstärkt. 62 Demonstranten wurden kurzzeitig festgenommen. Am 5. Juni 1993 zog eine angemeldete Demonstration in Solingen erneut gewaltsame Ausschreitungen nach sich. Aus Angst vor Krawallen kamen statt der von dem Veranstalter geplanten 50.000 Demonstranten nur etwa 12.000. Bereits zu Beginn flogen Steine in die Menge, und rivalisierende türkische Gruppen und deutsche Autonome gerieten aneinander. Offenbar wurden die Auseinandersetzungen aus dem Umfeld der rechtsextremen Grauen Wölfe angestachelt.[8]

Bei diesen Ausschreitungen gerieten nationalistisch eingestellte türkischstämmige und politisch linksorientierte kurdischstämmige Migranten aneinander, und es kam zu Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Gruppierungen und der Polizei. Auch deutsche Autonome waren an den Krawallen beteiligt. Vier Beteiligte und 15 Polizisten wurden verletzt. Es entstand Sachschaden im Wert mehrerer Millionen D-Mark. Auch in anderen Städten, beispielsweise in Bremen und Hamburg, kam es zu Krawallen.[9] Auf dem Veranstaltungspodium sprach u. a. Ulle Huth vom Verein Solinger Künstler.

Für die Angehörigen der Opfer haben die Ford-Werke in Köln am 1. Juni 1993 insgesamt 100.000 DM und am 2. Juni der Bertelsmann-Konzern eine Million DM an Spenden zur Verfügung gestellt und den Betrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung unter Johannes Rau treuhänderisch übergeben.

Gedenktafel für die Opfer

In der Unteren Wernerstraße Nr. 81 erinnern nur noch ein paar Kellerstufen an das Haus der Familie Genç. Ein grüner Drahtzaun steht davor, am linken Ende davon steht ein Gedenkstein mit der Inschrift „An dieser Stelle starben als Opfer eines rassistischen Brandanschlags Gürsün Ince, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç“. 1998 hat die Stadt gemeinsam mit dem Verein „SOS Rassismus“ Terrassen angelegt und darauf auf Wunsch der Familie Genç fünf junge Kastanien gepflanzt.

Hülya-Platz in Frankfurt am Main (2004)

In Frankfurt-Bockenheim wurde zum Gedenken an Hülya Genç und die anderen Opfer der kleine Platz zwischen Friesengasse und Kleiner Seestraße 1998 als Hülya-Platz benannt. Von einer Bürgerinitiative wurde auf diesem Platz eine mannshohe Nachbildung des Hammering Man aufgestellt, die hier auf ein Hakenkreuz einschlägt. Mittels einer Kurbel und einer Fahrradkette konnte man diese schlagende Bewegung selbst ausführen. Nach wiederholtem Vandalismus an dieser und einer Ersatzskulptur wird nun der Einbau von Gedenkplatten im Boden in Erwägung gezogen.[10][11]

Genç-Preis für friedliches Miteinander

Der Mercimek-Platz in Solingen

Am 26. Mai 2008, kurz vor dem 15. Jahrestag des Anschlags, wurde im Solinger Theater- und Konzerthaus im Rahmen einer Gedenkveranstaltung erstmals der mit 10.000 Euro dotierte Genç-Preis für friedliches Miteinander vergeben. Er wurde von der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung mit ihrem Gründer und Ideengeber Yaşar Bilgin gestiftet und sollte zukünftig alle zwei Jahre vergeben werden. Die ersten Preisträger waren der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma und Kamil Kaplan. Schramma erhielt die Auszeichnung für seine Rolle als Vermittler im Streit um den Bau der Kölner Großmoschee. Kaplan verlor bei der Brandkatastrophe von Ludwigshafen im Februar 2008 mehrere Angehörige. Trotz des großen Verlusts habe er „viel beachtete Worte des Ausgleichs, der Besonnenheit, der Verständigung und Versöhnung gefunden, damit inmitten einer aufgeheizten Atmosphäre ein starkes Zeichen gesetzt und einen überaus positiven Einfluss auf die öffentliche Stimmungslage genommen“,[12] heißt es in der Begründung der Jury.

Anlässlich des 20. Jahrestags wurde der Genç-Preis im Juni 2013 zum zweiten Mal verliehen. Preisträger waren Sebastian Edathy, der Vorsitzende des ersten NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, sowie Tülin Özüdoğru, deren Vater Abdurrahim im Jahre 2001 zum Opfer der rechtsextremen Mordserie des NSU an Migranten wurde.[13]

Reaktionen im Ausland

Stimmen aus der türkischen Regierung verstärkten die Proteste türkeistämmiger Menschen in Deutschland. So riet der damalige Botschafter in Bonn, Onur Öymen, sich mit Feuerlöschern auszurüsten und die Türen zu verschließen, da weitere Gewalttaten drohen würden; Präsident Süleyman Demirel rief die Bundesregierung dazu auf, mehr für den Schutz von Ausländern zu tun. Eine Gruppe von Parlamentariern der israelischen Knesset warnte vor den gefährlichen Entwicklungen und forderte die Abgeordneten des Bundestages ebenfalls zu erhöhten Schutzmaßnahmen auf. Nach einem Aufruf eines niederländischen Radiosenders schickten Privatpersonen mehr als eine Million Postkarten mit der Aufschrift „Ik ben woedend!“ (Übersetzung: Ich bin wütend!) an Helmut Kohl. Die Aktion wurde in der Folge heftig in beiden Ländern diskutiert. Später wurde sie in den Niederlanden kritisch gesehen; sie sei aus einer Haltung der Selbstgerechtigkeit heraus erfolgt, kommentierte etwa die Zeitung De Volkskrant. Bundesaußenminister Kinkel erklärte, die Verbündeten würden beginnen, an Deutschland zu zweifeln; in der internationalen Presse verstärkte sich die bereits vorhandene Kritik an der Zuwanderungs- und Einbürgerungspolitik der Bundesregierung. Insbesondere das Festhalten am Ius sanguinis im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht wurde in der angloamerikanischen Presse als unpassend für eine moderne, an Menschenrechten orientierte liberale Demokratie bezeichnet.[14]

Überlebende der Familie Genç

Familie Genç bewohnt heute ein mit Versicherungs- und Spendengeldern finanziertes Haus, das mit Überwachungskameras ausgestattet ist. Einigen Familienangehörigen wurde es ermöglicht, Jobs bei der Stadt anzunehmen. Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der Tat und haben Angst vor weiteren Übergriffen. Psychologische und medizinische Betreuung ist nach wie vor nötig.

Die Mutter, Großmutter und Tante der Opfer, Mevlüde Genç, bemühte sich in den Jahren nach den Morden immer wieder um die Versöhnung zwischen der Bevölkerung Solingens und ihrer Familie beziehungsweise der türkischstämmigen Bevölkerung in der Stadt. Mevlüde Genç, die mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wurde dafür das Bundesverdienstkreuz verliehen.[15]

In Bezug auf die Ermittlungen zu den Morden des NSU an Migranten bekundete Mevlüde Genç ihr Vertrauen zum deutschen Staat.[16]

Mahnmal

Das Mahnmal Solinger Bürger und Bürgerinnen
Tafel am Mahnmal

Ursprünglich war der Familie Genç versprochen worden, dass im Zentrum der Stadt ein Platz gefunden wird, um der fünf Ermordeten zu gedenken. Dies wurde auch mit einem Ratsbeschluss am 3. März 1994 abgesegnet. Das Mahnmal wurde dann jedoch 2,5 Kilometer außerhalb des Zentrums auf dem Gelände des Mildred-Scheel-Berufskollegs, auf das Hatice Genç ging, errichtet. Dies wurde damit begründet, dass es den sozialen Frieden in der Stadtmitte nicht gefährden solle.

10.000 Menschen kamen 1994 am ersten Jahrestag des Brandanschlags zur Einweihung. Initiiert wurde das Mahnmal von Heinz Siering, dem Leiter der Solinger Jugendhilfe-Werkstatt. Gestaltet wurde es nach einem Entwurf der Künstlerin und Kunsttherapeutin Sabine Mertens: Zwei große Metallfiguren – ein symbolisches Elternpaar – umrahmt von einem Wall aus handgroßen Metallringen, zerreißen ein Hakenkreuz. Jeder Ring – inzwischen sind es mehr als 5.000 – trägt einen Namen. Bei der Einweihung wurden die ersten fünf Ringe durch die Menge gegeben, sie trugen die Namen der fünf ermordeten Frauen und Kinder. Auf der aus Ringen bestehenden Umfassung ist eine Metallplatte befestigt. Sie trägt folgende Beschriftung:

„Mahnmal
Solinger Bürger und Bürgerinnen
Wir wollen nicht vergessen.
Wir wollen nicht wegsehen.
Wir wollen nicht schweigen.
Viele Menschen in dieser Stadt erinnern
an die Opfer des Brandanschlages
vom 29. 05. 1993
Verbunden wie diese Ringe wollen wir
Miteinander leben.“

Im Frühjahr 1998 wurde in Erinnerung an Saime Genç im Bonner Stadtteil Dransdorf eine Straße am Ring des neu errichteten Gewerbeparks Bonn-West nach ihr benannt, der Saime-Genç-Ring. In der abgelegenen Straße wurde erst am 20. Jahrestag des Verbrechens mit einem Schild auf den Hintergrund zur Namensgebung hingewiesen.[17] 2020 hinterfragte die Schweizer Regisseurin Güzin Kar mit dem preisgekrönten Kurzfilm Deine Strasse diese Art von Erinnerungskultur.

Im September 2012 wurde dann in der Solinger Innenstadt ein Platz in direkter Nachbarschaft des Solinger Rathauses nach der Heimatstadt der Familie Genç Mercimek-Platz benannt.[18]

Am 29. Mai 2018 fand zum 25. Jahrestag im Gedenken an die Opfer des Solinger Brandanschlags eine Gedenkfeier am Mildred-Scheel-Berufskolleg statt. Wegen Unwettergefahr musste sie vorzeitig abgebrochen werden.[19][20]

Zitate

„Wir wenden uns heute, einen Tag nach dem Urteil, an alle jungen Leute in Deutschland und in der Türkei … Der Richter hat das gestern richtig als sinnlose Tat bezeichnet, die auf Rassenhass beruht … Dabei haben wir Jugendlichen, egal, ob wir Deutsche oder Türken sind, egal, welche Hautfarbe wir haben oder aus welchem Land wir kommen, gemeinsame Interessen. … Wir müssen uns gemeinsam für Verbesserungen einsetzen. Hass spaltet nur und führt im schlimmsten Fall zu solchen schrecklichen und sinnlosen Taten. … So etwas sollte sich nie mehr wiederholen.“

Fadime und Bekir Genç: In: Metin Gür, Alaverdi Turhan: Die Solingen-Akte

„Das Bewegendste ist für mich die Haltung der Familie Genç. Da war kein Hass, kein Abschied, sondern stets der Ruf nach Versöhnung zwischen den Menschen und den Völkern. Das ist das positive Signal nach der schrecklichen Tat.“

Johannes Rau: anlässlich des 10. Jahrestages

„Nun sind schon 25 Jahre vergangen
Damals wurde ein unbeschreibliches Verbrechen begangen.
Fünf Unschuldigen wurde das Leben genommen.
Doch sind die Übrigen weggekommen?

Das Land trauert immer noch.
Nicht vergessen ist dieses große Loch.
Dabei waren es nur Jugendliche wie wir.
Wie konnten sie nur so viel Hass haben hier? (zeigt auf das Herz)

Doch hatte man ihnen den Kopf verdreht.
Die rechtsextreme Ansicht wie man sieht.

Und Wir sagen „NEIN“ zum Fanatismus.
Und Wir sagen „NEIN“ zum Faschismus.
Und Wir sagen „NEIN“ zum Rassismus.
Wir sollten in uns kehren,
denn dieses Denkmal hier soll uns lehren:
Wir müssen uns gegen Untaten wehren.
Sei es, dass wir hier stehen und ein Zeichen setzen.
Oder sei es, dass wir uns aktiv einsetzen.

Etwas Empathie sorgt immer für Harmonie und positive Energie.“

Gedicht von Schülerinnen und Schülern des Mildred-Scheel-Berufskollegs In: Bündnis für Toleranz und Zivilcourage (Hrsg.): Broschüre mit Reden zum 25. Jahrestag im Gedenken an die Opfer des Solinger Brandanschlags. Klingenstadt Solingen.

Dokumentarfilme, Rundfunkberichte und Reportagen

Hörspiel

Literatur

Musik

Weblinks

Commons: Brandanschlag von Solingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Matthias Quent: Rassismus, Radikalisierung, Rechtsterrorismus. Wie der NSU entstand und was er über die Gesellschaft verrät. Beltz Juventa, Weinheim/ Basel 2016, S. 177–179. Zum Kontext Ulrich Herbert: Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2014, S. 1171–1180.
  2. Kanzler Kohl weigerte sich, zur Trauerfeier zu gehen. In: Süddeutsche Zeitung. 29. Mai 2013 (sueddeutsche.de).
  3. Die Solinger „Einzeltäter“ sind organisierte Nazis – Recherchen und Zeitungsartikelauswertungen zu den Tätern und ihrem Umfeld. In: ZAG – Zeitung antirassistischer Gruppen. Nr. 8, 3. Quartal 1993, S. 31–33.
  4. Heribert Prantl: Erst stirbt das Recht, dann stirbt der Mensch, Süddeutsche.de, 29. Mai 2013.
  5. Solinger Anschlag weitgehend aufgeklärt – Stahl: Kein Hinweis auf organisierten Rechtsextremismus. In: Welt am Sonntag. 6. Juni 1993, S. 1. u. 4.
  6. Hatice Akyün, Alexander Smoltczyk: Ausländerfeindlichkeit: Der Denkzettel. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2003 (online26. Mai 2003).
  7. Familie Genç lebt heute ohne einen Gedanken an Rache. In: Westdeutsche Zeitung. 26. Mai 2008 (wz-newsline.de@1@2Vorlage:Toter Link/www.wz-newsline.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ).
  8. Dürfen faschistische ImmigrantInnen gegen rassistischen Terror protestieren? – Erklärungen autonomer Gruppen zu den Ausschreitungen, in: ZAG – Zeitung antirassistischer Gruppen, Nr. 8, 3. Quartal 1993, S. 34.
  9. Weder Heimat noch Freunde. In: Der Spiegel. Ausgabe 23 vom 7. Juni 1993, abgerufen am 12. Mai 2013 (online)
  10. Frankfurter Info: Gedenkveranstaltung anläßlich des 18. Jahrestages des Mordanschlags von Solingen – Der „Hammering Man“ muss wieder auf den Hülya-Platz! (Memento vom 26. Dezember 2015 im Internet Archive)
  11. Neues zwischen Kleine Seestraße und Friesengasse
  12. solingen.de: Genç-Preis wird erstmals verliehen – Preisträger Kamil Kapla (Memento vom 13. Oktober 2012 im Internet Archive)
  13. Stefan Braun: Geehrtes NSU-Opfer rührt Gäste zu Tränen. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Juni 2013, abgerufen am 26. Juni 2013.
  14. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande. Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2016, S. 250; Triadafilos Triadafilopoulos: Becoming Multicultural: Immigration and the Politics of Membership in Canada and Germany. UBC Press, Vancouver, Toronto 2012, S. 143 f.
  15. Erwin Koch: Drei Jahre nach Solingen: „Ich bin tot und lebe noch.“ Gespräch mit Mevlüde Genç. In: Die Zeit. 31. Mai 1996, abgerufen am 19. März 2012.
  16. Ayten Hedia: Ich vertraue unserem Staat, Süddeutsche.de, 3. Mai 2013.
  17. "Lasst uns Freunde sein". In: General-Anzeiger (Bonn), 30. Mai 2013, S. 5.
  18. Beschlussvorlage (Memento vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive), Stadt Solingen, 1. September 2012.
  19. Stefan Prinz, Andreas Tews: Gewitter verhindert Reden der Minister, solinger-tageblatt.de, 29. Mai 2018.
  20. Unwetter: Gedenkveranstaltung zum Solinger Brandanschlag abgebrochen. wz.de, 29. Mai 2018.
  21. Michael Heuer: ZDF Frontal "Haftprüfung". ZDF, 21. September 1993, abgerufen am 24. März 2017.
  22. Deutsche Akademie der Darstellenden Künste: Hörspiel des Jahres 2020. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 12. Februar 2021; abgerufen am 19. Februar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.darstellendekuenste.de