Burgher

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Die Burgher sind eine euroasiatische ethnische Gruppe in Sri Lanka, die aus Mischehen von europäischen Siedlern der Kolonialzeit (vor allem Portugiesen, Niederländer und Engländer) mit einheimischen singhalesischen und tamilischen Frauen hervorgegangen ist.

Etymologie

Der Begriff „Burgher“ entstand aus dem niederländischen Wort Vry Burger, was „freier Bürger“ bedeutet.

Demographie

Nach der Volkszählung 2012 gibt es in Sri Lanka 37.000 Burgher.[1] Die meisten von ihnen leben in der Hauptstadt Colombo. Nach der Unabhängigkeit Sri Lankas vom Britischen Empire im Jahr 1948 gab es mehrere Auswanderungswellen, vor allem nach England, Australien, Neuseeland, Kanada und in die USA. Die Anzahl der Burgher weltweit wird heute auf mehr als 100.000 geschätzt.

Definition

Die Burgher wurden erstmals unter den Briten offiziell definiert, obwohl der Begriff in der niederländischen Kolonialzeit entstand und damals für die niederländischen Siedler und ihre Nachfahren gebräuchlich war. Im Jahr 1883 gab der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes in Ceylon bekannt, dass man nur dann ein Burgher sei, wenn man einen in Sri Lanka geborenen Vater hat, mit mindestens einem direkten europäischen Vorfahren väterlicherseits. Die Herkunft der Mutter spiele keine Rolle.

Heute werden alle Nachfahren der europäischen Kolonialisten als Burgher bezeichnet. Die Burgher spalten sich in zwei Gruppen: niederländische und portugiesische Burgher. Die niederländischen Burgher sind hellerer Hautfarbe und können über die männliche Linie europäische Vorfahren nachweisen, haben also europäische Familiennamen. Sie gehören meist der niederländisch-reformierten Kirche an. Die portugiesischen Burgher glaubten oft nur europäische Vorfahren zu haben, können dies aber nicht direkt nachweisen. Sie haben eine dunklere Hautfarbe und sind Katholiken.

Geschichte

Die Portugiesen eroberten im Jahr 1518 die Küstenregionen Sri Lankas. Daraufhin vermischten sich die portugiesischen Eroberer mit den einheimischen tamilischen oder singhalesischen Frauen. Nachdem die Insel 1658 an die Niederländer fiel, mussten die meisten Portugiesen das Land verlassen. Mischlinge mit portugiesischem, singhalesischem oder tamilischem Hintergrund wurden jedoch geduldet, auch portugiesische Juden (Converso), die vor der Inquisition aus Portugal geflohen waren. Nach der Eroberung Sri Lankas begannen die Niederländer mit der Ansiedlung von niederländischen Bürgern, die 'Burgher' genannt wurden. 1675 gab es lediglich 68 verheiratete freie Burgher auf der Insel. Diese Entwicklung dokumentierte einen Fehlschlag in der Siedlungspolitik der Niederländer, denn nur wenige niederländische Familien entschlossen sich, in Sri Lanka zu siedeln. In den ersten 30 Jahren niederländischer Herrschaft über Sri Lanka wuchs die Burgher-Gemeinde niemals über die Zahl von 500 Personen, hauptsächlich Seeleute, Angestellte, Wirtsleute und entlassene Soldaten. Die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) versuchte die Siedlungsbestrebungen mit allen Kräften zu unterstützen: Nur Burgher hatten das Privileg, Geschäfte zu eröffnen, und bekamen großzügig Land und das Recht zu freiem Handel gewährt. Wo immer möglich wurden sie den Einheimischen vorgezogen. Das Recht, Brot zu backen, zu schlachten und Schuhe herzustellen, bekamen ausschließlich die Burgher, die in der Mehrzahl Angestellte der VOC waren. Die Heirat eines Burghers mit einer einheimischen Frau (oftmals Frauen einheimisch-portugiesischer Abstammung) wurde nur erlaubt, wenn die Frau gelobte, zum Christentum überzutreten. Die Töchter aus solchen Beziehungen hatten dann wiederum einen Niederländer zu heiraten, um die Mischung der Rassen so gering wie möglich zu halten.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich eine schnell wachsende europäische Gemeinde (eine Mischung aus Portugiesen, Niederländern, Singhalesen und Tamilen). Sie kleideten sich europäisch, sprachen niederländisch oder portugiesisch.

Die niederländischen Burgher waren hellerer Hautfarbe, gehörten der niederländisch reformierten Kirche und sprachen Niederländisch. Die portugiesischen Burgher (später Mechanics genannt) hatten dunklere Haut, waren Katholiken und sprachen kreolisches Portugiesisch. Da die Portugiesen unter ihrer Herrschaft einheimische Angestellte zum katholischen Glauben und zum Annehmen eines christlichen Namens zwangen, waren sich viele portugiesische Burgher nicht sicher, ob sie tatsächlich europäische Vorfahren hatten, oder nicht.

Ausschließlich niederländische Burgher konnten zu dieser Zeit Geistliche (Predikants) der niederländisch reformierten Kirche werden. In den letzten Jahrzehnten der niederländischen Herrschaft über Sri Lanka bildeten die Burgher eine Bürgerwehr, die die Befestigungen Colombos während des 4. niederländisch-britischen Krieges verteidigte. Obwohl es während der niederländischen Kolonialzeit keine demografischen Erhebungen für die Burgher-Gemeinde gab, kann man sagen, dass der Zuwachs konstant war. Ein bescheidener, aber regelmäßiger Zuzug von Neuankömmlingen aus Europa mischte sich mit den Familien, die schon seit mehreren Generationen auf der Insel lebten. Dem ist es zu verdanken, dass die Burgher-Gemeinde ihren offenen Charakter und die heterogenen kulturellen Traditionen erhalten konnte.

Zur Zeit der Eroberung durch die Briten im Jahre 1796 gab es 900 Familien niederländischer Burgher in Ceylon, konzentriert in Colombo, Galle, Matara und Jaffna. Während der britischen Herrschaft wurden die Burgher als Angestellte, Rechtsanwälte, Soldaten und Ärzte in die Kolonialverwaltung einbezogen. Sie wurden zu einer privilegierten Schicht auf der Insel.

Die niederländischen Burgher, jetzt Untertanen der britischen Krone, legten die niederländische Sprache allmählich ab und machten Englisch zu ihrer eigenen Sprache. Gegen 1860 war der Gebrauch des Niederländischen unter den Burghern verschwunden. Das kreolische Portugiesisch wurde von den portugiesischen Burgher-Familien als Umgangssprache bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weiter gepflegt.

Heute sind die Burgher eine kleine, aber im Verhältnis zu ihrer Zahl noch einflussreiche Minderheit. Ihr sozialer Status innerhalb ihrer Gemeinschaft ist abhängig vom Grad ihrer Vermischung mit Singhalesen oder Tamilen: je europäischer, desto anerkannter. Meist sind sie Lehrer, Juristen, Geschäftsleute und leben vornehmlich in den Städten entlang der Westküste. Ihre Situation veränderte sich schlagartig, als 1956 Singhalesisch zur Staatssprache ernannt wurde und dies die Englisch sprechenden Burgher aus ihrer privilegierten sozialen Stellung riss. Viele verließen daraufhin, auch aus wirtschaftlichen Gründen, das Land. Die Zurückgebliebenen verlieren zunehmend an Bedeutung und waren im Begriff, im bunten Gemisch der sri-lankischen Bevölkerung aufzugehen. Mit dem Erstarken des singhalesischen und tamilischen Nationalismus jedoch ist auch ein zunehmender Nationalismus unter den Burghern und ein Zusammenwachsen der verschiedenen Burgher-Gemeinden Sri Lankas zu beobachten.[2]

Bekannte Burgher

Siehe auch

Literatur

  • Dennis B. McGilvgray: Dutch Burghers and Portuguese Mechanics: Eurasian Ethnicity in Sri Lanka. In: Comparative Studies in Society and History 24.1 (1982), S. 235–263.

Weblinks

Einzelnachweise