Capitano del Popolo

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Der Capitano del Popolo (ital., deutsch „Führer des Volkes“) war eine politische Figur der lokalen Verwaltung, die im mittelalterlichen Italien im Einsatz war und im Wesentlichen dazu bestimmt war, die Macht und Autorität der Adelsfamilien auszugleichen. Die Amtszeit war wie beim Podestà beschränkt, zunächst auf ein Jahr, später häufig auf sechs Monate, um Machtmissbrauch möglichst zu verhindern. Ebenfalls wie beim Podestà wurde die Stelle mit Personen von außerhalb besetzt.

Geschichte

Das Popolo war die aufstrebende Mittelschicht des zunächst von der politischen Aktivität ausgeschlossenen Volkes. Die Politik war zuvor das ausschließliche Vorrecht der Milites, der feudalen adeligen Ritter. Mit dem Aufstieg der Städte wurden Schichten von „neuen Menschen“ (Gens nova) geschaffen (der Ausdruck, den Dante Alighieri verwendet hat). Diese schlossen den in die Stadt gezogenen Landadel ein, reich geworden durch die vom Bevölkerungswachstum verursachte Nachfrage nach Lebensmitteln, sowie Bankiers, Kaufleute, Kenner der freien Künste (Juristen und Ärzte), Handwerker und in den Küstenstädten Reeder, die sich durch den Handel mit den Kreuzfahrerstaaten bereichert hatten. Sie wurde gegründet, um die Interessen der Bevölkerung gegen die Herrscher zu verteidigen und damit dem Bürgermeister (Podestà) entgegenzutreten, der als Vertreter dieser Klasse galt.

Seit Beginn des 13. Jahrhunderts gelang es den populares, allmählich am politischen Leben vieler italienischer Städte teilzunehmen, indem sie Versammlungen des Volkes einrichteten, die einen Capitano del Popolo wählten, der dem Podestà zur Seite gestellt wurde. Der Capitano del Popolo übte seine Kontrolle über den Podestà aus, während die zwei Räte autonom blieben, an denen die Vertreter der Zünfte und die Gonfalonieri teilnahmen, Befehlshaber der von Pfarreien gestellten Truppen, In der Praxis bildete die Person des Capitano del Popolo das politische Gegengewicht zur Stärke der Adelsfamilien und repräsentierte das Bürgertum der damaligen Zeit.

Praxis

In Bologna gab es seit 1228 eine Comune di Popolo und einen Capitano del Popolo. Die Florentiner versuchten sich im Jahre 1250 von der Herrschaft von Friedrichs II. von Schwaben zu befreien, indem sie eine Regierung der Alten gründeten, deren Capitano del Popolo einer der höchsten Amtsrichter war und sich zusammen mit dem Rat der Ältesten am politischen Leben der Stadt beteiligte. In der Compagna Communis, aus der die Republik Genua entstehen sollte, war die Rolle des Capitano del Popolo ebenso wichtig und hat Personen von historischer Bedeutung hervorgebracht, unter anderem Guglielmo Embriaco. Mantua hatte seinen ersten Capitano del Popolo mit Luigi Gonzaga, der mit der Tötung von Rinaldo dei Bonacolsi die Herrschaft der Gonzaga begann, die bis 1708 dauerte.

Chronologie

  • Bologna (1228)
  • Mailand (1240) mit Pagano della Torre
  • Florenz (1250)
  • Siena (1252)[1]
  • Cremona (1271)
  • Mantua (1328) mit Ludovico I Gonzaga

Einzelnachweise

Literatur

  • Carlo Ghisalbert: Capitano del popolo. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 2. Artemis & Winkler, München/Zürich 1983, ISBN 3-7608-8902-6, Sp. 1475–1477 (mit umfangreicher Literatur).
  • Hagen Keller: Capitaneus. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 2. Artemis & Winkler, München/Zürich 1983, ISBN 3-7608-8902-6, Sp. 1475 (zur Begriffsentwicklung).
  • Giuliano Milani: I comuni italiani. Laterza 2005 (italienisch).

Weblinks