Carloft
Ein CarLoft ist ein Wohnkonzept des Architekten Manfred Dick, bei dem Autos mit einem Lastenaufzug auf die Ebene der Wohnungen gehoben werden und dort einen Stellplatz, die auch "CarLoggia" genannt, haben. Entgegen der Bezeichnung handelt es sich bei einem Carloft in der Regel nicht um eine Loftwohnung im klassischen Sinne. Das CarLoft erhielt ein Europäisches Patent.[1]
Hintergrund
Das Carloft-Konzept ist eine Erfindung des in Aachen geborenen, in Berlin ansässigen Architekten Manfred Dick. Er geht davon aus, dass zukünftige gesellschaftliche und klimatische Veränderungen es für Architekten notwendig machen, neue Wohnkonzepte zu entwickeln.[2]
Als besonders große Herausforderung der kommenden Jahre sieht Dick die problematischer werdende Parksituation in Wohn- und Gewerbegebieten in Klein- und Großstädten an. Diese Problematik sei seit langem Gegenstand von Untersuchungen und wissenschaftlichen Studien, deren Lösungsansatz die Entwicklung von Gebäuden ist, die ein wohn- oder arbeitsplatznahes Parken erlauben. Das können Gebäude sein, die Stellplätze für Fahrzeuge in derselben Geschossebene bereitstellen, in der sich auch Wohnungen, Handel und Gewerbe befinden. Dick nennt seinen Lösungsvorschlag das "CarLoft-Prinzip".[3]
Idee des sogenannten CarLofts ist es, das Einfamilienhaus auf der Etage zu haben, sodass das Auto unmittelbar vor der Wohnung geparkt werden kann. Das sorgt für kurze Wege für beispielsweise Einkäufe. Außerdem bietet es eine stufenlose, anonyme Zugangsmöglichkeit für Menschen mit Behinderung.
Geschichte
Das CarLoft-Prinzip entstand aus einer Notlage heraus. Der Erfinder Manfred Dick stand vor der Herausforderung, in der Liegnitzer Straße, Ecke Reichenberger Straße in Berlin, ausreichend Stellplätze für ein geplanten Neubau zu realisieren. Eine herkömmliche Tiefgarage hat aber insbesondere in Berlin aufgrund des sandigen und grundwasserreichen Bodens das Problem, dass es oft sehr kostenintensiv werden kann und somit ein Stellplatz bis zu vier mal teurer werden kann. Dieses Problem wird laut Angaben des leitenden Architekten und Erfinder Manfred Dick gelöst.[4]
Daraufhin wurde am 28. Januar 2004 wurde in Berlin die Carloft GmbH gegründet. Kurz nach der Gründung meldete die CarLoft GmbH das nach ihr benannte Konzept als Patent an, das heute in Europa und vielen weiteren Ländern der Welt gültig ist. Am 31. August 2005 wurde die Baugenehmigung für das weltweit erste Wohngebäude unter Integration des CarLoft-Konzeptes erteilt. Kurz darauf, im Oktober 2005, wurde es in München auf der Expo Real, Europas größter Fachmesse für Immobilien und Investitionen, erstmals dem Fachpublikum vorgestellt.[5]
Im Jahr 2010 wurde das weltweit erste Carloft-Gebäude in Berlin durch das Architektenbüro United Architects GmbH & Co KG fertiggestellt. Das Gebäude befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Paul-Lincke-Ufer in Berlin-Kreuzberg. Ausgangspunkt der Planung war die Lage des Grundstücks an einer Kreuzung mit einer schwierigen Grundwassersituation. Da der Einbau einer Tiefgarage nicht möglich war, bot das Carloft-Konzept die Möglichkeit, die benötigten Parkflächen auf den oberen Ebenen des Neubaus unterzubringen. Gleichzeitig konnte der alte Baumbestand im Innenhof erhalten werden, da dieser nicht durch eine Tiefgarage versiegelt werden musste. Das Projekt umfasst elf Wohn- und eine Gewerbeeinheit.[6]
Funktionsweise
Das CarLoft System funktioniert mit einem "CarLift"; ein Lastenaufzug mit einer Tragkraft von bis zu 4,00 t. Das Auto fährt vor den Aufzug, wo dieser mittels eines Transponders gerufen wird. Dann wird das Auto in den Lastenaufzug gefahren und dieser befördert das Auto in die Etage, wo es je nach Bauweise vorwärts oder rückwärts auf den Stellplatz (die "CarLoggia") gefahren wird. In eine andere als die eigene Etage zu fahren, ist grundsätzlich nicht möglich.
Anwendungen
Projekt | Ort | Fertigstellung | Besonderheit |
---|---|---|---|
Paul-Lincke-Höfe Berlin | Berlin | 2010 | Weltweit erstes CarLoft-Projekt |
Upper East CarLoft im City Park Karlsruhe | Karlsruhe | 2013 | Auszeichnung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als "Technikunterstütztes Wohnen – selbstbestimmt leben zuhause"[7] |
Papillon Düsseldorf | Düsseldorf | 2019 | Umbau eines alten Bunkers zu einem Mehrfamilienhaus mit 24 Einheiten, ausgezeichnet auf der Immobilienmesse Cannes 2016[8] |
b’mine hotel Düsseldorf | Düsseldorf | vsl. Frühjahr 2022 | Erstes Hotel mit CarLoft-Konzept, in dem Hotelgäste ihr Auto direkt vor dem Zimmer parken und mit Strom aufladen können[9] |
b’mine hotel Frankfurt am Main | Frankfurt am Main | vsl. März 2022[10] | Zweites Bauprojekt der b’mine hotels GmbH im neuen Frankfurter Stadtteil Gateway Gardens[11] |
Patent
Die Carloft GmbH hat 2004 das internationale Patent des CarLoft-Konzeptes als Anspruchsinhaberin übertragen bekommen, welches 2002 durch den Erfinder Manfred Dick angemeldet und 2003 veröffentlicht wurde. Es hat im Europäischen Patentregister die Nummer „EP 1419302 – Gebäude und Parksystem“ und zeichnet sich – grob gesagt – durch „in Nutzungseinheiten integrierte Stellplätze“ aus.[12]
Genauer formuliert betrifft die Erfindung laut Patentblatt „ein Gebäude mit mehreren Geschossebenen, mit mehreren nur mit Zugangsberechtigung zugänglichen Nutzungseinheiten und mit einem Vertikalförderer, mittels dessen Fahrzeuge zu Stellplätzen förderbar sind, wobei Nutzungseinheiten und ihnen zugeordnete Stellplätze jeweils in einer gemeinsamen Geschossebene angeordnet sind.“[13]
Lizenz
Die Marke „CarLoft“ ist in zahlreichen Ländern geschützt. Die Carloft GmbH vergibt nach eigener Angabe Lizenzen an Bauherren und Projektentwickler zur Realisierung maßgeschneiderter Lösungen für Neubauten und Bestandsimmobilien. Darüber hinaus vermittelt und koordiniert das Unternehmen verschiedene Fachingenieure und Fachunternehmen und liefert die komplette Soft- und Hardware zur Vorbestellung, Steuerung und Abrechnung der „CarLifts“.
Auszeichnungen
Das Düsseldorfer Projekt „Papillon“ wurde 2016 auf der Immobilienmesse in Cannes mit dem Mipim Award ausgezeichnet. In der Kategorie „Bestes saniertes Gebäude“ konnte es die Fachjury überzeugen.[14] Bei dem Objekt handelt es sich um einen ehemaligen Luftschutzbunker im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt, der zu einem Mehrfamilienhaus aus 24 Einheiten mit Carloft-Konzept umgebaut und 2019 fertiggestellt wurde.
Das Karlsruher „Upper East“-Projekt der Familienheim Karlsruhe eG im City Park Karlsruhe wurde 2012 durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beim Preis „Technikunterstütztes Wohnen – selbstbestimmt leben zuhause“ als „kreative Gebäudetechnik“ ausgezeichnet. Die Fachjury nennt als Gründe unter anderem „Vermeidung der Parkplatznot und die Inanspruchnahme öffentlicher Flächen zur Errichtung von Parkplätzen“, „Be- und Entladen schwerer Einkäufe, Gepäckstücke und ähnliches direkt vor der Wohnungstür“ und „Reduzierung von Unfallgefahren für ältere Menschen, Kinder und Enkel beim Ein- und Aussteigen auf der Straße“.[15]
Kritik
Das Carloft-Konzept ist gerade wegen des integrierten Stellplatzes umstritten. Kritiker bemängeln insbesondere den Platzbedarf des Autoliftes und des Stellplatzes innerhalb der Wohnung sowie die damit verbundene Ikonisierung des Autos. Befürworter halten dagegen, dass mit dem Konzept CarLoft der Parkplatznot in Innenstädten sowie dem Bau von (meist teuren und manchmal auch nicht zu realisierenden) Tiefgaragen entgegengewirkt werden kann.
Allerdings basiert der 2009 in Berlin-Kreuzberg (52° 29′ 35″ N, 13° 26′ 5″ O ) fertiggestellte Prototyp auf einem Entwurf für Großraumappartements, die sich nur eine Käuferschicht mit hohem Einkommen leisten können. Diese erste Realisierung des Konzeptes mit insgesamt elf Carlofts befindet sich an der Kreuzung Reichenberger/Liegnitzer Straße und wurde als Teil der Wohn- und Gewerbeanlage „Paul-Lincke-Höfe“ konzipiert.[16]
Die Ansiedlung des Carlofts in Berlin-Kreuzberg wird von der als alternativ geltenden Nachbarschaft negativ aufgenommen. Während die Vermarktung des Carlofts mit der Sicherheit vor den in Kreuzberg häufiger vorkommenden Brandstiftungen an Fahrzeugen wirbt, kam es zu Demonstrationen und Sachbeschädigungen am Gebäude. Eine Demonstration lief unter dem Motto: „Carlofts zur Ruine machen!“ Auch Farbbeutel- und Steinwürfe auf das Gebäude kamen vor.[17] Das Carloft wird als Symbol für die Gentrifizierung des Kiezes gesehen, durch die Mieten und Lebenshaltungskosten steigen und ansässige Bevölkerungsschichten vertrieben werden.[18]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Patentnummer 1419302
- ↑ Manfred Dick, Architekt + Erfinder des Carloft. Abgerufen am 24. Februar 2020 (deutsch).
- ↑ Strategieportal: Manfred Dick. Strategieportal, abgerufen am 24. Februar 2020.
- ↑ Strategieportal: Manfred Dick. Strategieportal, abgerufen am 24. Februar 2020.
- ↑ Melanie Kuhlmann: Mit wenigen Schritten vom Bett bis ins Auto. Lift-Journal, abgerufen am 24. Februar 2020 (deutsch, englisch).
- ↑ Berlin – Paul-Lincke-Ufer – carloft. Abgerufen am 24. Februar 2020 (deutsch).
- ↑ Karoline Dietel, Eva Schulze: "Technikunterstütztes Wohnen – Selbstbestimmt leben zuhause". Dokumentation des Wettbewerbs. Berliner Institut für Sozialforschung, 24. Mai 2011, abgerufen am 15. September 2020.
- ↑ Wie aus dem Bunker ein "Schmetterling" wurde .: Ein glänzender Auftritt: Das Papillon in Düsseldorf-Heerdt. Abgerufen am 15. September 2020.
- ↑ b'mine hotel Düsseldorf: Neueröffnung Frühjahr 2022. In: Tagungshotels.com. 2. September 2021, abgerufen am 2. September 2021 (deutsch).
- ↑ bmine Hotel Frankfurt. In: Skyline Atlas. Skyline Atlas GmbH, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Mathias Hansen: Köln:: b'mine expandiert durch Übernahmen. In: Tophotel.de. 8. Januar 2020, abgerufen am 15. September 2020 (deutsch).
- ↑ Europäisches Patentamt: EP1419302 BUILDING AND PARKING SYSTEM. In: European Patent Register. Europäisches Patentamt, 30. September 2011, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Internationale Veröffentlichungsnummer: WO03/018936A1, internationale Aktenzeichen: PCT/DE02/03124
- ↑ Brigitte Mallmann-Bansa: Düsseldorfer Papillon holt Mipim Award 2016. In: Immobilien Zeitung. IZ Immobilien Zeitung Verlagsgesellschaft mbH, 18. März 2016, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Upper East Car Loft - Wohnen mit Komfort und Sicherheit, Karlsruhe. In: Zuhause im Alter. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Elke Hartmann-Wolff: WG mit PKW in Focus 40/2008, S. 96
- ↑ Mit Farbbeutel- und Steinwürfen kämpfen militante Aktivisten gegen Gentrifizierung. Das senkt den Wert der Immobilie – und ärgert die Bewohner
- ↑ Julian Heissler: Gated Communities – Todsicher in der Isolation, Spiegel Online, 22. Oktober 2009